Abschlag nach Verlegung aus dem Ausland

  • Hallo Forum,

    hat jemand die Anregung von Herrn Selter aufgegriffen und mal nachgefragt?

    Wenn ja, eine Info hierzu wäre nicht schlecht.

    Gruß

    P. Host

  • Hallo phost!

    Ich nehme nicht an, dass es da schon Urteile gibt.

    Aber wenn der Kostenträger einen Verlegungsabschlag haben will, würde ich bei einer gesetzlichen Kasse erst mal ganz genüsslich nach dem Institutskennzeichen des aus Italien verlegenden Hauses fragen. Und wo der in den Katalogen steht.

    Kein Institutskennzeichen, keine rechtliche Grundlage für die Übersendung eines Verlegungsabschlages im DTA, keine Kekse. :i_baeh:

    Was also nicht übermittelt werden kann, produziert auch keinen Abschlag.
    Würde ich also erst im DTA formal aufklatschen lassen und dann dem Anwalt übergeben.

    Der Verlegungsabschlag einer DRG soll verhindern, dass unzulässige Verlegungsketten zur ungerechtfertigten Erlösoptimierung entstehen. Dazu muß es sich um Verlegungsketten binnen eines DRG-Systems handeln.

    diabolisch grinsend grüßt
    der Kolibri

  • Hallo kolibir,
    wenn da mal das BSG keine andere Sichtweise hat. Nur so aus der Erfahrung mit so manchen \"klaren\" Sachen gesprochen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Guten Morgen.
    es gibt für die Angabe eines ausländischen KH ein Pseudo-IK, das angegeben werden kann. Trotzdem stimme ich inhaltlich der Auffassung von Kolibri zu, auch wenn die Begründung nicht passt. Diese muss lauten, dass ausländische KH nicht den deutschen Rechtssystemen KHEntG, FPV, BPflSV unterliegen und deshalb ein Verlegungsabschlag nicht in Frage kommen kann. Allerdings gebe ich auch Hr. Horndasch recht. \"Vor Gericht und auf hoher See....\"

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Hallo,

    Zitat


    Original von Michael Bauer:
    \"Vor Gericht und auf hoher See....\"


    wie wahr - siehe hier.
    Das Urteil ist zwar erstinstanzlich und bisher nicht rechtskräftig, ich persönlich halte es allerdings für ziemlich unwahrscheinlich, dass eine höhere Instanz die Entscheidung wieder kassiert. Aber schaun mer mal...

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo Herr Hollerbach,
    ich gehe auch davon aus, dass diese Entscheidung Bestand haben wird. Aber wahrscheinlich wird es eine Revision geben, da es sich um die Klärung eines generellen \"Streitthemas\" bzw. Auslegung handelt.
    Andererseits, was ändert sich für das aufnehmende Krankenhaus (in D) dadurch, dass die Vorbehandlung im Ausland erfolgt ist.

    Viele Grüße und einen entspannten Resttag vom
    Rheinkilometer 660

  • Guten Morgen,
    hoppla, damit hätte ich nicht gerechnet. Allerdings muss ich sagen, dass die Kasse hier eine gute Argumentationskette aufgebaut hat. Auf diese Begründung bin ich vorher nicht gekommen, aber sie klingt natürlich irgendwie logisch. Mal sehen wie es die weiteren Instanzen sehen!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Zitat


    Original von DRG-Rowdy:
    Andererseits, was ändert sich für das aufnehmende Krankenhaus (in D) dadurch, dass die Vorbehandlung im Ausland erfolgt ist.

    Das Gericht hat durchaus selbst bereits darauf hingewiesen, dass für das Krankenhaus (D) sich durchaus mehr Aufwand durch die Vorbehandlung im Ausland ergeben kann. Was nützen - z.B. in dem verhandelten Fall - die Beufunde auf türkisch? Das Gericht geht bei dieser Problematik allerdings ehr von seltenen Einzelfällen aus und postuliert, dass in solchen Fällen die Patienten ja dann auch regelhaft über der MVD lägen - meiner Ansicht nach eine gewagte These.

    Was allerdings völlig außer Acht bleibt, bei diesem Urteil, ist dass die Versorgungsstrukturen in anderen Ländern zum Teil völlig unterschiedlich sind und nicht alles, was woanders (bzw. in der deutschen Übersetzung) \"Krankenhaus\" heißt, einem deutschen Krankenhaus entspricht. Was in Deutschland ein \"Krankenhaus\" ist, wird im SGB und KHG definiert - in anderen Ländern gelten diese Definitionen nicht.

    Zweifellos wird es - egal welche Rechtsauffassung die Instanzen übersteht - immer \"Ungerechtigkeiten\" geben: den Fall, der fast ausbehandelt kommt und nur noch minimal versorgt werden muss genau so, wie den Fall, der nach der Verlegung nach kurzer Zeit auf der Intensivstation stirbt. Angesichts der Tatsache, dass es sich je nach regionaler Lage des Krankenhauses eher um einen geringfügigen Anteil des Budgets bzw. der Krankenkassenausgaben handeln dürfte, ist das Ergebnis dieses Rechtsstreits wirtschaftlich sicher nicht so bedeutend. Aus meiner Sicht geht es jedoch darum, eine Regelung zu finden, die möglichst wenig Anlass für Streit und zusätzlichen Aufwand gibt. Da halte ich die Eingrenzung auf deutsches Recht für den besseren Weg, da sonst im Einzelfall die Diskussion immer wieder aufkochen wird, ob die vorbehandelnde Institution im Ausland nun definitionsgemäß ein \"Krankenhaus\" war oder vielleicht doch eher einer Poliklinik entspricht.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Hr. Schaffert,
    Sie haben vollkommen Recht mit Ihren Einwänden und auch mit der Einschätzung, dass es in diesen Fällen keine gerechte Lösung geben kann, die allen Beteiligten im Einzelfall gerecht wird. Ich sehe allerdings schon die Gefahr, dass es hier einige KH geben kann, die durch solche Fälle über Gebühr belastet sind, z. B. grenznahe Häuser! Für mich hoffe ich, dass diese Fälle bei unserer KK genauso oft auftreten, wie in der Vergangenheit, nämlich fast gar nicht!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag allerseits,

    es gibt ein Urteil des LSG Hessen zu dem Thema (Revision ist zugelassen):

    Der Wortlaut des § 3 Abs. 2 FPV 2008 lässt zwar nicht den Schluss zu, dass es sich bei der Verlegung aus "einem anderen Krankenhaus" nicht auch um eine Verlegung aus einem ausländischen Krankenhaus handeln kann. Eine Einschränkung der Regelung dergestalt, dass bei einer Verlegung aus dem Ausland für das aufnehmende Krankenhaus ein Verlegungsabschlag nicht in Betracht kommt, ergibt sich nach der Auffassung des Senats jedoch aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Regelung. Systematisch gliedert sich § 3 Abs. 2 FPV 2008 an § 3 Abs. 1 an, was bereits durch den entsprechenden Verweis in Abs. 2 auf Abs. 1 deutlich wird, d.h. es besteht eine Korrelation zwischen "verlegendem" und "aufnehmendem" Krankenhaus. Hintergrund dieser Regelung ist, dass es sich insoweit um ein Gesamtsystem der Vergütung der beteiligten Krankenhäuser im Sinne des § 2 KHG handelt. Für einen abzurechnenden Behandlungsfall ist nach dem Fallpauschalenkatalog jeweils eine Fallpauschale vorgesehen. Zwar kann bei Verlegungen jedes beteiligte Krankenhaus eine eigene Fallpauschale abrechnen. Es wird jedoch nach der Systematik der Regelung - gemessen an dem Nichterreichen der mittleren Verweildauer der Fallpauschale - eine nicht vollständig erbrachte Leistung unterstellt, die aus Kostengründen mit Abschlägen von der Fallpauschale sanktioniert wird (Derix in: Baum/Laufer -Hrsg.- Kommentierung Abrechnungsbestimmungen und Vereinbarung Besondere Einrichtungen 2012, Erläuterungen zu § 3 FPV 2012-2.1. Abschläge bei Verlegungen). Hiervon ist wechselseitig und damit letztlich im Ausgleich jedes beteiligte Krankenhaus nach § 2 KHG betroffen. Diese Ausgleichsfunktion im Gesamtsystem der Vergütung für Krankenhäuser ist bei der Beteiligung eines ausländischen Krankenhauses als verlegendes Krankenhaus jedoch nicht mehr gegeben. Dies wird nach der Auffassung des Senats auch von Sinn und Zweck der Regelung über den Verlegungsabschlag bestätigt. Dieser besteht darin, fehlsteuernde Anreize, die zu einer zu frühen Verlegung des Patienten führen könnten, weitgehend auszuschließen und strategischen Überlegungen mit ausschließlich ökonomisch motiviertem Hintergrund entgegenzutreten (Derix, a.a.O., § 3 Nr. 2.1.; vgl. insoweit auch die amtliche Begründung zum Referentenentwurf bezüglich der Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2004 als Vorgängerregelung, die inhaltlich von den Selbstverwaltungspartnern bezüglich der Abschlagsregelung bei Verlegungen im Wesentlichen beibehalten wurde; Leitfaden zu Abrechnungsfragen nach dem KHEntgG und der FPV 2007 der Spitzenverbände der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung, 2.13.1 zu der wortgleichen Verlegungsregelung). Diese Zielerreichung ist jedoch nur dann überhaupt möglich, wenn es sich wechselseitig um Krankenhäuser handelt, die der auf der Grundlage des § 17b KHG getroffenen FPV 2008 unterfallen, was bei dem vorliegend beteiligten verlegenden Krankenhaus gerade nicht der Fall ist.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo allerseits,

    auch diese Rechtsfrage ist jetzt endlich (484 Tage nach der Mitteilung von Herrn Schaffert, wie mir die Boardsoftware sagt, und mehr als 9 Jahre nach der ursprünglichen Fragestellung...) höchstrichterlich entschieden:


    Zitat

    Terminbericht Nr. 64/13 - Der 1. Senat des Bundessozialgerichts berichtet über seine Sitzung vom 17. Dezember 2013:

    1) Die Revision der beklagten KK ist erfolgreich gewesen Das LSG hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt, restliche Vergütung für die Krankenhausbehandlung der Versicherten L. zu zahlen. Der hierfür bestehende Vergütungsanspruch erlosch dadurch iHv 2609,29 Euro, dass die Beklagte wirksam mit einem Erstattungsanspruch wegen überzahlter Vergütung für die Behandlung der Versicherten B. aufrechnete. Die Beklagte hatte nämlich rechtsgrundlos hierfür in Höhe des Verlegungsabschlags bezahlt. Der Abschlag mindert die Vergütung bei Krankenhausverlegungen, wenn - wie hier - die im Fallpauschalenkatalog ausgewiesene mittlere Verweildauer im aufnehmenden Krankenhaus unterschritten wird. Unerheblich ist, wo das verlegende Krankenhaus seinen Sitz hat. Diese Auslegung des § 3 FPV 2008 nach Wortlaut und Systematik steht mit höherrangigem Recht in Einklang.

    SG Darmstadt - S 18 KR 576/09 -
    Hessisches LSG - L 1 KR 347/10 -
    Bundessozialgericht - B 1 KR 57/12 R -

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

    Einmal editiert, zuletzt von mhollerbach (18. Dezember 2013 um 09:55)