MDK-Gutachten

  • Hallo Forum,

    zwei kurze Fragen
    1.
    Haben wir als Krankenhaus ein Recht auf Einsicht in die MDK-Gutachten?

    2.
    Haben Patienten ein Recht auf Einsicht in die MDK-Gutachten?

    Hintergrund:

    Eine Kasse möchte uns keine Gutachten mehr schicken, da wir ein Gutachten an eine Patientin weitergegeben haben. Sie konnte nicht verstehen, wieso ihr Aufenthalt ambulant abgerechnet werden sollte.

    Vielen Dank

    Sven Lindenau

  • Hallo Herr Lindenau!

    Das Krankenhaus hat ein Einsichtsrecht in das Gutachten. Der MDK sollte dies dem Haus übersenden. dies geschieht in unserem Bereich leider nur selten. In der Regel bekommen wir diese von den Kassen.

    Der Patient hat kein Einsichtsrecht.

    Miot freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Hallo Hr. Lindenau,
    zu Punkt 1:
    §227, SGB V \" Der Medizinische Dienst hat ..., sonstigen Leistungserbringer, über deren Leistungen er eine gutachterliche Stellungnahme abgegeben hat, und der Krankenkasse das Ergebnis .... mitzuteilen.\"
    Wenn die KK kein Gutachten mitschickt, fordern wir diese meist (tel.oder DTA) an und bekommen sie dann auch. Manche machen ganz dramatisch den Namen des Gutachters unkenntlich.

    zu Punkt 2:
    Da kann man sich sicher streiten: gleiche Stelle im SGB V:
    \" Der Versicherte kann der Mitteilung über den Befund an die Leistungserbringer widersprechen.\"
    D.h. theoretisch müsste der Versicherte (von seiner KK?) informiert werden, das ein Gutachten angefertigt wird. Und Gutachten über meine Person und was damit zusammenhängt darf ich schon lesen.

    :roll:

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Hallo,

    ich bin da anderer Meinung. Das Krankenhaus hat keinen Anspruch auf Einsicht in das gesamte Gutachten!

    § 277 Abs. 1 SGB V

    Der Medizinische Dienst hat dem an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt...über dessen Leistung er eine gutachtliche Stellungnahme abgegeben hat, und der Krankenkasse das Ergebnis der Begutachtung und der Krankenkasse die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen.

    Das ist eine m.E. eindeutige Begrenzung auf die (bei uns im Bereich Nordrhein übliche) Kurzinfo des MDK an den Leistungserbringer über Datum und Ergebnis der Begutachtung.

    Zum geschilderten Fall würde ich die Begründung der Kasse näher hinterfragen. Diese sollte Ihnen die Rechtsnorm nennen können, die dem Versicherten eine Einsicht in solche Gutachten verbietet. Mit der o.g. Norm hat dies jedenfalls nichts zu tun. Diese könnte die Kasse lediglich verwenden, um eine Herausgabe an Leistungserbringer zu verhindern. Denn dieser kann der Versicherte widersprechen.

    Aber zu diesem Punkt würde mich auch eine anwendbare Rechtsnorm interessieren. Mein subjektives Rechtsempfinden würde mich mal glauben lassen, dass der Patient Einsicht in alle Unterlagen nehmen darf, die direkt mit seiner Behandlung zu tun haben. Das wäre also ein Gutachten auch, oder???

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo ToDo,

    ich bin der gleichen Meinung.

    Der Patient hat ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, d.h. für mich, wenn er seine Krnakenakte einsehen möchte, dann darf er es auch. Stehen doch sowieso nur seine Daten drin. Gleiches gilt für ein MDK-Gutachten, denke ich mal.

    Die Kasse hat uns bisher vollständige Gutachten zur Verfügung gestellt. Diese waren auch umfangreich. Wir konnten also vernünftig damit arbeiten. Nun will die Kasse uns keine Gutachten mehr schicken, da wir ein Gutachen in einem Fall an den Patieten weitergegeben haben.

    Es ging um ein rd. 82 Jahre alte Frau. Diese wurde für 4 Tage neurologisch aufgenommen. Dieser Aufenthalt wurde überprüft mit dem Ergebnis, dass der Fall ambulant zu führen sei. Mit Rücksprache des Arztes, erklärte dieser sich einverstanden. (Fragen Sie mich jetzt bitte nicht wieso!). Daraufhin stornierten wir die stationäre Rechnung und erstellten eine ambulante Rechnung. So mussten wir auch den Eigenanteil an die Patientin zurück überweisen. Diese haben wir telefonisch darüber in Kenntnis gesetzt. Am Telefon war die Tochter der Patientin, welche das nicht einsehen wollte und nach dem Grund fragte, wieso ihre schwerkrnake Mutter nicht stationär behandlet werden durfte. Worauf wir nach langem hin und her der Patientin das Gutachten geschickt haben. Diese ist damit dann zum MDK gelaufen und hat sich beschwert.

    Ende vom Lied.

    Fazit wir kriegen keine Gutachten mehr, damit wir diese nicht mehr an die Patienten weiter geben könen. Denn was wir nicht haben könen wir auch nicht weiter geben.

    Gruß

    Sven Lindenau

  • Hallo Herr Lindenau!

    Frau Zierold hat recht. Der § 278 SGB V Abs 1 Satz 2 besagt genau:
    \"(1)....Er ist befugt, den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten und den sonstigen Leistungserbringern, über deren Leistungen er eine gutachtliche Stellungnahme abgegeben hat, die erforderlichen Angaben über den Befund mitzuteilen. Der Versicherte kann der Mitteilung über den Befund an die Leistungserbringer widersprechen.\"

    Er ist befugt ohne die Kasse zu fragen. Die Kasse wird uns das Gutachten zukommen lassen müssen. Wie sonst sollten wir sonst prüfen können, ob wir rechtliche Schritte (Klage) einleiten müssen?

    Mit freundlichem Gruß

    F. Killmer

    Frank Killmer

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    Zitat


    Original von ToDo:
    ….ich bin da anderer Meinung. Das Krankenhaus hat keinen Anspruch auf Einsicht in das gesamte Gutachten!


    …. Mein subjektives Rechtsempfinden würde mich mal glauben lassen, dass der Patient Einsicht in alle Unterlagen nehmen darf, die direkt mit seiner Behandlung zu tun haben. Das wäre also ein Gutachten auch, oder???
    ToDo


    zur Diskussion:


    Es gibt auch die Meinung, die Kasse habe keinen Anspruch auf Einsicht in das gesamte Gutachten:


    „Was der MDK von dem, was er bei seinen Begutachtungen über die betroffenen Patienten erfährt, an die Krankenkassen weitergeben darf, hat der Gesetzgeber in § 277 Abs. 1 SGB V geregelt. Danach darf der MDK der Krankenkasse lediglich das Ergebnis der Begutachtung und die erforderlichen Angaben über den Befund mitteilen. In der Praxis sieht das leider anders aus…
    … Hätte der Gesetzgeber als \"Ergebnis der Begutachtung\" sämtliche bei dieser erhobenen Einzeldaten angesehen, hätte er nicht noch zusätzlich die Weitergabe der \"erforderlichen Angaben über den Befund\" zulassen müssen.
    …..Daß der MDK ungeachtet dessen generell sämtliche von ihm erstellte Gutachten komplett an die Krankenkassen weitergibt, verstößt daher in eklatanter Weise gegen § 277 Abs. 1 Satz 1 SGB V.“


    http://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/Home/Der_LfD/T…te/2001/tb4.htm


    Gemäß der geltenden Gesetze und der Rechtsprechung ist die Sache zweifelsfrei, Pat. haben einen Anspruch auf Einsichtnahme.

    Nach einem BGH Urteil vom letzten Jahr müssen dem Patienten Gutachten und Identität (!!) des Gutachters mitgeteilt werden.


    Juristen äußern die Meinung, dass sowohl Patienten als auch das Krankenhaus einen Anspruch auf Überlassung der Gutachten haben, da es sich hier um „eine im fremden Besitz befindliche Urkunde“ (§810 BGB) handelt, die auch im Interesse des Patienten bzw, des Krankenhauses angelegt wurde.


    Es besteht die Notwendigkeit für das Krankenhaus zur Sicherung seiner Ansprüche (möglicherweise Prozessführung) alle notwendigen Informationen und Beweismittel zu sammeln.
    Juristen weisen auf den „Dornroschenschlaf“ §§809, 810 BGB hin, hier werden Informations-, Einsichts-, Auskunfts-, und Vorlageansprüche geregelt.


    § 809
    Besichtigung einer Sache
    Wer gegen den Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist, verlangen, dass der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die Besichtigung gestattet.
    § 810
    Einsicht in Urkunden
    Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.


    Gruß
    E Rembs

  • Moin, moin @all,

    @Herr Lindenau


    Ich würde die Begründung der Kasse nicht akzeptieren. Wenn der Patient nicht widerspricht, ist der MDK befugt (selbst oder durch die Kasse wäre mir persönlich egal) DAS ERGEBNIS ... UND DIE ERFORDERLICHEN ANGABEN ÜBER DEN BEFUND mitzuteilen.

    @ Herr Rembs, Herr Killmer


    Dass die Einsichtsrechte der Kassen durch das BSG (die Frage nach dem grundsätzlichen Charakter stellt sich mir übrigens nach wie vor, da explizit auf die psychiatrische Behandlung abgehoben wird...) \"präzisiert\" wurden und somit eine angebliche redaktionelle Klarstellung des § 277 erfolgte, stellt die Krankenhäuser in Bezug auf den Wortlaut des § 277 nicht unbedingt besser.

    Ergebnis und Angaben zu den Befunden sind eine abschließende Aufzählung. Ein Gutachten setzt sich IMHO aus mehr als diesen beiden Teilen zusammen.

    Die BGB-Normen wären sicherlich auch für die Krankenkassen anwendbar, da im geeigneten Einzelfall auch hier ein berechtigtes Interesse bestehen kann. Dieses Interesse wird jedoch durch die spezielle Gesetzgebung des Sozialgesetzbuches eingeschränkt. Also sollten die Beschränkungen des § 277 SGB V auch für die Krankenhäuser gelten.

    Letztlich wäre zu dieser Frage aber mal wieder ein Jurist vonnöten, da ich nicht so genau weiß, welche Rechtsvorschriften vorrangig sind (gabs da nicht eine Rangfolge von Gesetzen???)

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)