Verdachtsdiagnose DKR D008b

  • Liebes Forum,

    nochmals eine Frage zur Anwendung der DKR D008b bei Entlassung nach Hause:

    Folgender Fall:
    Aufnahme wegen Dyspnoe. Diagnostik mittels Rö Thorax, CT, Labor, Knochenszinti, Bronchoskopie etc.

    Bronchoskopie: Stenose, PEs wurden entnommen.
    Histo: Bild einer chron. Bronchitis und Nekrosen, Epithelien mit dringenden v.a. nicht kleinzelliger Tumor.

    Es erfolgte keine spezifische Therapie. Pat wurde primär nach Hause entlassen und ein späterer Aufnahmetermin in der Fachklinik vereinbart.

    Argumentation seitens der Kasse: Da keine Behandlung erfolgte und die Entlassung nach Hause erfolgte ist das Symptom Hauptdiagnose (Dyspnoe) entsprechend der D008b.

    Kann der Argumentation gefolgt werden oder kann zumindest die C79.7 (Neubildung unsicheren Verhaltens...) als HD dokumentiert werden. Der Tumor ist ja unstrittig.
    Wahrscheinlich hat die KK recht. Hier trennt sich hier wieder Medizin und Ökonomie, oder ??

    Vielen Dank
    F.Holzwarth

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo Herr Holzwarth,
    der Tumor war doch die Ursache der Dyspnoe, warum also nicht C9.9 zur HD machen? Die Dyspnoe haben Sie ja auch nicht mit einer spezifischen Therapie behandelt. Man muss hier die KK mit ihrer eigenen Argumentation schlagen. :i_baeh:
    Übrigens können nachlaufende Befunde, Histo etc. durchaus kodiert werden. Wars ein Broncial-Ca?
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo Herr Fischer,
    danke für Ihre Antwort.
    Medizinisch war eigentlich nie strittig, dass es sich um ein Bronchial Ca handelte.
    Die Argumentation der KK bzw. des MDK ist rein administrativ nach DKR gewesen. Es lagen keine Beweise für ein Bronchial CA vor und insbesondere keine therapeutische Maßnahmen, so dass die DKR D008b anzuwenden sei. Die Entlassung erfolgte ja nach Hause. :dkr:
    Bezüglich der Dyspnoe, wird argumentiert, dass diese HD sei, da keine definitive Diagnose vorlag und simit die Regel für Symptome gilt.
    Vielleicht haben unsere \"DRG und DKR Gurus\" im Forum noch ein paar Tipps.
    Einstweilen vielen Dank für Ihre Anwort
    Viele Grüße
    F. Holzwarth

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo Herr Holzwarth,

    wenn ich Ihre Beschreibung richtig verstehe, ist unstrittig, dass die Ursache der Dyspnoe in einer tumorbedingten Stenose des Bronchialsystems zu sehen ist. Der Nachweis eines Malignoms gelang hingegen bisher nicht.
    Sie haben also einen Patienten aufgrund einer Symptomatik (Dyspnoe) aufgenommen und während des Aufenthaltes die zugrundeliegende Erkrankung (Tumor) diagnostiziert. Damit ist nach DKR D002 die zugrundeliegende Erkrankung (Tumor) als Hauptdiagnose zu kodieren, die DKR D008 kommt damit nicht zur Anwendung (der diagnostizierte Tumor ist ja kein Symptom).

    Die korrekte Hauptdiagnose wäre somit D38.1 \"Neubildung unsicheren oder unbekannten Verhaltens Trachea, Bronchus und Lunge\".

    Über den \"Sicherheitsgrad\" von Diagnosen machen die DKR keine Aussage - DKR D008 dient vielmehr zur Abgrenzung einer spezifischen Diagnose (das sind im Prinzip alle Diagnosen aus den Organkapiteln) von den Kodes aus ICD-Kapitel XVIII \"Symptome\". Die Interpretation: \"Solange nicht zweifelsfrei festgestellt wurde, welche Dignität ein Tumor hat, muss als Hauptdiagnose ein Symptom verschlüsselt werden\" lässt sich damit m.E. nach nicht stützen.

