Krankenkasse übernimmt nicht Kosten für Alkoholintoxikation

  • Ich bräuchte dringend Rat zu folgendem Sachverhalt: Ein 17-jähriger Auszubildender bricht nach einem Gaststättenbesuch mit offensichtlich zu viel Alkoholgenuß zusammen. Ein zufällig anwesender Passant informiert den Notdienst und der 17-jährige wird mit Rettungswagen in das ca. 300 m entfernten Krankenhaus gebracht. Im Krankenwagen wird vorsorglich ein Infusionszugang gelegt. Im Krankenhaus wird dann entschieden, dass keine weiteren Maßnahmen notwendig sind. Der Patient wird dann nach ca. 7 Stunden Aufenthalt nach Hause entlassen.

    Die zuständige gesetzliche Krankenkasse erkennt die Abrechnung des Krankenhauses nicht an und schickt dem 17jährigen nun die Rechnung zur Begleichung.

    Die Begründung zur Nichterstattung der KK lautet: \"Kosten, die infolge eines Aufenthalts in einem Krankenhaus lediglich zur Ausnüchterung nach schädlichem Gebrauch von Alkohol entstehen, gehören nicht zur Leistung der gesetzlichen Krankenkasse.\"

    Ist dies so korrekt? Es würde bedeuten, dass der 17jährige diese Rechnung selber zahlen müsste (er verdient ca. 35o Euro im Monat).

    Welche Möglichkeiten bestehen, dass die KK doch abrechnet???

  • Guten Tag.

    Zitat


    Krankenkasse übernimmt nicht Kosten für Alkoholintoxikation

    Schade, da müssen wir die Deckel wohl demnächst selbst bezahlen.


    Zu Ihrem Auftritt vgl. u.a. http://dedi694.your-server.de/mydrgj/apboard…st&postid=32227


    Zur Sache: die Übernahme von Fahrtkosten sind im § 60 SGB V geregelt, dort steht u.a.

    Zitat


    (2) Die Krankenkasse übernimmt die Fahrkosten in Höhe des sich nach § 61 Satz 1 ergebenden Betrages je Fahrt übersteigenden Betrages

    1. bei Leistungen, die stationär erbracht werden; dies gilt bei einer Verlegung in ein anderes Krankenhaus nur, wenn die Verlegung aus zwingenden medizinischen Gründen erforderlich ist, oder bei einer mit Einwilligung der Krankenkasse erfolgten Verlegung in ein wohnortnahes Krankenhaus,

    2. bei Rettungsfahrten zum Krankenhaus auch dann, wenn eine stationäre Behandlung nicht erforderlich ist,

    3. bei anderen Fahrten von Versicherten, die während der Fahrt einer fachlichen Betreuung oder der besonderen Einrichtungen eines Krankenkraftwagens bedürfen oder bei denen dies auf Grund ihres Zustandes zu erwarten ist (Krankentransport),

    Sie haben also noch Chancen. Meine persönliche Meinung ist, dass diese mutwillig generierten Kosten nicht von der Solidargemeinschaft getragen werden sollten.

    Viele Grüße!

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy

  • Danke für die Antwort! Es geht hier im Moment nicht um die Fahrtkosten sondern um die Krankenhausrechnung in Höhe von 488,26 Euro für \"DRG V60C Alkoholintoxikation und -entzug, Alter < 18 Jahre\".

    Dass grundsätzlich Alkoholausfälle nicht die Allgemeinheit zahlen sollten, mag ja richtig sein. Sobald der Patient allerdings fortführend behandelt worden wäre, würde die KK übernehmen (O-Ton KK). Das ist ja wohl dann ein Witz! Nach dem Motto: Ist es glimpflich abgelaufen - keine Erstattung - musste richtig behandelt werden - sehr wohl Erstattung!

    Im übrigen: Was bedeutet der Hinweis auf den \"externen Link\"?

  • Zitat


    Original von uli2000:
    Im übrigen: Was bedeutet der Hinweis auf den \"externen Link\"?

    Hallo uli2000,
    den Link anklicken und das Thema dann lesen.

    zum Thema: war eine stationäre Behandlung erforderlich, z.B. eine Überwachung wegen Aspirationsgefahr (Dokumentation!)? Oder hat der Patient \"nur seinen Rausch ausgeschlafen\", also nur die Hotelleistung in Anspruch genommen? Die Antwort darauf ist dann auch die Antwort auf die Eingangs gestellte Frage.

    Mich würde auch die Meinung der hier anwesenden Kassenvertreter zu dem Punkt \"Regressforderung an den Versicherten\" interessieren. Bin in diesen Themen leider nicht so bewandert.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Forum,

    wie Herr Horndasch schon richtig feststellte, ist die reine Ausnüchterung keine Kassenleistung. Einzig den \"Rausch ausschlafen\" kann er entweder woanders, als im Krankenhaus oder er muß die Kosten selbst bezahlen. Da er zudem noch minderjährig ist, hätten ja z.B. die Eltern angerufen werden können, mit der Bitte den Sohn abzuholen.
    Eine [c=#d10000]behandlungsbedürftige Erkrankung/Gesundheitsgefährung [/code]lag hier ja anscheinend nicht vor. Diese wäre selbstverständlich und auch logischerweise! eine Kassenleistung.

