WA bei Wundrandnekrosen nach Trauma - Komplikation ?

  • Hallo Forum,

    Eine Patientin stürzt, und zieht sich eine lange tiefe Riss-Quetschwund am Oberschenkel zu. Die Wunde wird in einem ersten Aufenthalt gereinigt, stark verschmutzte und avitale Anteile der Wunde werden exzidiert, und nach Drainageneinlage wird die Wunde schichtweise verschlossen. Die Patientin wird einige Tage später bei reizlosen Wundverhältnissen entlassen.

    Nach ca. 1 Wo wird dann eine erneute stationäre Aufnahme wegen chirurgischer Versorgung von im Verlauf aufgetretenen Wundrandnekrosen erforderlich.

    Die Kasse wünscht nun eine Fallzusammenlegung wegen Komplikation... Ich tu\' mich allerdings etwas schwer, diese \"Komplikation\" in Zusammmenhang mit Leistungen aus dem ersten Aufenthalt zu bringen. Vielmehr handelt es sich doch um (Spät-)komplikationen des ursprünglichen Traumas...

    Wäre froh, hierzu ein paar Meinungen zu hören.

    mfG

    C. Hirschberg

  • Sehr geehrter Herr Hirschberg,

    In diesem Fall möchte ich dem Kostenträger zustimmen.(Was mich jetzt gerade sehr verwundert.)

    Eine Wundrandnekrose nach 1 Woche (also innerhalb der \"normalen\" Wundheilungsfrist von 14 Tagen) ist eine Komplikation, nach gängiger \"chirurgischer\" Definition auch eher keine Spätkomplikation.

    Diese wäre beispielhaft eine sekundäre Wunddehiszenz durch einen Seromverhalt, der sich nach 4 Wochen aus dem Unterhautgewebe durch einen Naht/Narbendefekt entleert.

    Nach der guten , alten Ursache/Wirkungs-\"DENKE\" ist das Trauma, das zum Untergang der Wundrandhaut geführt hat, umfänglicher gewesen, als bei der primären Ausschneidung erkennbar war, so also Folge des Traumas.

    Oder auch : Wenn Sie im Ruhrgebiet ein Vogel \"bombardiert\", ist es in der Regel eine Taube und kein Kolibri . :roll:

    Meine 2 cents.
    Meine persönliche chirurgische Meinung.

    MLG aus Bochum

    Ihr Exraucher

  • Zitat


    Original von Exraucher:
    Nach der guten , alten Ursache/Wirkungs-\"DENKE\" ist das Trauma, das zum Untergang der Wundrandhaut geführt hat, umfänglicher gewesen, als bei der primären Ausschneidung erkennbar war, so also Folge des Traumas.

    ... aber sind dann die Wundrandnekrosen nicht wie Sie ja auch schreiben eher Komplikation des ursprünglichen Traumas, anstatt Komplikation im Zusammenhang mit Leistungen aus dem Erstaufenthalt ?

    mfG

    C. Hirschberg

  • Hallo Herr Hirschberg,

    bei der Wiederaufnahme wegen Komplikationen im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung wäre eine Zusammenführung innerhalb der oberen GVD erforderlich. (§2 Abs 3 der Abrechnungsbestimmungen). Ob aber der (die gleiche Bedeutung tragende) §2 Abs. 1 zutrifft (gleiche Basis DRG), können Sie nur vor Ort entscheiden.

    Aber ich fürchte, es wird wohl nach einem operativen Vorgehen als Erstversorgung im Gegensatz zu einem konservativen kaum zu beweisen sein, dass die erneute Nekrose nicht in Zusammenhang mit der vorangegangenen Leistung gebracht werden kann (z.B. primärer Wundverschluss bei nicht sauberer Wunde, fester Fadenzug, Unterbrechnung der Durchblutung von Gewebearealen bei der Wundausschneidung, usw. usw), sondern wirklich nur Traumafolge ist.

    Auch würde ich – wenn es doch nur ausschließlich eine Traumafolge sein sollte - hier noch von einer Frühkomplikation sprechen, denn die primäre Wundheilung dürfte wohl kaum schon abgeschlossen gewesen sein.

    Bessere Karten hätten Sie vielleicht, wenn bei der Erst-OP aus bestimmten Gründen nicht alle bereits primär vorhandenen Nekrosen hätten beseitigt werden können und diese geplant in einem zweiten Aufenthalt angegangen werden mussten. Aber dann hätten wir im Zuge der geplanten Weiterbehandlung auch wieder die gleiche HD und es wäre ein Glückspiel ob die zusätzlichen ND´s für eine andere DRG gesorgt hätten.

    Ich fürchte Sie kommen um die Zusammenführung nicht herum.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo Herr Winter,

    Zitat


    Original von winterth:
    ...Aber ich fürchte, es wird wohl nach einem operativen Vorgehen als Erstversorgung im Gegensatz zu einem konservativen kaum zu beweisen sein, dass die erneute Nekrose nicht in Zusammenhang mit der vorangegangenen Leistung gebracht werden kann... sondern wirklich nur Traumafolge ist...


    Stimmt, nur wer muss hier eigentlich die Beweislast tragen ???

    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Balling,


    die Beweislast trägt üblicherweise, wenn ausnahmsweise keine Beweislastumkehr vorliegt, leider der Kläger.


    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Hallo Herr Winter,

    Zitat


    Original von winterth:
    ...die Beweislast trägt üblicherweise, wenn ausnahmsweise keine Beweislastumkehr vorliegt, leider der Kläger...


    Das ist mir bekannt. Nur, wer ist hier der Kläger ???
    Wer sollte der Kläger sein ?

    Natürlich ist klar, dass sich in der Realität bislang immer die Kliniken in der Klägerrolle wiederfinden, weil sie sich letztlich am kürzeren Hebel befinden und für eine bereits erbrachte Leistung eine (adäquate) Vergütung wollen (müssen, um überleben zu können).

    Im beschriebenen Fall handelt es sich aber (wie bei allen medizinisch unterschiedlich interpretierbaren und begründbaren Konstellationen/Krankheitsverläufen) um ein Grundsatzproblem.

    Die behandelnde Klinik sieht einen pathophysiologischen Zusammenhang der Komplikation mit dem ursprünglichen Trauma und möchte für ihre Leistung lediglich ein Entgelt – nicht klagen. Wenn nun der Kostenträger dieses nicht entrichten will, müsste – nach meinem Rechtsempfinden – er den Klageweg beschreiten (wohlgemerkt nur bei den beschriebenen medizinischen Konstellationen).

    Oder ist es schon so weit, dass der Leistungserbringer automatisch die Rolle des Klägers übernehmen darf?

    M.E. kann hier zunächst nur der Kostenträger der Kläger sein, der die medizinische Sichtweise der Klinik via MDK anzweifelt.

    Aber vielleicht bin ich ja auch nur naiv... doch die Hoffnung stirbt zuletzt...


    MfG

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Balling,


    mir wäre Ihre Meinung auch lieber, aber wenn Sie ein Fernsehgerät auf Rechnung kaufen und dann nicht bezahlen, muss Sie der Händler auch verklagen, wenn er sein Geld sehen möchte.

    Leider, leider. Wer in Vorleistung geht, ist halt immer der Dumme.


    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin