Metastase oder Primär-Tumor als HD ?

  • Liebe KollegInnen,

    wie wird folgende klinische Konstellation richtig verschlüsselt?

    Pat. kommt mit dem Symptom einer Radikulopathie bei V. a. Bandscheibenprolaps. Tatsächlich wird eine Knochenmetastase für die Schmerzzustände gefunden. Ein Thoraxbefund legt den in unserem Hause nicht sicher zu verifizierenden Verdacht auf ein Lungen-Ca nahe, so dass der Patient mit dieser Verdachtsdiagnose verlegt wird.

    Das Symptom der Radikolupathie ist sicher nicht zu verschlüsseln, denn dafür haben wir ja eine genauere Ursache gefunden. Werden die Knochenmetastasen als Ursache bewertet oder eher der Primärtumor, der zwar nicht gesichert ist, aber wegen der Verlegung entsprechend kodiert werden kann (Aufwand ist durch die Diagnostik ja auch nachweisbar). Allerdings wurden weder Metastase noch Primärtumor behandelt, es erfolgte neben der Diagnostik nur die symptomatische Schmerzbehandlung.

    Mein Vorschlag:
    HD: Lungen-Ca (C34.-)
    ND: Knochenmetastase Wirbelkörper (C79.5)

    Wer stimmt mir zu ?

    Danke und Gruß
    Popp

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    Sie haben den Patienten wegen der Rückenschmerzen aufgenommen, finden als Ursache die Metastasen eines nicht gesicherten Lungen-Ca.

    Jetzt muss man da ja nach der DKR \"0201d Auswahl und Reihenfolge der Kodes
    kodieren\". Da steht:

    Die Reihenfolge der anzugebenden Kodes hängt von der Behandlung während des betreffenden Krankenhausaufenthaltes ab.
    Erfolgt die Aufnahme zur Diagnostik/Behandlung des primären Malignoms, ist das primäre Malignom als Hauptdiagnose-Kode zuzuweisen.

    Jetzt haben wir die Schwierigkeit, dass hier nicht behandelt wurde und die DKR im ersten Satz suggeriert, dass einzig die Behandlung ausschlaggebend ist. Satz 2 führt dann aber auch den Zusatz auf Diagnostik. Somit ist dieses auch der Behandlung wohl gleichgestellt.

    Ließt man dann weiter, wird gesagt:

    Erfolgt die Aufnahme nur zur Behandlung von Metastasen, ist/sind die Metastase(n) als Hauptdiagnose-Kode anzugeben und zusätzlich, sofern bekannt, eine bzw. mehrere Nebendiagnose(n) für den Primärtumor (siehe Beispiel 4).

    Hier fehlt jetzt der Zusatz Diagnostik. Dennoch würde ich doch hier nach gleichem Prinzip verfahren.

    Heißt:

    HD = Metastase
    ND = Primärtumor (ggf. C80)

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Popp, Hall Herr Selter,

    bei der Wahl der Hauptdiagnose stimmen ich Herrn Selter zu: Zugrundeliegende Krankheit für den Grund der Aufnahme war die Knochenmetastase von daher ist diese gem. DKR als Hauptdiagnose zu wählen.

    Als Nebendiagnose ist meiner Meinung nach ( entgegem dem von Herrn Selter auch vorgeschlagenem Kode C80 ) definitv das Lungencarcinom zu verschlüsseln. Dies ergibt sich aus der DKR D008b ( Verdachtsdiagnosen ). Dort heißt es:

    Zitat


    D008b Verdachtsdiagnosen - Auszug:

    Verlegung in ein anderes Krankenhaus
    Wenn ein Patient mit einer Verdachtsdiagnose verlegt wird, ist vom verlegenden Krankenhaus die Verdachtsdiagnose-Schlüsselnummer zu kodieren.
    Von dem verlegenden Krankenhaus dürfen zur Kodierung nur die zum Zeitpunkt der Verlegung erhältlichen Informationen verwendet werden. Spätere Informationen aus dem Krankenhaus, in welches der Patient verlegt wurde, dürfen die Kodierungsentscheidung nachträglich nicht beeinflussen.
    Wird beispielsweise ein Patient mit der Verdachtsdiagnose Meningitis verlegt und der Fall vom verlegenden Krankenhaus als Meningitis kodiert, so ist die Schlüsselnummer für Meningitis vom verlegenden Krankenhaus nachträglich nicht zu ändern. Dies gilt auch dann, wenn vom zweitbehandelnden Krankenhaus der Entlassungsbericht zugesandt wird und sich daraus ergibt, dass der Patient laut Untersuchung keine Meningitis hatte.

    Da Sie mit der begründeten Verdachtsdiagnose Lungencarcinom verlegt und nicht entlassen haben, ist hier das Lungen-CA zu kodieren.

    MfG,

    M. Ziebart

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Ziebart,

    Zitat

    Original von Selter:
    HD = Metastase
    ND = Primärtumor (ggf. C80)

    Zitat

    Original von ziebart:
    ( entgegem dem von Herrn Selter auch vorgeschlagenem Kode C80 )

    Ich habe damit nicht gesagt, dass hier C80 als ND kodiert werden soll. Dies war als allgemeiner Hinweis gedacht, dass der Primärtumor, auch wenn er nicht bestimmt werden kann, als ND kodiert wird.
    Somit unterscheiden sich unsere Meinungen nicht.

  • Hallo, Herr Popp,
    ich würde zusätzlich noch die G55.0*, die M49.5-* und die Schmerzen kodieren, falls diese behandelt wurden, da dies durchaus eigenständige Probleme waren.
    Gruß
    Susanne :roll:

    Susanne in München :i_drink:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Susanne,

    zu der Schmerzkodierung:

    1806d Schmerzdiagnosen und Schmerzbehandlungsverfahren

    Akuter Schmerz
    Wenn ein Patient wegen postoperativer Schmerzen oder wegen Schmerzen im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung behandelt wird, sind nur die durchgeführte Operation oder die schmerzverursachende Erkrankung zu kodieren.

    (bedeutet keine Kodierung von Schmerz)

    Chronischer/therapieresistenter Schmerz/Tumorschmerz

    Beispiel 3
    Ein Patient wird zur Behandlung von Knochenmetastasen eines bösartigen Lungentumors im Oberlappen aufgenommen. Er erhält u.a. Morphium, um die schweren Knochenschmerzen zu kontrollieren.
    Hauptdiagnose: C79.5 Sekundäre bösartige Neubildung des Knochens und des
    Knochenmarkes
    Nebendiagnose(n): C34.1 Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge,
    Oberlappen (-Bronchus)

    (bedeutet keine Kodierung von Schmerz)

  • Hallo, Herr Selter
    wenn lediglich die Morphintherapie fortgesetzt wird, würde ich das auch so sehen. Wird aber eine differenzierte Schmerztherapie mit - wie häufig nötig - mehrfachem Anpassen der Medikamente und Dosierung vorgenommen, betrachte ich den Schmerz als eigenständiges Problem, den ich kodiere. Bei diffusen z.B. Ganzkörperschmerzen mit R52.2, bei lokalisierbaren mit der entsprechenden Ziffer.
    Gruß aus dem Schnee
    Susanne :roll:

    Susanne in München :i_drink:

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Susanne,

    ich würde hier nie auf die Idee kommen extra \"Schmerz\" zu sagen, wenn die Diagnose schon sagt: \"Das tut weh\". Die Spezielle DKR (toppt die Allgemeinen, wie z.B. \"Symptom als eigenständiges Problem\") sagt halt num auch: Akuter Schmerz
    Wenn ein Patient wegen postoperativer Schmerzen oder wegen Schmerzen im Zusammenhang mit einer anderen Erkrankung behandelt wird, sind nur die durchgeführte Operation oder die schmerzverursachende Erkrankung zu kodieren.

    Da der Kode ja nichts kaputt macht, ist es ja nur ein formales Problem.

  • Hallo, Herr Selter,
    das sehe ich nicht so: Es gibt viele Tumor-Pat. mit Metastasen, die nicht weh tun oder wo der Schmerz bei diesem Aufenthalt keine Rolle spielt, da er bereits gut behandelt wird. Die Diagnose Metastase sagt also nicht per se \"das tut weh\". Wenn aber der Pat. mit multiplen Symptomen kommt (Atemnot, Verwirrtheit, Übelkeit und Erbrechen, Kachexie und womöglich auch noch Schmerzen), die jedes einzeln ein Problem darstellen und symptomorientiert einzeln behandelt werden, nicht hingegen die Ursache der Symptome (da die z.B. nicht mehr behandelt werden können oder der PAt keine Behandlung mehr wünscht), dann kodiere ich die Symptome als eigenständiges Problem mit der entsprechenden Ziffer. Die Auswahl der HD geschieht nach DKR und ist entweder der Primärtumor oder die führende Metastasenlokalisation (obwohl keine Tumorspezifische Therapie durchgeführt wird). Anders lassen sich Palliativpatienten nicht kodieren. Es wird dazu auch demnächst eine Empfehlung der DGP geben.
    Gruß aus 40-50 cm Schnee in München
    Susanne :roll:

    Susanne in München :i_drink:

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Susanne,

    die Kodierrichtlinien betreffs (Nicht-)Kodierung von Schmerz habe ich ja bereits oben erwähnt und werde sie nicht erneut ins Rennen bringen.

    Zitat


    Original von Susanne:
    das sehe ich nicht so: Es gibt viele Tumor-Pat. mit Metastasen, die nicht weh tun oder wo der Schmerz bei diesem Aufenthalt keine Rolle spielt, da er bereits gut behandelt wird.

    Hierzu möchte ich Ihnen folgendes Gegenbeispiel nennen.

    Ich hatte an einem ähnlich verschneiten Tag die Ambulanz voll mit gestürzten älteren Patienten. In einem Raum lag ein älterer Herr mit bimalleolarer Luxationsfraktur mit nebenbefundlichen Diabetes, in dem anderen eine ältere Dame ebenfalls mit einer bimalleolaren US-Fraktur. Der Herr mit Diabetes verspürte keine Schmerzen (bekannte Polyneuropathie), die Dame hatte deutliche Schmerzen.

    Beim Kodieren würde ich jetzt dann nicht auf die Idee kommen, der Dame auch noch \"Schmerz\" als ND zu kodieren, weil es andere Patienten mit dieser Verletzung gibt, bei denen es nicht oder fast-nicht weh tut.

    Da der Kode \"Schmerz\" als ND weder einen Einfluss auf die DRGs hat, kodieren Sie ihn halt. Wir werden es weiterhin nicht tun.

    Zu \"Es wird dazu auch demnächst eine Empfehlung der DGP geben.\"

    Hierzu möchte ich generell sagen, dass Empfehlungen nicht mehr und nicht weniger sind, als genau das. Es gibt leider einige Empfehlungen (im Sinne von Kodierleitfäden, Übungsbeispiele in Fachzeitschriften, etc.), die inhaltlich völlig an den Kodierrichtlinien vorbei gehen und nur Verwirrung und Falsch-Kodierung hervorbringen. Ich beziehe das jetzt nicht auf die von Ihnen erwähnten Empfehlungen, diese kenne ich nicht. Möchte aber davor warnen, diese immer für bare Münze zu nehmen.

    Wir schlagen Ihre 40 - 50 cm Schnee deutlich, bei uns sind sogar die Schulen geschlossen.