Schlaganfall bei Vorhofseptumdefekt: Hauptdiagnse

  • Hallo Forum,

    wieder einmal das alte Thema Hauptdiagnose => hier Schlaganfall:
    Fall: Patient kommt mit Hirninfarkt durch Embolie zerebraler Arterien (I63.4), es \"gesellt\" sich im Rahmen der Diagnostik ein Vorhofseptumdefekt (Q21.1) hinzu, der im gleichen Aufenthalt verschlossen wird (8-837.d0).

    Ist nun I63.4 oder Q21.1 HD? Leider geben\'s die Kodierrichtlinien wieder einmal nicht so richtig her. Oder?

    Gruß aus Frankfurt-Höchst
    Matthias Nacke
    Medcontrolling

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    man muss hier nur eine Frage stellen:
    Was war der Hauptgrund für die Veranlassung des stationären Aufenthaltes?

    War klar der Hirninfarkt, also HD.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Guten Morgen Herr Selter,

    so einfach ist diese Frage nun doch nicht.
    Gerade bei VSD ist durch die Verwirbelung bei Jet´s
    die Bildung von Koageln zu beachten. Diese sind sehr
    oft auch die Ursache fur vermehrt auftretende Infarkte und Embolien. Sie sind in diesem oben geschilderten Fall auch zu 99% die Ursache für den Hirninfarkt.

    Mit frdl Grüßen
    Mikka

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Guten Morgen,
    der Patient hätte nicht von seinem Vorhofseptumdefekt erfahren,wenn er nicht den Schlaganfall erlitten hätte.
    Der Grund für den Patienten ins Krankenhaus \"zu gehen\" ist der Schlaganfall.Wir würden dies zur HD erklären.
    Viele Grüße

  • Guten Morgen,

    1. VSD ist kein Vorhof-, sondern Ventrikelseptumdefekt. Vermutlich handelt es sich um ein so genanntes PFO, das interventionell mit verschlossen wurde, oder wie? Hätte man vielleicht den Pat. erst entlassen und dann in einem zweiten Aufenthalt machen sollen.

    Ich finde diese Erörterung gut, denn sie zeigt zum xy-10000ten , dass das ganze System vielleicht für die relativ eindimensionalen medizinischen Fragestellungen in der Chirurgie, aber nicht für die komplexen pathophysiologischen Zusammenhänge, Erkrankungsnetze und Kaskaden der Inneren Medizin taugt. Es reiht sich ein in eine Reihe anderer ähnlicher, überbordende Bürokratie und enorme unproduktive Kosten verursachende Systeme (ich nenne es \"DRG-Dosenmaut-Syndrom\"), die ein Hauptgrund für den nicht mehr aufzuhaltenden Untergang dieses Landes sind. Die völlig unsinnigen und Zeit- und Ressourcen fressenden \"QS-Bögen\" (Schlaganfall, Pneumonie, Herzschrittmacher, Coronarangiografie sind jetzt auf die Innere herabgeprasselt) zählen auch dazu.

    MR

    M.Rost

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Mikka:
    so einfach ist diese Frage nun doch nicht.

    Guten Morgen,

    doch, glauben Sie mir, sie ist so einfach. Dass hier ein kausaler Zusammenhang besteht ist mir völlig klar. Nur ist das für die HD-Zuordnung in diesem Fall ohne Belang. Hauptsächlich hat hier der Hirninfarkt die Veranlassung zur stationären Aufnahme bedingt und dieser stellt kein Symptom des VSD dar.

  • @ Hr. Nacke,
    als Neurologe schließe ich mich der Meinung von Hr. Selter an.

    @ Hr. Rost,
    Manchmal kann ich Ihnen gut nachfühlen. Wenn aber Teile eines funktionierenden Systems ( hier Abrechnung ) verändert werden, hat dies Auswirkungen im Sinne von adaptativen Prozessen innerhalb des Systems, damit es wieder funktionstüchtig bleibt; das ist ja gerade in Intention des DRG-Systems.
    Die Gefahr besteht nun, dass die Adaptation in eine Fehlrichtung läuft ( oder hätten Sie früher diesen Patienten zum Verschluß eines PFO erneut aufgenommen oder haben Sie es nicht gleich gemacht ). Bei der kontinuierlichen ökonomischen Anpassung durch das InEK werden dann adaptativen Prozesse seitens des Krankenhauses festzementiert, sodaß man zum Schluß garnicht mehr anders kann; so kann aus einem kurzfristigen Schnäppchen langfristig eine Einbahnstraße werden. Wir sind nicht nur die Opfer ...

    Hessen, Nieselregen 14 Grad
    Eckardt

  • Zitat


    Original von Selter:

    doch, glauben Sie mir, sie ist so einfach.


    Guten Tag,

    ich denke, man muß die Definition der Hauptdiagnose ganz unbedingt von der rechtsmedizinischen Sicht der sogenannten \"prima causa\" lösen. Dann ist es in der Tat einfach. Man muß sich dies nur regelmäßig wieder klarmachen. Im Extremfall wäre sonst bei beinahe jedem Patienten die Hauptdiagnose (als zugrunde liegendes Geschehen für alle Erkrankungen):
    O80 - Normale Entbindung :)

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Hallo

    @ Herr Eckhardt

    Ganz kann ich Ihren Erörterungen bezüglich des Inek nicht folgen. is aber auch schon spät abends.
    Was ich aber eigentlich sagen wollte: Die Chirurgie (für die es ja schon länger Fallpauschalen gibt) hat es mit der relativen Eindimensionalität ihrer Erkrankungen rel. leicht, da gibt es auch schon mal Komplikationen oder Begleiterkrankungen, und dafür dann einen Zuschlag.
    In der Inneren (frecherweise zähle ich die Neurologie einfach mal dazu) ist es aber doch oft so, dass entweder die Pat. mehrere Erkrankungen haben, die gleichzeitig mit hohem Aufwand sozusagen Hauptdiagnosenmäßig behandelt werden müssen, ohne dass sich das in der Vergütung adäquat darstellt. Zum Anderen ergeben sich bei internistischen Erkrankungen häufig multiple Prozeduren, die die Fälle enorm inhomogen machen.
    Interessanterweise ist ja der Fallsplit beim Schlaganfall in 2005 gecancelt worden, d.h. jeder Apo, ob nun nur mit leichten Ausfällen, oder mit schweren Paresen inklusive diverser inhärenter Komplikationen und Folgeprozeduren wie PEG-Sonde, usw., oder wie in diesem Beispiel eben ein interventioneller PFO-Verschluss, werden gleich vergütet. Das kann irgendwie doch nicht richtig sein. Gerade beim Apo müsste es doch unterschiedliche Schweregrade geben, und die gerade abzuschaffen zeugt doch von erheblicher Realitätsferne der DRG-Kreatoren. Die einzige Unterscheidung ist noch mit oder ohne Hirnblutung, und nicht zum Beispiel wie früher das Vorhandensein von Paresen, Dysphagie, Aphasie usw.
    Dabei ist ja z.b. eine kleine, symptomarme, selbst resorbierende Blutung ohne weitere Maßnahmen viel weniger kostenintensiv (bisschen KG, 2 CT-s) als z. B. ein Wallenbergsyndrom, das erst im Kernspin vernünftig darstelbar ist, aber erhebliche pflegerelevante Ausfälle macht.

    so ich mach mal Schluss, ich glaube jeder kapiert was ich meine.

    \'ts nächtle.

    M.Rost

  • Guten Morgen Forum,

    ich gehe davon aus, dass das InEk aufgrund seiner Kostenkalkulation weiß, warum es den Split bei den Schlaganfällen \"vom Markt genommen hat\".
    Allerdings handelt es sich ja bekanntlich um ein lernendes System.
    Deshalb finde ich es positiv, dass dieses System ein zunehmendd differenziertes Splitting nicht nur nach CC ermöglicht. Und so ist Ihnen, Herrn Rost rechtzugeben. Durchaus möglich, dass differenziertere Betrachtungen neue Splitmöglichkeiten in Zukunft ermöglichen.

    Schönes Rest-WE

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Hallo @ Hr. Rost,
    wir liegen in unserer Meinung gar nicht so weit auseinander, wie Sie denken. Auch mich hat befremdet, daß das InEK in 2005 durchaus ökonomisch anders zu betrachtende Schlaganfallgruppen ( in 2004 noch abgestuft in B70 A-C ) in eine Gruppe B70B zusammenfasst. Noch erstaunter war ich über die Schaffung der B83A-C; werden denn in Deutschland nun wie wild Schlaganfälle beatmet.
    Hier sehe ich die Gefahr : Das Entgeltsystem schafft neue Anreize, die unser Handeln bestimmen könnten. Früher rechnete sich mal die infizierte Braunüle oder der Decubitus; also einfach liegen lassen ? Heute rechnet sich die Beatmung; also doch einen \"Schnorchel\" reinstecken ? Das kann es wohl nicht gewesen sein !!! Bereits an einer anderen Stelle habe ich darauf hingewiesen, daß das System schnell lernen muß, sonst würde die cerebrale Amyloidangiopathie, da sie in einer Bindegewebs-DRG landet, demnächst von Orthopäden ( die es nach Auflösung ihres Verbandes nicht mehr gibt ), also von Unfallchirurgen behandelt; auch das kann nicht im Sinne der Kostenträger sein. Deshalb bin ich dankbar über dieses werte Forum, in dem wir alle ( KH und KK ) an einem Tische sitzen, um das InEK auf solche Unregelmäßigkeiten hinweisen zu können.
    Die richtige Entwicklung sehe ich zum Beispiel mit der Schaffung der Schlaganfall-OPS : Es ist ein Unterschied, ob ein internistisches Krankenhaus bei einem Wallenberg-Syndrom sich mit einem cCT, auf dem man nichts sieht, sich begnügt und den Patienten einfach zwei Wochen \"liegen\" läßt, oder ob eine Neurologie diesen mit MRT, MRA, TEE untersucht und lysiert und zweimal täglich mit zwei Physiotherapeuten frühmobilisiert. Hier hat das InEK den ökonomischen Unterschied erkannt und versucht nun den Kostenunterschied zu evaluieren. Ich bin mir sicher, daß wir in diesem Bereich in 2007 einen anderen Split bekommen werden.
    Das System lernt, hoffentlich schnell genug, damit wir ehrlich entlohnt werden, wenn wir es bis dahin überleben.

    Hessen, 18 Grad und Sonnenschein
    Eckardt