"Extrawurst" für Maximalversorger?

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Balling,

    Zitat


    Original von RolandBalling:
    Es sei denn, Sie würden an Differenzierungen nach Versorgungsstufen statt nach Schweregraden denken... :d_neinnein

    \"Nur\" eine Differenzierung nach Schweregraden haben wir ja schon, oder habe ich was verpasst? :d_zwinker:
    Es geht um die verschiedenen Kosten hinter verschiedenen DRGs, die nun mal Versorgungsstufenabhängig sind.
    Dass eine Kniearthroskopie bei Innenmeniskusschaden in einer Uni-Klinik/Maximalversorger vom Aufwand nicht unterschiedlich zu der eines Hauses der Grundversorgung sein muss, ist klar. Wenn man aber andere Fälle betrachtet (wie schon oben erwähnt, z.B. unsere Septische Chirurgie und auch Intensivtherapie, SHT-Patienten, Polytrauma, ....) stellt man fest, dass es hier unterschiedliche Kostenstrukturen gibt, die sehr wohl aufwandsabhängig sind und nicht einfach nur darin begründet sind, dass man einfach noch nicht gelernt hat, es billiger zu erbringen.
    Wenn es aber nicht möglich ist, diese \"teuren\" (unterfinanzierten) Fälle mit \"billigen\" (überfinanzierten) Fällen querzusubventionieren, fehlt es am Ende halt. Man muss wohl dann seine Kosten soweit senken, dass es doch noch insgesamt hinhaut, aber es bleibt dann immer noch als Frage offen:

    - Wo kann ich sparen (wo setzt man den Rotstift an)?
    Populär im Moment: Streichung Weihnachtsgeld, Stellen werden nicht mehr besetzt, Neue Arbeitsverträge, Verzicht auf Urlaubstage,... Wen wundert`s bei den bekannten 70% Personalausgaben.

    - Klappt das ohne Einbuße an der Qualität?

    Wie schon erwähnt, ist es in meinen Augen nicht realitätsnah so zu tun, als könnten die Maximalversorger ihre Leistungen in dieser Form auf dem Kostenlevel eines Grundversorgers erbringen. Ebenfalls schon erwähnt: In jedem KH gibt es Einsparpotentiale, diese sind aber auch endlich.


    Jetzt noch hierzu:

    Zitat


    Original von Selter:
    Trotzdem werden wir auch mit dem neuen Katalog keine Gewinner, der CMI ist sogar gesunken. Jetzt muss man schauen warum (RGs, Zusatzentgelte, nicht kalkulierte DRGs, ...).

    Ein Teil der Begründung ist seit gestern beim InEK nachzulesen:

    Entwicklung des Casemix-Index
    Stand: 5.10.2004

    Die so genannte Bezugsgröße (normierte mittlere Fallkosten der Inlier gemäß Kalkulation für 2005) veränderte sich aus methodischen Gründen. Sie lag im Jahr 2004 bei 2.830,92 €, im Jahr 2005 bei 2.974,89 €. Die Veränderung beträgt damit plus 143,97 € absolut bzw. plus 5,086% relativ.

    Dies führt im Ergebnis dazu, dass ohne Berücksichtigung von Klassifikations- veränderungen bei einem Vergleich der G-DRG-Version 2003/2004 und der G-DRG-Version 2003/2005 der Casemix eines Hauses um etwa 5% sinkt.

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Man kann die Kostenunterschiede zwischen Versorgungsstufen auch etwas differenzierter betrachten:

    Da gibt es einmal die Kosten, die durch die Versorgung schwerstkranker Patienten entstehen. Diese Kosten könnten durch die Systementwicklung (differenzierte Abbildung des Schweregrades, Spreizung der RG) abgebildet werden.

    Dann gibt es aber auch Kosten, die strukturell aufgrund der Versorgungsstufe entstehen, egal ob und wieviel entsprechende Patienten versorgt werden. Dazu zählen beispielsweise Vorhaltekosten für Brandverletzte, Infektionseinheiten, Transplantationsmedizin, seltene Medikamente, Katastrophenmedizin usw. Da diese Vorhaltekosten im Verhältnis zu den davon betroffenen Patienten oft sehr hoch sind und die Anzahl der Patienten sehr variieren kann, ist es nur schlecht möglich, diese Kosten über DRGs abzubilden. Bei diesen Kosten darf auch gefragt werden, ob sie durch die Krankenkassen oder direkt durch das Land zu tragen sind.

    Nicht zuletzt stelle ich einmal in den Raum, ob sich bei den Pflegekosten der großen Kliniken nicht doch auch der ein oder andere Posten befindet, der eigentlich aus einem Topf zu finanzieren wäre, wie beispielsweise verdeckte Kosten für Forschung und Lehre.

    Man könnte also durchaus differenzierte Lösungen finden, das Strukturkostenproblem größerer Kliniken in den Griff zu bekommen.

    Was mich allerdings inzwischen doch an einem unterschiedlichen Basisfallwert reizen würde (im positiven Sinne), ist das Argument des Wettbewerbsvorteils für kleinere Kliniken. Ein niedrigerer Basisfallwert der Regelversorger könnte in der Tat dazu führen, dass Basisleistungen dort verbleiben, wo sie meiner Meinung nach hingehören und somit einen Beitrag zur Erhaltung der Stufenversorgung und damit der Regelversorger leisten.

    Schönen Tag noch

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Man kann die Kostenunterschiede zwischen Versorgungsstufen auch etwas differenzierter betrachten: ...

    Hallo Reinhard,

    ich dachte eigentlich, das auch in meinen Überlegungen rübergebracht zu haben:

    Zitat

    Original von Selter:
    Klar ist doch eigentlich jedem, der sich schon eine Zeit mit dem Gesundheitswesen beschäftigt, folgendes: Es gibt immer ein Maß an Einspaarpotential in Kliniken (welches individuell zu eruieren ist).

    Zitat

    Original von Selter:
    Es geht um die verschiedenen Kosten hinter verschiedenen DRGs, die nun mal Versorgungsstufenabhängig sind.
    Dass eine Kniearthroskopie bei Innenmeniskusschaden in einer Uni-Klinik/Maximalversorger vom Aufwand nicht unterschiedlich zu der eines Hauses der Grundversorgung sein muss, ist klar. Wenn man aber andere Fälle betrachtet (wie schon oben erwähnt, z.B. unsere Septische Chirurgie und auch Intensivtherapie, SHT-Patienten, Polytrauma, ....) stellt man fest, dass es hier unterschiedliche Kostenstrukturen gibt, die sehr wohl aufwandsabhängig sind und nicht einfach nur darin begründet sind, dass man einfach noch nicht gelernt hat, es billiger zu erbringen.

  • Schönen guten Tag Dirk!

    Ich möchte mit meinem Beitrag auch nicht Dir widersprechen. Dass dein Beitrag unmittelbar vorher steht und es deshalb so aussehen könnte, als bezöge sich das auf Dich war nicht so gemeint. Außerdem ist die Eingangsformulierung meines Beitrages vielleicht ein bischen unglücklich.

    Schönen Tag noch,

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    da es ja fast täglich Meinungen zu diesem Thema in der Presse zu lesen sind, stelle ich die Jüngste hier ein: Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 41 vom 08.10.2004, Seite A-2713

    Krankenhausfinanzierung: Verteilungsrisiken
    Bei den diagnosebasierten Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups; DRGs) hakt es an vielen Ecken und Enden, obwohl im Zuge der jetzt in die Schlussberatung gehenden Novelle zum Fallpauschalensystem noch Änderungen bei den immer weiter aufgefächerten Zu- und Abschlagsregelungen, Ausnahme- und Sonderregelungen, vor allem für besonders aufwendige Fälle, getroffen wurden. Durch die bis Ende 2008 verlängerte Konvergenzphase und die mildere Anpassung der „Konvergenzquoten“ bekommen die Krankenhäuser noch nicht die volle Wucht des Vergütungssystems zu spüren.

    Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass das Vergütungssystem in vielen Teilen noch unreif, die Kalkulationsbasis noch nicht ausreichend repräsentativ ist und die Krankenhäuser bislang unzulängliche nstrengungen unternommen haben, ihre Kostenstrukturen im Hinblick auf das neue Entgeltsystem zu durchforsten. Aus der Mechanik des Systems und der Anpassungsphase resultieren ab 2005 Umverteilungen. Diese können wegen der sich bis zu 300 Prozent unterscheidenden krankenhausindividuellen Basisfallwerte einen Budgetzuwachs oder -abschlag im zweistelligen Prozentbereich zur Folge haben. Insbesondere die Hochschulmedizin und die Maximalversorger sehen sich im Hintertreffen.
    Universitätskliniken verlieren mehr als eine Milliarde Umsatzerlöse infolge der Umverteilung in Richtung Grund- und Regelversorgung.
    Krankenhäuser mit mehr als 800 Betten und höheren Fallzahlen dürften ausnahmslos zu den Verlierern zählen. Zwei Drittel der Krankenhäuser dürften hinzugewinnen, ein Drittel dürfte erheblich einbüßen.
    Den Schwachpunkt des DRG-Systems haben Experten bei einer Anhörung am 29. September in Berlin herausgestellt: Das DRG-System erklärt allenfalls 70 Prozent aller Kostenunterschiede. Die Schwankungsbreite der Kosten innerhalb einzelner Fallpauschalen betrage bis zu 50 Prozent. Die vorherrschende „Kalkulation am Patienten“ birgt unbekannte Risiken und provoziert ein unübersichtliches, kaum steuerbares Zu- und Abschlagsystem. Inhaltlich insuffiziente Basisfallraten verzerren den Wettbewerb, und innovative Hochleistungsmedizin kann schon bald zu einer Durchschnittsmedizin abdriften.

  • Hallo Herr Selter,

    eigentlich hatte ich angenommen, Sie würden an differenziertere RGs auf Grund einer weiteren Spreizung der DRGs (mehr unterschiedliche Schweregrade) denken.
    Wenn Sie tatsächlich eine RG-Differenzierung nach Versorgungsstufen anstreben, ist das zwar schon etwas eleganter als die „Maximalforderung“ nach eigenem Basisfallwert, aber letztlich bedeutet es doch wieder nur ein Aufbrechen/Aufgeben des pauschalierenden Entgeltsystems.


    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    ...Was mich allerdings inzwischen doch an einem unterschiedlichen Basisfallwert reizen würde (im positiven Sinne), ist das Argument des Wettbewerbsvorteils für kleinere Kliniken. Ein niedrigerer Basisfallwert der Regelversorger könnte in der Tat dazu führen, dass Basisleistungen dort verbleiben, wo sie meiner Meinung nach hingehören und somit einen Beitrag zur Erhaltung der Stufenversorgung und damit der Regelversorger leisten.

    Herr Schaffert, Ihre Überlegungen könnten auch mich reizen. Allerdings wäre die damit verbundene Ausweitung der Fälle mit den Kostenträgern wahrscheinlich nur schwer auszuhandeln.

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Herr Balling,

    Zitat

    Original von RolandBalling:
    eigentlich hatte ich angenommen, Sie würden an differenziertere RGs auf Grund einer weiteren Spreizung der DRGs (mehr unterschiedliche Schweregrade) denken.

    Eine weitere Aufspreizung ist ja nur mit entsprechenden Grundlagen möglich. Wir haben ja schon den Begriff \"mit schwersten Komplikationen\", danach kann ja fast nur noch \"mit allerschwersten Komplikationen\" und \"mit in der Regel tödlichen Komplikationen\" kommen.
    Die Grundlage für eine weitere Splittung ist doch dann eher der Aufwand, dieser eben nun auch deutlich abhängig von der Versorgungsstufe, bzw. Therapieform.
    Ein anderer möglicher Weg wird ja z.B. bei der (Komponente) Frühreha eingeschlagen. Hier werden die Mindestmerkmale im OPS so formuliert, dass eben nur Spezialeinrichtungen diesen kodieren können und die entsprechende DRG abrechnen. Hier gehen ja dann (idealerweise) zur Kalkulation auch nur die Daten der Kliniken ein, die entsprechend aufwendige (teure) Therapien durchführen, ergo ein \"Nicht-Alles-Über-Einen-Kamm-RG\".

    Zitat

    Original von RolandBalling:Wenn Sie tatsächlich eine RG-Differenzierung nach Versorgungsstufen anstreben, ist das zwar schon etwas eleganter als die „Maximalforderung“ nach eigenem Basisfallwert, aber letztlich bedeutet es doch wieder nur ein Aufbrechen/Aufgeben des pauschalierenden Entgeltsystems.

    Das Pauschalsystem muss dadurch nicht aufgegeben werden, es muss nur differenzierter sein :d_zwinker:.
    Sie kennen bestimmt die ZE-Liste und die nicht-kalkulierten DRGs (dazu noch die Möglichkeit der Verhandlung über \"Neue Behandlungsmethoden\" usw.). Wir sind doch mittlerweile schon weit von dem entfernt, was mal angedacht war. Dies deswegen, weil sich gezeigt hat, dass ein US-amerikanisches- , australisch adaptiertes System (was primär für die Budgetierung genutzt wurde und nicht zur Einzelfallabrechnung) nicht geeignet ist, mal schnell im Vorbeigehen alle stationären Fälle in allen Häusern der verschiedensten Formen und Versorgungsstufen in der BRD über jeweils nur eine Pauschale zu vergüten.

    Klar ist aber auch, dass dieses System ja die Krankenhauslandschaft \"gesundschrumpfen\" lassen soll. Das System sollte aber nicht \"blind\" selektieren.

    In diesem Sinne wünsche ich ein versorgungsstufenunabhängiges, erholsames WE!

  • Schönen guten Tag allerseits und inbesondere Herr Balling!

    Zitat

    Original von RolandBalling:
    Herr Schaffert, Ihre Überlegungen könnten auch mich reizen. Allerdings wäre die damit verbundene Ausweitung der Fälle mit den Kostenträgern wahrscheinlich nur schwer auszuhandeln.

    Es kommt halt darauf an...

    Wenn Ihnen wegen § 115b, Mindestmengeverordnung und anderen Gründen Fälle wegzubrechen drohen, wäre das vielleicht ein willkommener Ausgleich.

    Schönen Tag noch

  • Hallo Herr Schaffert,

    Zitat


    ... Wenn Ihnen wegen § 115b, Mindestmengeverordnung und anderen Gründen Fälle wegzubrechen drohen, wäre das vielleicht ein willkommener Ausgleich...

    Danke für den Trost! Es besteht also doch noch Hoffnung, falls sich zunächst einmal die diversen Lobbyisten in Sachen „diff. Basisfallwerte“ durchsetzen sollten.


    Und hier weiterer Input aus der Tagespresse (Süddeutsche Zeitung vom 8.10.2004, Seite 24: „Wie man mit Krankenhäusern Geld verdienen kann“):

    Zitat


    ...Trotz der derzeit günstigen Bedingungen glaubt die Branche an einen „natürlichen Sättigungsgrad“ für die Privatisierung von deutschen Krankenhäusern, wie der DKG-Sprecher sagt. Seiner Ansicht nach liegt der bei etwa 33 Prozent des Marktes. Helios dagegen hat noch Großes vor und hat bereits einen noch unerschlossenen Sektor für Privatbetreiber im Blick: die Universitäts-Kliniken. „Hier liegen noch enorme Wachstumsmöglichkeiten“, sagt Helios-Geschäftsführer Drechsel.

    Sollte Helios die Situation und Perspektiven der Unikliniken dermaßen falsch einschätzen?

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von RolandBalling:
    Sollte Helios die Situation und Perspektiven der Unikliniken dermaßen falsch einschätzen?

    Aber, aber Herr Balling :d_neinnein:
    Die Übernahme eines Hauses durch eine private Kette bedeutet doch nicht automatisch, dass das DRG-System uneingeschränkt funktioniert:

    Kölnische Rundschau - http://www.rundschau-online.de
    Asklepios streicht Weihnachtsgeld
    SANKT AUGUSTIN. Sparkurs in der Asklepios-Kinderklinik: Schätzungsweise 600 Mitarbeitern wird drei Jahre lang das Weihnachtsgeld gestrichen. ....
    Grund der finanziellen Probleme sei die Einführung der Fallpauschalen, heißt es in einer Pressemitteilung. Diese seien überwiegend auf die Behandlung Erwachsener ausgerichtet, die Kosten für die medizinische Versorgung von Kindern seien aber ungleich höher, so Landwehr. Die Klinik hatte vor Monaten schon mit den Kostenträgern über Änderungen verhandelt, doch die Gespräche führten offenbar zu keinem Ergebnis.
    ....

  • Schönen guten Tag allerseits und inbesondere Herr Balling!

    Verstehen Sie mich nicht falsch, Herr Balling. Auch ich halte unterschiedliche Basisfallwerte für einen Systembruch. Aber als Systembruch betrachte ich auch die sich derzeit abzeichnende Tendenz zu einer Einzelleistungsvergütung über Zusatzentgelte. Im Grunde fordert die Krankenhausseite selbst (bzw. deren Lobbyisten) eine Abkehr vom Fallpauschalensystem.

    Die Problematik liegt letzlich in der Einzelfallabrechnung, bei der es in einem Pauschalsystem immer zu Ungerechtigkeiten kommen muss. Diese sind dann im Einzelfall oder auch bei einer Menge von Einzelfällen von den Betroffenen schwer zu akzeptieren.

    So komme ich immer wieder auf den ursprünglich von Herrn Lückert eingebrachten Vorschlag zurück: Budgetbestimmung über DRG-Statistik, monatliche Abschlagszahlung der Kassen nach Kostenträgerstatistik und von mir aus Fehlbelegungs- und Kodierungsprüfung durch Stichproben. Wir würden uns einen Haufen Ärger, Arbeit und Kosten sparen!

    Schönen Tag noch