Ein-Tages-DRGs nach dem BSG-Urteil

  • Zitat


    Original von Bürgstein:
    Wie reagiert die erwähnte Kasse auf Ihren Widerspruch

    Hallo Herr Bürgstein,

    wir haben der KK mitgeteilt, dass sie bei etwaigen Zweifeln an der Notwendigkeit einer stationären Behandlung doch bitte den MdK einschalten und mit der entsprechenden Prüfung beauftragen möge. Haben vom MdK noch nichts gehört. Widerspruch würden wir dann erst gegen ein entsprechendes MdK-Gutachten einlegen.

    Zitat


    Original von Bürgstein:
    bzw. welche rechtlichen Grundlagen führt sie über das oben zitierte Urteil hinaus an?

    keine
    :d_neinnein:

    Wünsche noch einen schönen Tag

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Nast,
    hallo zusammen

    unser Haus hat schon einige Rückweisungen aufgrund des Urteils erhalten.
    (von privaten und gesetzlichen Krankenkassen). Ist leider auch im DRG Zeitalter relevant, z.B. bei Alkoholintoxikationen (kurzfristig) oder unklarer .....

    Wir haben widersprochen mit der Begründung

    ..das Urteil ist ausdrücklich bezogen auf eine Diagnose welche zum ambulanten Katalog (SGB V 115b) gehört (diagnosebezogen)

    ...die Definition \"eine Nacht vor oder nach der OP\" gehört zur Leistungsbeschreibung der ambulanten OP und ist nicht grundsätzlich in einen anderen Leistungsbereich übertragbar

    ...die Schlüsselstellung des Arztes wurde durch dieses Urteil nicht aufgehoben (ex ante)

    zur Urteilsfindung kam es insbesondere auch, weil das Krankenhaus eine angeforderte Begründung versäumt hat \" Der Kläger habe nichts dargetan, dass eine ambulante Behandlung nicht hinreichend gewesen sei\".

    Unsere Widersprüche wurden akzeptiert.

    Vorteil dieses Urteils:

    Im Richterspruch heisst es
    wenn ein Patient gegen ärztlichen Rat auf eigenes Betreiben das Krankenhaus noch am selben Tag verlässt, dann handelt es sich um eine \"abgebrochene\" stationäre Behandlung

    das kann im Umkehrschluss für uns verwendet werden.

    Mit Gruss
    Gertie Bakenecker
    Clemenshospital, Münster

  • Hallo sehr geehrtes Forum,
    gerade habe ich ihre Beiträge zum Thema sehr interessiert verfolgt und frage mich nun immer noch, wie ich reagieren soll.
    Eine Kasse hat wohl gerade ihre Schublade aufgeräumt und einige Fälle aus 2004 herausgeholt und diese dann bei uns angemahnt, insofern, dass sie auf das BSG Urteil verweisen und \"sagen\", wir müßten die genannten Fälle vorstationär bzw. ambulant abrechnen.
    Ich schildere mal ein \"fiktives\" Beispiel:


    Pat. kommt zum geplanten Chemozyklus, wird aufgenommen und es wird ein Routinelabor gemacht. Hierbei stellt sich heraus, dass die Chemo auf Grund der Laborwerte nicht durchgeführt werden kann :noo: Der Patient wird wieder entlassen und der Zyklus verschoben.

    Dies ist einmal im Mai 04 und einmal im August 04 geschehen.
    Schaue ich mir jetzt die von Herrn Maehrmann beschriebene Rechtssprechung an, so sage ich: geplante Dauer, mehr als einen Tag-stationäre Aufnahme/Abrechnung berechtigt, oder??

    Das Urteil ist aber ja nachdem diese Fälle aufgetreten sind gefällt worden. Heißt das nun ich kann der Kasse entsprechendes mitteilen, oder eher nicht??

