Kodierung Harnwegsinfekt bei neg. Uricult

  • Hallo zusammen,
    hier ein Fall aus unseren MDK-Anfragen:
    Eine Pat. wurde mit Apoplex 18 Tage stationär behandelt. Im Verlauf trat ein Harnwegsinfekt auf, der im Urin-Status nachgewiesen und mehrere Tage mit Ciprobay iv behandelt wurde. Ein Uricult war wohl negativ oder wurde nicht durchgeführt. Zusammen mit anderen ND resultierte die DRG B70A.
    Die KK behauptet jetzt aufgrund eines MDK-Gutachtens, dass ein Harnwegsinfekt bei nicht-vorliegen eines positiven Uricult-Befundes nicht verschlüsselt werden darf und verlangt die Abrechnung der B70B. Im Gespräch wurde behauptet, zu diesem Thema liege eine Vereinbarung der Krankenkassen mit Vertretern der Krankenhausgesellschaft vor (nähere Angaben konnten hierzu aber nicht gemacht werden). Dort sei auch die Kodierung der Hypokaliämie neu geregelt worden. Frage: Ist an diesen Behauptungen etwas dran? Meines Wissens gilt noch immer die Regel, nach der es keinen Mindestaufwand für die Kodierung einer ND gibt bzw. dass eine Behandlung auch die Kodierung einer Verdachtsdiagnose rechtfertigt.

    Viele Grüße aus Nordhorn,
    Andreas Gonschorek

  • Hallo,

    das ist ja eine sehr interessante Interpretation. So, wie Sie den Fall geschildert haben, erfüllt der HWI die Nebendiagnosendefinition. Der Uricult kann sich eigentlich nur auf die Verschlüsselung des Erregers beziehen, den Sie aber offenbar aus ebendem Grund nicht codiert haben.

    Ob es grundsätzlich möglich ist, die Kodierrichtlinien im laufenden Jahr mal eben zu ändern, möchte ich bezweifeln. Außerdem ist zumindest mir hierzu keine offizielle Verlautbarung bekannt. In dem Artikel von Frau Schlottmann (Das Krankenhaus 11/04, bekommen Sie bei http://www.dkgev.de) wird explizit darauf hingewiesen, daß sich die Selbstverwaltungspartner einig gewesen seien, daß jedweder ... Aufwand die Codierung einer Nebendiagnose erlaubt. Auch wenn es schwierig sein dürfte, an das Protokoll der Sitzung zu kommen, sollte man diesen Artikel wohl als Beleg anführen können.

    Es wäre trotzdem interessant zu erfahren, worauf die KK ihre Behauptung stützt. Bitte lassen Sie es uns wissen.

    Viele Grüße,
    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Gonschorek:
    Im Gespräch wurde behauptet, zu diesem Thema liege eine Vereinbarung der Krankenkassen mit Vertretern der Krankenhausgesellschaft vor (nähere Angaben konnten hierzu aber nicht gemacht werden). Dort sei auch die Kodierung der Hypokaliämie neu geregelt worden.

    Guten Morgen,

    hat das ein Kassenmitarbeiter oder ein MDKler behauptet?

    Es muss immer wieder festgestellt werden, dass das DRG-System, seine Regeln und Besonderheiten für viele noch ein absolutes Geheimnis ist oder einfach gegen besseres Wissen Behauptungen aufgestellt werden. Zu proklamieren, dass man sich auf dieser Ebene bezüglich dieser (Einzel-)Probleme geeinigt habe und dies dann auch ohne Veröffentlichung gleich umzusetzen ist (was schlichtweg nicht geht), entsteht entweder aus völligem Unwissen oder grenzenloser Frechheit!

    Einzig der von Herrn Blaschke bereits zitierte Artikel behandelt inhaltlich dieses Thema und beschreibt die dort formulierte Einigung im Arbeitskreis. Falls dies Grundlage der Behauptung war, kann man nur zur kreativen Interpretation Glückwünsche übermitteln oder die Frage von Ignoranz in den Raum stellen.

    Um wieder die Balance herzustellen: Selbstverständlich treibt die Interpretation der Nebendiagnosen-Definition für Kodierzwecke der DKR in manchen Krankenhäusern Stilblüten, die teilweise der Erheiterung dienlich sind aber auch zum Kopfschütteln animieren. Dies durfte ich während meiner Prüftätigkeiten für Kostenträger von über 1.500 Fällen feststellen.

    Es ist zwar ein lernendes System, das beinhaltet aber auch die Protagonisten......

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Mit ICD 10 werden \"Symptome und Krankheiten\" kodiert und
    nicht Ergebnisse von apparativen Untersuchungen! Das schreibt
    ja selbst immer wieder MDK. Wenn die Klinik für einen Harnwegsinfekt
    spricht und auch noch eine Behandlung erfolgte, was soll dann
    da ein einmaliger negativer Uricultbefund zu bedeuten haben?
    Gruß
    Ordu

  • Liebes Forum,

    aufgrund eines auffälligen Urinstatus (Leukozyten +, Nitrit pos., Erys +++) wurde ein Uricult angelegt mit Nachweis von Staphylokokken . Kodiert haben wir als ND N39.0 und den Erreger B95.7.
    Der MDK vertritt die Auffassung, dass hier N39.0 nicht als Nebendiagnose angegeben werden darf da die Keimzahl im Uricult < 100.000/ml gewesen sei und damit kein Harnwegsinfekt vorgelegen habe.

    Also besser keinen Uricult anlegen?
    Was sagt das Forum zu dieser - verschärften - Variante sozialmedizinischer Begutachtung? :teufel:

    Viele Grüße
    A. Jäger

    Viele Grüße aus Hannover
    A. Jäger

  • Hallo Herr Jäger!

    Schauen Sie doch mal beim Robert-Koch-Institut rein. Im Bereich Krankenhaushygiene gibt es dort eine Veröffentlichung zur Definition der nosokominalen Infekte. Unter Anderem finden Sie dort auch Hinweise zum HWI!

    Demnach reicht es aus, wenn
    \"zwei folgenden Anzeichen vorliegen: Fieber >38°C, Harndrang, erhöhte Miktionsfrequenz,Dysurie und suprapubisches Missempfinden und mindestens eins der folgenden Kriterien:
    ......
    -Urinkultur mit weniger als 10 hoch 5 Kolonien/ ml Urin einzelnen
    Urophatogene bei Patienten, die mit der entsprechenden antimikrobiellen
    Therapie behandelt werden.
    -Diagnose des Arztes
    -Arzt beginnt entsprechende antimikrobielle Therapie

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Hallo Fr. Jäger,

    offizielle Definitionen zuständiger Institutionen oder Verbände helfen im Gespräch mit dem MDK oft weiter.
    Die Vorgaben des Robert-Koch-Insitutes werden vom hiesigen MDK beispielsweise tatsächlich akzeptiert. Gleiches gilt für die Sepsisdefinition der deutschen sepsis-Gesellschaft.
    Gruß

    D. Lindner
    Arzt
    Leiter med. Controlling
    St. Marien-Hospital Düren

  • Hallo Forumsmitglieder,

    hatte heute eine MDK-Prüfung, die sehr aufschlußreich war.
    Ein (höhergradiges) Vitium, das in einer Echokardiographie diagnostiziert wurde, ist akzeptiert worden. Die Patientin wurde wegen Herzinsuffizienz (u.a. infolge des Vitiums) aufgenommen und klinisch war ein Herzgeräusch auffällig, was das Echo veranlaßt hat.
    Wurde uns in der Vergangenheit hier regelmäßig die Diagnose gestrichen (Echo sei Routine und keine Ressource etc.), wurde sie jetzt akzeptiert.

    Ich konnte mich jetzt in meiner Argumentation auf ein Buch stützen, wo genau so ein Beispiel angegeben ist.
    Weiterhin kann man in diesem Buch nachlesen:

    \"Wichtig: Es gibt keine Vorgaben zur quantitativen Höhe des Ressourcenverbrauchs, den eine Nebendiagnose nach sich ziehen muss.\"

    Diese Aussagen stammen aus einem Buch, das der MDK selbst mit verfaßt hat:
    \" Zeuner, Martin/Peiseler, Götz-Johannes (Hrsg.)DRG-Verschlüsselung in der Inneren Medizin, Praktische Kodierbeispiele zu den häufigsten Konstellationen Deutscher Ärzte-Verlag \"
    (Autor: Dr. med. Martin Zeuner, Ressortleiter Versorgungsstrukturen
    Medizinischer Dienst der Krankenversicherung Bayern und viele andere MDK-Ärzte aus Bayern)
    Also gute Argumentationshilfe bei Diskussionen. Empfehlenswerte Lektüre

    Viele Grüße aus Sachsen

    M. H.

  • Zitat


    Original von Medizin-Controller1:

    hatte heute eine MDK-Prüfung, die sehr aufschlußreich war.
    Ein (höhergradiges) Vitium, das in einer Echokardiographie diagnostiziert wurde, ist akzeptiert worden. Die Patientin wurde wegen Herzinsuffizienz (u.a. infolge des Vitiums) aufgenommen und klinisch war ein Herzgeräusch auffällig, was das Echo veranlaßt hat.
    Wurde uns in der Vergangenheit hier regelmäßig die Diagnose gestrichen (Echo sei Routine und keine Ressource etc.), wurde sie jetzt akzeptiert


    Hier spielt es eher eine Rolle, ob das Vitium zufällige Diagnose einer aus anderem Grund durchgeführten Echokardiographie war (nicht zu akzeptierende ND wenn auch sonst keine Ressourcenverbrauch hinsichtlich des Vitiums) oder die Echokardiographie wie hier aufgrund des konkreten Vitiumverdachts als Ressuorce eingesetzt wurde (dann zu akzeptierende ND).

    Im übrigen und abgesehen von konkreten Regelungen in den DKR ist Ressourcenverbrauch doch Ressourcenverbrauch. Ein bißchen schwanger gibts ja auch nicht.

    Gruß

    D. Duck

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck