stat. Behandlung wg. großer Entfernung vom Wohnort

  • Hallo Forum,
    wir behandelten eine Pat. aus Norddeutschland hier im schönen Ruhrgebiet. Sie wählte unser Haus, weil wir so gut sind.
    Die Intervention hätte auch ambulant durchgeführt werden können, da der Wohnort aber ein bisschen zu weit entfermnt war, konnten wir die Behandlung nur stationär durchführen.
    Laut MDK wäre die Bahandlung auch ambulant in Norddeutschland durchführbar gewesen und somit sollen wir ambulant abrechnen.

    [f4]Wir (im Ruhrgebiet)konnten die Behandlung nicht ambulant durchführen![/f4]


    Hätten wir die Patientin abweisen sollen?:t_teufelboese:
    Gibt es schon Erfahrungen?

    Gruß ML
    :k_biggrin:

  • Hallo Herr Müller,
    wir im wirklich zauberhaften Allgäu argumentieren bei unseren Patienten aus Kempten, daß bei einer Anreise von 50 km die Operation nicht ambulant durchgeführt wird, da entsprechend der AEP-Kriterien die ärztliche Versorgung im Falle einer Komplikation nicht gegeben ist. Dies muß natürlich vor der Aufnahme fachärztlich festgelegt werden und wird entsprechend des Nord-Süd-Gefälles hier akzeptiert.
    MfG M. Finke

    [f2]Mit freundlichen Grüßen


    Dr. M. Finke
    Oberarzt der Chirurg. Abteilung :i_ritter:
    Rotkreuzklinik Lindenberg[/f2]

  • Hallo M.-L,
    Hallo Herr Finke,

    hier geht es ja nicht um die Argumentation gegenüber dem Leistungsempfänger, sondern um die Begründung gegenüber dem Kostenträger.

    Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass ein ambulant durchführbarer Eingriff nur deshalb in der ressuorcenaufwendigen Institution KH durchgeführt wird, weil der Anreiseweg so lang ist.

    Bei dem Eingriff handelte es sich ja sicherlich nicht um einen Notfall. Und so musste auch der bei Ihnen aufnehmende Arzt entscheiden, ob eine stationäre Aufnahme notwendig war. Dies ist die Theorie.

    In der Praxis befürworte ich einen - eingeschränkten - Wettbewerb der Anbieter. Dabei soll man das Augenmass fürs Ganze nicht verlieren. Da der Patient sich bei Ihnen sicherlich vorangemeldet hat, hätten Sie ihn auf die Alternative der heimatnahen Versorgung aufmerksam machen müssen. Dies mit der Konsequenz, dass der Patient Ihnen \"durch die Lappen geht\". Alternativ, wie geschehen, hätten Sie ihn einbestellen können unter Verweis auf die ambulante Versorgungsmöglichkeit am Heimatort, den Fall aber ambulant abrechnen müssen. Eine Berechnung des Differenzbetrags zu Lasten des Patienten ist gesetzlich ausgeschlossen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Hallo Herr Duck,

    warum ist die Berechnung des Differenzbetrages zu Lasten des Patienten/Versicherten gesetzlich ausgeschlossen ?

    Im § 39 Abs. 2 SGB V heißt es wörtlich: \"Wählen Versicherte ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus, können ihnen die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden.\"

    Eine Einweisung dürfte im geschilderten Fall vorliegen, da es sich ja um keinen Notfall gehandelt hat. Es ist ebenfalls kaum zu vermuten, dass der einweisende Arzt explizit das Krankenhaus im Ruhrgebiet genannt hat und die Differenz zwischen der Vergütung für eine ambulante OP und dem abgerechneten Entgelt für eine stationäre Behandlung wäre demnach dem Patienten/Versicherten anzulasten.

    Gruß

    Der Systemlernende

  • Hallo Systemlernender, hallo Forum,

    ich bin kein Jurist. Aber die Formulierung im § 39 scheint mir noch aus dem Vor-DRG-Zeitalter zu stammen. Auf Grund der unterschiedlichen Tagespflegesätze zwischen einer Universitätsklinik und einem KH der Grundversorgung konnte es hier ja zu erheblichen finanziellen Differenzen bei stationären Behandlungen kommen, die auch in der niedrigeren Versorgungsstufe möglich waren.
    Allerdings kann man die Rechtslage natürlich auch nicht so bewerten, wie Herr Duck.
    Ihre Aufforderung den Patienten einzubestellen, stationär zu behandeln und dann ambulant abzurechnen scheint mir im konkreten Fall juristisch auch nicht korrekt zu sein. Das Krankenhaus im Ruhrgebiet dafür zu bestrafen, dass es einen guten Ruf hat (sicher wenige Komplikationen, was im Interesse der Krankenkasse sein sollte) ist nicht korrekt.
    In so einem Fall würde ich den Patienten mit einem entsprechenden Schreiben mit Bitte um schriftliche Kostenzusage für 1 Belegungstag vorab zur Krankenkasse schicken. Ob dann der Krankenkassenmitarbeiter bei dem heutigen Wettbewerb dem Pat. in\'s Gesicht sagt bzw. schriftlich gibt, dass er nicht in das qualitativ gute KH im Ruhrgebiet gehen darf, darf zumindest bezweifelt werden. Warum sollen die KH sonst ihre Qualitätsberichte im Internet veröffentlichen, wenn dann der Pat. nicht das qualitative bessere KH wählen darf.

    MfG

    MC

  • Guten Morgen zusammen...

    Ja, bei uns würde der Krankenkassenmitarbeiter dem Versicherten sagen, dass er Anspruch auf eine medizinisch notwendige Behandlung hat. Die Leistung muss auch wirtschaftlich erbracht werden, so dass unsere Versicherten, von uns hierfür keine Vorab Kostenzusage bekommen.

    Letztendlich ist es dann die Entschiedung a)des Versicherten ob er zu dem Krankenhaus fährt und riskiertwieder auf eigene Kosten nach Hause fahren zu müssen und des b)aufnehmenden Arztes der prüft ob stationäre Behandlungsnotwendigkeit vorliegt und dann ggf. aufnimmt.

    Nimmt der Arzt dann stationär auf, dann hat er ja auch Gründe dies im Zweifelsfall beim MDK begründen zu können. Liegt keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit vor, dann muss er den Versicherten ggf. nach Hause schicken oder ambulant behandeln.

    Wir hatten daraufhin hier Fälle, in denen der Versicherte gern in einem bestimmten entfernt liegenden Krankenhaus behandelt werden wollte (ambulante OP) und sich für 2 oder 3 Tage nen Hotelzimmer genommen hat. Da wir im Rheinland nun nicht grade in einem Gebiet leben, wo es eine Unterversorgung im medizinischen Bericht gibt oder kein alternatives Krankenhaus in der näheren Umgebung, war es die Wahl des Versicherten ein Krankenhaus in Süddeutschland zu wählen.

    Die Kosten der notwendigen OP haben wir dann ganz normal getragen, der Versicherte die Kosten für Unterbringung und Verpflegung (quasi wie eine Wahlleistung).

    Ich denke das war dann eine Lösung, die für alle beteiligten Parteien eine sinnvolle Lösung war. Leider fehlt in den meisten Fällen, die Einsicht des Versicherten / Patienten, dass die GKV Kosten für medizinisch notwendige Leistungen trägt, aber halt nicht für Wunschleistungen...

    Lieben Gruß aus dem Bergischen Land

    Jennifer Busse

  • Vielen Dank für die Antworten!

    ....also wird die freie Arztwahl für GKV-Patienten im ambulanten Bereich eingeschränkt.
    ... vielleicht auch bald im stationären? Denn ist eine Appendektomie in Holstein nicht günstiger als in Hamburg?????????


    Kostenünernahmeanträge gestalten sich öfter wie folgt:


    1. KK Info wg. Kostenübernahme
    2. KK sendet Liste 20 Kliniken o.n. A.
    3. Information eingeholt (KK verweist auf uns)
    4. dito
    5. Auswahl Klinik X, 2 seitige Begründung
    6. Diskussion + Ablehnung
    7. KK lehnt ab, gibt an MDK weiter(unreichbar)
    8. Anruf bei KK (keine Reaktion)
    9. KK lehnt 3 Kliniken ab, MDK unerreichbar
    10 Klinik X bereit, KK&MDK lehnen ohne
    Alternative ab
    11. Telefonate/Faxe/Briefe
    12 KK und MDK nicht erreichbar (Urlaub)
    13. Sachbearbeiter wechselt
    14. Tel:Abteilungsleiter, 3. Sachbearbeiter
    15. Sachbearbeiter unerreichbar, MDK taucht auf (1/2
    tags)
    16. MDK stimmt Klinik X doch zu, dort kein Bett
    17. Abstimmung mit KK
    18. Kostenübernahme
    (Zeitraum = 4Wochen)


    ....also machen wir es wie die Briten und sind ehrlich.:t_teufelboese:

    Die Kassen sollten den Patienten aber auch aufklären(Kosten senken ist angesagt!)
    und für die Patienten die \"Sonderbehandlungen\" wünschen machen wir es doch wie namhafte Fast Food Ketten:
    [f4]\"Diese Woche unsere 99 er\'s :Hernie, MRT....\"[/f4]

    Mal sehen was noch so kommt:sterne:

    Gruß ML
    :k_biggrin:

  • Hallo allerseits,

    müller lüdenscheid

    Warum so polemisch? Sie untergraben mit Ihren Aussagen den gesamten Vertrag (inkl. Katalog) nach § 115 B SGB V.

    Auch an die anderen Diskussionsteilnehmer sei der Hinweis gestattet, dass hier nicht die Wahl eines Krankenhauses und somit das Wahlrecht des Versicherten eingeschränkt wird. Es geht hier schlicht um die Wahl der Behandlungsform. Und wenn die durchgeführte OP ambulant durchzuführen ist und keine AEP-Kriterien eine vollstationäre Aufnahme rechtfertigen, hat das mit der Klasse der Klinik genau so wenig zu tun wie mit dem Wettbewerb unter den Kassen.

    Wenn die OP ambulant durchführbar ist und AEP-Kriterien zur vollstationären Aufnahme nicht vorliegen, warum sollte für Ihr Haus etwas anderes gelten? :d_gutefrage:

    Vielleicht habe ich ja auch irgendetwas völlig falsch verstanden, aber nach der Schilderung des Falls finde ich diesen nicht geeignet, (mal wieder) die üblichen Grabenkämpfe deswegen auszutragen...

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Ein kurzer Blick auf die bereits juristisch geklärte Thematik hilft weiter.

    Das BSG hat am 13.5.2004 unter B 3 KR 18/03 R u.a. Folgendes ausgeführt:

    ... hat sie (Anm.: Die Krankenkasse) die Entscheidung der Krankenhausärzte, ... , als vertretbar hinzunehmen, wenn sie die Behandlungsalternativen - soweit nicht flächendeckend vorhanden - den Krankenhausärzten und dem Versicherten bzw dessen Betreuer nicht konkret und nachprüfbar aufgezeigt hat.

    Speziell der letzte Teilaspekt sollte kassenseitig auch berücksichtigt werden.

    Schöne Sommergrüße aus Berlin
    Ralf Hammerich

  • Hallo Herr Hammerich,

    gerade im hier beschriebenen Fall sehe ich da aber eine gewisse Kluft zwischen Theorie (Rechtsprechung) und Praxis. Ein grundsätzlich ambulant durchführbarer Eingriff wird stationär vielleicht ein, max. zwei Belegungstage beanspruchen.

    Wenn die Kostenübernahme der betroffenen Kasse nicht im Vorfeld eingeholt wird (im Eingangsbeispiel nicht erwähnt!), kann es doch durchaus dazu führen, dass die Kasse die Interventionsmöglichkeit erst erhält (in Form des Datensatzes), wenn der Patient schon wieder entlassen ist.

    Damit haben Sie mir aber die wunderschöne Vorlage gegeben, denn m.E. ist juristisch noch keinesfalls als gesichert anzusehen, dass das von Ihnen zitierte Urteil in allen Bereichen stationärer Krankenhausbehandlung Anwendung finden kann und soll. Für die, die das Urteil nicht kennen, sei an dieser Stelle erwähnt, dass es sich um ein Urteil zu psychiatrischer Behandlung handelt. Es ging (wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht) um einen monatelangen Fall, bei dem die Kasse also ausreichend Zeit hatte, Behandlungsalternativen vorzuschlagen und auch selbst in die Wege zu leiten.

    Also nicht unbedingt übertragbar auf die Vielzahl der heutigen DRG-Fälle!

    Zumal ich dabei bleibe, dass durch die vorliegende Rechtsgrundlage des Vertrages nach § 115b hier eine unnötige Vermischung mit den Regelungen nach §§ 39, 275, 276 erfolgt. Es gibt einheitliche Prüfkriterien (AEP-Kriterien), die in der Regel auch nachträglich objektiv überprüfbar sind.

    Und wenn der aufnehmende Arzt eng an dieser geltenden Rechtslage entscheidet, dürfte er wenig strittige Fälle produzieren... :d_zwinker:

    EDIT: Hier übrigens das vollständige Zitat, Herr Hammerich (Quelle: http://www.dkg.de)

    Hält eine Krankenkasse den weiteren Krankenhausaufenthalt eines psychiatrisch behandlungsbedürftigen Versicherten wegen ambulanter Behandlungsalternativen für nicht erforderlich, hat sie die Entscheidung der Krankenhausärzte, die stationäre Behandlung fortzusetzen, als vertretbar hinzunehmen, wenn sie die Behandlungsalternativen – soweit nicht flächendeckend vorhanden – den Krankenhausärzten und dem Versicherten bzw. dessen Betreuer nicht konkret und nachprüfbar aufgezeigt hat.


    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Zitat


    Original von Hammerich:

    Speziell der letzte Teilaspekt sollte kassenseitig auch berücksichtigt werden.

    Einspruch !

    1) Wusste die Kasse denn im Vorfeld von der geplanten Behandlung? Nach der bisherigen Schilderung wurde die Kasse vor vollendete Tatsachen gestellt und hat dann ganz regulär geprüft.

    2) Sofern die Kasse bescheid wusste, hätte Sie bestimmt auch Alternativen aufzeigen können, denn der MDK hat doch mit Sicherheit (hoffentlich) nicht einfach so gesagt, dass die Behandlung zu Hause hätte stattfinden können.

    MFG

    Mr. Freundlich