Intensivmedizinische Komplexbehandlung

  • Guten Morgen,


    Zitat


    Original von merguet:


    Zur Intensivstation: Sie können Ihre Mortalität ablesen aus Ihren KIS-Daten, villeicht auch die Rückverlegungen. Aber kennen Sie Ihre Infektionsraten? Kennen SIe Ihre MRSA-Raten? Kennen Sie Ihre \"adverse events\"?, Ihre Bettenstürze?.

    ... Dies nur als Anregung.


    ... und jetzt sind wir in diesem Sinne einen Schritt weitergekommen ???
    ... mit der Dokumentation der Komplexbehandlung ???

    Und in Ergänzung (ist im Thread vielleicht schon angeklungen): TISS ist ein intervention scoring system. Damit werden im System diejenigen herausgestellt, die mehr machen (korrekte Kodierung vorausgesetzt). Ob dies künftig nicht falsche Anreize setzt, bleibt abzuwarten. Daneben war schon zu meiner aktiven Intensivzeit (Himmel, ist das lange her!) TISS ein sehr umstrittenes Tool und die Limits dieses Systems sind hinlänglich bekannt, warum man das jetzt aus der Mottenkiste holt, ist mir schleierhaft.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Hallo, Forum,

    das Thema Intensivmed. Komplexbehandlung scheint das Forum gewaltig zu polarisieren. Deshalb gebe auch ich noch meinen Senf dazu. Ich betreue eine Intensivstation, die gar keine ist (nach den Kriterien des OPS) in einem Haus der Grund- und Regelversorgung.

    Schon vor Einführung des DRG-Systems in Deutschland war klar, daß der Aufwand für die Intensivmedizin in den AR-DRGs nicht abzubilden ist. Intensivmedizinische Leistungen sind nun einmal nicht über eine Hauptdiagnose, ein paar Nebendiagnosen und Beatmungsstunden zu erfassen. Dieser Unsinn wurde von den Intensivmedizinern oft genug beklagt.

    Wer die einschlägige Literatur kennt, weiß, daß die Qualität der Intensivmedizin unmittelbar von der Organisationsstruktur (sprich: Qualifikation der Ärzte) abhängt. Die Kosten wiederum sind in erster Linie eine Funktion der Aufenthaltsdauer und der intensivtherapeutischen Maßnahmen. Es ist daher nur logisch, die Vergütung von diesen Kriterien abhängig zu machen. Die ehrlichste Lösung wäre ein tagesbezogenes ZE. Will man aber (und unsere Politik will !! :t_teufelboese: ) auch die Intensivmedizin in das DRG-Schema pressen, dann ist der vorgezeichnete Weg über die Summe der täglichen Aufwandspunkte, deren Grundlage anerkannte intensivmedizinische Scores sind, m.E. der einzig vernünftige.

    Man mag den zusätzliche Aufwand der Dokumentation beklagen. Aber verstehen kann ich diese Klagen nicht ganz. Wir bemühen uns seit Jahren, den Arbeitsaufwand für die Versorgung der Intensivpatienten abzubilden. TISS gehört da selbstverständlich dazu! Und den SAPS, den wir bisher nur einmal pro Aufenthalt erhoben haben, werden wir halt in Zukunft täglich fortschreiben. Das macht mich zwar nicht glücklich, aber sooo groß ist der Zusatzaufwand dann doch nicht.

    Wie gesagt, meine Intensivstation ist bisher gar keine richtige. Trotzdem werden wir die Datenerfassung nach dem OPS machen. Ich denke, daß ich in spätestens zwei Jahren gute Argumente haben werde, die ärztliche Versorgung der Station gründlich auszubauen.

