Keine DRGs mit der Union?

  • Guten Tag Zusammen,

    die Überschrift des Threads passt nicht ganz zu meiner Fragestellung, jedoch ergab die Suchfunktion für mich nichts Besseres. Zudem wollte ich keine neuen Thread beginnen.

    Heute – wie so oft - durfte ich wieder in der täglichen Zusammenstellung von medinfoweb.de und mydrg.de. folgendes im Kontext der häufig beschimpften Budgetdeckelung lesen:

    Zitat

    Wenn ich in diesem Kontext einen Auszug aus „Case Mix in der Praxis“ das Kapitel 6.2 S. 9 zitiere, frage ich mich wer Recht hat und wo ich auf der Leitung stehe. Dort heißt es,

    Zitat

    „Eine krankenhausindividuelle Deckelung gibt es nicht mehr.“

    Begründet wird dies durch den

    Zitat

    „Wegfall des in §6 Abs. 1 Satz 3 BPflV festgesetzten Grundsatz der Beitragsstabilität bezogen auf das einzelne Krankenhausbudget“.

    Wohl weiß ich, dass es lediglich zu einer Verschiebung dieser \"Deckelung\", hin zur Landesebene kam. Aber was denn nun; Besteht die Deckelung ja oder nein? Rein Abstract betrachtet sollte doch alles Möglich sein und das Argument der Deckelung kh-individuell nicht mehr haltbar sein.
    Arbeite ich evtl. mit veraltetem Material? :d_gutefrage:

    Noch was, ich möchte mit meiner vielleicht etwas provokanten Fragestellung nicht den Zorn der Götter auf mich ziehen, nur Anregungen sammeln und den Druck von meiner Leitung nehmen. :sterne:

    Hat jemand eine Taschenlampe abzugeben, mit der ich etwas Licht ins Dunkel bringen kann... :augenroll:

    MfG

  • Hallo Dirk, liebes Forum !

    Versuchen wir doch einmal furchtbar nüchtern an das Ganze heranzugehen: (und das liegt mir sehr auf der Seele und daher schütte ich mich jetzt aus......)

    1. Die DRGs sollten bereits -nach der letzen \"Frontmeldung\" 2 Tage vor der vorletzten Bundestagswahl- von Herrn Seehofer (Beginn 2.Legislatur der SPD) erst abgeschafft, dann doch nicht abgeschafft werden, er hat seine diesbezügliche Aussage sogar damals kurz nach der Wahl widerrufen.So halte ich das jetzt in erster Linie alles für PR-Kampagnen und oppositionelles -\"gut gebrüllt, Löwe!\"- Reviermarkierungsgehabe.Ich kann mich gut erinnern, damals mein Kreuz durch diese Aussage fast umgesetzt zu haben.......

    Eventuell wird er demnächst behaupten, mit dem GSG 1993 nichts zu tun gehabt zu haben.

    2. Die DRGs habe uns in Deutschland seit 2000/2001 bereits unzählige Milliarden gekostet, eine \"Systemstornierung\" mit der Einsicht und dem Geständnis, dieses Geld \"vernichtet\" zu haben, wird sich politisch keiner auf die Fahne schreiben wollen. Ebenso hat kein anderes der ca. 30 (?) DRG-Länder(Korrektur erbeten, wenn nicht aktuell) diesen Pfad komplett wieder verlassen, oder? Es \"tut ja auch nicht Not\", da gute Gründe existieren, das System fortzuführen. Warum also gerade wir, wo es gerade so schön -als derzeit best entwickeltes System- in die Schweiz verkauft wurde?

    3. Die DRGs sind nicht \"von Grund auf schlecht\" und haben international und in Deutschland vieles bewirkt, leider (und wen wunderts?) aber keine Kostensenkung. Das haben sie nirgends bislang langhaltig geschafft, also freut mich die Erkenntnis der Politik, das auch \"G-DRG\" nur \"sterblich\" ist.
    Diese Einsicht hätte man allerdings auch früher haben können. (Prof.D.Hindle,Australien, 2003 zum Thema Kostensenkung durch DRGs:\"DRG is a wonderful tool, but it doesnt work.\")

    Das wusste auch, oh Überraschung, Herr Lauterbach schon, als er seinen recht schönen Artikel als DRG-Systemvergleiche international 2003 publiziert hat.

    So, was bleibt übrig?

    1. Wir haben keine 100 % Lösung ( wer von uns hat geglaubt, das es die geben wird ? Man kann 17 Mio stationäre Behandlungsfälle jährlich nicht in 950 Fallpauschalen ablegen, und glauben , damit seine alle homogen einsortiert.Wer die Medizin (u.a. als Behandler) kennt, weiss um die Individualität jedes einzelnen Falles.......

    2. Die Konvergenz überdehnt das Zeitraumkontinuum (siehe Kappungsgrenze), die Baserate als proklamierte ,\"einfachste Fernbedienung der Kostensenkung\" hat kein Batteriefach.....

    3. Wir haben keine Kostenersparnis (DRGs haben bislang nirgends nachhaltig Kosten gesenkt), ich halte die fortlaufenden Kostensteigerung im Gesundheitssektor für systemimmanent und nicht umkehrbar. Ausnahme hier nicht durch DRG, sondern durch Ausklammerung von Leistungen aus dem allgemeinen Krankenversicherungsumfang.

    -->Mögliche Gründe:
    Die Kostenexplosion im Gesundheitswesen als Grund für die Einführung war eine \"Falschinformation\".
    Medizinische Weiterentwicklung und demographische Bevölk.entwicklung arbeiten u.a. dagegen an.
    DRGs basieren auf einem Produkt zur Qualitätsmessung/Leistungsbemessung (wie wir alle wissen), wer hat je etwas von Sparinstrument in der \"DRG-Bedienungsanleitung\" gelesen ????

    Die passagere Kostendämpfung, bzw. Milliardeneinsparungen der GKVen im Jahr 2004 waren übrigens nicht drgbedingt( wie politisch z.t. intoniert), sondern resultierten v.a. aus den radikalen Kürzungen im Medikamentensektor, oder nicht ?

    So hilft es , sich auf das zu focussieren, was machbar erscheint, bzw. sich hat umsetzen lassen.

    DRGs haben Verweildauern gesenkt.
    DRGs haben Geldströme umgeleitet (Geld folgt nun eher Leistung?)
    DRGs haben diverse Qs-Anstrengungen/Module mit sich geführt.
    DRGs haben die \"Notwendigkeit der stationären Behandlung\" neu definiert.
    DRGs haben Krankenhäuser transparenter und vergleichbarer gemacht.
    DRGs haben die Budgetplanungen leistungsbezogener formatiert (m.E.)
    DRGs helfen, Behandlungsqualität zu messen, Leistungsprozesse zu optimieren, Leistungskomplexe zu definieren.

    Also, und damit schliesse ich,

    glaube ich an eine Überarbeitung des Systems im sich nun aggregierenden Wissen um dessen Potentiale und Nichtpotentiale.

    glaube ich an sich stark verändernde Rahmenbedingungen, die sich um das System herum ranken (siehe Bürgerversicherung,etc), die sich als nächste Hoffnungsträger der Kostensenkung profilieren sollen....

    glaube ich an eine notwendige Bereinigung der Krankenhauslandschaft bei noch hohem Bettenüberhang, noch reichlich vorhandenem Fehlbelegungspotential, noch umfassend erforderlichen Diagnose-/Therapiestandardisierungen im Sinne der EBM, zumal ich jeden Tag (wirklich jeden Tag) mit Fehldiagnosen, eklatanten Falschbehandlungen nach Medizinstand von 1985, haaresträubenden Fehlbelegungen in Korrespondenzen und Telefonaten konfrontiert werde.

    glaube ich, das ich Ihnen damit nichts Neues erzähle.

    glaube ich somit an den Fortbestand der DRGs (s.o.)

    glaube ich, das wir das alles hätten einfacher haben können......

    Amen

    Ich hoffe, das ich mit diesem Thread niemandem zu Nahe getreten bin,das lag sicher nicht in meiner Absicht.

    Es geht mir nun ein bisschen besser....