Stationärer Aufenthalt 12 Minuten?

  • Einen schönen guten Morgen, liebes Forum,

    vielen Dank für die Antworten! Man muss sich wohl entscheiden, ohne harte Fakten zugrunde legen zu können.
    Ich frage mich nur, wie wir bei einer MDK-Anfrage stichhaltig argumentieren sollen?

    @Jeromim: Die Reanimationsmaßnahmen waren schon vorher vom Notartzt begonnen worden. Die Zeiterfassung war korrekt.

    Einen schönen Tag wünscht

    Benjamin

  • Hallo Forum.

    Es gibt m.E. keinen Grund, warum ein solcher Fall ambulant abgerechnet werden sollte.

    §39 ist da ziemlich eindeutig :\" [...]wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. [...]\"

    Dürfte bei einem reanimationspflichtigen Patienten schwierig nachzuweisen sein, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung aus der ex ante Sicht des aufnehmenden Arztes nicht notwendig gewesen wäre. Die Argumentation des MDK würde mich echt interessiern.

    Dann gibt es da noch den netten Spruch in den DKR D002 b-d: \"Anmerkung 1: Es ist nicht auszuschließen, dass diese Definition der Hauptdiagnose vereinzelt im DRG System keine adäquate Abbildung der Krankenhausleistung erlaubt.\"

    Mischkalkulation...... :sterne:

    schönen Feierabend
    papiertiger

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo Papiertiger,

    grundsätzlich bestehen keine Zweifel daran, dass der Patient einer stationären Krankenhausbehandlung bedurfte, aber die entscheidene Frage ist m.E. ob der Patient wirklich im Krankenhaus aufgenommen wurde oder eben nur in der Notfallambulanz \"behandelt\" wurde.

    Schönen Abend

    Mr. Freundlich

  • Hallo Mr. Freundlich,

    Zitat


    die entscheidene Frage ist m.E. ob der Patient wirklich im Krankenhaus aufgenommen wurde oder eben nur in der Notfallambulanz \"behandelt\" wurde.

    erklären Sie uns doch bitte Ihre Vorstellungen über die exakte Abgrenzung einer stationären Behandlung im Sinne des § 39 SGB V von einer ambulanten Notfallbehandlung - natürlich aus einer \"ex ante\"-Sicht.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Markus Hollerbach

  • Schönen guten Tag allerseits!

    • Es ist doch (hoffentlich) keine Frage, dass ein polytraumatisierter Patient der stationären Behandlung bedarf.
    • Die Krankenhausbehandlung beginnt in dem Augenblick, in dem der Patient lebend die Krankenhausschwelle überquert und Personal/Material des Krankenhauses eingesetzt wird
    • Den Zeitpunkt des Todes bestimmt immer noch der den Tod feststellende Arzt, d.h. auch ein Patient unter Reanimationsbedingungen lebt noch.
    • Auch eine Behandlung in den Räumen der Notfallambulanz kann eine stationäre Behandlung mit den Mitteln des Krankenhauses sein (Ich glaube kaum, dass es im rein ambulanten Bereich so viele geeignete Schockräume gibt)
    Zitat


    Original von ToDo:
    Ich frage mich, welche besonderen Mittel des Krankenhauses für die Behandlung in den 12 min. erforderlich waren. Ich würde mir den Fall bildlich so vorstellen, dass die Besatzung RTW/NAW reanimierenderweise kommt und dass diese Reanimationsversuche eingestellt werden, als ein Arzt dazu stößt, der den Tod feststellt.

    Woher haben Sie Ihre Informationen? Warum unterstellen Sie dies einfach? Wenn in einem Krankenhaus ein Arzt erst nach 12 Minuten zu einem Polytraumapatienten stößt, ist dieses Krankenhaus für die Behandlung polytraumatisierter Patienten ungeeignet!

    Zitat


    Original von ToDo:
    Auf die Rechtsprechung würde ich hier nicht abheben, dafür ist dieser Fall mit den verhandelten Einzelfällen und den daraus abzuleitenden Gundsätzen zu wenig vergleichbar.

    Tut mir leid, ToDo, aber man hat den Eindruck, dies gilt auf Kassenseite (Ihre natürlich ausgenommen) nur bei den für das Krankenhaus positiven Urteilen (siehe auch die Diskussion zum Tagesfall-Urteil. Es gibt Kassen, die damit jede Behandlung ohne Übernachtung ablehnen).

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Schönen guten morgen.

    Danke Herr Schaffert.

    Auch noch mal zum BSG Urteil.

    Stationäre Behandlung liegt auch dann vor, wenn der Patient gegen ärztlichen Rat geht oder am Aufnahmetag verstirbt.

    Kein Wort von \"Mindestzeiträumen\" die ein Pat lebend im KH zu verbringen hat.

    Kommt vielleicht noch....
    Dann bekommt jede Notaufnahme KK Mitarbeiter zugeteilt (natürlich von jeder der ca. 350 Kassen einen; müssten wir hier ein Zelt aufbauen, haben gerade so viele Betten), die mit einer Stoppuhr danebenstehen...
    Ablehnung der Kostenübernahme innerhalb von Sekunden...

    Bevor ich jetzt noch richtig zynisch werde, klinke ich mich besser aus..

    papiertiger

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo Herr Selter,

    interessantes Urteil...

    M.E. hat der Fall nur einen Fehler: Nämlich, dass es auf Grund des Streitwertes wahrscheinlich nicht zur Revision kommen wird.

    Meine persönliche Meinung dazu ist, dass die Argumentation des Gerichtes m.E. nicht nachvollziehbar ist.
    Das Gericht stellt hier einzig und allein auf den Behandlungsplan ab und beruft sich auf das BSG-Urteil B 3 KR 11/04 R, wo es geplante stationäre Aufenthalte, die aus medizinischen Gründen vorzeitig \"abgebrochen\" werden.geht. Dies ist m.E. ein großer Unterschied, denn beim BSG-Urteil gab es einen Behandlungsplan mit entsprechend im Vorfeld geplanter Aufenthaltsdauer, hier allerdings nicht, denn handelt sich um einen Notfallpatienten.
    Es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass es für derartige Patienten in der kurzen Zeit noch gar keinen Behandlungsplan gibt. Auch in dem Urteil ist die Aussage zur geplanten Entlassung gelinde gesagt :totlach: , denn will mir einer allen Ernstes weissmachen, dass das Krankenhaus die Entlassung am 19.02.00 (Samstag) um [blink]22.35 Uhr[/blink] geplant hat.

    :d_neinnein: M.E. ist der Patient nicht über die Notfallambulanz hinausgekommen (leider) und daher auch nicht vollstationär behandelt worden. Wie gesagt, mich würde eine Entscheidung auf höherer juristischer Ebene interessieren.

    Übrigens interessant ist es auch, dass in dem Urteil angegeben wird, dass auch der Sachverständige zu dem Ergebnis kommt, dass sich eine vollstationäre Behandlung wegen des Versterbens nicht mehr verwirklichen konnte. :d_zwinker:

    Wie gesagt, dass alles ist meine persönliche Meinung und ich denke es darf mit Sicherheit darüber diskutiert werden.

    Mr. Freundlich

  • Hallo Mr. Freundlich,

    ich finde, das Gericht hat die Rechtsprechung des BSG konsequent und nachvollziehbar fortgeführt.

    Ausgangspunkt ist ja das Kriterium der \"Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem des Krankenhauses\" mit einer geplanten Aufenthaltsdauer von mindestens einem Tag und einer Nacht.

    - Die Notwendigkeit der stationären Aufnahme ist wohl unstrittig.

    - Die Eingliederung hat durch den (sofortigen) Einsatz der spezifischen Mittel des Krankenhauses (Notfallteam, Apparate etc.) stattgefunden.

    - Selbstverständlich gab es auch in diesem Fall einen Behandlungsplan, auch wenn dieser sicher nicht schriftlich ausformuliert war. Die angegebene voraussichtliche Behandlungsdauer von 2 Tagen ist daher medizinisch völlig korrekt (und ja, über die Angabe von Datum und Uhrzeit der voraussichtlichen Entlassung habe ich auch herzlich gelacht).

    Viele Kassen beharren noch heute auf der Vorstellung, das BSG-Urteil B 3 KR 4/03 R habe klargestellt, eine Krankenhausbehandlung von weniger als 24 Stunden Dauer schließe eine stationäre Behandlung quasi automatisch aus; diese Interpretation war aber schon immer falsch - entscheidend ist nicht die tatsächliche Behandlungsdauer, sondern die geplante Behandlungsdauer aus der Perspektive der Aufnahmeuntersuchung (bzw. einer später getroffenen Entscheidung zur stationären Behandlung). Ist die Entscheidung getroffen, kommt es nur noch darauf an, ob diese vertretbar war (wobei derzeit noch umstritten ist, ob dies subjektiv oder objektiv nachzuweisen ist), nicht aber, ob ein Patient 5 Minuten oder 23 Stunden behandelt wurde, ob er in einem Krankenhausbett gelegen hat bzw. auf eine Bettenstation verbracht wurde.

    Aber keine Sorge: da die Problematik ja nicht so selten auftritt, dürfte es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis mit weiteren Urteilen hierzu zu rechnen ist...

    Mit freundlichen Grüßen

    Markus Hollerbach

  • Hallo zusammen,
    nun will ich auch noch mal meinen Senf dazugeben - der - natürlich - wieder die bekannte Position vertreten muss ;) und die heisst eindeutig STATIONÄR.

    Ob Reanimation oder Polytrauma, die nach kurzer Zeit versterben. Hier wird immer auf der sog. \"Notfallambulanz\" rumgemacht, das sei ja dann nicht stationär.
    Dies ist von vorneherein Quatsch - es sei denn, die Notfallambulanz ist NUR für ambulante Behandlung vorgesehen. Diese Pat. kommen aber dort eh nicht hin.

    \"Mittel des Krankenhauses\": Haben die Herren der Kassenseite vielleicht schon mal einer Polytrauma-Versorgung im Schockraum beigewohnt? Ich vermute nein, denn sonst würde man dies Argument gar nicht ausgraben.
    Wird ein solcher Pat. angemeldet, dann stehen selbst in unseren kleineren Krankenhäuser der Region ca. 5 Ärzte, 4 Pflegekräfte, Labordamen oder -herren, MTRA und ggf. weitere Personen parat und erwarten den Pat. DIES sind genau die Mittel des Krankenhauses, die die Pat. benötigen (wo sind die amb. Alternativen? ). Ausserdem werden Intensiv-Plätze gerichtet, OPs hochgefahren oder das CT gestartet.
    Dies wird vom Gericht auch so gesehen.


    \"Behandlungsplan\": Dieser Plan besteht auch bei diesen Pat., er lautet ganz einfach ABCD. In einem benachbarten Maximalversorger hängt genau dieser Plan riesengroß im Schockraum.
    Auch dies ist vom Gericht richtigerweise so erkannt.

    \"Geplante Entlassung\": Der Aufnahmedatensatz muß dies enthalten, nebst Aufnahmediagnose. Wird dies angelegt, wenn der Pat. kommt, dann würde ich ebenfalls einfach mal 1 Woche angeben als Zeit - daher kommen dann so komische Zeiten vermutlich her, da das KIS einfach 7 Tage zur aktuellen Zeit dazuzählt, und T07 für Polytrauma. Welchen genauen Wert diese \"geplante Behandlungsdauer\" hat, erschliesst sich einem eh nicht mehr.

    Richtigerweise folgt das Gericht nicht der Einlassung des \"Sachverständigen\" im Hinblick auf die Einschätzung, ob die Behandlung die Schwelle der stationären überschritten hätte, denn der Sachverständige ist Kardiologe und sollte ein KARDIOLOGISCHES Gutachten abgeben und nicht darüber befinden, wo die Schwelle der Behandlung liegt.

    Eine ruhige Nacht ohne Polytraumen...
    P. Dietz

  • Hallo Forum,

    ich denke, dass wir zu diesem Thema schon ausreichend gerichtliche Klärung haben und ich muss da Hr. Dietz recht geben, dass ein Patient, der mit RTW ins KH kommt und dann nach kurzer, allerdings hochaufwändiger (erfolgloser) Behandlung verstirbt, ein stationärer Patient mit DRG-Fall-Pauschale ist. So sind diese Polytrauma-Pauschalen und deren UGV-Abschläge schließlich auch kalkuliert.

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt