Prärenales Nierenversagen

  • hallo Herr Rembs,

    Ihre Zahlen für HD R39.2 sind beeindruckend, beeindruckend niedrig. Das spricht für ihre Zuordnung (und die des DIMDI).
    Wie machen Sie das, alle diese Seiten im Internet im Blick zu haben? Übrigens, ich habe davon profitiert. Damals bei \"The enigma of sepsis\" bin ich Ihren Verweis gefolgt und habe im Internet laufen gelernt. Danke!

    Zurück zum Problem: \" extrarenale Urämie\" versus \" akutes Nieren-Versagen\", alias R39.2 vs N17.9.
    der Ausdruck \"extrarenale Urämie\" ist aus den 60-zig und 70-zigern Jahren.Später präzisierte er zu \" prärenale Urämie\", anglizierte zu \" prärenale Azotämie\" und internationalisierte zu \" prärenales akutes Nieren-Versagen\".
    Daher ist dies nicht unsinnig: extrarenale Urämie = R39.2 = prärenales ANV.

    Und noch etwas. Nicht alle Authoren (s. J Clin Invest 2004;114:5-14) schließen die prerenale Azotämie beim ANV ein, kommt wohl auf die Fachrichtung an. Dieser Author, R.W: Schrier, ist Nephrologe.

    mfg ETgkv

  • Hallo Forum,
    in der Systematik der Kodiererei spricht nichts für die R39.2.

    Im Vorwort zum Kapitel XVIII \"Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind\" heisst es u.a.

    [f1]\"Die unter den Kategorien R00-R99 klassifizierten Zustände und Symptome betreffen:
    Patienten, bei denen keine genauere Diagnose gestellt werden kann, obwohl alle für den Krankheitsfall bedeutungsvollen Fakten untersucht worden sind;
    zum Zeitpunkt der Erstkonsultation vorhandene Symptome, die sich als vorübergehend erwiesen haben und deren Ursachen nicht festgestellt werden konnten;
    vorläufige Diagnosen bei einem Patienten, der zur weiteren Diagnostik oder Behandlung nicht erschienen ist;
    Patienten, die vor Abschluss der Diagnostik an eine andere Stelle zur Untersuchung oder zur Behandlung überwiesen wurden;
    Patienten, bei denen aus irgendeinem anderen Grunde keine genauere Diagnose gestellt wurde;
    bestimmte Symptome, zu denen zwar ergänzende Information vorliegt, die jedoch eigenständige, wichtige Probleme für die medizinische Betreuung darstellen. [/f1]

    Details beim DIMDI.

    Grüße von der Ostsee,

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.

  • Hallo liebes Forum,

    wie sieht es mit der Kodierung im folgenden Fall aus?
    Patient wird vom Hausarzt wegen AZ-Minderung mit Somnolenz bei Exsikkose eingewiesen.
    Patient ist sehr stark exsikkiert infolge einer häuslicher Nahrungs-Flüssigkeitsverweigerung (fremdanamn. auch GE vor einer Woche).
    Hier fanden sich stark erhöhte Serum-Kreatinwerte von anfangs 6,4 - unter Flüssigkeitszufuhr Rückgang der Werte.
    Im Verlauf wurde Volumen i.V gegeben sowie mit Lasix (ausgeglichen) therapiert. Eine Hyperkaliämie wurde mit einer Gabe von Resonium therapiert!
    Weitere Diagnostik Sono (Duplex) der Nieren / Kreat./HN-Kontrollen, Kreat-Clear. sowie Bilanzierung.
    Pat. wurde intensivmedizinisch überwacht mit Monitoring etc.
    Mir stellt sich die Frage der HD?
    Exsikkose als Ursache des Nierenversagens? -> HD?
    ANV als eigenständiges Krankheitsbild bei Aufnahme?
    Bitte um Kodiervorschläge.

    Danke im Voraus.


    MfG


    ocjhpowi :threemonkey:

  • Habe gestern auch den Fall mit dem MDK diskutiert:
    Alte Frau mit Exsikkose und prärenalem Nierenversagen.
    Auch hier die Frage: N- oder R- Ziffer?

    Dazu meine Meinung:

    1. \"extrarenale Urämie\" ist wohl ein reiner ICD-Begriff ist, den kein
    Mensch im klinischen Altag benutzt
    2. Urämie ist ein Syndrom, d.h. ein Symmptomkomplex, im Rahmen einer
    Niereninsuff.; (Harrison; Innere Medizin; 13. Auflage)
    Die zugrundeliegende Krankheit heisst \"Niereninsuffizienz\"
    3. Das Syndrom Urämie ist u.a. durch folgende Symptome definiert:
    Volumenüberladung, Azidose, Übelkeit, Virgilanzminderung bis zum Koma,
    etc.

    - Bei einer akuten prärenalen Niereninsuff. liegt ja z.B. gerade keine
    Volumenüberladung vor
    - Wenn lediglich ein akuter Anstieg der Retentionsparameter um mehr als
    50% gegenüber einem Ausgangswert vorliegt ohne urämische Symptome ist
    diese ohnehin nicht zu kodieren.

    Nebenbei bemerkt war gestern die Frage ob Exsikkose oder Niereninsuff. als Hauptdiagnose zu verwenden ist kein Thema!

    Zumindest in dem einen Fall konnte ich den MDK mit o.g. Argumenten überzeugen.

    Bitte um Kommentare!!

  • Hallo liebe Mitdenker,

    ich bin kein Mediziner, aber vom logischen Verständnis her würde ich denken, dass \"Niereninsuffizien\" die Unfähigkeit des Organs Niere bezeichnet und dass deshalb im Exclusivum zu N17-N19 alle Urämien, die außerhalb dieses Organs ihren Ursprung haben, ausgeschlossen werden. Müsste man nicht bei Aufnahme wegen Urämie durch Exsikkose gemäß D002 die E86 zur Hauptdiagnose machen und R39.2 ggf. zur ND?

    Gruß

    Elisabeth Kosche

  • Moin Moin Forum,

    ich habe soeben ein MDK-Urteil (der Gutachter ist u.a. Facharzt für Nephrologie) bekommen mit einer für mich recht unverständigen Beurteilung.
    Eine stationäre Aufnahme erfolgte mit einer hochfieberhaften Pneumonie sowie Exsikkose mit hohen Nierenretentionswerten (Kreatinin i.S. von 2,5 mg/dl). Fortwährende Kontrollen der Laborparameter und intravenöse Volumengabe als Maßnahmen.

    Urteil der Begutachtung:
    In der Tat lag im Rahmen eines Volumenmangelsyndroms eine Erhöhung der Nierenretentionswerte vor.
    Dies erfordert in der Regel eine Volumensubstitution (...) Kontrolle der Elektrolyte und Kreatinin (...)!
    Somit kann der ND N17.9 kein eigenständiger Ressourcenverbrauch zugesprochen werden, diese ist gem. DKR zu streichen. Hier könnte ggf. die nicht PCCL-relevante ND R39.2 angegeben werden.

    [blink]Warum darf hier nun die R39.2 kodiert werden, obwohl für die N17.9 angeblich kein eigenständiger Ressourcenverbrauch gegeben ist? Benötigt denn eine nicht PCCL-relevante ND kein Ressourcenverbrauch, da sie nicht triggert ? [/blink]

    Eine weitere Frage möchte ich an die Experten der Nephrologie richten. Ist eine „Prärenale Urämie“ nicht eher ein Symptom der Niereninsuffizienz und somit auch ein unspezifischer Kode?


    Danke

    Dagpow

  • Hallo allerseits,

    ich bin zwar kein Nephrologe, sondern \"nur\" Feld-Wald-Wiesen-Mediziner, aber der Argumentation des MDK-Gutachters in obigem Fall vermag ich trotzdem nicht ganz zu folgen.

    Ganz abgesehen vom fachärztlichen Aspekt hakt es da m.E. nämlich schon in der formalen Argumentation. (Auch)Laut Kodierempfehlung Nr. 28 des MDK in der aktuellen Version (Datenbank für Kodierempfehlungen der SEG4, aktualisierte Version vom 21.4.2006) ist es für die Zuordnung einer Nebendiagnose irrelevant, ob der betriebene Aufwand nur für eine oder für mehrere Nebendiagnosen getrieben wurde (z.B. ein Medikament, mehrere Nebendiagnosen. Es genügt in diesem Fall, daß die Krankheitsbilder beim Patienten vorliegen.

    So wie ich es verstehe, geht die Argumentation des Gutachters dahin, daß zwar bei einer N17.9 eine Volumensubstitution, Kontrolle der Retentionswerte etc. Standartbehandlung sei, die N17.9 aber nicht kodierbar sei, weil besagter Aufwand ja aufgrund der Exsikkose ohnehin durchzuführen sei.

    M.E. ist hier schon der erste Fehler des Gutachters, der nicht beachtet, daß EIN Aufwand durchaus MEHRERE Nebendiagnosen begründen kann.

    Zum Zweiten schließe ich mich der Argumentation eines meiner Vorschreiber an, daß ein \"R\"-Kode (R39.2) gemäß ICD nur zu kodieren ist, wenn keine spezifischere Diagnose (die ja gemäß Kodierrichtlinien gefordert ist) vorhanden ist. Fernab von internistisch-nephrologischen Spitzfindigkeiten wage ich aber mal zu bezweifeln, daß sich kein spezifischerer Kode findet.

    Kurz: Ich kann die Argumentation des Gutachters schon auf der formalen Ebene nicht nachvollziehen.

    Die besagten Kodierempfehlungen finden Sie übrigens hier: http://www.mdk.de/beratung/kv/dr…-81_2006-05.pdf

    Herzlichen Gruß und schönes Wochenende,

    N.

    \"Steinigt ihn, er hat ´Jehova´ gesagt!\"

  • Hallo N.,

    es handelt sich um die Kodierempfehlung Nr. 26. Nr. 28 fehlt im Katalog völlig, da gab es wohl weder Konsens noch ein Mehrheitsvotum.

    Schönes Wochenende

    schnippler2
    Med. Controller/Chirurg

  • Hallo liebes Forum,
    wie könnte man gegen folgender Ausführung meines Kollegen argumentieren?
    :d_gutefrage:
    Ein Volumenmangelsyndroms führt zur Erhöhung der Nierenretentionswerte. Es handelt sich hierbei nicht um eine akute Niereninsuffiziens sondern infolge fehlender Flüssigkeit um eine „gebremste Funktion“ der Nieren. Die Nieren arbeiten suffizient - können jedoch Ihre Tätigkeit nicht aufnehmen wegen fehlender Flüssigkeit. Bei Volumengabe arbeiten die Nieren wieder völlig normal.

    Gruß


    ochpowi

  • Hallo Liebes Forum,
    wir hatten bereits in mehreren Fällen dieses Problem mit dem MDK diskutiert. Wir konnten mit folgender Argumentation schon trumpfen und die N17.9 durchsetzen:

    Zwei Definitionen eines ANV sind unseres Erachtens bislang akzeptiert:
    - ein passagerer Anstieg des Serumkreatinins um 50% des Ausgangswertes
    - ein Abfall der Creatintin-Clearance um mehr als 50% des Ausgangswertes
    Wenn beide Faktoren erfüllt sind, muss von einem akuten Nierenversagen ausgegangen werden.
    Ein Akutes Nierenversagen dieser Art verursacht immer einen Mehraufwand durch die erforderliche Monitorisierung der Nierenfunktion, Elektrolyte, des Säure-Basen-Haushalts, des Volumenstatus und anderer klinischer Parameter sowie ggfs. Intervention/Korrektur.

    Es ging dabei um ANV als Nebendiagnose. Ein Widerspruch dieser Art läuft aktuell.

    Schöne Grüße aus Mannheim
    tw

    Thomas Walter
    Medizincontrolling
    Universitätsklinikum Mannheim