    Anders sähe es aus, wenn die Bronchoskopie keinen Nachweis einer Stenose geliefert hätte und man einen Tumor daher lediglich vermutete.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Markus Hollerbach

  • Guten Morgen Forum,
    Guten Morgen Herr Holzwarth,


    Zitat


    Original von Frank Holzwarth:

    Histo: ...Epithelien mit dringenden v.a. nicht kleinzelliger Tumor.

    ...

    Der Tumor ist ja unstrittig.

    Liegt hier nicht ein Widerspruch in sich vor ??? Auf der einen Seite V.a. einen Tumor und auf der anderen Seite geben Sie an, dass der Tumor unstrittig ist. Was denn nun???

    Wie Gefi bereits angemerkt hat, heisst es in den DKR D002d \"Für die Abrechnung relevante Befunde, die nach der Entlassung eingehen, sind für die Kodierung heranzuziehen.\"

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Guten Morgen Mr. F.

    des Rätsels Lösung ist die wunderbare Flexibilität der natürlichen Sprache, die dann auch noch kontextabhängig zu interpretieren ist.

    Zitat


    dringenden v.a. nicht kleinzelliger Tumor


    Im Zusammenhang mit der geschilderten klinischen Problematik meint der Pathologe den dringenden Verdacht auf \"nicht kleinzelliges Bronchialkarzinom\". Er hat nur den Verdacht, die Diagnose ist nicht sicher. --> In der Welt der Codes eine Neubildung unsicheren Verhaltens. Wäre der Pathologe sicher, wäre ein Malignom zu kodieren.

    Zitat


    Kann der Argumentation gefolgt werden oder kann zumindest die C79.7 (Neubildung unsicheren Verhaltens...) als HD dokumentiert werden. Der Tumor ist ja unstrittig.


    Hier spricht der Kliniker, der bereits bronchoskopisch eine Neubildung sieht und diese als Tumor bezeichnet. Auch für ihn ist die a-priori-Wahrscheinlichkeit für ein bösartiges Geschehen hoch, so hoch sogar, dass man versuchen wird, die Diagnose möglichst schnell zu sichern.
    --> In der Welt der Codes eine Neubildung unsicheren Verhaltens.
    In der Klinik könnte man durchaus sagen, dass das Gesamtbild wie ein \"progredientes Tumorleiden\" wirkt, wobei in letzterer Diktion mit \"Tumorleiden\" dann nur ein malignes Leiden gemeint wäre.

    Grüße aus dem Schnee.

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.

  • Hallo Miteinander,

    im Prinzip ist der Fall eigentlich klar.
    Medizinisch ist davon auszugehen, dass es sich hier um einen malignen Tumor handelt. Aufgrund der PE aus dem Brochialsystem eben ein Bronchial-CA; kleinzellig würde ja auch dazu passen.

    Nur leider \"denkt\" das DRG-System nicht immer medizinisch, sondern ökonomisch oder auch sonst irgendwie. Zumindest wird so auch von machen ärztlichen Kollegen argumentiert. Vielleicht müssen sie ja auch so denken?

    Nach Aktenlage lag eben nur der V.a. einen Tumor vor. Bewiesen wurde er nicht. Daraus folgt die Argumentation:
    Verdacht liegt vor -> ergo Verdachtsdiagnose -> ergo Entlassung nach Hause ergo DKR D008b -> Ergo Geld gespart, da sich eine günstigere DRG ergibt.

    Der Widerspruch läuft zwischenzeitlich.
    Vielen Dank für die Hinweise
    F. Holzwarth

    Dr. Frank Holzwarth
    FA für Chirurgie / Notfallmedizin
    Medizincontrolling

  • Hallo Forum,
    abenteuerlich, wie der MDK hier die Regeln verletzt. Es handelt sich um eine Neubildung unsicheren Verhaltens, die triggert in der Regel die Tumor-DRG. Die Argumentation des MDK ist Quark.

    Grüße aus dem Schnee.

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.