Kodierung prophylaktische Antibiotika-Therapie

  • [verdana]Sehr geehrtes Forum,

    mich treibt ein Kodierproblem um: Wir behandeln häufig sehr kleine Frühgeborene oder kranke Neugeborene aufgund zahlreicher invasiver Maßnahmen und gering ausgeprägter Abwehr gegenüber bakteriellen Infektionen zusammen mit einer sehr schwierigen, zeitgerechten Diagnostik einer Infektion sozusagen \"prophylaktisch\" mit Antibiotika. Wie sollte ich das kodieren? Bakterielle Infektion, nicht näher bezeichnet an nicht näher bez. Stelle? Letztlich behandele ich die Kinder, damit sie keine Sepsis bekommen bzw. weil ich fürchte, dass sie gerade eine Sespsi entwickeln. Kann ich deswegen eine Sepsis kodieren?

    Gleiches gilt im Übrigen auch für Schwerbrandverletzte, auch bei diesen Patientren befürchte ich eine invasive Infektion ausgrund der großen Wundfläche und behandele sie großzügig antibiotisch bei dem geringsten Verdacht auf eine systemische Infektion / Sepsis oder auch nur aus Angst vor einer solchen.

    Bitte um Hilfe,[/verdana]

    wertschätzende Grüße an
    alle Gesundmacher(innen)
    und Gesundmacher(innen)bezahler(innen),
    Dr. S. Siefert
    Medizinmanagement und Arzt
    Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift
    Freie und Hansestadt Hamburg

  • Guten Tag Herr Dr. Siefert,

    zur Lösung Ihres Problems wäre zunächst zu klären, ob die prophylaktische Gabe von Antibiotika bei sehr kleinen und kranken Neugeborenen eine \"Standardtherapie\" darstellt. Dies wäre meines Erachtens z.B. immer dann der Fall, wenn beispielsweise ab einem bestimmten Geburtsgewicht eine bestimmte prophylaktische Antibiotikagabe nahezu ausnahmslos und ohne weitere Zusatzkriterien oder andere Anlässe erfolgt. In diesem Fall wäre dann durch die Kodierung des Geburtsgewichtes bzw. der neonatologischen Erkrankung der Fall ausreichend abgebildet. Eine darüberhinausgehende Kodierung ist meines Wissens auch in den DKR für eine solche Fallkonstellation nicht vorgesehen.

    Anders sieht es natürlich aus, wenn ein konkreter Krankheitsverdacht besteht, der (dokumentierter ...) Anlass für eine prophylaktische Antibiotikagabe oder für eine Umstellung der antibiotischen Therapie ist. In dieser Konstellation wäre dann nach der Kodierrichtlinie für Verdachtsdiagnosen zu verfahren (s. DKR).

    Desweiteren steht in der ICD-10 GM 2005 der Kode:

    Z29.2 Sonstige prophylaktische Chemotherapie
    Chemoprophylaxe
    Prophylaktische Antibiotikaverabreichung

    speziell für die Kodierung einer prophylaktischen Antibiotikagabe zur Verfügung.

    Mit freundlichen Grüßen,


    M. Ziebart

  • Hallo Herr Siefert,

    wir haben eine große onkologische Abteilung incl. Stammzelltransplantation und geben im Leukozyten-Nadir auch regelmäßig eine prophylaktische Antibiotikatherapie. Dazu wird auch die Z92.2 verschlüsselt, was bisher zu keinen Nachfragen durch KK oder MDK geführt hat. Wie halten das andere Onkologien?

    Übrigens kodieren auch unsere Kardiologen bei Klappenvitien zur Endokarditisprophylaxe mit diesem Code.

    Grüße vom Niederrhein :baby:

    Mit schönen Grüßen vom Niederrhein
    Dr. Susanne Meer :baby:
    Kliniken Maria Hilf Mönchengladbach

  • Hallo Fr. Dr. Meer,

    für den Leukozyten-Nadir kodiere ich - falls vertretbar - einen Kode aus:

    D70.- Arzneimittelinduzierte Agranulozytose

    Vom Klartext etwas weniger \"scharf\":

    D70.6 Sonstige Neutropenie ... zusammen mit:
    Y57.9! Komplikationen durch Arzneimittel oder Drogen

    Die Z29.2 kodiere ich dann nicht mehr zusätzlich, da meiner Meinung nach die prophylaktische Antibiotikagabe durch eine der o.g. Kodierungen ausreichend abgebildet ist.

    Mit freundliche Grüßen,

    M. Ziebart

  • Hallo Forum,

    den Kode z29.2 kodieren wir auch bei CRP-Erhöhung nach Herz-OP. Auch hier liegt oft keine Sepsis, Wundheilungsstörung u.a. vor.
    Bisher hat der MDK hier auch keine Einwände vorgebracht, bzw hat uns erst in einem priv. Gespräch darauf hingewiesen.

    Viele Grüße
    Mikka

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Hallo Forum,

    den Kode z29.2 kodieren wir auch bei CRP-Erhöhung nach Herz-OP. Auch hier liegt oft keine Sepsis, Wundheilungsstörung u.a. vor.
    Bisher hat der MDK hier auch keine Einwände vorgebracht, bzw hat uns erst in einem priv. Gespräch darauf hingewiesen.

    Viele Grüße
    Mikka

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Hallo Forum,

    ich versuche es noch ein wenig präziser darzustellen: Es ist keine prophylaktische Therapie, es wird vielmehr bei dem geringsten Verdacht, also z.B. einer leichten AZ-Verschlechterung mit einer antibiotischen Therapie begonnen. In dem Moment besteht quasi ein Anfangsverdacht auf eine systemische, bakterielle Infektion, die sich dann aber eben häufig nicht bestätigt, also weder nachweibar erhöhte Entzündungsparameter noch eine positive bakterielle Diagnostik.
    Dennoch könnte man sagen, ich führe die Behandlung einer bakteriellen Infektion, also letztlich eine Sepsisbehandlung durch. Aber kann ich das dann auch kodieren?

    Gruß

    wertschätzende Grüße an
    alle Gesundmacher(innen)
    und Gesundmacher(innen)bezahler(innen),
    Dr. S. Siefert
    Medizinmanagement und Arzt
    Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift
    Freie und Hansestadt Hamburg

  • Mein Vorschlag :sterne: :

    Wie Herr Ziebart schon ausgeführt hat, sollte eine Prüfung des Falles anhand DKR D008b erfolgen, wo eindeutig geregelt ist was Verdachtsdiagnosen sind und wann diese wie kodiert werden dürfen.

    Sie haben ja selbst darauf hingewiesen, dass sich der Verdacht oftmals nicht bestätigt. Meines Erachtens kann dann max. die Z29.2 und ggf. entsprechende Prozedur 8-010... kodiert werden. Verdachtsdiagnosen sind lt. DKR ja nur solche, die am Ende des stationären Aufenthaltes weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen worden sind. Es bliebe dann lediglich die Kodierung der Symptome übrig.

    Mit herzlichen Grüßen aus Brandenburg

    Andrea Rückert

  • Hallo,

    ich denke, der Schlüssel liegt in der Aussage:

    Zitat

    Es ist keine prophylaktische Therapie, es wird vielmehr bei dem geringsten Verdacht, also z.B. einer leichten AZ-Verschlechterung mit einer antibiotischen Therapie begonnen.

    Wenn ich dann später die Infektion anhand der Laborchemie nicht nachweisen kann, so bestand trotzdem zu Beginn der klinische Verdacht.

    Die entscheidende Frage ist also meines Erachtens, ob ich im Nachhinein das Vorliegen einer Infektion zum Zeitpunkt der Therapieentscheidung sicher ausschließen kann. Kann ich das nicht, habe ich verdachtsbezogen therapiert und dann ist die Kodierung eindeutig.

    MfG
    M. Achenbach

  • Hallo Forum,

    ich stimme Herrn Achenbach zu. In den DKR 008b steht ja schließlich auch:

    Beispiel 2
    Ein Patient wurde mit Verdacht auf Meningitis wegen starken Kopfschmerzen aufgenommen.
    Die Untersuchungen während des stationären Aufenthaltes haben die Diagnose einer
    Meningitis weder bestätigt noch sicher ausgeschlossen. Eine spezifische Behandlung der
    Meningitis wurde jedoch eingeleitet.
    Hauptdiagnose: G03.9 Meningitis, nicht näher bezeichnet

    In meinem Fall verhält es sich doch genauso: Ich habe den V.a. eine Infektion, behandele entsprechend und kodiere auch bei Ausschluss die Verdachtsdiagnose.

    Liege ich richtig?

    wertschätzende Grüße an
    alle Gesundmacher(innen)
    und Gesundmacher(innen)bezahler(innen),
    Dr. S. Siefert
    Medizinmanagement und Arzt
    Kath. Kinderkrankenhaus Wilhelmstift
    Freie und Hansestadt Hamburg

  • Hauptproblem in meinen Augen ist weiterhin der Satz: \"... die am Ende eines stationären Aufenthaltes weder sicher bestätigt noch sicher ausgeschlossen sind.\"

    In dem angeführten Bsp. der DKR bzgl. Meningitisverdacht heißt es ausdrücklich \"Die Untersuchungen während des stationären Aufenthaltes haben die Diagnose einer Meningitis weder bestätigt noch ausgeschlossen.

    Wenn Sie aber die Sepsis letztendlich doch ausschließen können, dürfte m.E. diese auch nicht kodiert werden, obwohl spezifische Therapie erfolgt ist.

    :threemonkey: Spitzfindig gedacht darf man eine Diagnose also nicht sicher ausschließen....
    MfG A. Rückert