Stationärer Aufenthalt 12 Minuten?

  • Guten Tag, liebes Forum,

    wir hatten vor einiger Zeit einen jungen Mann nach Motorradunfall im Schockraum aufgenommen. 12 Minuten nach Eintreffen wurde dann leider der Tod festgestellt.

    Wie soll hier abgerechnet werden? Ist das eine stationäre Aufnahme und es wird die Polytrauma-DRG abgerechnet? Oder ist das als \"ambulante\" Behandlung zu werten? Welches Kriterium sagt mir hier, dass es sich um das eine oder andere handelt?

    Vielen Dank für Stellungnahmen!

    Viele Grüße

    Benjamin

  • Sie können hier stationär abrechnen. Es gibt auch mir keine bekannten
    Bestimmungen, wie lange eine stat. Bahandlung zu erfolgen hat, damit
    diese auch als solche gilt! Entscheidend ist die Notwendigkeit für
    eine solche Behandlung, die bei diesem Pat. ohne Zweifel vorlag.
    Dabei spielt es keine Rolle, ob der Behandlungsort die Notaufnahme
    bzw. Schockraum oder die Station ist.
    Gruß
    Ordu

  • Hallo benjamin,

    Beiträge zu dieser Thematik haben wir bereits zu einem nach 65 Minuten Verstorbenen gehabt, vielleicht finden sie dort noch etwas nützliches.

    Ich sehe es aber im Prinzip genau wie Ordu Dr.

    Gruß :j_sehrglucklich:

    merguet

  • Hallo Forum,

    sorry aber 12 Minuten finde ich schon etwas arg fragwürdig, ob denn hier tatsächlich eine stationäre Aufnahme erfolgt ist. M.E. ist hier schon sehr strittig, ob der Fall nicht über die Notfallambulanz abzurechnen ist.

    Bei dem von merquet verlinkten Thema ging es um 65 Minuten Aufenthalt und es wurde mit der Vorhaltung der manpower, der CT-Untersuchung, der Buchung des Intensivbettes etc. argumentiert.
    Das mag man ja noch alles nachvollziehen können, aber bei einer Verweildauer von 12 Minuten und Kosten für die W60Z von über Euro 5000,00, das würde ich wahrscheinlich nicht ohne weiteres akzeptieren (zum Glück ist ein so extremer Fall bisher bei mir noch nicht aufgetaucht).

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Hallo werte Mitstreiter!

    In unserem Haus sehen wir das pragmatisch. 12 Minuten werden ambulant abgerechnet. Eine Klage scheint mir mit Blick auf das BSG-Urteil zur stationären Versorgung erfolglos.

    Mit freundlichem Gruß
    F. Killmer

    Frank Killmer

  • Sehr geehrter Hr. Killmer,

    da interessiert mich jetzt gleich:

    - Was würde in diesem Fall bei Ihnen konkret ambulant abgerechnet?

    - Was ist daran pragmatischer?

    Wenn der Patient überlebt, rechnet man ja auch nicht Reanimation und Erstdiagnostik ambulant und den weiteren Aufenthalt als Fallpauschale getrennt ab.

    Wenn ein Unfallpatient 12 Minuten nach der Aufnahme stirbt, dürfte ja auch ohne besondere Schwierigkeiten bestimmbar sein, dass er eigentlich ein Fall für die ITS und nicht für die Notfallambulanz war.

    Erst kürzlich hat das Sozialgericht Dresden (Entscheidungen vom 24.02.2005) in zwei Urteilen zur Notfallbehandlung von Herzinfarktpatienten gemeint, dass die Vergütung nun einmal pauschal erfolgt und die Minutenfälle - wenn sie denn öfters vorkommen - mit dem entsprechend geringeren Aufwand schließlich auch in die Kalkulation eingehen müssten.

    Letzten Donnerstag hat das BSG sogar eine stationäre Abrechnung für den Fall abgesegnet, dass sich eine Patientin zur - für den Nachmittag mit anschließender Übernachtung - geplanten OP meldet, aber nach dem Blutdruckmessen gleich wieder heimgeschickt wird (Aktenzeichen B 3 KR 11/04 R).

    mfG

    j.sp.

  • Hallo,

    ich bin doch da sehr nah bei Mr. Freundlich:

    Auf die Rechtsprechung würde ich hier nicht abheben, dafür ist dieser Fall mit den verhandelten Einzelfällen und den daraus abzuleitenden Gundsätzen zu wenig vergleichbar.

    Ich frage mich, welche besonderen Mittel des Krankenhauses für die Behandlung in den 12 min. erforderlich waren. Ich würde mir den Fall bildlich so vorstellen, dass die Besatzung RTW/NAW reanimierenderweise kommt und dass diese Reanimationsversuche eingestellt werden, als ein Arzt dazu stößt, der den Tod feststellt.

    Dafür (sollte der Fall so oder ähnlich verlaufen sein) benötigt man nicht die besonderen Mittel des Krankenhauses. Und vor dem Hintergrund ist auch völlig irrelevant, was wäre, wenn der Patient überlebt hätte.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,

    man darf wohl feststellen, dass man hier keinen Konsens findet. Ein KH rechnet ambulant ab, ein anderes wieder über die DRG, die Kassenseite möchte ambulante Abrechnung. Dies wohl in Ermangelung klarer Regeln...

    Man darf aber auch nicht vergessen, dass wir uns in einem Pauschalsystem aufhalten. Die durchschnittliche Verweildauer von 1,9 Tagen der DRG impliziert ja, dass hier auch Fälle in die Kalkulation eingegangen sind, die eine sehr kurze VWD hatten. Es ist auch völlig ok, dass ein Krankenhaus mal mehr bekommt, als es aufgewendet hat. Es wird auch einige Fälle geben, wo ein Patient am 4. Tag verstirbt und mit Operationen und maximaler, intesivmedizinischer Behandlung kostenmäßig deutlich über der Vergütung liegen wird. Nebenbei: Mir ist bisher auch keine Veröffentlichung bekannt, in der herausgestellt wurde, dass die Polytraumaversorgung lukrativ für die KHs sei (bitte jetzt keine Diskussion über Einsparpotentiale :noo:).

    Wo soll inhaltlich die Grenze gezogen werden? Zeit, Material, Geräte, Medizinprodukte, Behandlungseinheit, Personal, ....

    Wenn hiervon eine Richtgröße ableitbar wäre, muss sie noch offiziell eingeführt werden. Im Moment vermag ich so eine Regel aber nirgends zu finden. Vielleicht bekommen wir ja irgendwann ein BSG-Urteil, was eine \"Meinung\" hierzu formuliert.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Forum,

    Zitat


    Original von Mr. Freundlich:
    sorry aber 12 Minuten finde ich schon etwas arg fragwürdig, ob denn hier tatsächlich eine stationäre Aufnahme erfolgt ist. M.E. ist hier schon sehr strittig, ob der Fall nicht über die Notfallambulanz abzurechnen ist.

    Offenbar handelt es sich erneut um ein Thema, wo die bloße Zeitdauer zur Grundlage der Argunmentation gemacht wird. Dies ist m.E. so nicht statthaft.

    Ein Patient mit Polytrauma nach Motoradunfall kommt ins Krankenhaus, damit er KURATIV behandelt wird. Die ex ante Sicht lässt nicht zu, ihn ungeprüft in der Notaufnahme versterben zu lassen, dies wäre fahrlässig. Eine direkte Verlegung auf die ITS ohne Maßnahmen zum Sterben dürfte ebenfalls ohne Prüfung des Umstände unmöglich sein. Dies gilt im übrigen auch, wenn schon der Notarzt das Gefühl hat, der Patient könne es nicht \"schaffen\".

    Im Schockraum steht das Team bereit, die Reanimation beginnt, Infusion und Transfusion von 0 negativ beginnen, Druckinfusionssysteme (allein ein R.I.S. System kostet mehrere hundert Euro) sind vorbereitet und werden ggf. eingesetzt. Katheter werden angelegt (bei uns in den ersten Minuten). Diagnostik beginnt.

    Evtl. beginnt man noch im Schockraum eine Not-OP, bei deren Beginn der Patient verstirbt. Dies ist ein realistisches Szenario. Ziel ist die Ermittlung und Beseitigung der lebensbedrohenden Situation (etwa durch Abklemmen eines großen, blutenden Gefäßes) :chirurg:, oder durch Punktion einer lebensbedrohlichen Perikardtamponade oder eines Spannungspneumothorax. Gelingt dies, überlebt der Patient ggf., wenn auch nur kurzfristig, schon ist (mind.)der 65-Minuten Fall daraus geworden.
    Nach welchem Zeitraum soll man so einen Patienten zum stationären Fall erklären?

    Im übrigen finde ich die Vorstellung eines ambulant behandelten Polytrauma-Patienten, der an seinen Verletzungen im Krankenhaus verstirbt, geradezu absurd :noo: .

    Auch möchte ich die Argumentation von Herrn Selter unterstützen, daß es sich um ein pauschalierendes System handelt. Hier mag auch einfließen, daß eine ähnliche logistische Vorbereitung (Blutkonserven, Druckinfusionen, Kathetersets etc.) vergeblich war, wenn ein Patient noch vor Einlieferung im NAW verstirbt.

    Gruß

    merguet

  • Hallo Forum,
    halte die Minutendiskussion für sehr fragwüdig. Wohin soll das führen? Brauchen wir denn bald einen Zeitnehmer? :uhr:
    Ich kann mir auch gar nicht vorstellen, daß nach Einleitung einer Reanimation nach 12 Minuten schon Schluß ist? :d_gutefrage:

    @ Benjamin:
    Kann es vielleicht seien, das die 12 Minuten eine reine Erfassung zwischen der EDV Eingabe und des Todeszeitpunktes sind, wobei bei Aufnahme nicht exakt eingegeben wurde?
    Was sagt den die Akte? Hier ist evt. das Einsatzprotokoll der Feuerwehr sehr hilfreich.
    Würde den Fall auch als stationär codieren ohne zeitliche Begrenzung.

    Grüße

    Th. Jeromin