    Gruß aus Oberbayern

    Timm Büttner

  • Hallo Herr Büttner,

    sie sprechen mir aus der Seele!!
    Noch zu Frau Murx: Es funktioniert bei uns seit 01.01.05 tatsächlich mit dem Aufwand von etwa 2 Minuten pro Tag und Patient (mit der geeigneten Software). Das mag natürlich auch daran liegen, dass bei uns, wie bei Herrn Büttner die Kollegen es seit Jahren gewohnt sind, TISS-28 und SAPS-II zu erfassen.

    Darüber, ob ich den von der DIVI entworfenen Score (Tiss10 + Total-SAPS) für sinnvoll halte, lasse ich mich nicht mehr aus, meine Ansichten dazu stehen hier im Forum mehr als einmal.

    Ich kann auch, ehrlich gesagt, das ganze Gejammere darüber hier kaum verstehen. Wer für seine Leistung bezahlt werden will, muss diese auch Dokumentieren. Über das \"Wie\" ließe sich ja diskutieren, aber hier höre ich selten konstruktive Vorschläge dazu. Wer was ändern will: Ran an die Fachgesellschaften, sich darüber einbringen und was bewirken. Man hat ja gesehen, wie einfach das geht (siehe Herr Prof. Burchardi / DIVI). Das System ist noch formbar (das alte war es kaum), also lasst uns daran arbeiten und es zum besseren verändern!

    Stefan Stern

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo,

    hier der von Fr. Murx angeführte Vortrag der verstorbenen Ärztekammerpräsidentin Dr. Ursula Auerswald zum Thema

    Entbürokratisierung der Medizin.

    Gruß

    MiChu :sonne:

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo,
    bitte sehen Sie sich auch die

    PowerPoint-Präsentationen (6MB) zum Vortrag von Fr. Dr. Auerwald an.
    Besonders Folie 24!!

    Gruß

    MiChu :sonne:

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo Forum, Hallo Herr Büttner,
    wir sind auch ein Haus der Grund - und Regelversorgung, wir werden uns an die vorgegebenen Spielregeln halten und die Verschlüsselung nicht vornehmen.
    In unserer Anfrage an das DIMDI( siehe Beitrag Forum : Erläuterung DIMDI zu Tiss und SAPS) ist klar gesagt worden wer Verschlüsseln darf und wer nicht. :deal:
    Wie auch im OPS in den Erläuterungen zu lesen ist, gibt es ja Mindestmerkmale, die zu erfüllen sind, bei uns hapert es halt an der \"ständigen Anwesenheit eines Arztes\", denn bei uns wird die ITS von den Diensthabenden Ärtzen betreut.

    Natürlich ist es kein Problem die Komplexbehandlung auch bei uns vorzunehmen, aber was ist wenn wir geprüft werden und die Mindestmerkmale nicht erfüllt haben?

    Darf trotz Vorgaben, jeder so machen wie er sich die Interpretation aus den Spielregeln liest?? :sterne:

    Wenn in 1 oder 2 Jahren der Bereitschaftdienst der Ärzte neu geregelt wird und dann eventuell ein Schichtdienst daraus resultieren sollte, kann ich doch nicht jetzt schon mit einer Kodierung anfangen, welche ich laut Aussage des DIMDI nicht erfülle, wenn dann doch in zwei Jahren die Argumente fehlen und es Erlöse für TISS und SAPS gibt höre ich dann mit der Kodierung wieder auf?

    Gruß aus dem stürmischen Sauerland

    Akim

  • Hallo, Herr Akim,
    Sie haben selbstverständlich recht! Wenn ich geschrieben habe, daß wir die Verschlüsselung machen, dann heißt das, das wir die Schlüssel nach der Kodierung für die Abrechnung sperren, denn abrechnen dürfen wir sie ja nicht. Ich hoffe allerdings über den Nachweis des Aufwandes in den nächsten 2(?) Jahren genügend Argumente zu haben, aus unserer Station eine \"richtige\" Intensivstation zu machen und dann brauche ich die Schlüssel für die Leistungsplanung.

    Gruß aus Oberbayern

    Timm Büttner

  • Hallo Forum,

    die Erfassung der Aufwandspunkte ist offensichtlich notwendig. Die Frage ist doch, wie der Aufwand erträglich gehalten werden kann. Mit Zetteln ode r einfachen Excel-Tabellen geht es nicht - die Fehlerquote wäre zu hoch.

    Folgende Anforderungen sind meiner Meinung nach sinnvoll:

    1. Gleichzeitiger Zugriff auf die Daten (unterschiedlicher Patienten) durch mehrere Personen möglich. (Access fällt aus!)
    2. Unvollständige Datensätze müssen erfasst werden können.
    3. Unvollständige Datensätze müssen einfach erkannt und nachbearbeitet werden können.
    4. Wo möglich, Auswahl der Werte aus Listen. So wenig direkte Eingaben, wie möglich.
    5. Zu allen zu erfassenden Daten erklärende Hinweise.
    6. Automatische Prüfung auf Vollständigkeit der Daten.
    7. Automatische Ermittlung des OPS-2005-Codes
    8. Protokoll-Ausdruck im Format A4.
    9. Einfache Bearbeitung von Wiederaufnahmen auf die Intensiv-Station
    10. Einfache Korrektur falsch erfasster Daten.

    Ich habe für das Problem für uns in Excel-VBA gelöst (Punkte 1-9 und Punkt 10 zur Hälfte, nur die Korrektur falscher Aufnahme- bzw. Entlassungsdaten funktioniert noch nicht). Bei Interesse können Sie sich bei mir melden unter e-Mail: christoph.rueschemeyer@osnanet.de

    Grüße aus dem trüben Teutoburger Wald

    Dr. med. Christoph Rüschemeyer

    Ltr.Med. Controlling
    Klinikum Osnabrück

  • Hallo, Forum!

    Nachdem ja die erste DIMDI-Antwort bereits veröffentlicht wurde, hier nochmals eine erneute Klarstellung des DIMDI (mit freundl. Genehmigung von Frau XY):

    [hr]
    Für das Jahr 2005 bedeutet \"ständige Anwesenheit\", dass der Arzt ständig auf der Intensivstation anwesend sein muss, d. h. er muss innerhalb kürzester Zeit (etwa 5 Minuten) direkt handlungsfähig am Patienten sein.
    Es ist also durchaus denkbar, dass er sich während des Dienstes auf der Station in einem Nebenraum kurz ausruht; genauso wie er in einem anderen Bereich der Intensivstation beschäftigt sein kann.
    Also wäre außer einem Schichtdienst auch ein Bereitschaftsdienst D (für diese Intensivstation!) denkbar, wenn die geringere Belastung durch das Spektrum der Intensivpatienten dieses üblicherweise zulässt.
    Es ist allerdings nicht damit gemeint, dass er neben dem Dienst auf der Intensivstation gleichzeitig an anderer Stelle des Krankenhauses weitere Aufgaben erfüllen muss (z. B. im OP Narkose machen, eine Normalstation bzw. eine Aufnahmestation betreuen o. ä.).

    Ferner muss der Arzt ...\"die aktuellen Probleme der Patienten kennen\".
    Das heißt, dass es nicht ein Diensthabender des Hauses sein kann, da der die aktuellen Probleme der Intensivpatienten nicht kennen kann. Es reicht auch nicht aus, dass ein Diensthabender des Hauses am Abend über eine Visite auf der Intensivstation kurz über \"die anstehenden Probleme\" informiert wird und sich dann wieder dem Nachtdienst im Hause widmet.
    Der Arzt muss wirklich in das Team der Intensivstation eingebunden sein.


    Für die Datenübermittlung nach § 301 müssen die im Kode 8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung genannten Bedingungen erfüllt sein.

    Inwiefern der Kode 8-980 Intensivmedizinische Komplexbehandlung, insbesondere bezüglich der Strukturkomponente, einem Wandel unterworfen sein wird, kann aus heutiger Sicht noch nicht beurteilt werden. Dementsprechend muss jedes Krankenhaus für sich entscheiden, was für die eigene krankenhausinterne Dokumentation wichtig ist. Beim Verzicht auf die Dokumentation dieses Schlüssels würden dem Krankenhaus ggf. planungsrelevante Daten fehlen, wenn der Kode, eventuell mit geänderten Kriterien der Strukturkomponente, künftig entgeltrelevant würde.
    [hr]

    Gruß

    T. Flöser

  • Hallo Forum,

    hiermit entschuldige ich mich ausdrücklich bei Hr. Selter, über die missverständliche Bemerkung meinerseits in diesem Thread.

    Auch meine emotionale teilweise unsachlichen Äusserungen bitte ich zu entschuldigen.

    Die Abbildung hochaufwendige Intensivmedizinischer Leistungen in DRG-System halte ich auch für nötig, nur und das wollte ich hier auch klarstellen, die Art und Weise wie dies nun geschehen soll, halte ich nach wie vor für unausgereift, handwerklich nicht durchdacht und stellt, nach meiner Meinung, eine vermeidbare Dokumentationsbelastung für viele dar.

    Mit freundlichen Grüßen

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Hallo Forum,
    ich finde die Form der Diskussion in diesem Thread ausgesprochen erfrischend!! Genauso geht es auch in unserem Haus zu, wenn über Sinn und Unsinn von Qualitätssicherung, Qualitätsmanagement, Kodierung und Dokumentation gestritten wird. Das Forum ist hier nur ein Abbild der Realität. Und ich hoffe, dass hier noch keiner wirklich zu \"Schaden \" gekommen ist.
    (Ich bin übrigens auch überzeugter Qualitäter und denke, dass es an der Zeit war, von der Politik ein paar Grundsätze übergestülpt zu bekommen, wozu die Standesorganisationen jahrzehntelang nicht in der Lage waren.)

    Trotzdem stimme ich auch Herrn Lückert zu:

    Zitat


    Original von Lueckert:
    ...die Art und Weise wie dies nun geschehen soll, halte ich nach wie vor für unausgereift, handwerklich nicht durchdacht


    Wer schon seine Intensivschwestern und -pfleger geschult hat und nicht mit einem Bündel von ungelösten Fragen herausgekommen ist, der weis noch nicht, was ihm entgangen ist. :sterne:

    Ich versuchs mal mit zwei Fragen aus der Realität?
    1.Frage:
    Ein Patient kommt ins Krankenhaus (vielleicht wegen exarcerbierter COPD) und wird ein paar Tage auf der Intensivstation beatmet. Anschließend wird er auf die periphere Station verlegt.
    Nach zwei Tagen verschlechtert sich sein Zustand wieder und er wird erneut auf der Intensivstation aufgenommen und behandelt.
    Handelt es sich hier um zwei Aufnahmen mit zweimaliger Prozeduren-Kodierung oder fand nur eine Unterbrechung der Behandlung statt?
    Wie wird kodiert? und wo steht das??
    2.Frage:
    Ein Patient kommt zu einer geplanten OP (z.B.Cholezystektomie).Am fünften postop.Tag erleidet er einen Herzinfarkt und muss wegen kardiogenem Schock auf der intensivstation behandelt werden.
    Ist dies ein geplant operierter Patient oder ein medizinischer Patient? Ist mit \"geplanter Operation\" die Intensivbehandlung auf der ITS wegen der Operation gemeint oder sind \"ungeplante Intensivbehandlungen\" nach geplanten Operationen auch hier enthalten.
    Es gibt ja auch kurzfristig angesetzte (<24 Std)geplante Bagatell-OPs, die mal auf der Intensivstation enden.

    Ich könnte den Fragen-Katalog noch fortsetzen aber ich möchte auch mal nach Hause zu Frau und Kindern.

    Bitte eifrig weiter zu diskutieren und die \"Netiquette\" nicht ganz so streng auszulegen. :deal:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken