Weite Anreise kein Argument für Aufnahme am praeop. Tag ?

  • Zitat


    Original von Mr. Freundlich:
    Und nun ???


    Gute Frage Mr. Freundlich,
    auch Ihr Beispiel finde ich nicht unpassend, da sich hier die Fragestellung zuspitzt.
    Ich denke, das Problem werden in Zukunft die Kassen haben, die sich ihren Beitragszahlern gegenüber outen müssen, warum sie Konkurrenz unter den Leistungsanbietern wollen aber die Konsequenzen daraus nicht mittragen wollen.
    Was machen Sie denn bei Integrierten Versorgungsverträgen, wenn die eingebundene Klinik deutlich weiter entfernt ist als das nächstgelegene Krankenhaus, das die Leistung auch erbringen könnte???
    Natürlich gibt es zur Zeit nur i.V.Verträge für Leistungen, wo die Patienten ohnehin am Vortag aufgenommen werden müssen. Aber prinzipiell besteht das Problem doch auch hier.

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Zitat


    Original von bobrowski:

    Liebe Krankenkassenvertreter und Erlösminimierer,

    also nun outen Sie sich doch bitte mal und beschreiben doch mal hier, welchen Ermessensspielraum eine Kasse bei sozialen Fragestellungen hat. Dass sie ihn hat, haben mir kluge MDK-ler glaubhaft versichert. Sie müssen ja eine ziemliche Angst vor Präzedenzfällen haben,wenn Sie zu diesem Thema absolut stumm bleiben.

    Sie sprechen ein schwieriges Thema an, welches mit Sicherheit zu langen und sehr ausführlichen Diskussionen Anlass gibt.
    Ich gebe Ihnen recht, dass es einen gewissen Ermessensspielraum gibt. Er ist sogar gesetzlich verankert:

    [center]SGB I - Allgemeiner Teil -
    Dritter Abschnitt
    Gemeinsame Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuches
    Erster Titel
    Allgemeine Grundsätze
    § 33
    Ausgestaltung von Rechten und Pflichten

    Ist der Inhalt von Rechten oder Pflichten nach Art oder Umfang nicht im einzelnen bestimmt, sind bei ihrer Ausgestaltung die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten oder Verpflichteten, sein Bedarf und seine Leistungsfähigkeit sowie die örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen, soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Dabei soll den Wünschen des Berechtigten oder Verpflichteten entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.[/center]

    Nur genau hier liegt das Problem. Was heisst angemessen und was heisst, es steht dem nichts entgegen???
    Heisst denn, Wirtschaftlichkeitsgebot wird nicht beachtet, also ist der Wunsch nach einer Versorgung in Klinik XY ist nicht angemessen ??? :d_gutefrage:

    Aus den ersten Blick mag das so aussehen, aber muss ich denn dann einen Patienten von Klinik A dazu bringen in Klinik B der gleichen Stadt zu gehen, da die Baserate niedriger ist?

    Deutliche Antwort: ???

    @ Thomas_Heller

    Zitat


    Original von Thomas_Heller:

    Was machen Sie denn bei Integrierten Versorgungsverträgen, wenn die eingebundene Klinik deutlich weiter entfernt ist als das nächstgelegene Krankenhaus, das die Leistung auch erbringen könnte???

    Kostenmäßig sollte kein Problem auftauchen, da die Vertäge so gestrickt sind, dass die Fahrkosten mit der IV-Pauschale abgegolten sind (-> meistens Fahrdienst durch die Klinik). Es sollten also keine Probleme auftreten!

    MFG

    Mr. Freundlich

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag,


    Siehe hierzu:


    Kassirer, J P
    New Engl J Med 335 883 1996
    Quality and the medical marketplace


    “In a competitive system, consumers can then vote with their feet….â€

    und für Deutschland

    Zitat


    auch wenn ich Ihre Argumentation durchaus verstehen kann und insbesondere als Patient würde ich ebenfalls genau überlegen in welches Krhs ich gehe, aber bitte haben Sie auch Verständnis dafür, dass es im Gesetz nun mal
    folgendermaßen heisst:

    SGB V - Gesetzliche Krankenversicherung –
    …
    § 12
    Wirtschaftlichkeitsgebot

    (1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.



    https://www.g-qb.de/downloads/PM_spik_20050801.pdf
    bzw.
    http://www.vdak.de/pe/spik/presseallg295.htm


    Qualitätsbericht: Presseerklärung der Kostenträger:
    “zielgerichtete Auswahl von Kliniken in ganz Deutschland möglichâ€
    „die Patientensouveränität wird damit deutlich gestärkt..“



    Frage:

    Qualitätsbericht: nicht beabsichtigte (erlaubte ? ) Konsequenzen für Patienten????



    Gruß

    E Rembs

  • Zitat


    Original von Rembs:

    Frage:

    Qualitätsbericht: nicht beabsichtigte (erlaubte ? ) Konsequenzen für Patienten????


    Hallo Herr Rembs,

    nur zum Verständnis: Ich habe nichts gegen eine Klinikauswahl durch einen Patienten, weil er sich in einem bestimmten Krhs aus was für Gründen auch immer besser aufgehoben fühlt. Aber wenn dann dadurch eine andere Versorgungsform notwendig wird (z.B. stationäre Behandlung, weil die Anreise so weit ist und somit ambulante Behandlung nicht möglich ist), dann sollte man das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht einfach so vom Tisch wischen. Genauo habe ich das Wirtschaftlichkeitsgebot auch bei den Fahrkosten zu beachten, heisst Fahrkosten nur bis zur nächsten Behandlungsmöglichkeit und nicht quer durch die Republik.

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Zitat


    Original von StZacher:

    aber eines würde mich schon noch mal interessieren: Ihre Interpretation des G-AEP-Punktes B2. Leider sind Sie in Ihrer Antwort nicht darauf eingegangen.

    St. Zacher

    Das möchte ich natürlich nachholen. :rotwerd:

    Dieses Kriterium ist Ergebnis solcher Diskussionen, die wir hier führen. In vielen Fällen kann das sehr gut und richtig sein. Aber es ist meiner Meinung nach nicht geeignet, ausnahmslos zur Anwendung zu kommen.

    Wenn Sie es auf die Spitze treiben, gibt es irgendwann keine ambulanten Operationen mehr, da Sie den Patienten aufgrund AEP-Kriterium B 2 ruhigen Gewissens stationär aufnehmen können, wenn am nächsten Tag eine OP, Intervention oder diagnostische Maßnahme geplant ist. Der Zusatz \"...die besonderen Mittel eines Krankenhauses erfordert...\" ist zwar nett gemeint, hatte aber auch bei den alten Verweildauerprüfungen weder vor den Krankenhäusern noch vor Sozialgerichten Bestand.


    Zitat


    Original von Thomas_Heller:

    Ich persönlich halte die ganzen Kurzliegerabschläge für ein kontraproduktives Unterfangen. Vor Beginn der DRG-Ära hielt man das Risiko der blutigen Entlassung für ein Problem der DRG, heute sieht die Realität doch so aus, dass MDK-Kollegen und Kassen die blutige Entlassung geradezu fordern um Kurzliegerabschläge zu realisieren. Selbst liegende Drainagen sollen kein Hinderungsgrund für eine Entlassung mehr sein.
    Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich bin ein Freund frühzeitiger Entlassungen und kurzzeitiger Krankenhausaufenthalte. Aber wenn ich aufwendige mikroinvasive Operationen nicht mehr durchführen kann, weil sie wegen der kurzen postoperativen Verweildauer nicht mehr kostendeckend erbracht werden können, ist das System kontraproduktiv.
    Nehmen Sie zum Beispiel die DRG N07Z. Der Kurzliegerabschlag beträgt die Hälfte des DRG-Erlöses von Normalliegern. Die Kosten entstehen aber durch die hochspezialisierte aufwendige Operation, die meistens auch noch zeitaufwendiger ist als die konventionelle Methode.
    Das Krankenhaus, das in Zukunft eine hochspezialisierte Leistung wie eine mikroinvasive Operationstechnik anbietet und Patienten aus einem weiteren Umkreis anzieht wird für sein Engagement bestraft, da die Erlöse die Aufwendungen nicht mehr decken.
    Was wollen wir eigentlich??? Geld folgt der Leistung? oder billigere Medizin?


    Das ist und war in dem ganzen Thread eigentlich nie das Thema, Herr Heller.

    Ging es hier um die poststationäre Versorgung? Um den Zeitpunkt der Entlassung? Nein, es ging um den Zeitpunkt der Aufnahme. Es ging ausnahmslos um Fälle, bei denen die Entlassung am ersten postoperativen Tag möglich war (von niemandem angezweifelt) und bei denen die Unterschreitung der UGVD lediglich durch die Aufnahme am Tag vor der OP bedingt war.

    Ich finde die Diskussion schwierig genug - auch dank Ihres durchaus berechtigten Einwandes hinsichtlich des Qualitätsberichtes - also machen Sie doch nicht noch mehr Fässer auf, aus denen die Kassen sich hier gar nicht bedienen wollen... :d_zwinker:

    Mit Ihrem Beitrag zu diesem Thema haben Sie doch das Kind beim wahren Namen genannt. Der Erlös bei optimaler Ablauforganisation ist zu gering durch den Kurzliegerabschlag. DAS ist doch mal eine Aussage. Nur ist es der falsche Weg, den höheren Erlös durch nicht sach- und patientengerechte Verweildauern zu erzielen...

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Zitat

    Mit Ihrem Beitrag zu diesem Thema haben Sie doch das Kind beim wahren Namen genannt. Der Erlös bei optimaler Ablauforganisation ist zu gering durch den Kurzliegerabschlag. DAS ist doch mal eine Aussage. Nur ist es der falsche Weg, den höheren Erlös durch nicht sach- und patientengerechte Verweildauern zu erzielen...

    Wobei natürlich festzuhalten ist, dass es \"die\" determinierte, logisch ableitbare sachgerechte und patientengerechte Verweildauer nicht per se gibt. Es spielen immer - mehr oder weniger - Ermessensaspekte mit hinein.

    [f1]Nicht ganz ohne Grund heissen die MDK-Stellungnahmen \"Gutachten\". Nicht ganz ohne Grund ärgere ich mich, wenn ich manche Stellungnahme von Krankenkassen lese, in der steht: \"Die Kodierung ist nicht sachgerecht... Die abgerechnete DRG ist nicht korrekt .... war medizinisch nicht begründet\". Also bitteschön, wenn man nicht in indirekter Rede formulieren möchte, dann könnte man ja schreiben \"nach unserer Auffassung\" - was gelegentlich auch geschieht.[/f1]

    Es sage keiner, dass Ermessensaspekte und -entscheidungen zu vage oder schwammig seien. Auf der Basis von sehr genau kodifizierten Regeln für das Zusammenleben werden in der Juristerei tagtäglich nachvollziehbare Ermessensentscheidungen getroffen, die m.E. nur selten von einem SchiedsRICHTER entschieden werden müssen.

    Nicht nur die genannten Ermessenaspekte sind wichtig, dann gibt es noch so etwas wie die allgemeine Übereinkunft.

    [f1]War ein Krankenhaus vor 40 bis 50 Jahren noch ein Ort der Ruhe und Erholung mit \"Besuchzeiten\" und \"Mittagsruhe\", so wird es heute eher als Dienstleistungsunternehmen gesehen, das eine Dienstleistung effizient zu erbringen hat. Die Rekonvaleszenz ist dann nicht selten an andere Stellen ausgegliedert.[/f1]

    Und nochmal an die Kassenvertreter: Es ist natürlich auch nicht zielführend, die Kostenstruktur des Systems durch eine große Anzahl von MDK-Anfragen ändern zu wollen, deren Auswahl sich nach ausgefeilten statistischen Kriterien daran bemisst, die Kosten flächendeckend und systematisch zu senken. Ich weiss, dass die Unterscheidung zum Geschäft der vielen Einzelfallanfragen durchaus schwierig ist, aber in disem Bereich ist m.E. doch ganz offensichtlich Quantität in Qualität umgeschlagen, d.h. es ist eine neue Qualität entstanden: Steuerungsdiskussion auf Sachbearbeiterebene. Das kann auf Dauer nicht richtig sein !

    Grüße von der Ostsee (dichte Wolkendecke, gefühlt 20°C)

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.

  • @ ToDo und andere Kassenfürsten,

    nachdem sich meine emotionale Erregung gelegt hat, möchte ich nun spät aber immerhin doch noch mal versuchen, mein Aufbrausen mit sachlichen Argumenten zu unterfüttern. In der oben geführten Diskussion wird immer mit den AEP-Kriterien argumentiert. Ist aber schon mal jemand aufgefallen, dass diese eigentlich kaum auf Kinder anwendbar sind? Allein schon die unter A aufgeführten Abweichungen von Vitalparametern entsprechen schon nicht den Normalwerten von Kindern, so dass wir Pädiater ständig diese Kriterien erfüllen könnten, um eine stationäre Behandlung zu begründen. Auch behandeln wir täglich Kinder mit Fieber weit höher als die genannten 38 °C ambulant, weil dies eben im Kindesalter meist kein so bedrohliches Symptom darstellt. Andererseits könnte man im eingangs geschilderten Fall im Rahmen des Ermessensspielraums der Kostenträger ja vielleicht die Kriterien F1 und F3 so uminterpretieren, dass ein Kind aufgrund mangelnder Einsichts- und Kommunikationsfähigkeit etwas schonender auf eine Operation in neuer ungewohnter Umgebung mit lauter fremden Menschen vorbereitet werden sollte (ich weiß, die Kriterien beziehen sich eigentlich auf die postoperative Nachsorge). Wenn man dann noch die Untersuchungen zu Häufigkeit von Narkosezwischenfällen in Abhängigkeit vom präoperativen Angstniveau kennt, wird für mich schlicht und einfach eine medizinische Indikation draus.

    Emotional hochgekocht ist es mir deswegen, weil an dieser Stelle einmal mehr transparent wird, dass eine Minderheit, die sich nicht laut genug zu Wort melden kann und auch sonst keine Lobby hat im ganzen DRG-System immer wieder nicht adäquat abgebildet ist!

    Um Verständnis bittend

    grüßt H. Staender :baby:
    Oberarzt Pädiatrie

  • Hallo Herr Staender,

    Zitat


    Original v. Staender
    In der oben geführten Diskussion wird immer mit den AEP-Kriterien argumentiert. Ist aber schon mal jemand aufgefallen, dass diese eigentlich kaum auf Kinder anwendbar sind?

    Als interessierter Leser dieser Diskussion, möchte ich mich an dieser Stelle kurz einschalten und Ihnen Ihre oben zitierte Frage mit einem Zitat aus der Präambel des G-AEP Kataloges beantworten:

    Zitat


    Präambel zu dem Katalog der G-AEP-Kriterien

    [...]Darüber hinaus sind die Kriterien für nachfolgend genannte Fachbereiche nicht geeignet: Psychiatrie, Psychosomatik, psychotherapeutische Medizin, Pädiatrie. [...]

    Mit freundlichen Grüßen,

    M. Ziebart

  • Sic!:i_respekt: - Vielen Dank für diesen Hinweis, ich habe natürlich irgendwann die nackte Kriterienliste runtergeladen, eine Präambel befindet sich darin nicht und auch in den Erläuterungen kein Wort.

    In der Pädiatrie gibt es vermutlich auch gar nicht so viele Probleme mit der Anerkennung von Notwendigkeit stationärer Behandlung, da wir immer schon mit den Eltern um jeden Tag verhandeln müssen und die verhandeln meist viel unnachgiebiger als jeder Kassenvertreter... :d_zwinker: Die Probleme sehe ich vor allem immer dort, wo Kinder in Erwachsenen-Abteilungen behandelt werden und dann im Erwachsenen-System eben nicht adäquat berücksichtigt werden. Abgesehen davon natürlich, dass der insgesamt höherer Aufwand bei der Behandlung von Kindern sich im ICD und in den DRGs kaum widerspiegelt.

    Dankbar

    grüßt H. Staender :baby:
    Oberarzt Pädiatrie

  • Hallo,

    die Erstellung pädiatrischer AEPs für Deutschland ist bisher erfolglos versucht worden. Einen Entwurf habe ich hier in einer Schublade links von meinem Schreibtisch. Warum dies bisher gescheitert ist, kann wohl nur ein an den Verhandlungen Beteiligter darlegen, ich weiß es nicht.

    Bezüglich der \"Fehllieger\" (Kinder in Erwachsenenabteilungen) gab es ja mal den Vorschlag, die Vergütungshöhe an den Abteilungstyp zu koppeln, soll heißen, Multiplikation des Erlöses mit einem Faktor. Dieser ist für Abteilungen, die eine Versorgung mit Fachpersonal (Kinderschwestern, Pädiater oder Kinderchirurgen) gewährleisten, >1,0 und für andere Abteilungen <1,0.

    MfG,
    M. Achenbach

  • Hallo Forum,

    Das Thema Anreise dürfte in Zukunft auch im Zusammenhang mit den Mindestmengen (siehe hier) interessant werden.

    Bei weniger Anbietern aufgrund von Mindestmengenregelungen sind u.U. längere Wege in Kauf zu nehmen.

    Und auch, um noch mal zum Ausgangsbeispiel zurückzukommen:

    Patienten also ins Hotel? :teufel: Auf eigene Kosten? :t_teufelboese:

    Gruß

    Merguet