Akute Verwirrtheit

  • Hallo Forum!
    Eine 82jährige Patientin kommt mit akut aufgetretenen Verwirrtheitszuständen(zeitlich + örtlich desorientiert) in die Klinik.Im CCT ist nur Gefäßkalk nachgewiesen und nach 2 Tagen ist die Patientin wieder \"fit\", dh. auch in den ATL`s ist die Patientin völlig selbständig. Wie kodiert mann hier am besten?

    HD: HOPS (F06.9)
    ND: CVI, wegen Gefäßkalk

    HD: Orientierungsstörung (R...)
    ND: CVI,...

    HD: CVI,...
    ND: HOPS

    Oder gibt es da noch andere Ideen und Anregungen? Behandelt ist eigentlich nichts so richtig worden, aber pflegerisch hat die Patientin für 2 Tage ja doch Aufwand gemacht.
    mfG Findus

    MfG findus

  • :sonne: Delir ohne Demenz F05.0 - eigentlich müsste noch die Ursache für den Verwirrtsheitszustand gefunden und codiert werden

  • Guten Tag Findus und alzi,

    HOPS (hirnorganisch) stimmt nicht, wenn Sie keine organische Ursache finden.

    CVI: vgl. bitte hier . (und nicht jeder mit \"Gefäßkalk\" ist gleich \"insuffizient..\")

    Orientierungsstörung: stimmt schon, ist aber sehr unspezifisch.

    Delir: hierzu gehören zumindest vegetative Begleitsymptome, die dieser Pat. offensichtlich nicht hatte. Überhaupt wird das Delir viel zu inflationär verschlüsselt.


    Was also kodieren ?
    Soweit Ihre Angaben zum Fall ausreichen, ist die erste Verdachtsdiagnose die G45.4 (Transiente globale Amnesie). Hier gehört die Verwirrtheit und die Orientierungsstörung definitionsgemäß dazu, so dass Sie keine weiteren Symptome kodieren müssen.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Hallo Herr Leonhardt,

    selbst mit der TGA hätte ich aufgrund der gegebenen Angaben meine Schwierigkeit. Die TGA ist gekennzeichnet durch eine zeitlich begrenzte Störung des expliziten Gedächtnisses, aus der eine anterograde Amnesie resultiert; während der Attacke können keine neuen Gedachtnisinhalte gespeichert werden, alle anderen Qualitäten sind ungestört. Eine Störung der örtlichen Orientierung muß hier nicht vorliegen, sicherlich liegt keine generelle Desorientiertheit zu allen Qualitäten vor. Inwieweit man unter einem \"Verwirrtheitszustand\" auch eine Störung des Bewusstseins subsumiert ( die eine TGA ausschließt ) läßt sich für mich aus den Angaben nicht erkennen.
    In den anderen Punkten gebe ich Ihnen -wie immer- recht.

    Hessen, heiter bis wolkig, sechs Grad
    Eckardt

  • Delir erfordert keine vegetative Begleitsymptomatik, entgegen der deutschen Tradition! Aber ICD 10 ist halt international (=USA).

    Definition nach ICD 10:
    \"Delir, nicht durch Alkohol oder andere psychotrope Substanzen bedingt
    Ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer ist sehr unterschiedlich und der Schweregrad reicht von leicht bis zu sehr schwer.
    Inkl.: Akut oder subakut:
    · exogener Reaktionstyp
    · hirnorganisches Syndrom
    · psychoorganisches Syndrom
    · Psychose bei Infektionskrankheit
    · Verwirrtheitszustand (nicht alkoholbedingt)
    Exkl.: Delirium tremens, alkoholbedingt oder nicht näher bezeichnet\"

    D. h. Delir muss inflationär verschlüsselt werden, \"HOPS\", \"Verwirrtheitszustand\", \"Durchgangssyndrom\" ist alles F05.0 !
    Das macht sogar einen gewissen Sinn, wer sich alle Zugänge zieht, macht Aufwand, mit ohne vegetative Begleitsymptomatik (die durch Clonidin und Betablocker sowieso oft Maskiert ist)

  • Guten Tag,
    die Diskussion darüber, was genau vegetative Symptome sind, ob nicht die Schlafstörung (die ja lt. ICD für das Delir gefordert wird) dazu gehört und ob es nicht Schnittmengen mit den psychomotorischen Symptomen gibt, führt hier sicher zu weit. Eindeutig widersprechen möchte ich aber

    Zitat


    Original von alzi:
    D. h. Delir muss inflationär verschlüsselt werden, \"HOPS\", \"Verwirrtheitszustand\", \"Durchgangssyndrom\" ist alles F05.0 !

    Sie geben ja selbst korrekt die ICD-Definition an, nach der eben der \"Verwirrtheitszustand\" nicht ausreicht, um die Kriterien des Delirs zu erfüllen, sondern explizit gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus gefordert sind.

    Auch \"HOPS...ist alles F05.0 !\" trifft nicht zu, sondern die hirnorganischen Veränderungen sind in der Regel mit einem Code aus F06.- zu verschlüsseln. Erst wenn tatsächlich die o.g. Symptome gleichzeitig bestehen, kodiert man F05.-.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Guten Tag zusammen,

    ich weiß der Thread ist nicht mehr ganz aktuell, aber gerade der Kode F05.0 war bei uns mal wieder ein Streitpunkt mit dem MDK. Die gleichzeitig bestehenden Störungen erschienen mir doch merkwürdig und ich habe deshalb beim DIMDI nachgehakt.

    Die Antwort ist recht interessant:
    \"Klassifikatorisch ist das \"und\" als und/oder einzuordnen, d.h. die genannten Erkrankungen müssen nicht in ihrer Gesamtheit vorliegen.\"

    Wieder einmal was dazu gelernt ...

    Viele Grüße
    Sebastian Seyer