    Die Höhe seines Einkommens ist hier nicht relevant.
    1. wohnt er sicher noch bei seinen Eltern und muß den Lebensunterhalt nicht allein von den 350,--€ Einkommen bestreiten.
    2. notfalls könnte er eine Ratenzahlung vereinbaren.

    zur Frage des Regreßes:
    [c=#0900ff]leider [/code]besteht keine gesetzlich verankerte Möglichkeit, für Situationen dieser oder ähnlicher Art, den Versicherten in Regreß zu nehmen.
    Persönliche Anmerkung: wenn diese Möglichkeit bestünde, würden sich Rückforderungen ergeben, die in der Gesamthöhe sicher beitragssatzrelevant wären, wenn Sie da speziell an Suchtkranke gedacht haben oder an vorsätzliche Selbstbeschädigungen etc.
    Aber all dies sind [c=#ff0000]Erkrankungen[/code], für die die Solidargemeinschaft schließlich auch da ist.
    [c=#ff0000][c=#090000]Allein die Rückforderungen unserer Regreßabteilung im Rahmen der Abrechnung und bestehenden Abkommen mit anderen Kostenträgern (z.B. BG, Haftpflichtversicherungen etc.) [/code]sind beitragssatzrelevant[/code]!!! Deswegen werden auch alle Möglichkeiten ausgeschöpft und teilweise auch hierfür Unterlagen von Ihnen zur Anfrage beim MdK angefordert (nur mal so am Rande)

    MfG
    Sambu

  • Guten Tag,

    wir als Krankenkasse fordern ebenfalls in bestimmten Fällen von den Versicherten die verauslagten Kosten zurück, natürlich nachdem wir die Rechnung an das Krankenhaus gezahlt haben. Dabei berufen wir uns auf den §52 SGB V \"Leistungsbeschränkung bei Selbstverschulden\".

    Die Anschreiben erfolgen ausschließlich, wenn als einzige Diagnose die F10.0 angegeben wird und wenn der Versicherte nicht als alkoholkrank bekannt ist.

    Zunächst wird der Versicherte jedoch um eine Stellungnahme gebeten. In einigen Fällen haben wir zwar nicht das Geld zurück bekommen, aber erreicht, dass der Versicherte sich seines Alkoholproblems bewusst wurde. Wir haben dann Hilfe angeboten, z. B. bei der Suche nach einer Suchtberatungsstelle oder bei der Beantragung einer Rehabilitationsmaßnahme.

    Wir bieten auch immer die Möglichkeit einer Ratenzahlung an.

    Erstaunlicherweise haben ca. 70% der Angeschriebenen Verständnis für diese Maßnahme.

    Gruß aus dem Norden der Republik,

    Mit freundlichen Grüßen

    Claudia Mertens

  • Hallo Frau Maas,

    dieses Vorgehen finde ich sehr gut und nachahmenswert für alle KK. Ich arbeite in unserem KH seit vielen Jahren in der Suchthelfergruppe mit und habe aus meiner 20-jährigen pflegerischen Tätigkeit ebenfalls einschlägige Erfahrungen. Etwas Besseres als recht- und frühzeitige Prävention gibt es nicht. Warum zusehen und das Problem Alkoholismus erst entstehen lassen? Wir haben seit kurzem einen Liaisondienst der Psychosozialen Beratungsstelle am Ort hier halbtags im KH. Diese MA spricht gezielt die entsprechende Patientenklientel darauf an. Als Suchthelfergruppe haben wir viele Aktionen in den letzten Jahren gemacht, die offensichtlich auch langzeitig Erfolg bei den MA im Haus zeigen. Aktuell haben wir wenig Probleme mit Sucht nachdem in früheren Jahren doch immer wieder mehrere Personen auffällig waren.

    Herzlichen Gruß aus dem \"wilden Süden\"

    [size=12]Freundlichen Gruß vom Schorndorfer MDA.

  • Hallo an alle :biggrin:

    @Frau Maas
    Ich find´s doch immer wieder schön, was man hier so mitnehmen kann :rotwerd:

    §52 SGB V... find ich gut :d_zwinker:
    Jetzt fehlt nur noch einer, mit dem die KK den ganzen Leuten, die ins KH kommen, weil Sie ja ach so heftige Beschwerden haben und kurz vor den Untersuchungen plötzlich genesen und unbedingt sooo schnell nach Hause müssen, das sie nicht mal den Schein für die Entlassung gegen ärztlichen Rat unterschreiben, in die Tasche langen können. (Was für ein Satz ! :teufel: :lach: )

    :a_augenruppel: papiertiger :a_augenruppel:

    Gruß
    papiertiger

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