Intensivmedizinische Komplexbehandlung

    • Offizieller Beitrag

    Sehr geehrter Herr Lückert,

    anhand der Formulierung Ihres letzten Posts muss ich feststellen, dass die Message nicht ankam und es deutlicher formuliert werden muss:

    Sie haben sich in der Vergangenheit in diesem Forum schon mal so \"provokant\" geäußert, das ein juristisches Problem von den \"Provozierten\" gesehen wurde. Sie sind damals nur mit Glück an einem juristischen Nachspiel vorbeigerutscht. Sie wurden auch entsprechend informiert. Es sieht so aus, als hätten Sie das vergessen und ich muss Sie mal wieder daran erinnern!
    Wenn Sie meinen, dass Provokation eine Tugend ist, dann bestimmt nicht in der von Ihnen interpretierten Form. Meinten Sie das mit \"dümmlicher Polemik\"?.
    Schön, dass Sie diese anscheinend zumindest bei anderen ( wer genau? ) erkennen können. Wie sieht es bei Ihnen selber so damit aus? Dazu ein Zitat aus einer Mail an mich bezüglich eines Posts von Ihnen ( anderer Fall, als der oben erwähnte ):
    \"Es wäre einfach schade, wenn Einzelpersonen das sonst so angenehme Miteinander in mydrg durch völlig unnötige Polemik vergiften würden.\"

    Erklären Sie bitte noch mal zur Sicherheit, wen Sie mit \"das sich manche zu dümmlicher Polemik verleiten lassen\" gemeint haben ( falls Sie sich nicht selber gemeint haben sollten ).

  • Hallo Forum

    Meine Herren, bitte zurück an den Verhandlungstisch :b_dinner:, wenn möglich in Sachfragen. :d_zwinker:

    Gruß

    merguet

  • Sehr geehrter Herr Lückert, sehr geehrter herr Selter,

    wir sollten doch hier im Forum sachlich bleiben und die Polemik außen vor lassen :t_teufelboese: .
    Keine Frage, Herr Lückert die \"medizinische Komplexbehandlung, sowie die meisten ZE sind auf Wirken der \"Maximalversorger\" eingeführt worden.
    Aber auch ihnen, Herr Lückert, muss wohl klar sein (wenn sie ehrlich zu sich sind), dass in Häusern der Maximalversorgung eine andere Intensivmedizin möglich ist, als in kleineren Häusern. Das bedeuted jedoch keines Wegs, dass in kleine Häusern \"schlechte\" Intensivmedizin getrieben wird.
    An einer Klinik wie meiner wird eine sehr aufwendige Infrastruktur, und eine hohe Personaldichte vorgehalten, um unsere Intensivpatienten (zu 80 - 90% invasiv beatmet)zu versorgen. Dies ist sehr kostenintensiv, aber nur so ist eine hohe Qualität in der Versorgung von z.B. Lungentransplantierten, Patienten im MOV, Patienten mit schwersten Thoraxtraumen, Patienten an der Ecmo mit ARDS usw. zu gewährleisten.

    Dass an einer solchen Klinik manch anderes möglich ist, zeigt auch die Häufigkeit der Verlegungswünsche (insb. wieder über Weihnachten) von kleineren Häsern zu uns, mit der Angabe folgenender Gründen (org. Zitate): \"....wir können nicht Filtern oder Dialysieren... wir haben nur zwei Beatmungsgeräte.... unsere Blutbank kann das nicht leisten... unser Labor kann die Gerinnungsstörung nicht erfassen....es ist kein Thoraxchirurg im Dienst.... diese Patienten sind für uns zu aufwendig.....es ist aus Personalgründen keine Endoskopie möglich.......wir bräuchten akut ein CT, aber beatmet mit Katecholaminen und noch nachts? :erschreck: ....usw.usw. Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.
    Warum wohl rufen uns die Kollegen aus diesen Häusern an, Herr Lückert? Wenn wir genau das gleiche Leistungsspektrum hätten, wie sie selbst, wäre dies wohl kaum sinnvoll.

    Im Schnitt rufen mich im Hintergrund 2 kleinere Häuser pro Tag mit solchen Angaben an, und mit der Bitte um Übernahme.

    Wie gesagt, es liegt nicht an den Ärzten dort, die sich wirklich täglich \"den Arsch\" (sorry :rotwerd: ) für ihre Patienten aufreissen, sondern an den im Hintergrund vorhandenen Infrastrukturen und Ressourcen.
    Daher war es das (m.E.n. berechtigte) Anliegen der \"Maximalversorger\" dieses zunächst zu dokumentieren (\"intensivmedizinische Komplexbehandlung\"), und evtl. später auch vergüten zu lassen, da die Bereitstellung dieser Infrastruktur (und auch des individuellen Wissens und Könnens) extrem teuer ist.

    Auch als seit Jahren tätiger ITW und ITH-Doktor, erlebe ich immer wieder, wie begrenzt die Möglichkeiten in vielen Häusern sind aber das sind ja nur subjektive Wahrnehmungen.

    Die andere Möglichkeit: auch wir \"Maximalversorger\" fahren unsere Personaldichte und Versorgungsmöglichkeiten zurück, und nehmen keine \"aufwändigen und teuren\" Patienten mehr anderen Häusern ab. Diese werden dann dort sterben (aber das war dann halt Schicksal), keiner wirds merken (ausser der Patient), und ökonomischer ist dies auch (Transport und Behandlung sind sehr teuer, und werden sich auch in Zukunft nicht ökonomisch lohnen)(vorsicht: Polemik). :strauss:

    Lieber Herr Lückert, ich weis nicht, wie lange sie nicht mehr klinisch Arbeiten :chirurg: , aber ihre Argumentation führt bei mir zu der Annahme, dass sie die Realitäten in der Intensivmedizin nicht kennen. Ich möchte sie daher einladen bei uns mal zu hospitieren.

    Mit freundlichen Grüßen an alle im Forum und in Erwartung heftiger Reaktionen :bombe: :boom: :sterne: (aber bitte ohne Polemik)

    Stefan Stern

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo Hr. Stern,

    ist wohl falsch verstanden worden, natürlich ist es klar das Intensivmedizin höchst unterschiedlich ist und dass, dasselbe auch für den Ressourcen- und damit letzlich den Finanzierungsbedarf gilt.

    Nur die Art und Weise wie das nun herauskommen soll, finde ich schwer verständlich...warum müssen wegen dieser recht wenigen Intensivbetten (die dann meist wahrscheinlich schon TISS und SAPS dokumentieren) plötzlich alle dokumentieren, nur damit dann herauskommt was auch ohne Belastung aller Grundversorger auch möglich gewesen wäre...


    Es ist letzlich diese sinnlose Zusatzarbeit die den Grundversorgungshäusern übergeholfen wird...die dann auch noch mit der Aussicht auf vieleicht bessere Vergütung beworben wird, die mich so ärgert.

    Gruß

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Forum,

    Herr Lueckert, ich verstehe Ihr Problem nicht. Entweder, sie haben eine Intensivstation, die die Voraussetzungen erfüllt, dann dürfte die Erhebung der Werte für Sie auch interessant sein, denn auch bei Ihnen dürfte mancher Langzeitpatient liegen, oder Sie haben keine, dann entsteht auch kein Dokumentationsaufwand.

    Sollten Sie nur wenige Patienten haben, die über 24 Stunden auf Ihrer Intenivstation liegen, ist der Aufwand weiterhin gering.

    Sollten Sie etwa keine Langlieger haben?, Nie? (sind die am Ende zu Maximalversorgern verlegt worden :d_zwinker:) , Brauchen Sie keine Tools zum Benchmarking? Haben Sie andere Wege der Qualitätssicherung Ihrer Intensivstation eingschlagen?

    Gruß

    Merguet

  • Zitat


    Original von merguet:
    Sollten Sie etwa keine Langlieger haben?, Nie? (sind die am Ende zu Maximalversorgern verlegt worden :d_zwinker:) , Brauchen Sie keine Tools zum Benchmarking? Haben Sie andere Wege der Qualitätssicherung Ihrer Intensivstation eingschlagen?

    Gruß

    Merguet

    Sehr geehrter Herr Merguet,

    würden Sie bitte die Freundlichkeit haben, den Forenteilnehmern zu erklären, in welcher Form ein bürokratische Dokumentationsverpflichtung, die zusätzlich ärztliche und pflegerische Kapazität bindet, zur \"Qualitätssicherung Ihrer Intensivstation\" führt?

    Oder möchten Sie mit dem beliebten Schlagwort QS (mit dem heutzutage jede bürokratische Zumutung \"begründet\" wird) eher die Notwendigkeit von \"Stabsstellen für Qualitätssicherung und Medizincontrolling\" unterstreichen? :augenroll:
    Wie ist das deutsche Gesundheitswesen in der Vergangenheit nur ohne solch lebenswichtige Konstrukte ausgekommen? Die Leute müssen ja gestorben sein wie die Fliegen ...