    Ich danke im Voraus für die Hilfe
    Gruß aus dem Norden

  • Hallo West
    zwei Probleme können die stationäre Abrechnung bei o.g. Beispiel verhindern.
    - zunächst wird ein Kassenvertreter fragen, ob die Behandlung nicht auch stationär hätte erfolgen können. Begründungen hierzu sind weitgehend konsentiert.
    - Probelmatischer ist, dass sich ein Kassenvertreter auf den Standpunkt stellen könnte:\"Der aufnehmende Arzt hat vor der Aufnahme die Aufnahmebegründung abzuklären!\". Besteht keine Begründung , oder kommt bei der Untersuchung heraus, dass nicht aufgenommen werden soll(Eingriff kann nicht durchgeführt werden),darf eben gar nicht aufgenommen werden. Die Abrechnungskonstrukte sind dann in der Tat die einer vorstationären Behandlung oder je nach Bundesland die einer Abklärungsuntersuchung. Damit erfolgt die Behandlung ambulant; es kommt zu gar keiner stationären Aufnahme.
    Auch wenn diese Denke an der Klinikpraxis vorbeigeht, kann man eine gewisse Logik nicht leugnen. Sicher wird die stationäre Abrechnung o.g. Fälle vor keinem Sozialgericht bestehen.
    Gruss Schmitz

  • Schönen guten Tag Herr West!

    Folgendes Urteil, dass allerdings noch nicht in schriftlicher Form vorliegt, hilft Ihnen weiter (siehe http://www.bundessozialgericht.de unter Termine die Sitzung des 3. Senats vom 17.03.2005):

    Allerdings steht beispielsweise im Hessischen Landesvertrag nach § 112 SGB V, dass vor der Entscheidung zur stationären Aufnahme eine Aufnahmeuntersuchung stattzufinden hat. Es ist die Frage, wie weit man den Begriff der Aufnahmeuntersuchung dehnt oder einschränkt, d.h. ob man dies lediglich auf die klinische Untersuchung bezieht oder beispielsweise auf alle präoperativen Leistungen.

    Es bleibt abzuwarten, ob sich das Urteil in seiner Begründung dazu äußert.


    Ich wünsche noch einen schönen Tag

  • Hallo,

    die vielen Beiträge zu diesem Thread scheinen zu zeigen, dass die Diskussion auf der operativen Ebene zwischen Krankenhäusern und Kassen noch lange nicht abgeschlossen ist. Auf die ausführliche Begründung des angeführten BSG-Urteils darf man gespannt sein.
    Auf jeden Fall vielen Dank für die zahlreichen Antworten.

    Mit freundlichen Grüßen aus dem etwas regnerischen Hamburg

    Manfred Nast

  • Auch wenn es keiner mehr hören mag:

    - da kann ich mich doch direkt anschließen! Und habe sogar eine Stellungnahme aus der Konzernzentrale [warum nennen wir die Kasse eigentlich nicht beim Namen?].

    \"Erfolgt Aufnahme und Entlassung am gleichen Tag, liegt OHNE WEITERGENDE BETRACHTUNG der Erforderlichkeit einer (teil)stationären Behandlung eine ambulante Behandlung vor\"

    Lediglich in den Fällen, in denen der Patient auf einer Intensiv-Station liegt oder beatmet wurde, würde die stationäre Notwendigkeit anerkannt werden auch wenn keine Übernachtung erfolgte, so der zuständige Sachbearbeiter. Der Patient der noch am Aufnahmetag verstirbt ist als ambulanter Fall abzurechnen – noch nichtmal vorstationär, wenn er keine Einweisung hat.
    Meinem Vorschlag, den MDK die stationäre Notwendigkeit beurteilen zu lassen, will die Kasse nicht folgen, da dass BSG über dem MDK steht.
    Was tun? Die Kassenseite wird nicht davon abweichen – das ist sicher. Wir diskutieren da schon lange hin und her [seit Ende März]und alles was schon erwähnt wurde, wurde auch von mir angeführt.
    Bleibt doch nur die Klage, oder?
    Viele Grüße!

  • Hallo Herr Werner,
    bitte beachten Sie das neue BSG Urteil zu diesem Thema, das gestern in die News gestellt wurde.
    https://www.mydrg.de/dload/B3KR_11_04_R-20040312.pdf
    Wenn das Krankenhaus eine Übernachtung plant, ihn aber trotzdem vorher in bestimmten Fällen entlässt, kann stationär abgerechnet werden. Damit ist doch eindeutig klar, das Patienten, die auf Intensiv am Aufnahmetag sterben, 100 % ig staionär sind. Und ich interpretiere dieses Urteil auch für Fälle, wo der Patient entgegen der Planung des aufnehmenden Arztes doch am Aufnahmetag entlassen wird, wie zum Bsp wegen nicht op Fähigkeit.
    Herr Schaffert, Herr Maehrmann und weitere Fachleute werden sicher noch dezidiert zum Urteilstext Stellung nehmen.

    Kurt Mies

  • Hallo Forum,

    das Urteil B 3 KR 11/04 hat nun einiges an Klarstellung gebracht. Entscheidend für die Frage ob eine ambulante oder stationäre Behandlung vorliegt ist der Behandlungsplan und damit die geplante und nicht die tatsächliche Aufenthaltsdauer. Wenn die begonnene Behandlung, sei es aus in der Person des Patienten liegenden Gründen (Entlassung gegen Rat) oder medizinischen Gründen (Nichtdurchführung der geplanten Maßnahme), abgebrochen wird, so ist dennoch eine stationäre Behandlung gegeben. Genauso ist ein stationärer Fall gegeben, wenn eine ursprünglich geplante ambulante Behandlung in eine stationäre übergeht, der Patient also unerwarteterweise über nacht bleiben muss.

    Die weit verbreitete Kassenansicht, dass jede Behandlung ohne Übernachtung im Krankenhaus als ambulant zu betrachten ist, ist damit schlicht widerlegt.

    Mit freundlichen Grüßen

    Mährmann

  • Guten Morgen,

    ich finde dieses Urteil von der Kernaussage und der (von mir jetzt mal unterstellten) Intention her gut und richtig - und das als Kassenvertreter... :d_pfeid:

    Was mich immer leicht reizt, ist die Tatsache, welche Blüten so ein Urteil in der praktischen Umsetzung treibt.

    Ein Krankenhaus im hohen Norden (sehen Sie Herr Werner, deshalb nennen Sie keine Kassen, weil andersrum auch keine Krankenhäuser beim Namen genannt werden :d_zwinker: ) nimmt seit dem o.g. Urteil jede diagnostische Koloskopie stationär auf, um dann regelhaft nach durchgeführter Leistung festzustellen, dass aufgrund des komplikationslosen Verlaufs eine Entlassung am gleichen Tag doch \"völlig überraschend\" möglich ist.

    Damit umgeht diese Klinik die ambulante, die vorstationäre und sogar die Abrechnung einer ambulanten OP, obwohl die Koloskopie als solche zu erbringen ist!

    Und wenn wir mal ehrlich sind: Nach diesem Urteil kann man so verfahren!

    Aber wenn man mal ganz ehrlich ist, ist dieses Verfahren ein Schlag ins Gesicht für jeden Versicherten, der letztlich ganz allein DIESE Kosten trägt (denn nicht vergessen, wir geben das Geld zwar aus oder auch nicht - aber es ist und bleibt das Geld der Versicherten)!

    Bevor die üblichen Verdächtigungen kommen: Ja, bislang ist dieser Fall der einzige mir bekannte Fall, das schließt aber bei erfolgreicher Umsetzung die üblichen Nachahmer nicht aus!

    Gruß und angenehmes Wochenende,


    ToDo


    P.S.: Herr Werner, da Sie von Konzernzentrale sprachen, können Sie ja gottlob keine deutsche gesetzliche Krankenkasse gemeint haben. Konzerne gibt es dort nämlich nicht. Im Gegensatz zu (Krankenhaus)konzernen arbeiten diese gesetzlichen Krankenkassen nämlich nach dem Kostendeckungsprinzip!

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Guten Morgen,

    aus meiner Sicht bezieht sich das zitierte BSG-Urteil auf die Abgrenzung der Versorgunsformen im Krankenhaus und den dadurch begründeten Vergütungsanspruch. Die Frage, ob die medizinische Entscheidung des aufnehmenden Krankenhausarztes zur (geplanten) vollstationären Behandlung einer gutachterlichen Überprüfung im regulären Verfahren nach § 275 SGB V standhält, ist m.E. nicht Gegenstand der hier geführten Auseinandersetzung.
    Sofern die vollstationäre Behandlung bei retrospektiver Betrachtung im Einzelfall medizinisch nicht ausreichend begründbar ist, besteht für das Krankenhaus auch hier das Risiko einer primären Fehlbelegung.

    Die nicht genannte Krankenkasse würde also die Koloskopiefälle des nicht genannten Krankenhauses aus dem hohen Norden bei vorläufiger Anerkennung der stationären Versorungsform unter Vorbehalt vergüten und innerhalb der Zahlungsfrist ein Prüfverfahren nach § 275 SGB V einleiten. Wie wird das Verfahren wohl ausgehen...? 8o

    Freundliche Grüsse aus einer nicht genannten Stadt

    Dr. med. Henze