Kodierung Leberbettnaht bei Cholezystektomie

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Ich möchte eine Verschlüsselung zur Diskussion stellen:

    Fall:
    Patient kommt mit Cholezystolithiasis zur OP. Es erfolgt eine Cholezystektomie. Dabei kommt es zu einer diffusen Blutung auch dem Leberbett. Es erfolgt eine Umstechung der Blutungen im Leberbett.

    Frage:
    Kann neben dem OPS für die CHE 5-511.01 zusätzlich ein OPS für die Leberbettnaht angegeben werden und wenn ja, welcher.

    Ich bitte um Meinungen, wenn es geht mit kurzer Begründung.

    Vielen Dank! Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Sehr geehrter Herr Schaffert,
    einen gleich gelagerten Fall bearbeite ich seit ca. 6 Monaten.
    Bei einer CHE, geplant laparoskopisch, umstieg offen chirurgisch, kam es intraoperativ zu einer diffusen Blutung aus hepatischen Venen. Diese wurden mittels multiplen Umstechungen gestoppt. Wir hatten initial die Naht des Leberbettes zusätzlich zur 5-511.21 verschlüsselt. Diese Verschlüsselung mündet in die H01A. Der eingeschaltete MDK Berlin sagt jedoch, dass die Leberbettnaht nicht als eigenständige Leistung angesehen werden darf, es handelt sich vielmehr um einen integralen Bestandteil der CHE.
    Nach Rücksprache mit unserem Chirurgischen Chefarzt handelt es sich bei unserem Eingriff um eine sehr komplexe CHE inkl. partieller Leberbettresektion und keinesfalls um eine einfache CHE. Wenn es diffus aus Lebervenen blutet, muss es eine partielle Leberbettresektion sein, da das Gallenblasenbett frei von größeren Gefäßen ist.
    Um der inhaltlichen Diskussion um den integralen Bestandteil der Leberbettnaht und der einfachen CHE aus dem Weg zu gehen, habe ich als Prozedur die 5-511.3 (CHE erweitert) als richtige Prozedur gewählt. Auch diese würde in die H01A münden.
    Natürlich hat der MDK Berlin auch dieses nicht akzeptiert. Er sagt, daß laut OPS eine komplette Leberbettresektion zwingend zu diesem Code gehört. Da wir sie nicht komplett durchgeführt haben, dürfen wir die 5-511.3 nicht verschlüsseln. Das der Code 5-511.3 das Inklusivum Leberbettnaht enthält, heißt aus meiner Sicht noch lange nicht, dass eine komplette Leberbettnaht auch zwingend vorhanden sein muss. Andernfalls müsste ja auch jede Bronchskopie über ein Tracheostoma durchgeführt werden (1-620).
    Argumente zählen aktuell beim MDK Berlin nicht, es wurde jedenfalls nicht auf sie eingegangen. Der Gutachter beharrt auf seinem Standpunkt.
    Kurzum: die Klage wird vorbereitet.

    Ich hoffe Ihnen damit ein wenig geholfen zu haben.
    Mit freundlichem Gruß

    A. Poppinga

    Dr. Alexander Poppinga
    Arzt, Med-Controller
    St. Joseph Hospital Bremerhaven
    St. Bernhard Hospital Brake

  • Hallo Herr Schaffert,
    eine Blutungskomplikation aus dem Leberbett muß ja nicht zwangsläufig mit Leberbettnaht versorgt werden, wie wärs mit kurzfristiger Kompression, Tabotamp, Tachokomp, Elektrokoag. oder ArgonBeamer?Und wie Soll das dann verschlüsselt werden.
    In dem MIx, der die Cholecystektomie einem bestimmten Betrag zuordnet, ist natürlich auch mal die schwierige (blutende)Galle enthalten, genauso wie die BlitzMIC-Galle in20 Min ja auch keinen Abzug bringt.
    Also, bleiben Sie auf dem Ertragsteppich und vermeiden sich so Ärger mit dem MDK.
    Gruß, codeman der gallespezialist.

  • Herr Poppinga, bitte informieren Sie das Forum unbedingt über den Ausgang dieser Klage.(Oder lassen die Klage sein, wäre klüger)
    Wenn Sie sich ältere OP-lehren ansehen, so war die Leberbettnaht immer Bestandteil der CHX. Hat lange gedauert, bis man von diesem Unsinn der Naht abkam.
    Mit ihrem CA bin ich nun wahrlich nicht einer Meinung.\"Wenn es diff. aus Lebervenen blutet, dann muss eine Leberbett resektion sein....\"(warum nicht eine Hemihepatektomie?) Was ist den inder Tiefe des Lebersegmentes, eher grössere Gefässe und Gallengänge.
    \"CHX erweitert\" würde ich beim GB-Ca kodieren.Und das \"GB-Bett\" wird danach nicht vernäht.
    Hier muss ich mich doch mal der MDK-Meinung anschliessen.
    Gruss
    codeman, ganz viele Gallen operiert.

