Cholecystektomie-3facher Erlös!

  • Wertes Forum
    Ein vor Jahren zum MDK BW gewechselter Kollege beschreibt folgendes-die formale Zustimmung des MDK ist belegt- Szenario:
    Elektive Cholecystektomie, der Operateur sieht eine kleine,bisher nicht bekannte Lebercyste,die er mit einem Schnitt fenstert.
    Kodiert wird K76.9:Lebercyste - mit OPS 5.500.0:Incision Leber zusätzlich zu der Cholecystolithiasis und der laparoskopischen Cholecystektomie.
    Die OPS 5.500.0 triggert die DRG H01B mit Kostengewicht 2,6 im Gegensatz zur \"Galle-DRG\" H08B mit Ko-gewicht 0,87.
    Da bei vielen Pat. Mikrocysten der Leber vorliegen , könnte man doch auf diese Weise ein bißchen die Ertragssituation verbessern.
    Wie denkt den das Forum darüber( bei uns in der Chirurgie wird kontrovers diskutiert)
    Gruß , codeman.

  • Hallo \"codeman\",

    ich habe grundsätzlich große Bedenken, wenn medizinische Maßnahmen durchgeführt oder unterlassen werden, nur um hierdurch einen Erlöseffekt zu erzielen. Ein solches Verhalten ist unärztlich und in keinster Weise zu befürworten. Würden Sie sich in solch einem Haus behandeln lassen ?

    Überlegen Sie sich einmal folgende Variante Ihrer Fallbeschreibung:

    Bei der medizinisch unsinnigen laparoskopischen Inzision der Leberzyste tritt eine Komplikation auf ( jeder \"normale\" Chirurg wird Ihnen selbstverständlich versichern, daß er dabei nie Komplikationen haben wird ...), die es erforderlich macht auf \"offen chirurgisch\" umzusteigen.

    Es Bedarf nicht sehr viel Fantasie, was passieren wird, wenn der Patient erfährt, was wirklich die Ursache für das Umsteigen begründet hat.

    Ferner nehme ich an, daß die Patienten bei der von Ihnen geschilderten Vorgehensweise nicht für solche Schnippeleien an der Leber aufgeklärt wurden. Hier reicht einfach ein unzufriedener Patient, der sich den OP-Bericht schicken läßt und auf die Idee kommt in solch einem Fall auf Körperverletzung zu klagen.

    Ich denke man sollte bei allem Bemühen um Erlösoptimierung, CMI etc. nicht vergessen, daß stets der Patient und das medizinisch Sinnvolle vor allen anderen Überlegungen erste Priorität haben sollte.

    Mit freundlichen Grüßen,

    M. Ziebart

  • Hallo codeman,

    etwas befremdlich finde ich es, dass es in Ihrem Haus unter ärztlichen Kollegen überhaupt eine kontroverse Diskussion gibt.
    Dem obengesagten ist wesentliches nicht mehr hinzuzufügen.
    Der Geäußerte Gedanke zeigt, welche abstruses (ich wollte perverses schreiben) Verständnis dieses im Grunde zu bejahende Vergütungssystem in einigen Köpfen hervorruft. Unabhängig von der Gefahr, in die Sie die Gesundheit des Patienten und den Ruf Ihres Hause bringen würde ein solches Vorgehen spätestens bei den Budgetverhandlungen offenbar und würden Skepsis hervorrufen.

    Ertragssituatiuon zu verbessern darf nie höher wiegen als Ihr eigentlicher Wertschöpfungsauftrag!

    Noch schönes WE!

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Hallo Codeman,

    Glückwunsch. Für Ihr Statement würden Sie im Fach Ökonomie - ohne an die mittel bis langfristigen Auswirkungen zu denken - eine Eins bekommen. Im Medizinstudium hingegen würden Sie mit einer fetten Sechs nach Hause kommen. Sie dürfen sich selbst aussuchen wohin Sie gehören (möchten). Wenn Sie sich irgendwo in der Mitte treffen, verstehen Sie auch die folgende – oft zitierte - Aussage von Herrn Selter:

    Zitat

    Das DRG-System vergütet nicht einen Einzelfall gerecht, sondern es vergütet einen Fall mit einer Pauschale (diese ist das Ergebnis des kalkulierten RGs, in dem schwere und leichte Fälle eingegangen sind x Basisfallpreis). Sie werden also immer wieder Fälle haben, wo Ihre Leistungen nicht entsprechend finanziell gewürdigt werden. Das funktioniert aber auch in die andere Richtung, will heißen, dass Sie auch Fälle günstiger als der Betrag der Pauschale behandeln.
    Ihr Glück besteht darin, am Ende des Jahres einen Fallmix behandelt zu haben, der im Mittel dem Durchschnittsfall entspricht.

    Auch D.Duck hat am Ende seines Posts eine sehr treffende Aussage getan:

    Zitat

    Ertragssituatiuon zu verbessern darf nie höher wiegen als Ihr eigentlicher Wertschöpfungsauftrag!

    Herr Codemann, Ihr Post hat auf jeden Fall zu einer Diskussion geführt und ebenso gezeigt, dass Sie sich Gedanken gemacht haben. Und jeder der mal etwas intensiver über die momentane Situation im Gesundheitswesen nachdenkt verdient einer Würdigung…

    MfG

  • Hallo zusammen,
    problematisch wird es dann, wenn solche Sachverhalte wie der hier zitierte, zum Anlass genommen werden, um über medizinisch notwendige Leistungen zu diskutieren.
    Ich gehe davon aus, dass der von Codeman geschilderte Fall mit den Statements abgehandelt wurde.
    Aber es gibt m.E. eine Vielzahl anderer Fallkonstellatonen bei denen von einigen Kliniken ein unterschiedlich hoher diagnostischer oder therapeutischer Aufwand getrieben wird. Jeweils mit Bezug auf Leitlinien, EBM usw.
    Was ist, wenn als Endpunkt der hier geführten Diskussion der MDK im Auftrag der KK prüft, was \"ausreichend, wirtschaftlich und zweckmässig\" ist?
    Dann sind solche Szenarien wie es z.T. in der ambulanten Medizin (Budgetüberschreitung bei den Vertragsärzten)vorkommt auch im KH möglich.
    Deshalb sollte der Gewinnmaximierung im Sinne der von Codeman zitierten Weise eine klare Absage erteilt werden, die Folgen für alle wären sonst fürchterlich.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Wertes Forum, begrüßenswert, daß kein Kommentar sich positiv zu diesem fragwürdigem Verfahren äußert.
    Ich möchte betonen, daß ich derartiges Handeln, wie im Szenario beschrieben, zutiefst verabscheue.
    Herr Rembs, als \"alter Chirurg\" teile ich Ihre Werte, doch wenn sich diese in der gesamten Gesellschaft (esp.Wirtschaft u. Politik) kaum noch finden lassen-Gier ist geil-, warum dann im Medizincontrolling?
    Wie Herr Horndasch treffend schildert, gibt es doch leider eine Vielzahl von suspekten-unethischen- Fallkonstellationen.
    Die Diskussion über solche Auswüchse darf auf keinen Fall heuchlerisch geführt werden.
    Nicht vergessen darf man, daß viele \"Tricks\" nicht selten aus dem Medizincontrolling in Absprache mit Chefärzten kommen (entrüstet euch, aber dennoch war).
    Eine schöne Woche
    codeman

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,

    Zitat


    Original von codeman:
    Nicht vergessen darf man, daß viele \"Tricks\" nicht selten aus dem Medizincontrolling in Absprache mit Chefärzten kommen (entrüstet euch, aber dennoch war).


    Einzelfälle?
    (Medizin)Controlling und Management beruhen auf fundamentalen ethischen Prinzipien und beinhalten gesellschaftliche Verantwortung. Es ist ein Mythos zu glauben, Erfolg begründet sich in kurzfristiger Gewinnmaximierung durch „windige“ Praktiken


    Controlling /Rechnungswesen:
    benötigen wir den

    (DRG) „Forensic Accountant“ ?

    („one of the ten hottest jobs for the next decadeâ€, Smart Money Magazine 2002)


    Gruß

    E Rembs