?? "kleine Schlaganfälle" sind keine Schlaganfälle mehr ??

  • Hallo Forum,

    dem aktuellen KLF \"Schlaganfall\" 2005 http://www.dsg-info.de/pdf/KLF2005/KLF_2005.pdf entnehme ich

    Zitat


    6.1.1. Ischämische (irreversible) Infarkte
    Nach ICD-10-GM 2005 liegt nur dann ein Infarkt vor, wenn die Symptome andauern und nicht als minimal, den Alltag nicht beeinträchtigend zu bezeichnen sind. Ein pathomorphologisches Korrelat alleine reicht nicht aus, um diese Kodes zu nutzen.

    Der ICD-10-GM kann ich dies so nicht entnehmen ?( . Sofern bei akut aufgetretener neurologischer Störung mit entsprechendem bildmorphologischen Korrelat von den neurologischen Fachärzten die Diagnose eines akuten Hirninfarktes gestellt wird, sollte dieser doch auch als solcher und nicht als TIA kodiert werden.

    Bitte um Ihre Meinungen.

    mfG

    C. Hirschberg

  • Hallo Forum , Hallo Herr Hirschberg,

    Mir ist rätselhaft, wo diese Definition herkommt :totlach: . Die ICD gibt sie nicht her, auch die DKR schweigen dazu. Ggf. gibt es bei der Schlaganfallgesellschaft eine neue Definition des Schlaganfalls, Vielleicht wird auf den Schlaganfall als einen Symptomenkomplex abgehoben. Die zugrunde liegenden ICD-Codes sind doch eindeutig definiert und aufgrund ihres morphologischen Korrelates klar beschrieben.

    Gibt es kein Korrelat und kene dauerhaften Syptome: PRIND oder TIA.

    Also m.E. alles so wie immer.

    Gruß

    merguet

  • Hallo, Herr Merguet,

    wie sehen Sie die Lage bei Korrelat und 18 oder 36 Stunden bestehenden Symptomen ?

    mfG

    C. Hirschberg

    p.s.: einige Kassen haben sich auf dieses Thema bereits eingeschossen und verlangen TIA-Abrechnung statt Apoplex-DRG...

  • Hallo Herr Hirschberg und Herr Merguet!

    Früher war alles einfach: Symptomatik in 24 h rückläufig --> TIA; in 3 Tagen rückläufig --> RIND; in 3 Wochen rückläufig --> PRIND; über 3 Wochen --> Infarkt.

    Nun hat sich aber mit der flächendeckenden Einführung moderner bildgebender Verfahren (insbesondere der diffusionsgewichteten MRT) gezeigt, dass auch bei flüchtigen Ischämien Veränderungen sichtbar sind (nebenbei gesagt kann umgekehrt bei einem progressive stroke je nach Verfahren die Bildgebung negativ sein). Einige Ärzte sind dann zeitweise dazu übergegangen, diese Veränderungen in der Diff.-MRT als pathomorphologisches Korrelat für eine Hirngewebeschädigung zu werten und einen Infarkt zu diagnostizieren bzw. zu kodieren - auch wenn klinisch eine TIA vorlag.

    Ich verstehe den Kodierleitfaden nun so, dass in diesen Fällen eben kein Infarkt vorliegt, was allgemein unter Neurologen Zustimmung finden dürfte. Der Hinweis auf die ICD ist hier sicherlich missverständlich, so steht\'s explizit tatsächlich nicht drin in der ICD. Gemeint ist wohl, dass ein \"Infarkt\" erst bei nachgewiesenem irreversibelm Zellschaden vorliegt und nicht bei jedweder pathologischer Bildgebung.

    Zitat


    Sofern bei akut aufgetretener neurologischer Störung mit entsprechendem bildmorphologischen Korrelat von den neurologischen Fachärzten die Diagnose eines akuten Hirninfarktes gestellt wird, sollte dieser doch auch als solcher und nicht als TIA kodiert werden.

    Das sehe ich auch so, allerdings sollte - bei rückläufiger Symptomatik - wie oben erläutert der alleinige Nachweis einer Diffusionsstörung nicht ausreichen, um einen Infarkt zu diagnostizieren. Bei eindeutigen frischen Infarktzeichen im CCT dürfte der Infarkt dagegen unzweifelhaft sein.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Guten Morgen Forum,

    empfehlenswert zu diesem Thema ist das entsprechende Kapitel des Gutachtens von Prof. Roeder zum \"Anpassungsbedarf der Vergütung von Krankenhausleistungen 2006\" (Kapitel 5.6.4.2.1, S. 182). Sie finden das Gutachten hier unter Neuigkeiten vom 12.07. oder unter http://www.dkgev.de/pdf/826.pdf.

    Gruß

    Peter Goerdeler

  • Hallo,

    nichts gegen die DSG, der Kodierleitfaden ist natürlich wirklich gut, aber im Schlaganfall-Bereich scheint die DSG dann wohl doch etwas zu viel in den ICD hineininterpretiert zu haben ...:

    Wenn ich mir die Vorabversion des neuen ICD 2006 anschaue, sehe ich dort nur noch TIA (Symptome bis max. 24 Stunden) oder Hirninfarkt.

    mfG

    C. Hirschberg

  • Hallo Herr Hirschberg!

    Zitat


    Original von C. Hirschberg:
    Wenn ich mir die Vorabversion des neuen ICD 2006 anschaue, sehe ich dort nur noch TIA (Symptome bis max. 24 Stunden) oder Hirninfarkt.

    ... was die Frage \"TIA oder Infarkt kodieren\" für die meisten Fälle beantworten sollte. Vielleicht stellt das DIMDI in der endgültigen Version noch klar, dass mit G45.9 nicht die PRINDs gemeint sind.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Zitat


    Vielleicht stellt das DIMDI in der endgültigen Version noch klar, dass mit G45.9 nicht die PRINDs gemeint sind.

    ... ja, hoffentlich ! Aber das DIMDI lauscht bestimmt auch in diesem Forum ...

    mfG

    C. Hirschberg

  • Hallo Herr Hirschberg,

    als einer der Koautoren des Kodierleitfadens Schlaganfall möchte, wenn auch durch Krankheit und Urlaub etwas verzögert noch kurz auf Ihre Anfrage antworten:
    Der ICD 2005 ließ tatsächlich keine andere Interpretation zu: In G45.- heißt es in der Definition für die fünfte Stelle unter .1: \"minimale den Alltag nicht beeinträchtigende Restsymptome\" und zwar ohne zeitliches Limit. Das entspricht exakt der Definition des sog. \"minor stroke\" und schuf genau das Paradoxon, das hier ein Hirninfarkt im klinischen Sinn kein Hirninfarkt (I63.-) im ICD-Sinn mehr war. Die ICD-Definition ist eindeutig klinisch, d.h. an den Symptomen, orientiert - eine hilfsweise Umdeutung durch Bildgebung, deren Umfang und Rafinesse dann ja auch noch klinikabhängig wäre ist aus dem ICD nicht zu entnehmen.

    Zum Glück (wenn am ICD nichts mehr geändert wird) ist das Problem in der Tat mit dem ICD 2006 erledigt, wo die Ziffer 1 der 5.Stelle gelöscht ist und ein Hirninfarkt wieder ein Hirninfarkt ist.

    Beste Grüße
    Ihr K. Kessler

    P.S.: Weiterer Silberstreif - der Entwurf zum FPK 2006 sieht aufgrund der Bemühungen seitens der Fachgesellschaften bereits die Berücksichtigung der 8-981 mit neuen Relativgewichten vor !

    Dr. K. Kessler
    Oberarzt/DRG-Beauftragter
    Neurologische Klinik
    Kliniken Maria Hilf GmbH
    41063 Mönchengladbach