  • Schönen guten Tag Codeman!

    Zitat

    Original von codeman:
    Wenn Sie sich ältere OP-lehren ansehen, so war die Leberbettnaht immer Bestandteil der CHX. Hat lange gedauert, bis man von diesem Unsinn der Naht abkam.

    Offensichtlich ist man aber auch Ihrer Meinung nach heute davon abgekommen. Was gilt denn nun als \"Standard\" und zum OPS für die CHE gehörig: Das was früher einmal galt, oder das was heute gilt?

    (Kleiner Hinweis: Früher hatten die Patienten nach Leistenhernien-OP eine Woche Bettruhe, heute gelten Sie schon fast als Fehlbelegung!)

    Und noch eines: Ich habe diese Frage bewusst ohne Hinweis auf das Groupingergebnis gestellt. Die Codierung folgt den medizinischen Gegebeneheiten unter Berücksichtigung der Regelen des ICD/OPS und der DKR, das Grouping folgt der Codierung. Es kann daher kein Argument sein, dass eine nicht sachgerechte Eingruppierung erfolgt. Dies wäre bei korrekter Verschlüsselung eben ein Systemfehler.

    Im übrigen stelle ich diese Frage nicht um eine Erlösmaximierung für meinen Arbeitgeber zu ermöglichen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,

    man darf doch hier von einer intraoperativen Komplikation ausgehen und somit ist auch ein Satz der DKR bemerkenswert (und hiermit zur Diskussion gestellt):

    P003d Hinweise und formale Vereinbarungen für die Benutzung
    des OPS; Versorgung intraoperativer Komplikationen:
    Die Versorgung von intraoperativen Komplikationen wird gesondert kodiert.

    Zu \"Herr Poppinga, bitte informieren Sie das Forum unbedingt über den Ausgang dieser Klage.\":

    Hier darf man sich dann getrost in Geduld üben.....

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Schönen guten Tag allerseits!

    Danke Dirk, für Deinen Hinweis und die Quelle. Du hast den Rang \"Lord of the Codes\" wirklich zu Recht!

    Übrigens habe ich die Frage auch dem InEK gestellt. Mal sehen, was die dazu sagen (ich hoffe, die sehen sich die Diskussion vorher an). Nach diesem Hinweis aber ist die Frage für mich eigentlich relativ klar.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Schönen guten Tag allerseits

    Zitat


    Original von R. Schaffert:
    Übrigens habe ich die Frage auch dem InEK gestellt. Mal sehen, was die dazu sagen ...

    Kurzer Zwischenstand:

    ...Das InEK hat die Frage an das DIMDI weitergereicht...
    ...und das DIMDI an die Fachgesellschaften...
    :i_haare:
    Damit verlässt die Antwort auf diese Frage allerdings den Rahmen der Verbindlichkeit!

    Es ist schon traurig, dass Institutionen, deren Aufgabe es unter anderem ist, verbindliche Regeln für die Verschlüsselung aufzustellen, im Einzelfall nicht in der Lage sind, zu entscheiden, ob eine Verschlüsselung diesen Regeln entspricht oder nicht.

    Mir ist klar, dass diese Institutionen auch Angst davor haben (müssen? ), mit Einzelfallfragen überhäuft zu werden. Aber wäre es das schlechteste, wenn Kodierungsfragen von einer neutralen Institution entschieden würden, die beide Seiten zu akzeptieren hätten? Natürlich müsste dann der MDK ein paar Stellen streichen und das InEK noch mehr Leute einstellen.

    Ich wünsche trotzdem noch einen schönen Tag,

  • Wollen Sie das wirklich, eine bürokratische Entscheidung von Kodierproblemen durch \"Sachbearbeiter\" ? Ich bin froh, dass wir eine Einbeziehung der Fachgesellschaften / AWMF erreicht haben und arbeite hier gern dem DIMDI zu. Nur so wird die fachliche Qualität, aber auch die Akzeptanz bei den Anwendern der Klassifikationen sicherzustellen sein.

    Zum angesprochenen Problem der Leberbettnaht möchte ich anmerken, dass
    Blutungen aus dem Leberbett typisch bei Cholezystektomien sind und die Blutstillung (durch Koagulation, Laser, Argon, Naht etc.) daher grundsätzlich im Kode der ChE enthalten ist. Sollte es aber zu einer ungewöhnlichen Komplikation gekommen sein, z.B. zu einem tiefen Einriß des Leberparenchyms, dann (aber nur dann) könnte ein Kode aus 5-505 Rekonstruktion der Leber (zB 5-505.0 Naht und blutstillende Umstechung) verwendet werden. Für DRG-Zwecke wäre dann noch der Diagnosenkode T81.2 zu ergänzen.
    Ob eine Leberbettresektion im Sinne einer erweiterten Cholezystektomie erfolgt ist, kann nur der Operateur wissen und sollte dies auch im OP-Bericht entsprechend dokumentiert haben. Allerdings wäre die Indikation zu diesem Vorgehen bei einem Gallensteinleiden äußerst fragwürdig. Allein die Blutungen bei Herauslösen der Gallenblase aus einem entzündlich veränderten Gallenblasenbett sind noch kein Kriterium einer erweiterten ChE bzw. einer Leberbettresektion.

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Schönen guten Tag Herr Bartkowski!

    Verstehen Sie mich nicht falsch, auch ich halte die Beteiligung der Fachgesellschaften für wichtig. Nur erstellen (noch) nicht die Fachgesellschaften den OPS und die DKR. Daher möchte ich die dafür gesetzlich verantwortlichen Institutionen (in denen die \"Sachbearbeiter\" im Übrigen auch Ärzte sind!) nicht aus der Pflicht lassen.

    Noch einmal zur Klarstellung: Ich habe keinerlei wirtschaftliches Interesse, weder persönlich, noch für meinen Arbeitgeber, ob dieser Code in dem Beispielfall kodiert werden darf oder nicht.

    Dennoch bin ich hartnäckig und möchte auch inhaltlich noch etwas anmerken:

    Keine Frage, Blutstillung gehört zu einer OP. Dennoch steht die Aussage der DKR und des OPS im Raum, dass intraoperative Komplikationen gesondert zu kodieren sind. Die Frage ist also, was ist normal und wann beginnt eine Komplikation. Der von Ihnen genannte \"tiefe Lebereinriss\", Herr Bartkowski, erscheint mir da doch etwas zu hoch gehängt und ist auch recht willkürlich, d. h. es gibt keinerlei Regelung aus der dies ableitbar wäre (außer dem Kriterium \"Komplikation\").

    In dem vorliegenden Fall (der dennoch real existiert, wenn auch nicht in meinem Haus) war die Blutung offensichtlich so relevant, dass postoperativ EK\'s verabreicht wurden. Da ist vielleicht doch zu rechtfertigen, von einer über das normale hinausgehenden Komplikation zu sprechen, oder?

    Ich wünsche allseits noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,
    aus der Pflicht lassen möchte ich das DIMDI auch nicht, aber ich bin froh, dass man hin und wieder unseren Rat einholt. Und der OPS in der jetzigen Form hat sich im wesentlichen aus den Vorschlägen der Fachgesellschaften entwickelt. DIMDI strukturiert und moderiert, entscheidet letztendlich auch, aber die Anregungen kommen im wesentlichen von den Anwendern.
    Ich sehe es wie Sie, dass das Kernproblem ist, ab wann man von einer Komplikation spricht. Aber genau diese Frage sollte doch die Ärzteschaft einmal selbst aufgreifen und Kriterien entwickeln, bevor wir von anderer Seite etwas aufgedrückt bekommen.
    Zum Thema ChE habe ich doch eigentlich klar ausgedrückt, dass ich im Falle einer definierbaren Komplikation sowohl die Kodierung passender Nebendiagnosen als auch Prozeduren empfehle. Bei diffusen transfusionspflichtigen Nachblutungen käme auch T81.0 in Frage. Und wenn zur Blutstillung tatsächlich das Leberbett reseziert wird, dann kann man auch eine erweiterte ChE kodieren.
    Die Kodierung einer Lebernaht oder blutstillenden Umstechung ist auf Verletzungen beschränkt, ich würde diesen Kode daher nicht bei Umstechungen des Leberbettes nach ChE verwenden, auch wenn man ungewöhnliche Nachblutungen durchaus als Komplikation bezeichnen darf.
    Ich würde mich freuen, wenn wir hier zu einem Konsens kommen, denn wie soll einheitlich Kodiert werden, wenn wir uns schon nicht einigen können ?
    Einen schönen Abend noch,

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin