Professionelle Kodierer

  • Hallo Herr Scholz,

    Zitat


    Und rein rechtlich gesehen geht die wahrheitsgemäße Dokumentation und Verschlüsselung vor. Zum Verständnis des Systems sind die D001a bis D003a (Verantwortlichkeit des Arztes, Hauptdiagnose, Nebendiagnosen) und vielleicht ein oder zwei weitere Regeln m. E. völlig ausreichend.


    Die Deutschen Kodierrichtlinien haben leider einige Eigenschaften, die die Situation etwas komplizierter machen. Sie sind:

    • widersprüchlich
    • unvollständig
    • den meisten klinischen Kollegen nicht vollständig bekannt, und
    • trotzdem gesetzlich seit 01/2002 verbindlich


    Alle diese Eigenschaften werden den DKR noch lange erhalten bleiben. Sie können sie weder ignorieren noch wegdiskutieren. Es geht doch schon damit los, dass die Definition der Hauptdiagnose lt. D002a in vielen Fällen (Beispiel: Diabetes) durch spezielle KR in Frage gestellt wird (mit Auswirkung aufs Grouping, logisch). Ich meine, damit sollte man die kodierenden Kollegen nicht alleine lassen.

    Zitat

    Was wollen Sie eigentlich validieren? Immer wenn Sie meinen, etwas besser zu wissen, als der kodierende Arzt, fragen Sie den, oder wie geht das praktisch?

    Notfalls ja. Besser geht es, wenn man Zugriff auf die EPA mit Aufnahmebefunden, Untersuchungsbefunden, Arztbriefen und OP-Berichten hat. Damit klärt sich das Meiste, wenn man die Zeit hat, sich alles in Ruhe anzuschauen.

    Zitat


    Oder Sie vertrauen Ihren Ärzten nicht?


    Ich vertraue den Ärzten vollkommen, will ihnen aber möglichst viel fachfremden Sch... vom Hals halten.

    Zitat


    ..., eine gewisse Unschärfe toleriert das System.


    ...aber nicht der MDK :no:

    Grüße
    C.Lehmann


    [ Dieser Beitrag wurde von clehmann am 08.04.2002 editiert. ]

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Hallo Herr Lehmann,

    Zitat


    Die Deutschen Kodierrichtlinien haben leider einige Eigenschaften, die die Situation etwas komplizierter machen. Sie sind:

    • widersprüchlich
    • unvollständig
    • den meisten klinischen Kollegen nicht vollständig bekannt, und
    • trotzdem gesetzlich seit 01/2002 verbindlich


    Alle diese Eigenschaften werden den DKR noch lange erhalten bleiben. Sie können sie weder ignorieren noch wegdiskutieren.

    Sie haben das Problem beschrieben. Manchmal ist eben weniger mehr. Der Regelungswahn ist in vollem Gange, der Kollaps nicht weit.

    Auch wenn die DKR seit 01/2002 verbindlich sind, werden sie ignoriert, ich überlasse Ihnen die Schätzung in wieviel Prozent der 17 Mio. Krankenhausfälle pro Jahr.

    So viel kann man doch gar nicht sparen, wie man da an Sozialgerichtskosten ausgeben kann.

    Zitat


    Es geht doch schon damit los, dass die Definition der Hauptdiagnose lt. D002a in vielen Fällen (Beispiel: Diabetes) durch spezielle KR in Frage gestellt wird (mit Auswirkung aufs Grouping, logisch). Ich meine, damit sollte man die kodierenden Kollegen nicht alleine lassen.

    Die Auswirkungen aufs Grouping werden dann transparent, wenn der Arzt seinen Arbeitsplatzgrouper hat. Und die Gruppierungsregeln kann man so verfeinern, dass sie das gewünschte Ergebnis liefern. Der Grouper würde sich dann kodierungskonform verhalten, also am Menschen orientieren.

    Leider werden die meisten Kodierregeln deswgen gemacht, damit der Mensch sich grouperkonform verhält.

    Zitat


    ...aber nicht der MDK :no:

    Vermutlich haben wir hier ein Feindbild. Der MDK wäre doch auch froh, wenn das System automatisch laufen würde.

    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Herr Scholz,

    Zitat


    Auch wenn die DKR seit 01/2002 verbindlich sind, werden sie ignoriert, ich überlasse Ihnen die Schätzung in wieviel Prozent der 17 Mio. Krankenhausfälle pro Jahr.


    Sie haben recht, derzeit bleibt dies noch ohne Folgen, aber wird das so bleiben? Werden die Kostenträger auf den Einsatz dieses Druckmittels verzichten? Wird sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen?? Wird jeder Tag ein Sonntag sein? Ich glaube nicht...

    Zitat


    Die Auswirkungen aufs Grouping werden dann transparent, wenn der Arzt seinen Arbeitsplatzgrouper hat.


    Ich denke halt, dass die Kollegen besseres zu tun haben, als am PC zu sitzen und sich verzweifelt die letzte Nebendiagnose aus den Fingern zu saugen, die den Schweregrad doch noch von C nach B erhöhen könnte (was ja noch vertretbar wäre), und dabei immer die Kodierrichtlinien zu prüfen, ob diese Nebendiagnose nicht schon als Bestandteil der Hauptdiagnose anzusehen ist (was m.E. nicht mehr vertretbar ist). Die Annahme, dass alle relevanten Diagnosen ja längst im System sind, ist leider (noch) nicht überall richtig.
    So, im Gegensatz zu den meisten Kollegen in den Kliniken geh` ich jetzt Mittag essen :banane: .

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Guten Appetit Herr Lehmann,

    Zitat


    Original von clehmann:
    Werden die Kostenträger auf den Einsatz dieses Druckmittels verzichten? Wird sich der gesunde Menschenverstand durchsetzen?? Wird jeder Tag ein Sonntag sein? Ich glaube nicht...


    Druckmittel wofür?
    Menschenverstand, warum nicht?
    Auch werktags.

    Zitat


    Ich denke halt, dass die Kollegen besseres zu tun haben, als am PC zu sitzen und sich verzweifelt die letzte Nebendiagnose aus den Fingern zu saugen, ...


    ...hört sich so nach Diagnosen erfinden an, meinen Sie doch nicht so, oder?
    Nacherfassen ist in der Tat ein mühsames Geschäft, wäre ich sehr vorsichtig, das den Ärzten anzubieten. Was sie nicht kodieren, hat halt nicht stattgefunden.

    Zitat


    ...und dabei immer die Kodierrichtlinien zu prüfen, ob diese Nebendiagnose nicht schon als Bestandteil der Hauptdiagnose anzusehen ist (was m.E. nicht mehr vertretbar ist).


    ... und für den Grouper auch völlig irrelevant. Diejenigen, die diese Kodierrichtlinie aufgestellt haben, sollten sich einmal mit der CCL-Exclusion-Table beschäftigen (= jede Nebendiagnose wird rekursiv auf das Vorliegen bereits erfasster HD/ND überprüft und wirkt deshalb nicht automatisch schweregradsteigend). Also können wir uns diese Regel getrost sparen, es geht bereits automatisch.

    Zitat


    Die Annahme, dass alle relevanten Diagnosen ja längst im System sind, ist leider (noch) nicht überall richtig.


    Was ist das System? EPA, Papier? Nur was dokumentiert ist, kann kodiert werden. Wir alle wissen, dass wir die EDV nicht aufhalten werden. Warum entwerfen wir dann nicht ein zukunftsfähiges Verfahren?

    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Zitat


    Guten Appetit Herr Lehmann,


    Mdanke, Mdanke!

    Zitat


    ...hört sich so nach Diagnosen erfinden an, meinen Sie doch nicht so, oder?

    Nein.

    Zitat

    ... und für den Grouper auch völlig irrelevant. Diejenigen, die diese Kodierrichtlinie aufgestellt haben, sollten sich einmal mit der CCL-Exclusion-Table beschäftigen (= jede Nebendiagnose wird rekursiv auf das Vorliegen bereits erfasster HD/ND überprüft und wirkt deshalb nicht automatisch schweregradsteigend). Also können wir uns diese Regel getrost sparen, es geht bereits automatisch.


    Ja, das wird es irgendwann mal geben, aber das Problem ist doch, dass wir uns heute zunächst einmal nach den DKR richten müssen! Ob wir wollen oder nicht! Und welche CCL-Exclusion-Tabellen es für G-DRGs einmal geben wird, steht doch noch in den Sternen! Und ob diese dann in der Lage sein werden, abzubilden, dass zum Beispiel die Harninkontinenz erst ab dem siebten Tag kodierpflichtig (und damit CCL-relevant) wird, glaube ich auch nicht, denn dazu müsste sich die Dauer der Diagnosegültigkeit im Datensatz abbilden lassen, was derzeit nicht vorgesehen (=utopisch) ist. Und dieses Gehampel dauernd im Kopf haben zu müssen, will ich keinem Kliniker zumuten, und deshalb halte ich den Einsatz von Kodierprofis für sinnvoll.

    Zitat


    Wir alle wissen, dass wir die EDV nicht aufhalten werden. Warum entwerfen wir dann nicht ein zukunftsfähiges Verfahren?

    Gerne, aber auf dem Boden des derzeit technisch, organisatorisch und politisch Machbaren.

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Zitat


    Original von clehmann:
    Gerne, aber auf dem Boden des derzeit technisch, organisatorisch und politisch Machbaren.

    Und personell. Macht Ihr Arbeitgeber etwa Überschüsse, dass er sich zusätzliches Personal einstellen kann? Die EDV brauchen Sie ja in jedem Falle.

    Sie haben nicht unrecht, aber ich denke, die Geschichte mit den Kodierregeln ist unnötig zeit- und personalintensiv und bringt unter dem Strich nicht das, was man sich davon erhofft.

    Wir sparen eben, koste es, was es wolle.

    Jetzt hat man sich monatelang Gedanken um die Kodierregeln gemacht, hat aber weder das DRG-Manual übersetzt, noch die Regeln für das konkrete Abrechnungsverfahren definiert.

    Aber das wird jetzt in den nächsten 3 Monaten vermutlich alles nachgeholt. Ich bin gespannt und warte auf die Ersatzvorname des BMG.
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Zitat


    Original von clehmann:
    Und welche CCL-Exclusion-Tabellen es für G-DRGs einmal geben wird, steht doch noch in den Sternen! Und ob diese dann in der Lage sein werden, abzubilden, dass zum Beispiel die Harninkontinenz erst ab dem siebten Tag kodierpflichtig (und damit CCL-relevant) wird, glaube ich auch nicht, denn dazu müsste sich die Dauer der Diagnosegültigkeit im Datensatz abbilden lassen, was derzeit nicht vorgesehen (=utopisch) ist.


    Nachdem dieser Thread nun vollends zum Chat verkommen ist, schnell noch dieses: Was spricht dagegen, statt einer DKR 1804a den ICD R32 Nicht näher bezeichnete Harninkontinenz eben doch näher zu bezeichnen? Also, 4stellige Codes müssten doch allemal drin sein! Z. B. VORSICHT, DEMO-MODE
    R32.0 Harninkontinenz bei Kleinkindern
    R32.1 passagere postoperative Harninkontinenz
    R32.2 Harninkontinenz, Dauer > 7 Tage
    etc.

    Bleiben wir doch im System und geben dem Grouper vor, dass nur R32.2 CCL-relevant ist. Wieder eine KR gespart (und die Arbeitszeit des ärztlichen Hilfspersonals).


    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo Herr Scholz!

    Zitat


    Z. B. VORSICHT, DEMO-MODE
    R32.0 Harninkontinenz bei Kleinkindern
    R32.1 passagere postoperative Harninkontinenz
    R32.2 Harninkontinenz, Dauer > 7 Tage
    etc.

    Bleiben wir doch im System und geben dem Grouper vor, dass nur R32.2 CCL-relevant ist. Wieder eine KR gespart (und die Arbeitszeit des ärztlichen Hilfspersonals).


    Grundsätzlich OK, aber führt zum selben Problem wie zur Zeit die Erfassung der Beatmungszeiten: Wer erfasst wann? Sie schrieben ja selbst, sie wollten den Ärzten nicht zumuten, nachzuerfassen. Die R32.2 kann ich aber erst frühestens sieben Tage nach Diagnosestellung "Harninkontinenz" erfassen. Und woher weiß der Stationsarzt, wie lange der von einer anderen Station übernommene Patient schon inkontinent ist? Sicherlich keine unlösbaren Probleme, alles eine Frage der Organisation, aber im hektischen Alltag immer eine ärgerliche Fehlerquelle.
    Eins ist natürlich prinzipiell richtig: Jede KR ist eine zuviel, wenn man sie im Kopf haben muss. Sie gänzlich abzuschaffen ist ein hehres Ziel. Mir fehlt jedoch der Glaube.

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Hallo Herr Kollege Lehmann,

    okay, okay, für heute gebe ich mich, was Ihren Willen angeht, den klinisch tätigen Ärzten behilflich zu sein, geschlagen. Wenn Sie mal Zeit haben, besuchen Sie uns doch mal und helfen Sie uns etwas aus!

    Liebe Grüße
    B. Scholz

    Übrigens, wie verschlüsseln Sie bettlägerig?

    [ Dieser Beitrag wurde von Scholz am 08.04.2002 editiert. ]

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Zitat


    Original von Scholz:
    Wenn Sie mal Zeit haben, besuchen Sie uns doch mal und helfen Sie uns etwas aus!


    Ganz bestimmt, in Ihrer Ecke der Republik war ich bis jetzt noch nie.

    Zitat


    Übrigens, wie verschlüsseln Sie bettlägerig?


    Normalerweise überhaupt nicht. Wenn ich es verschlüsseln müsste, würde ich die Z76.6 nehmen. Aber zum Glück muss ich ja nicht :) Hilft Ihnen das weiter?

    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Zitat


    Original von clehmann:


    Normalerweise überhaupt nicht. Wenn ich es verschlüsseln müsste, würde ich die Z76.6 nehmen. Aber zum Glück muss ich ja nicht :) Hilft Ihnen das weiter?

    Hallo Herr Lehmann, die Frage war etwas zusammenhanglos, aber ernst gemeint, da ich dies bereits selbst öfter gefragt wurde.
    "Z76.8 Personen, die das Gesundheitswesen aus sonstigen näher bezeichneten Gründen in Anspruch nehmen" ist da ja leider keine große Hilfe.

    Was ich suche, ist eine einfache Möglichkeit :hasi: , den erhöhten Pflegeaufwand bei bettlägerigen Patienten abzubilden, hier wäre m. E. auch ein CCL sinnvoll. Ist ja auch relativ häufig und fiel mir noch zum Thema Harninkontinenz ein, als weiteres Beispiel dafür, wie man sich durch Anpassung von ICD/OPS/DRG-Algorithmus an häufige Fallkonstellationen [glow=#FF0000,2]Kodierregeln ersparen[/glow] könnte.
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [ Dieser Beitrag wurde von Scholz am 09.04.2002 editiert. ]

    [center] Bernhard Scholz [/center]