Radiustrümmerfraktur

  • Liebes Forum,

    Pat. kommt zur stat. Aufnahme wegen einer zertrümmerten distalen Radiusgelenkfläche. Es erfolgt die Grobreposition. Die Handwurzelreihe war subluxiert. Rö.-Aufnahme nach Reposition zeigte eine gute Stellung der Fraktur. Es kam jedoch zu einer Sekundärluxation ebenfalls wieder mit Luxation der proximalen Handwurzelreihe. Daraufhin erfolgte eine geschlossene Reposition und es wurde ein gelenküberbrückender Fixateur externe angelegt. Weiterhin bestand bei dem Pat. ein Kompartmentsyndrom der selben Hand. Wegen zunehmender Schwellung musste eine Kompartmentspaltung durchgeführt werden. Dabei führten wir eine Spaltung des Ligamentum carpi volare transversum sowie eine Neurolyse des Nervus medianus durch. Die Wunde wurde offen gelassen. Nachdem die Schwellung abgeklungen war, wurde eine Sekundärnaht durchgeführt. Die danach angefertigte Rö.-Aufn. zeigte wiederum eine zunehmende Dislokation, so dass die Stellung nochmals korrigiert wurde.

    HD: S52.50 distale Fraktur Radius
    ND: T79.6

    Prozeduren: 5-790.66 ( 2 x), 5-900.19 Einfache Wiederherstellung der Oberflächenkontinuität, 5-056.40 Neurolyse und Dekompression

    Kann ich die Sekundärluxation auch verschlüsseln?

    Gruß Mia

  • Moin mia katze,

    die beiden Sekundär-Dislokationen würde ich auf jeden Fall kodieren, die haben ja zusätzliche Ressourcen verbraucht. Ich weiß leider nicht mehr, ob ich dafür früher mal was spezifischeres als heute gefunden habe:

    Fragmentdislokation nach Reposition:
    T81.8 Sonstige Komplikationen bei Eingriffen, anderenorts nicht klassifiziert

    Fragmentdislokation nach Fixateur externe:
    T84.4 Mechanische Komplikation durch sonstige intern verwendete orthopädische Geräte, Implantate und Transplantate

    bei T84.4 ist´s grenzwertig: \"durch\" ersetze ich pragmatisch mit \"trotz\" und \"intern\" sind nur die Schanz-Schrauben. Vielleicht wäre
    T84.1 Mechanische Komplikation durch eine interne Osteosynthesevorrichtung an Extremitätenknochen
    genauso richtig oder falsch.

    Beste Grüße

    Uwe Lehmann
    Chirurg

  • Hallo Lehch,

    ich stimme Ihnen grundsätzlich zu und würde ziemlich sicher auf die T84.1 tippen, denn unter den Inklusiva zu T84.1 wird auf die unter T82.0 aufgeführten Zustände verwiesen.
    In T82.0 ist auch die \"Verlagerung\" bzw \"Fehllage\" aufgeführt. Also trifft die T84.1 wohl die Dislokalisationen am ehesten.

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Hallo Mia et al,

    ich glaube, man hat sich die Sache mal wieder viel zu einfach gemacht.

    Der Reihe nach:

    Distale Radiustrümmerfraktur mit GelenkbeteiligungS52.59
    (intraartikuläre Fraktur)
    (Sub-)Luxation S63.02
    Reposition
    (wahrscheinlich in Narkose;aber welche Methode? )8-200.6 + 8-201.8 +??
    (Da vom Bruchspalt -> Vollnarkose alles möglich
    ist, würde ich es codieren, man kann aber
    geteilter Meinung sein)
    Abgerutschte Gelenkreposition nach
    konservativer Behandlung T88.8 + (S63.02)
    (S63.02 entfällt da schon vorhanden)
    geschlossene Gelenkreposition mit
    Fix. Externe (temp. Arthrodese) 5-79a.68 + 5-809.28
    (Wenn auch Frakturosteosynthese inkl. käme
    noch dazu: 5-790.66)
    Wenn offen reponiert wird und auch die
    Fraktur offen versorgt wird, geht es
    über die „Dörfer“.
    Kompartmentsyndrom T79.6 + T88.8 oder T84.8
    (T88.8 wenn nach der ersten Reposition
    haben wir schon; T84.8 wenn nach dem
    Fix. Externe)
    Kompartmentspaltung,wie hoch? Handgelenk allein?
    unwahrscheinlich? 5-84ff/5-85ff ????
    Spaltung Lig. carpi trans. 5-841.10
    Neurolyse N. medianus 5-056.40
    Sekundärnaht 5-??
    je nach Tiefe und Schicht
    Erneute Dislokation (Gelenk? Fraktur? beides?) T98.3 + .....
    ....die anderen Codes haben wir schon
    Stellungskorrektur: (Gelenk?/Fraktur?/beides?) 8-200.6 und/oder 8-201.8 + Narkose?
    Wenn aber operativ: dann kommen neben der 5-983
    noch viele Codes in Frage.
    Diese Liste hier muss nicht vollständig sein.
    In Angesicht des Krankenblattes fällt einem
    bestimmt noch etwas ein.

    Z.B. wie steht es mit dem Weichteilschaden bei einer so schweren Verletzung? S51.8ff! / S61.8ff!?

    Mein alter Mathelehrer sagte immer: Differenzieren ist ein Handwerk, integrieren eine Kunst. Das gleiche kann man auch beim Codieren orthopädisch traumatologischer Fälle sinngemäß sagen, Codieren ist ein Handwerk, aber orthopädisch traumatologisch Codieren ist eine Kunst (das nur nebenbei zur Erbauung).

    Viel Spaß weiter wünscht
    mit freundlichen Grüßen

    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    …, aber orthopädisch traumatologisch Codieren ist eine Kunst (das nur nebenbei zur Erbauung).


    Guten Abend Herr Kollege Winter,

    vielen Dank, Sie haben mit Ihrer umfassenden Antwort erneut ein „Kodierkunstwerk“ abgeliefert.
    Wie der Jagdhund, der das Wild wittert, ihm nachjagt und es erlegt,
    haben Sie auch hier meisterhaft die Kodes gewittert und den Fall abgeschlossen. („erlegt“).


    herzliche Grüße

    Eberhard Rembs

  • Hallo Herr Winter,
    ich bedanke mich recht herzlich für die Nachhilfe. Hat mir wirklich sehr geholfen.
    Den Weichteilschaden hatte ich noch im Hinterkopf, welcher Grad bestand, muss mir unser Stationsarzt noch verraten.
    Über die \"Dörfer\" musste ich zum Glück auch nicht, da nicht offen reponiert wurde.
    Meine DRG ändert sich zwar nicht durch die zusätzl. verschlüsselten Dg. und Prozeduren, jedoch ist wenigsten die Überschreitung der OGVD begründet.

    Ganz liebe Grüße

    Mia