    Auf die auch aus fachlicher Sicht dilettantische bis hanbüchene Ausführung dieser Daten-Zwangserhebung möchte ich in diesem Zusammenhang nicht erneut eingehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    K.

  • Hallo Forum, hallo kassandra,

    es besteht immerhin die Möglichkeit, Ihr Patienten über das Scoring-System an externen Benchmarking-Projekten (Kerndatensatz Intensivmedizin) teilnehmen zu lassen. Sollten Sie dabei erhebliche Abweichungen bestimmter Morbiditäts- und Mortalitätskennzahlen / indikatoren feststellen, so haben Sie ggf. einen Hinweis auf Probleme oder besonders gute Lösungen Ihrer Intensivmedizin. Probleme können Sie anpacken, besonders Gutes veröffentlichen (Journals, Zeitung, Qualitätsbericht etc.).

    Es kam und kommt m.E. in der Tat auch heute noch vor, daß Patienten auf Intensivistationen \"sterben wie die Fliegen\". Es dürfte auch unbestreitbar sein, das Deutschland in Bezug auf Vergleichbarkeit und Transparenz von Leistungsdaten eher hinterherhinkt.

    Ich bin völlig d`accord mit Ihnen, das der bürokratische Aufwand in Grenzen bleiben muß.

    Ich halte es dennoch aus Sicht eines Intensivmediziners für unverzichtbar, daß man sich irgendwann auch mal darüber klar wird, wo man im Vergleich zum Möglichen / Erwünschten steht, und daraus mögliche Verbesserungspotentiale ableitet. Nichts anderes ist im Übrigen Qualität.

    Das externe Benchmarking der DIVI (Kerndatensatz Intensivmedizin) bietet hierzu einen Ansatz. Der sollte weiterentwickelt werden. Wenn Ihnen interessante Kenngrößen fehlen, treten Sie dem wiss. Beirat bei und bringen Sie sie ein.

    Die Scores für die Komplexbehandlung sind ganz ähnlich gestrickt, so daß Sie hier zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können.

    Die Codierung ist verpflichtend, das habe ich nicht erfunden, halte es aber nicht für so dramatisch, denn man kann Sie aber darüber hinaus für sich nutzen. Nichts anderes war gemeint.

    Warum das derartigen Unmut nach sich zieht, ist mir unklar :noo:.

    Gruß

    merguet

  • Hallo

    @ Merguet
    Woher der Unmut kommt, kann ich mir schon vorstellen.
    Wenn ich mir überlege wie viele Datenfriedhöfe in den letzten 3-4 Jahren angelegt worden sind, wir mir ganz anders.:h_tod:
    Was ist uns nicht alles übergestülpt worden unter dem Deckmantel Qualität. Zum teil mit drakonischen Strafandrohungen. Und? Welche Konsequenzen folgten daraus? :k_mauer:
    Hat sich die Sterblichkeit in der Bundesrepublik für die qualitätsbetreuten Erkrankungen / Therapien verändert? Sind Kliniken die Auffällig wurden öffentlich gemacht worden?

    Ich kann den Aufwand, der jetzt allen Intensivstationen (wann ist man eine Intensivstation?) aufgebürdet wird, nicht nachvollziehen. Ich gehe davon aus das diese Datenerhebung zu keiner grundlegenden Änderung der medizinischen Arbeitsweisen auf irgendeiner ITS führten wird. Habe dies in meiner beruflichen Zeit noch nicht erlebt. Es sind doch meistens andere Faktoren die das medizinische Management auf der ITS verändert.

    Wem es mal wieder Freude bringt wird sind die Softwarehersteller. :d_zwinker:

    Gruß und immer noch ratlos ob der Umsetzung :sonne:

    MiChu

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo Forum, hallo MiChu,

    Auch wenn wir jetzt etwas wegkommen vom eigentlichen Thema:

    Natürlich werden uns Dinge aufgebürdet. Manche Häuser haben die Flucht nach vorne angetreten und sich dargestellt: Seht her wir sind gut :d_gutefrage: .

    Im Jahr 2005 wird es Qualitätsberichte geben. Hier kann man die BQS-Daten veröffentlichen. Man muß natürlich nicht. Geht man aber davon aus, daß die Krankenkassen den QB als Lenkungsinstrument verwenden wollen (deswegen auch die Anstrengungen, vereinheitlichte Datenformate zu protegieren), könnte einem bei \"Untertauchen\" durchaus Nachteile entstehen (Veränderte Zuweisung).

    Zur Intensivstation: Sie können Ihre Mortalität ablesen aus Ihren KIS-Daten, villeicht auch die Rückverlegungen. Aber kennen Sie Ihre Infektionsraten? Kennen SIe Ihre MRSA-Raten? Kennen Sie Ihre \"adverse events\"?, Ihre Bettenstürze?. Ich weiß nicht, ob die Kenntnis dieser Daten und das Vermeiden von Hospitalkomplikationen langfristig irgendeinen wirklich meßbaren Einfluß auf Deutschlands Sterblichkeit hat. Besser aber, die Leute sterben zu Hause in Ruhe, als durch eine vermeidbare Infektion in Ihrem Haus oder durch eien Bettensturz...

    Wenn sie Ihre Daten kennen, dann doch nur auf Basis von erhobenen Daten. Um gute Indikatoren zu finden muß mman erheblich mehr ausprobieren, die man nie mehr braucht, es entstehen Datenfriedhöfe.
    Wenn Sie die Raten nicht kennen, wie wollen Sie dann Ihre Probleme erkennen?

    Dies nur als Anregung.

    Gruß

    merguet

  • Sehr geehrte Kollegen,

    diese Diskussion, teilweise polemisch und ausufernd, halte ich für wenig hilfreich und zielführend, was die Dokumentation in der Intensivmedizin angeht.

    Als Anästhesistin mit Intensivverfahrung in der Maximalversorgung kann ich die Meinung des Kollegen Stefan Stern bezüglich der Auslöser dieser Misere nur ganz nachdrücklich unterstreichen.

    So ist es legitim und nachvollziehbar, dass die DIVI, die ja nicht nur eine subspezialisierte Fachgesellschaft ist, wie es in einem früheren Thread vom 13.11.04 einmal hieß, sondern der Zusammenschluss mehrerer Fachgesellschaften zum Thema Intensivmedizin, eine Differenzierung der Erlöse verlangt nach Intensivüberwachung, Nachbeatmung usw. und komplexer Intensivmedizin bis hin zu Organersatzverfahren.
    So weit, so notwendig und gut!

    Nachdem die Diskussion darüber u.a. in diesem Forum bereits im Sommer geführt wurde, bin ich allerdings unangenehm darüber überrascht, dass DIMDI als verantwortliche Stelle weder weiteres medizinisches noch vor allem medizininformatisches Know How in Anspruch genommen hat, um die handwerklichen Fehler bei der Umsetzung zu bereinigen. Nachdem die Anleitung zu SAPS/TISS seit Sommer so gut wie nicht überarbeitet wurde, muss man sich nicht wundern, dass die Streitigkeiten über die Strukturvoraussetzungen, Verpflichtung zur Erfassung, über nicht abgrenzbare Intervalle bei der Anfangserfassung und über die Laborreferenzwerte (wer hat die richtigen Einheiten?) muntere Wellen schlagen, als ob wir alle nichts Besseres zu tun hätten angesichts der vielen wunderbaren „Zusatz“-Entgelte so nebenbei.

    Dahingehend habe ich Verständnis für den Frust mancher Kollegen und kann Stefan Stern insofern nicht zustimmen, als jede noch so schöne Software, wenn sie denn per se fehlerfreie Daten zum Export an KK und INEK produziert, erst einmal meistens hoch qualifizierte Anwender benötigt, die alles in Nullkommanix ohne Fehler eingeben (bei dem Intensivmultitasking entweder nebenher oder nach Dienstschluss). Nach meinen persönlichen Erfahrungen besteht hier keinerlei Grund zur Euphorie (von wegen 1 Minute pro Tag und Patient?).

    Ich kann allen Beteiligten zum Nachdenken wärmstens einen Vortrag der verstorbenen Ärztekammerpräsidentin Dr. Ursula Auerswald über Entbürokratisierung der Medizin empfehlen (http://www.bundesaerztekammer.de/30/ Aerztetag/107_DAET/24Referate/Auerswald.pdf).

    Ich würde mich freuen, wenn es aus dem Kreis der Diskutanten vielleicht eine Resolution an die Politik und/oder die Gesundheitsgremien gäbe, dass solche Anforderungen an die Dokumentation hinsichtlich QM und DRG nicht nur folgenlos geäußert werden, sondern auch ein Rahmen geschaffen wird, in dem die inhaltliche Umsetzung für entsprechende medizinische Gremien und die technische Ausgestaltung für KIS-Anbieter verbindlich wäre.

    Ansonsten dürfen wir halt alle weitermurksen.

    Mit freundlichen Grüßen murx