Intensivmedizinische Komplexbehandlung

  • Lieber Herr Selter,
    bitte sehen Sie mir die obige etwas überspitzt formulierte Meinung nach. Tatsächlich war ich überrascht, gerade von Ihnen eine Empfehlung zu lesen, die mir nicht DKR-konform erschien.

    Ihr Vorschlag, die Codes als \"nicht DRG-relevant\" zu kodieren, wenn die Voraussetzungen nicht erfüllt sind, ist sicher die einzige richtige Lösung. Allerdings geht das nicht mit allen KIS (unsere Konfiguration lässt das z.B. nur für Diagnosen zu).
    Das Hauptproblem sehe ich darin, Ärzten und Intensivpersonal zu vermitteln, dass sie einen riesigen Dokumentationsaufwand haben, um \"nicht DRG-relevante\" Codes zu ermitteln, die eigentlich aber doch \"DRG-relevant\" sind...

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Leonhardt:
    Lieber Herr Selter,
    Das Hauptproblem sehe ich darin, Ärzten und Intensivpersonal zu vermitteln, dass sie einen riesigen Dokumentationsaufwand haben, um \"nicht DRG-relevante\" Codes zu ermitteln, die eigentlich aber doch \"DRG-relevant\" sind...

    Hallo Herr Leonhardt,

    das gilt ja übrigens nur für diejenigen, die \"planen\" die Kriterien zu erfüllen. Hier sollte es dann keine Schwierigkeiten machen, die entsprechenden Leute dazu zu bewegen. Der Vergleich des Aufwandes zwischen laufender Kodierung und Nachscoren (wie kriegt man das hin und wen \"belohne\" ich mit dieser Aufgabe...) dürfte erschlagend sein (natürlich nur, wenn hier genügend Fälle auch relevant sind).
    Außerdem dient dies ja dann auch direkt der eigenen Leistungsdokumentation. Es ist dann schwer verständlich, wenn seitens der Intensivmediziner immer geklagt wird, dass ihre Leistungen nie richtig im System dargestellt werden und wenn man es dann doch kann (wie auch immer dieser Schlüssel dazu dient), will man es nicht machen, weil es Zeit kostet.

    Wenn es einzelne KIS-Anbieter immer noch nicht auf die Reihe kriegen, ihre Software so zu stricken, dass Kodes bezüglich ihrer Relevanz selektiert werden können, sind sie das Geld nicht wert, was dafür bezahlt wird! Das betrifft gerade auch die Prozeduren, da diese ja bei der Erfassung der Kodes aus dem optionalen Katalog eben nicht auf der Rechnung erscheinen dürfen.

  • Hallo Forum,

    ich kann hier Herrn Selter nur wieder mal zustimmen!!!
    Nach ausführlicher Darstellung der Zusammenhänge und Bereitstellung einer suffizienten Software ist die Motivation der Mitarbeiter zur Kodierung kein Problem mehr.
    Ansonsten möchte ich mal auf den gerade veröffentlichten Abschlussbericht der InEk verweisen: InEK-Abschlussbericht. Unter Kapitel 6.13 wird hier bereits die DRG-Relevanz der OPS Intensivmedizinische Komplexbehandlung angekündigt.

    Herzliche Grüße und Frohe Weihnachten :i_geschenke:

    Stefan Stern

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo allerseits,

    kann mir bitte vielleicht einer der hier vertretenen medizinschen Experten verraten, aus welcher Lostrommel die Grenzwerte von 68,4 bzw. 102,5 µmol/l Bilirubin gezogen wurden? Der Normalwert geht nach meinem Kenntnisstand beim Erwachsenen bis etwa 17 ... 18 µmol/l.

    Ich hatte gerade das Vergnügen, die Score-Eingabe unseren ITS-Schwestern zu erklären, die richtig froh über das wilde Durcheinander von SI- und Nicht-SI-Werten (Harnstoff!) waren. Auch die Verpflichtung zur Angabe des in der Praxis sowieso täglich ermittelte Horowitz-Quotienten (paO2/FiO2, überdies noch in mmHg!) vermochte helle Freude auszulösen.

    Vielleicht sollten die \"Experten\", die sich diesen Unfug ausgedacht haben, mal zur Abwechslung ein nichtakademisches Krankenhaus aufsuchen, um dem Perosnal dort ihre Geisteblitze zu erläutern. :noo:

    Gruß
    K.

  • Hallo,

    dazu kommt noch das die \'Experten\' sich noch nicht einmal einigen konnten, wann denn eine Intensivstation eine Intensivstation ist und die die Kriterien erfüllt.

    Wie ist das wenn der Arzt standby in Bereitschaftdienst die Intensiv nachts betreut? was wenn er bei Notfall OP\'s auch gleichzeitig die Narkose macht.

    Wie gesagt ich bin dagegen, das wegen einiger weniger Maximalversorger die sich hier auf Kosten der Grundgesamtheit ergo des gesamten Restes im DRG-System profilieren wollen, alle diese Dokumentationskröte schlucken sollen.

    Und das Divi (oder zumindest Teile davon) hat sich für mich hier als aktionistisch und lobbistisch herausgestellt.

    Bei ca. 10-15 min /Patient und Tag Aufwand wird hier Arbeitszeit vernichtet mit einen unausgegorenen kaum praktikablen System, wo wieder mal Professoren am Werk waren, denen der Kontakt zur Basis längst abhanden gekommen ist....und die auch keinen dieser Bögen selbst ausfüllen werden, dafür gibts dann ja Delegation.

    Und von wegen wenn ihre Software das nicht leistet, dann ist Sie ihr Geld nicht Wert...wer kann sich den heute eine komplette Softwareumstellung leisten, das kostet Millionen.
    Ist es nicht eher so, das man eben mit dem Leben muss was man hat und viele haben halt Pech gehabt und müssen eben mit mehr Ineffizienz und mehr Papier leben. Und nebenbei, auch bei \'besserer\' Software muss man Zusätzliche Funktionalität bezahlen...

    Das Argument mit der Planung ist auch ein Scheinargument, wie planen Sie den die Chemotherapiezusatzentgelte, die multimodale Schmerztherapie und ähnliche mit 2004er Daten nicht ansteuerbare DRG\'s?

    Und nur für eine vieleicht etwas bessere Planung soviel Aufwand zu betreiben halte ich für nicht opportun...


    Gruss

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Forum,

    zum PaO2/FiO2-Quotienten habe ich eine kleine Hilfstabelle gebastelt, mit der man vermutlich gut hinkommt. Format: .ppt.

    mfG

    C. Hirschberg

  • Ebenfalls hallo,

    auch ich kann - trotz medizinischer Bildung - mit den in der SAPS-Excel Tabelle vorhandenen Werten/Einheiten von Harnstoff und Bilirubin nichts anfangen.

    Bilirubin im Serum [µmol/l]
    < 68,4
    68,4 - 102,5
    >= 102,6

    Auch mit dem Umrechnungsfaktor von SI- auf konventionelle Einheiten (0,0585) liegt der mit 0 Punkten eingestufte Wert bei < 4 mg/dl - was ich schon recht pathologisch finde.

    Harnstoff im Serum [mg/dl]
    < 0,6
    0,6 - 1,79
    >= 1,8

    Hier sind mir bei gleicher Einheit andere Werte geläufig.

    :d_gutefrage:
    Kann vielleicht doch jemand helfen?? :sterne:

    Wer immer strebend sich bemüht.... :d_pfeid:

    Grüße aus dem schon wieder dunklen Köln
    Conny

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrter Herr Lückert,

    Zitat

    Original von Lueckert:
    Wie gesagt ich bin dagegen, das wegen einiger weniger Maximalversorger die sich hier auf Kosten der Grundgesamtheit ergo des gesamten Restes im DRG-System profilieren wollen, alle diese Dokumentationskröte schlucken sollen.

    Und das Divi (oder zumindest Teile davon) hat sich für mich hier als aktionistisch und lobbistisch herausgestellt.

    Wie so oft bei Ihren Posts erstarre ich ob der überwältigenden Objektivität und Ihren grenzüberschreitenden Einblicke in die Schaltstellen der ökonomischen Macht im Gesundheitswesen, die uns Normalsterblichen verwehrt bleiben müssen. Aber solange Sie uns immer auf dem Laufenden halten, muss uns da ja nicht bange werden!

    Zitat

    Und von wegen wenn ihre Software das nicht leistet, dann ist Sie ihr Geld nicht Wert...wer kann sich den heute eine komplette Softwareumstellung leisten, das kostet Millionen.

    Hier habe ich natürlich völlig falsch argumentiert. Ich bitte um Entschuldigung!
    Richtig muss es heißen:
    Jedes KIS ist gut, solange es auf einem Schirm hell wird, wenn man die \"Ein-Taste\" drückt. Fehler sind zu ignorieren, wenn deren Behebung Geld kosten sollte.
    Ich habe mich bei den KIS-Herstellern informiert. Die konnten Ihre Vermutung bestätigen: Es ist grundsätzlich bei Fehlern dieser Art eine komplette Systemumstellung nötig. Dies würde auch die Steuerung von Schrankenanlagen der Parkplätze auf dem Klinikgelände betreffen, da man ansonsten nicht gewährleisten könne, dass die niemandem auf das Autodach fallen, wenn man plötzlich die Diagnosen und Prozeduren mit einer anderen Software erfasst. So was sei schon vorgekommen! Einzig bei der Preisvorstellung konnten die Softwareanbieter Ihre Vorstellung von \"Millionen\" nicht teilen. Hier wurde einhellig vorgetragen, dass ein komplett funktionierendes EDV-System ohne Probleme und Ausfälle sich im Bereich von hohen 2-stelligen Milliardenbeträgen aufhält.

    Wir werden diese Investition auf uns nehmen! Die Refinanzierung stellt für uns allerdings kein Problem dar, da wir dies innerhalb des ersten Monats des DRG-Systems 2007 über die durch die Intesivmedizinische Komplexbehandlung zu erwartenden Zuschläge bzw. RG-Anpassungen reingeholt haben. Gott sei Dank sind wir Maximalversorger, kommen zum Kodieren im Sportdress (Ist bei unsern Ärzten das am häufigsten genannte Hobby! Noch vor Tannenbäume zählen!), EDV-Fehler sind für uns gerne gesehene Abwechslung vom ewigen Einerlei und, ich darf es eigentlich gar nicht sagen....aber auch Sie sollen mal von geheimen Informationen anderer profitieren (so kann ich mich zumindest mal revanchieren): Wir Maximalversorger benutzen diesen Kode ja gar nicht, der ist uns viel zu kompliziert und hält und nur vom Nebendiagnosen kodieren ab. Wir nehmen da einen anderen Schlüssel, der dann von einem Mapping-Programm umgeschrieben wird. Dieses Programm ist leider nur den Mitgliedern des Geheimbundes MUSN (Maximalversorger Und Sonst Nix) vorbehalten. Ich hätte es auch ansonsten schon in den Downloadbereich eingestellt. Ich lehne mich hier gerade ganz schön weit aus dem Fenster! Aber, Herr Lückert, wem sag ich das?

    Ach ja, der Vollständigkeit halber der Intensiv-Kode für die MUSN-Mitglieder:

    8-000.- Allgemeiner Patientenstatus und Pflegeaufwand

    .0 = Gar kein Patient im Bett
    .1 = Patient macht keine Arbeit
    .2 = Patient macht ein bisschen Arbeit
    .3 = Patient macht merklich Arbeit
    .4 = Patient macht erheblich Arbeit
    .5 = Patient macht soviel Arbeit, dass ich Hilfe brauche
    .6 = Jetzt sammer aber beschäftigt!
    .7 = Der Betriebsrat ist informiert!
    .8 = ver.di ist informiert!
    .9 = Streik!

    Das Erstaunliche ist, das Mapping-Programm ordnet diese Schlüssel immer korrekt den amtlichen Kodes zu. Dass die Zuordnung immer zu 8-980f erfolgt hat nur anfänglich zu Irritationen geführt. Mittlerweile wissen wir (auch Dank Ihrer Information) das es einfach der Maximalversorgerbonus ist, der hier wieder mal zur Geltung kommt.

    Zitat

    Das Argument mit der Planung ist auch ein Scheinargument...

    Herr Lückert, man kann sie einfach nicht hinters Licht führen! Respekt!

  • Hallo Forum, hallo Herr Lueckert,

    In diesem thread wie auch im thread Chemotherapie ZE wird die Erhebung der Daten zugunsten der Maximalversorger beklagt.
    In der Tat hat die DIVI auf Initiative von Prof. Burchardi / Göttingen das Problem der Langlieger im DRG System aufgegriffen.

    Dieses Problem besteht und ist dem InEK bekannt (so weit ich weiß wird derzeit von einer Unterdeckung von ca 24.000 € je Langlieger ausgegangen).

    Die Erhebung der Daten wird allen abverlangt. Dies ist aber keineswegs ungerecht.
    1. Langlieger werden nicht selten in Krankenhäuser der Maximalversorung verlegt.
    2. Langlieger können auch auf Intensivstationen von Regel- oder Grundversorgern liegen und dort erhebliche Deckungslücken verursachen.
    3. Die hierbei kalkulierten Daten werden wahrscheinlich in Zukunft in DRGs eingepreist, die dann die Outlier besser abbilden. Dies sollte im Interesse aller sein.
    4. Auch für Maximalversorger stellen die Outlier nur einen kleinen Teil des Klientels dar, die Daten müssen aber für alle erhoben werden.

    Die DIVI hat ferner die Erhebung eines Kerndatensatzes Intensivmedizin für QS-Zwecke beschlossen/empfohlen. Die Erhebung der Daten des Kerndatensatzes Intensivmedizin ist dem der Komplexbehandlung wenigstens ähnlich.
    Das in diesem Forum schon von anderen Mitgliedern erwähnte Programm DAQ6 der FA AQAI kann beide Daten auswerfen. Die Kosten sind eher gering, das teure dürften die Personalkosten für die Erfassungszeit sein. Wahrscheinlich können das alles auch andere Programme, und es dürfte sicher sein, daß führende KAS-Anbieter nachziehen werden.

    Durch eine derartige Datenerheebung erhalten Sie also noch zusätzlich die Möglichkeit eines externen Benchmarkings, ggf. auch interne Vergleichsmöglichkeiten bei mehreren Intensivstationen oder Krankenhausverbünden. Damit können Sie einen erheblichen Beitrag zu dem nicht trivialen Problem des Qualitätsmanagements von Intensivstationen leisten :d_gutefrage: .

    Zusammenfassend halte ich die Erhebung der Daten für nützlich, wenn auch nicht einmal primär für die Weiterentwicklung des DRG-Systems.

    Es steht dabei ausser Frage, daß auch ich dem immer weiter gehenden Dokumentationsaufwand kritisch gegenüberstehe.

    Aber hier sind wir natürlich wieder mitten in der emotionalisierten Diskussion um die \"Extrawurst für Maximalversorger\" (Link funktioniert heute nicht)

    Gruß aus Essen

    merguet

  • Hallo bes. der mir scheinbar besonders zugetane Hr. Selter,

    Wenn ich hier meinen Unmut über die ohne breite Diskussion eingeführte Dokumentationsverpflichtung via OPS-Code durch die Hintertür kund tue, ist das natürlich Subjektiv und natürlich provokativ...immhin so provokant, das sich manche zu dümmlicher Polemik verleiten lassen.....Ihren Score sollten Sie vieleicht mal beim INEK einbringen als Vertreter der BG-Kliniken sollte das doch Gewicht haben :lach:

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin