• Bei der Beschäftigung mit dem allg. Teil der deutschen Kodierrichtlinien ist eine Frage aufgetaucht:
    Ist der in der "Protokollnotiz Hauptdiagnose" (s.Anlage)
    der beschriebene Hauptdiagnosenwechsel nur als Beispiel für ein
    potentielles Problem mit der neuen Definition der Hptdiag. dargestellt
    oder soll er tatsächlich so vollzogen werden?
    Wer weiß das?
    > Anlage 2 zur Protokollnotiz zum Spitzengespräch am 06.02.2001 in Köln
    "Beispiele für Fallkonstellationen: - Während eines stationären
    Aufenthaltes (mit Behandlung der Erkrankung die zur Aufnahme geführt
    hat), wird eine weitere Krankheit diagnostiziert, die in keinem
    ursächlichen Zusammenhang mit der Erkrankung steht, die die Aufnahme
    verursacht hat. - Diese wird in der gleichen Klinik ebenfalls
    behandelt und führt zu einem höheren Ressourcenverbrauch als die
    Erkrankung, die die Aufnahme veranlaßt hat.
    Beispiel 1)
    Patient kommt mit einer gesicherten Diagnose zu einem Elektiveingriff
    Aufnahmegrund:
    Chronische Tonsillitis OP: Tonsillektomie Zufallsbefund. Darmkrebs
    OP:operative Teilentfernung des Darmes
    Entlassungsdiagnose: Chronische Tonsillitis Darmkrebs

    Hauptdiagnose Deutschland Darmkrebs RessourcenbedingterWechsel
    Hauptdiagnose Australien Chronische Tonsillitis
    Umstände d. Aufnahme bestimmen Beispiel
    2) Patient kommt mit einer gesicherten Diagnose zur konservativen Behandlung
    Aufnahmegrund: entgleister Diabetes mellitus Hypertonus
    Maßnahme: Einstellung Diabetes mellitus Zufallsbefund. Darmkrebs
    OP: operativeTeilentfernung des Darmes
    Entlassungsdiagnose: Diabetes mellitus Hypertonie Darmkrebs
    Hauptdiagnose Deutschland Darmkrebs Ressourcenbedingter Wechsel
    Hauptdiagnose Australien Diabetes mellitus Umstände d. Aufnahme bestimmen"

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen Fr./Hr. Menzel,

    auch ich konnte Ihre Frage nicht richtig verstehen. Wollen Sie wissen, ob im Falle einer zur Aufnahmediagnose (Hauptdiagnose) später hinzukommenden Diagnose, deren Behandlung einen höheren Ressourcenverbrauch verursacht, es Ihnen gestattet ist, diese dann als Hauptdiagnose anzugeben (wie im Beispiel: Aufnahmediagnose chron. Tonsillitis wird erst zur HD, dann aber nach diagnostiziertem Darmkrebs wird dies zur HD)?

    Falls das Ihre Frage ist, muß sie mit „Nein“ beantwortet werden.

    Die neue HD-Definition besagt, dass die Veranlassung der Hospitalisierung zur Hauptdiagnosenfindung führt.
    Die HD muß aber nicht immer automatisch die Aufnahmediagnose sein (HD Definition beinhaltet „nach Analyse“) Bedeutet im oben genannten Fall, das der Pat. wegen bekannter chron. Bronchitis zur elektiven TE aufgenommen wurde und deswegen die HD definitionsgemäß auch dann die chron. Tonsillitis sein muß. Die Diagnose Darmkrebs wird dann als nebenbefundlich eingestuft (war nicht der Grund der stat. Aufnahme). Wird der Darmkrebs dann behandelt, führt dies logischerweise zu finanziellen Nachteilen für den Leistungserbringer.
    Im Moment würde man logischerweise den Darmkrebs als HD angeben, in Zukunft wäre das aber nicht regelkonform. Der Hinweis (z.B. von der DKG), jetzt schon nach den neuen Kodierrichtlinien zu verschlüsseln, muß in solchen Fällen mit Vorsicht genossen werden. Außerdem haben wir ja auch noch die nächsten Jahre mit unseren FP/SE abzurechnen, hier kommt es auch zu Kollisionen mit den neuen Kodierrichtlinien.

    Die in den Beispielen genannten Diagnosenkombinationen sind ja eindeutig ohne kausalen Zusammenhang und die HD Definition einfach. Ich konstruiere mal einen anderen Fall:
    Aufnahme einer Patientin mit tiefer OS-Thrombose. Bei Aufnahme werden die typischen Symptome genannt, ansonsten keine Auffälligkeiten. Es erfolgt eine Thrombektomie. Im Verlauf wird zusätzlich ein Rektum-CA festgestellt, es schließt sich während des gleichen Aufenthaltes eine Hemikolektomie an.
    Neue Kodierrichtlinie zur HD bedeutet:
    Hauptdiagnose : tiefe OS-Thrombose (I80.1)
    Nebendiagnose: Rektum-CA (C20)
    OP: Thromektomie und Hemikolektomie
    AR-DRG: F20Z (Ligatur und Stripping von Venen) = RG 0,79

    Würde man (so wie im Moment auch) die HD wechseln, sehe es folgendermaßen aus:

    Hauptdiagnose : Rektum-CA (C20)
    Nebendiagnose: tiefe OS-Thrombose (I80.1)
    OP: Thromektomie und Hemikolektomie
    AR-DRG: G02B (größere Dünn-/Dickdarm-OPs ohne katast. Komp./Begleiterk.) = RG: 3,03

    Die komplexe Behandlung beider Diagnosen mit einem RG von 0,79 zu bewerten ist natürlich nicht kostendeckend. Nehmen wir mal einen Basisfallwert von 3.500 DM an, würde das KH 2.765 DM für die Behandlung erhalten. Bei der Bewertung mit einem RG 3,03 würde man 10.605 DM erhalten, was dem Ressorcenverbrauch schon näher kommt.

    Jetzt könnte man ja argumentieren, dass die Ursache der Thrombose auf das CA zurückzuführen sei und deswegen das Rektum-CA zur Hauptdiagnose wird (...nach Analyse...). Diese Auslegung wäre natürlich nicht im Sinne der Kasse und es würde wahrscheinlich zur Bearbeitung durch den vollkommen unparteiischen und neutralen MDK kommen. Wenn jetzt unglücklicherweise die Patientin auch noch eine die Pille-nehmende, rauchende, übergewichtige 42jährige ist, möchte ich nicht die Gutachten bearbeiten müssen. So was landet dann letztlich vor dem Sozialgericht und die Jahre gehen ins Land.
    Auch wenn solche Fälle natürlich nicht die Regel sind, wird es zur Zunahme von Fallsplits kommen. Das Patienteninteresse wird nicht in jedem Fall berücksichtigt werden.

    In der Protokollnotiz zum Spitzengespräch am 6.2.01 ist folgender Passus zu finden:
    „ Sofern Erkenntnisse darüber gewonnen werden, dass relevante inadäquate Erlöse bezogen auf die erbrachten Leistungen in den Kliniken durch diese Fallkonstellationen auftreten, verpflichten sich die Vertragspartner, angemessenen Regelungen im Sinne einer leistungsgerechten Vergütung zu vereinbaren. Diese Regelungen können sowohl eine Änderung/Ergänzung der Kodierrichtlinien, eine Anpassung der DRG-Fallgruppendefinition, als auch eine gesonderte Vergütungsregelung bedeuten. ...“
    Ob (und in welchem Ausmaß) davon Gebrauch gemacht wird, bleibt abzuwarten. Ich bin gespannt.
    Übrigens rät uns der australische DRG-Experte Don Hindle, unsere HD Definition beizubehalten. Er wird schon wissen warum!

    Mit freundlichen Grüßen
    Hr. D. D. Selter
    (Arzt, Leiter Med. Cont. Kliniken des MTK GmbH)


  • Sehr geehrter Herr Selter,
    schon heute haben wir ja das Problem der retrospektiven Prüfungen durch den MDK ("Nachher ist man immer schlauer") und die Verantwortung für die Patientin liegt alleine beim behandelnden Arzt. Oder kennt hier jemand einen MDK Arzt, der ins Krankenhaus kommt und vor Ort entscheidet? Das Krankenhaus trägt das Kostenrisiko der eventuell zu langen Krankenhausbehandlung.Schon heute könnte sich manches Krankenhaus eine eigene Rechtsabteilung für das Bearbeiten ungerechtfertigter MDK Gutachten leisten. Mit Einführung der DRG`S wird es dann erst richtig interesant. Trotzdem bin ich persönlich für ein leistungsbezogenes Sytem.

    Mit freundlichen Grüßen an die NG

    Kurt Mies

    Kurt Mies

  • Hallo,

    auch mir ist die eigentliche Frage noch nicht ganz klar, aber das Problem der behandlungswürdigen Zuffallsbefunde, die dann mehr ressourcen verbrauchen als der ursprüngliche Aufnahmegrund, kann doch nur in einer weise gelöst werden.
    Neuaufnahme wegen des neuen Befundes nach Abschluß der Behandlung der ursprünglichen Aufnahmeindikation. Wie Lange man bis zu dieser Neuaufnahme warten muß (damit der `parteilose` MDK keinen Ärger macht), bleibt abzuwarten. Fakt bleibt, alle DRG-Systeme haben zu einem Fallzahlanstieg geführt und so wird es auch hier kommen.

    Gruß
    Thomas Lückert, Medizincontroller

    Thomas Lückert
    Stabsstelle Medizincontrolling
    Unfallkrankenhaus Berlin

  • Vielen Dank für die schnellen Reaktionen auf meine Anfrage.
    Ich bin gebeten worden mein Anliegen zu konkretisieren:
    Im Allg. Teil der DKR ist die Hauptdiagnose ja relativ klar definiert.
    Von einem "resourcenbedingten Wechsel" ist in den DKR meines Wissens nicht die Rede. Allerdings wurde zeitgleich mit den DKR die Protokllnotiz des Spitzengesprächs vom 6.2. ins Netz gestellt. Aus dieser Protokollnotiz habe ich in der Anlage zu meiner gestrigen Anfrage zitiert. Dort wird im "Begründungsteil"(Anlage 2)von einem "resourcenbedingten Wechsel der Hauptdiagnose" gesprochen.
    Meine Frage also: ist der in der Protokollnotiz definierte Resourcenbedingte Wechsel nun erlaubt/gewollt (in Analogie zu den Beispielen) oder handelt es sich lediglich um die Darstellung des
    in Punkt 7) der Vereinbarung dargestellten pot. Problems mit den DRGs?
    Aber wenn ich mir die Antworten auf meine Frage anschaue, habe ich den Eindruck, das Sie meine Frage richtig interpretiert haben.
    Ihre Anworten zusammengefaßt sagen -wenn ich sie richtig verstanden habe- nein, ein resourcenbedingter Wechsel ist nicht erlaubt und ja, sinnvoll wäre er schon, vor allem in den beschriebenen Fällen.
    Vielen Dank
    MfG
    Thomas Menzel,Univ.-Klinikum Würzburg

    • Offizieller Beitrag

    Ihre Anworten zusammengefaßt sagen -wenn ich sie richtig verstanden habe- nein, ein resourcenbedingter Wechsel ist nicht erlaubt und ja, sinnvoll wäre er schon, vor allem in den beschriebenen Fällen.
    Vielen Dank
    MfG
    Thomas Menzel,Univ.-Klinikum Würzburg
    [/quote]

    Hallo Hr. Menzel,
    Sie haben es richtig verstanden: Is nisch!
    Gruß
    D. D. Selter

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Selter,
    Ich bin der Meinung, es müsste in Ihrem Beispiel die DRG F63B statt F20Z zum Vergleich herangezogen werden. Was meinen Sie dazu? Möglicherweise sind meine Unterlagen aber auch veraltet. ?(

    Herzliche Grüße
    B. Sommerhäuser


  • Lieber Herr Menzel,

    ich katalogisiere in meinerm haus diese Fälle, also Fälle, deren Behandlung für Zufallsbefunde letztendlich aufwendiger war, als die Behandlung des Einweisungsgrundes. Es sind extrem wenig Fälle, wo dies tatsächlich der Fall ist, wesentlich häufiger ist, dass seltsamer Weise Internisten immer dazu neigen, noch alles mögliche zu suchen. Naja, mal sehen, was draus wird. Ich glaube, die Diskussion um die Fallsplits ist dramatischer als das problem selbst.
    Es ist übrigens meines Wissens nach in keinem Land zu einer Zunahme der Fälle nach Einführung der DRG´s gekommen. Das liegt allerdings nicht daran, dass keine Fallsplits gemacht werden (die natürlich gemacht werden müssen, sonst ist das System absurd weil ich als Klinik meine Leistung eben nicht leistungsorientiert vergütet bekomme), sondern weil natürlich in diesem System sehr viele gerade der Z-DRG´s in den ambulanten Bereich ausgegliedert werden. Insgesamt sind in fast allen Ländern dadurch sogar die stationären Fälle leicht abgesunken. Aber der Fallmix steigt natürlich erheblich.
    Wegen eines Fallsplittes während eines stationären Aufenthaltes würde ich übrigens mmer gleich die Kasse bzw. den MDK anrufen. In der Regel läßt sich sehr gut mit ihnen verhandeln, wenn es um Einzelfälle geht. MDK-Ärzte sind nämlich auch einfach Kollegen. Und sie reagieren eben wie Kollegen: wenn sich die Klinikärzte immer schon gleich am Telefon in die Brust werfen müssen und ziemlich deutlich ihre Geringschätzung zum Ausdruck bringen, muss man sich nicht wundern. Ich habe die Erfahrung mit fast allen MDK-Ärzten gemacht, dass man auf der rein medizinischen Sachebene sich sehr gut einigen kann. Sogar reine organisatorische probleme stoßen bei vielen (allerdings nicht bei allen) auf Verständnis. Wenn Sie natürlich versuchen, einem gestandenen Facharzt zu verkaufen, 5 Tage präoperative Liegezeiten bei gesunden Elektivpatienten sei mit einem Röntgenbild und einem EKG zu begründen, dann darf man sich nicht wundern. Zugegebener Maßern habe ich aúch unglaubliche Inkompetenz beim MDK erlebt, aber es war die absolute Ausnahme (und, sorry, aber die findet man im Krankenhaus und sonst überall auch!).

    Wenn alle Kliniken jetzt schon dazu übergehen, diese Fälle sauber zu sammeln, dann wären wir schon im februar/März 2002 weiter und wüßten, ob es ein großes, ein kleines oder gar kein Problem ist.

    Schöne Grüße und gutes Koderen
    Patricia

    :dance1: :dance1: :dance1:

    Patricia Klein

    • Offizieller Beitrag

    [quote]
    Original von Admin:
    Hallo Herr Selter,
    Ich bin der Meinung, es müsste in Ihrem Beispiel die DRG F63B statt F20Z zum Vergleich herangezogen werden. Was meinen Sie dazu? Möglicherweise sind meine Unterlagen aber auch veraltet. ?(

    Herzliche Grüße
    B. Sommerhäuser


    Guten Morgen Herr Sommerhäuser,

    in meinem Beispiel wurde eine Thrombektomie durchgeführt.
    F63B kommt nur zur Abrechnung, wenn der Fall konservativ behandelt wird (das erkennt man auch an der Zuordnung zur med. Partition: F63B). Ein Beispiel dafür, dass Operationen nicht immer besser vergolten werden, als konservative Behandlungen. Das liegt an der durchschnittlichen Verweildauer: 1,72 Tage bei der F20Z, 5,58 Tage bei der F63B. Spezialisten kommen vielleicht auf die Idee, den OP-Kode einfach zu "vergessen" = kurze Liegezeit, max. Ausbeute. ;)
    Das sind dann die Fälle, für die es dann bei Kontrolle mächtig eins auf die Mütze gibt. Davon kann man nur abraten!
    Nochmal zur Vollständigkeit:
    C20 (bösartige Neubildung Rektum), I80.1 (Phleb. u. Thrombophleb. V, fem., 5-380.9b (Thrombektomie V.fem.), 5-455.6x (linksseitige Hemikolektomie). Wenn Sie diese Kodes eingeben, erhalten Sie die genannten DRGs.

    Viele Grüße
    D. D. Selter

    • Offizieller Beitrag

    [quote]
    Original von Admin:
    Hallo Herr Selter,
    Ich bin der Meinung, es müsste in Ihrem Beispiel die DRG F63B statt F20Z zum Vergleich herangezogen werden. Was meinen Sie dazu? Möglicherweise sind meine Unterlagen aber auch veraltet. ?(

    Herzliche Grüße
    B. Sommerhäuser


    Hallo Herr Sommerhäuser,
    mich interessiert es dann doch noch, ob Sie das Beispiel nun als "richtig" anerkennen.
    Gruß
    D. D. Selter