Kontusion oder Fraktur als HD

  • Hallo,
    foldendes Sachverhalt:
    70-jähriger Pat. stürzt und kam zur stat. Aufnahme.
    LWS Kontusion mit fraglicher LWK Fraktur bei degenerativen Vorschäden.
    Also alte LWS Fraktur konnte nicht sicher ausgeschlossen werden.
    Pat. wurde mittels bedarsgerechter Analgesie therapiert, Physiotherapie, Krankengymnastik im Bett bis zu Laufübungen erfolgten.
    Nach 6 Tagen wird Pat. entlassen.
    Hauptdiagnose S30.0 Prellung/Kontusion oder
    s32.02 Fraktur LWS (wie beschrieben bei degenrativen Vorschäden.
    Frische knöcherne Verletzungen wurden ausgeschlossen. (Bei massiven degen. Vorschäden ist eine LWS 2 Fraktur nicht sicher auszuschließen)
    Danke an alle, die einen Vorschlag haben u. antworten.
    Viele Grüße aus Hamburg
    maus

  • Hallo Forum,
    eines meiner Lieblingsthemen beim Fortbilden der Chirurgen (leider nutzt es nichts und eine Woche später sind wir wieder bei S30!).´.

    S30.x = OBERFLÄCHLICHE Verletzung von... ergibt als HD dementsprechend eine J.. Verletzungen von Haut und Unterhaut = stationäre Behandlung eines \"Hämatoms\".
    Dies ist Unsinn - gerade bei diesen Pat. Es muß auch nicht die LWS sein, bei älteren Pat. gibt es da auch das gleiche Problem an der Hüfte (sehr häufig! schwierige Mobilisierung, viel Schmerzen, 8 Tage stationär!) oder Schulter usw.
    Was nun?
    Es gibt noch S33 VERSTAUCHUNG und ZERRUNG! Jeder Fußballer bekommt das noch auf dem Feld diagnostiziert, und wir machen S30?

    Mit S33.x als HD kommt man in eine aufwandsgerechte DRG.

    Und: Diese Diagnose bildet auch die Problematik meiner Ansicht nach korrekt ab - denn es ist keine oberflächliche Verletzung, wenn man wg. Rückenschmerzen oder Hüftschmerzen nicht vernünftig zu mobilisieren ist.

    Viele Grüße
    P.Dietz

    • Offizieller Beitrag

    Guten Tag Herr Dietz,

    so einfach kann man das nicht darstellen. Es klingt so, als könne/solle man die Prellungen generell als Zerrungen kodieren, weil hier eine (nach eigener Interpretation) gerechte Vergütung resultiert.

    Eine Zerrung/Verstauchung (Distorsion) ist nicht mit Prellung (Kontusion) gleichzusetzen. Bei der Prellung haben Sie ein Anpralltrauma (direkte Gewalteinwirkung), bei der Zerrung ein Verdreh-/Umknicktrauma mit Verletzung des Kapselbandapparates (indirekte Gewalteinwirkung). Der Unfallmechanismus und die Verletzungsart weist dann auf die Unterscheidung Zerrung/Prellung hin.

    Wenn der Patient hier also eine Prellung hatte (Mit Rücken gegen xx gefallen, oder direkt auf den Hosenboden) und keine Verdrehtrauma mit Affektion des Bandapparates, ist nicht \"Zerrung\" zu kodieren.
    Die Bezeichnung der DRGs spielt überhaupt keine Rolle, ebenso wenig der Text eines ICD-Kodes, weil mit diesen Titeln nicht alles beschrieben wird, was sich dahinter versteckt.

    Es spielt keine Rolle, ob man eine andere DRG als aufwandsgerechter ansieht, es zählt, was der Patient liefert.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Herr Selter und die anderen,
    wie Sie sagen: Wichtig ist, was der Pat. liefert und die Texte bilden nicht alles ab, was dahintersteckt.

    Liefert mir der Pat. eine Woche Hüftschmerzen nach einem Sturz und kann kaum mobilisiert werden - da steckt mehr dahinter als eine reine Prellung. Es gibt doch Fälle, da ist klinisch nicht viel ausser Schmerz - im Kernspin aber Knorpelschäden o.ä. (dies wäre natürlich wieder eine andere Diagnose).
    Und die Knie-AS zeigt doch auch: Pat. ist nur draufgefallen und das Kreuzband ist ab - die Darstellung der Unfallmechnismen ist auch nicht immer eindeutig.
    Und eine Stauchung - zusammenstauchen - ist bei Zerrung auch im Text.

    Ich akzeptiere eine Kontusion für die einfachen Dinge, finde aber die andere Ziffer für aufwändige Aufenthalte mit Problemen passender. Und unsere Unfallchirurgen widersprechen dieser Interpretation bei diesen Pat. in der Regel nicht.

    Viele Grüße
    P.Dietz

  • Hallo alle miteinander,

    warum wird eigentlich so diskutiert, dass eine Prellung herauskommt, aber eine Fraktur bis zur Entlassung nicht völlig ausgeschlossen werden kann (alt/frisch/eher alt??). Es wäre ein Kunstfehler, wenn ich mich in der Behandlung nicht nach der möglichen Fraktur richtete, jedenfalls solange nicht, bis ihre Behandlungsbedürftigkeit sicher ausgeschlossen ist. Auch eine anbehandelte später als falsch diagnostizierte Diagnose ist als HD zu codieren (s. Beispiel Meningitis ausgeschlossen aber antibiotisch behandelt). Aus den Angaben … bis zu Laufübungen entnehme ich, dass auch bei 6 Tagen Aufenthalt eine Bettruhephase voranging. Warum also dann nicht die Fraktur als HD. Ihre Formulierungen …wurde ausgeschlossen/…nicht sicher auszuschließen würde ich, wenn ich so etwas als Verantwortlicher lesen würde, ob Vorschäden existieren oder nicht einer Nachprüfung unterziehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von winterth:
    Auch eine anbehandelte später als falsch diagnostizierte Diagnose ist als HD zu codieren (s. Beispiel Meningitis ausgeschlossen aber antibiotisch behandelt).

    Guten Morgen Herr Winter,

    eine anbehandelte Diagnose, die dann ausgeschlossen wird, wird nicht HD.
    Es gibt nur die Ausnahme bei Verlegung mit einer Verdachtsdiagnose, die dann vom weiterbehandelden KH ausgeschlossen wird.

    Außerdem wurde hier beschrieben:
    \"Also alte LWS Fraktur konnte nicht sicher ausgeschlossen werden.\"
    und
    \"Frische knöcherne Verletzungen wurden ausgeschlossen.\"

    Das klingt doch sehr nach \"Prellung\", aber letztlich muss man hier die behandelnden Ärzte entscheiden lassen.

  • Hallo Herr Selter,

    danke für die Einschränkung, ich muss wohl nach dem Urlaub meine Brille noch etwas putzen.

    Was die (nicht oder doch vorhandene) Fraktur angeht, würde ich auf jeden Fall die Sache noch einmal am Krankenblatt prüfen. Sie wird dreimal erwähnt. Und das alt erscheint nämlich nur oben.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin