Zahlungsanspruch an Kassen BSG Urteil vom 23.07.2002

  • Guten Tag zusammen,
    das Bundessozialgericht hat in einer mündlichen Verhandlung vom 23.07.2002 wie folgt entschieden:
    2) 11.00 Uhr - B 3 KR 64/01 R - Stadt F. ./. BEK
    2 Beigeladene

    Der klagende Krankenhausträger verlangt von der beklagten Krankenkasse die restliche Vergütung der Krankenhausbehandlung der beiden beigeladenen Versicherten. Die Beklagte macht die Begleichung des Restbetrags davon abhängig, dass ihr das Krankenhaus die Behandlungsunterlagen zur Überprüfung unter Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) übersendet. Sie hat Zweifel, ob das Krankenhaus die mit der Fallpauschale 12.03 und dem Sonderentgelt 12.19 abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht hat.
    (Anmerk. Gallenoperation FP12.03 und Bauchwandbruch SE12.19)
    Die Klägerin hat die Überlassung der Unterlagen unter Hinweis auf eine fehlende rechtliche Verpflichtung sowie den Datenschutz verweigert und Zahlungsklage erhoben, die in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg blieb. Das LSG hat ausgeführt, datenschutzrechtliche Bestimmungen des Landes ließen die Überlassung von Patientendaten an die Krankenkassen auch ohne ausdrückliche Einwilligung der Betroffenen zu. Ein Überprüfungsrecht der Krankenkassen hinsichtlich der Richtigkeit der Abrechnung folge aus den § § 275, 276 und 284 SGB V sowie dem Wirtschaftlichkeitsgebot als Grundprinzip. Gegenüber dem Zahlungsanspruch stünde ihnen insoweit ein Zurückbehaltungsrecht zu.

    Mit der Revision macht die Klägerin geltend, dass nach der gegenwärtigen Rechtslage weder den Krankenkassen noch dem MDK ein Einsichtsrecht in Behandlungsunterlagen zum Zwecke der Rechnungsüberprüfung zustehe. Was den Krankenkassen im Rahmen der Abrechnung an Daten zur Verfügung zu stellen sei, sei abschließend in § 301 SGB V geregelt. Dieser Auffassung seien auch die Datenschutzbeauftragten des Bundes und des Landes. Nach dem maßgeblichen Landesvertrag über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung (Sicherstellungsvertrag) sei ein Zurückbehaltungsrecht bei fälligen Rechnungen im Übrigen auch generell ausgeschlossen.

    Herr Rechtanwalt Mohr, Vorsitzender der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz hat hierzu einen Kommentar verfasst:
    In 2 Sozialgerichtsverfahren in Speyer(SK181/ 98 )
    und Mainz (L5KR 55/00) wurde der Kasse ein Zurückbehaltungsrecht zugesprochen, weil das Krankenhaus keine Unterlagen an die Kasse bzw. den MDK gesandt hatte. Das Bundessozialgericht hat die Urteile aufgehoben und das Zurückbehaltungsrecht der Kassen verneint. Maßgeblich war hier der Sicherstellungsvertrag (Landesvetrag nach
    § 112 Abs.2 Nr 1 SGBV RLP)
    Die Krankenkasse hat die Rechnung innerhalb von 14 Kalendertagen zu bezahlen. Beanstandungen können auch nach der Bezahlung der Rechnung geltend gemacht werden.

    --
    Kurt Mies
    http://www.myDRG Fan

    Kurt Mies

  • Hier noch die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichtes vom 23.07.2002
    2) (= lfd. Nr. 2 des Presse-Vorberichts Nr. 38/02)

    Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Auf Grund des Sicherstellungsvertrages ist die Beklagte auch dann zur Bezahlung einer formal ordnungsgemäß erstellten Krankenhausrechnung verpflichtet, wenn sie Einwendungen gegen die gebührenordnungsmäßige Richtigkeit der Abrechnung hat. Es ist ihr nach dem Vertrag ausdrücklich erlaubt, diese Einwendungen nach Zahlung geltend zu machen und gegen spätere Rechnungen mit Rückzahlungsansprüchen aufzurechnen. Entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen hatte die Beklagte deshalb gegenüber der Klageforderung kein Zurückbehaltungsrecht wegen eines Anspruchs auf Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen. Die vertragliche Regelung verstößt nicht gegen das Gesetz. Danach haben die Krankenkassen zwar nach § 275 SGB V in erweiternder Auslegung des Gesetzeswortlauts auch ein Prüfungsrecht hinsichtlich der tatsächlichen Erbringung einer abgerechneten Leistung; sie können die dafür erforderliche Einsichtnahme in die Behandlungsunterlagen aber nicht aus eigenem Recht verlangen, sondern sind insoweit auf ein Tätigwerden des MDK angewiesen. Der Datenschutz der Versicherten wird damit in verfassungsrechtlich zulässiger Weise eingeschränkt.

    --
    Kurt Mies
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    Kurt Mies

    • Offizieller Beitrag


    Genau das ist es.
    Vielen Dank.
    Auch wieder ein Beweis: das Forum lebt
    sowie ein tolles und anschauliches Beispiel für "time-based-competition"
    (dt. Ausdruck dafür m.E. nicht so treffend)

    Gruß
    Eberhard Rembs
    Bochum

  • Hallo Herr Mies,

    was heißt das jetzt? Die Krankenkassen müssen (gleicher Landesvertrag nach §112 vorausgesetzt) erstmal bezahlen. Sie dürfen aber gegen eine spätere Rechnung aufrechnen.
    Wann?
    - Wenn sie meinen Recht zu haben?
    - Wenn der Fall unstrittig ist?

    Im ersten Fall ist fast nichts gewonnen!

    Der zweite Fall würde doch bedeuten, daß die Kassen künftig Klage bei weiter strittigen Fällen erheben müßten.
    Also müßten die Kollegen beim MDK von vornherein "gerichtsfeste" Gutachten erstellen und sich strikt an die formalen Vorschriften halten (Anforderung der Unterlagen begründet für den Einzelfall durch den MDK, Mitteilung des Ergebnisses der Beurteilung - nicht nur der Zusammenfassung, Aufbereitung des medizinischen Sachverhaltes so, daß der Mitarbeiter der Kranken-(Gesundheits-)Kasse eine sachgerechte Entscheidung treffen kann, ohne dieser Entscheidung inhaltlich vorzugreifen, etc.). Auf Seiten der Krankenkasse müßten die Sachbearbeiter so arbeiten, daß ihre Vorgesetzten (um Klage erheben zu können ist eine Außenvertretungsvollmacht erforderlich) mit ihren Unterlagen eine Klage begründen können.
    Dies würde sicherlich wieder eine gewisse Waffengleichheit herstellen und die Bereitschaft zu sachlich begründeten Kompromissen fördern. Auch "besondere Sparmaßnahmen" einzelner Kassen würden nicht mehr zu Lasten der anderen Kassen greifen - wenn eine Kasse nicht bezahlt, werden die Kosten letztlich von den zahlenden Kassen getragen.

    Wie sieht die Interpretation des Urteils bei den Forumsmitgliedern und nur Lesern aus?
    Was wäre "richtig"?
    Ich denke, wir alle wollen ein "funktionierendes" Gesundheitssystem - also auch eine funktionierende Regelung bei strittigen Fällen.


    Dr. med. Christoph Rüschemeyer

  • [quote]
    Original von crueschemeyer:
    Hallo Herr Mies,

    was heißt das jetzt? Die Krankenkassen müssen (gleicher Landesvertrag nach §112 vorausgesetzt) erstmal bezahlen. Sie dürfen aber gegen eine spätere Rechnung aufrechnen.
    Wann?

    Hallo Herr Rueschemeyer,
    genau so interpretiere ich die BSG Urteile bei zunächst unbefristeten vollstationären Krankenhausbehandlungen. Mit einem formellen Hinweis auf:
    BSG Aktz.B 3 KR 11/01R vom 13.12.2002 muss der MDK spätestens 14 Tage nach Rechnungsstellung von der Kasse eingeschaltet werden. Eine pauschale Kürzung der Rechnung zum Bsp. wegen "Wochenende" oder eine nachträgliche Befristung kann nur über den MDK( Vertrag §112 Abs.2 Nr1 SGB V) erfolgen.
    Das bedeutet das in diesen Fällen erst einmal das die gesamte Rechnung innerhalb von 14 Tagen zu bezahlen ist.BSG B 3 KR 64/01 R vom 23.07.2002 In diesem ganz aktuellen Urteil wird noch einmal ausgeführt, das nur der MDK die erforderlichen Unterlagen anfordern darf.
    Die spannende Frage wird sein, wie werden sich die Krankenhäuser verhalten? Werden sie weiterhin Rechnungskürzungen der Kassen auch ohne MDK Gutachten hinnehmen ?
    Ihr Aufruf zur Interpretation des Urteils durch die Forumsmitglieder finde ich hochinteresant.


    --
    Kurt Mies
    http://www.myDRG Fan

    Kurt Mies

  • Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Wie sieht die Interpretation des Urteils bei den Forumsmitgliedern und nur Lesern aus?
    Was wäre "richtig"?
    Ich denke, wir alle wollen ein "funktionierendes" Gesundheitssystem - also auch eine funktionierende Regelung bei strittigen Fällen.

    Sehr geehrter Herr Rüschemeyer, hallo Forum,

    immer, wenn sich Juristen mit solchen Fragen beschäftigen müssen, ist offenbar Grundlegendes schief gelaufen.

    Im genannten Fall tragen die Juristen ja reichlich wenig zur Wahrheitsfindung bei (man muss Jurist sein, um zu verstehen, warum die Wahrheitsfindung nur selten die Aufgabe eines Gerichtsverfahrens ist).

    1. Man könnte die Patienten fragen, ob denn nun Galle und Bauchwandbruch operiert worden sind oder nicht. Verallgemeinert könnte man eine "Patientenquittung" einführen.

    2. Man könnte die Abrechnungsregeln vereinfachen und klarer gestalten, damit so etwas (Parallelabrechnung von FP und SE) nicht je nach Interesse unterschiedlich ausgelegt werden kann, und das Gericht A sagt so, und das Gericht B sagt anders...

    Hier wären DRGs ein Fortschritt gegenüber FP/SE, wenn man sich dem "Diktat des Durchschnitts", d. h. dem Grouper und den Kostengewichten unterwerfen würde und dann nicht jeden Fall auf die Goldwaage legen muss.

    3. Es müßte eine Koppelung zwischen zutreffender Dokumentation und wirtschaftlichem Erfolg hergestellt werden und zwar als Anreizsystem und nicht in Form der gegenwärtigen Sanktionen, die mittlerweile zu einem Klima des gegenseitigen Misstrauens geführt haben.

    Auch hier bieten DRGs eine Chance, wenn erkannt wird, dass nur eine zutreffende Dokumentation und Verschlüsselung zu einer differenzierten Vergütung führt, ein Falschkodieren dagegen zu einer Verflachung der Kostengewichtsunterschiede, womit letzlich niemandem geholfen ist, weil sich dann auch der Dokumentationsaufwand nicht auszahlt.

    4. Oft habe ich den Eindruck, dass Gerichtsprozesse nur zur Erreichung eines Zahlungsaufschubes geführt werden, nicht zur Wahrheitsfindung (s. o.). Dies ist beinahe verständlich, wenn in Zeiten geplünderter Kassen Zahlungsaufschub die letzte Rettung vor drohender Insolvenz ist.

    Der von Ihnen genannte Fall, dass andere Krankenkassen im Falle des Nichtzahlens einzelner für diese einspringen entspricht im Wesentlichen dem auch im Vertragsarztbereich zu beobachtenden Phänomen, dass Abrechnungsunregelmäßigkeiten einzelner "nur" zu Lasten aller Ärzte erfolgen, die oft behauptete Schädigung der Beitragszahler aber nicht stattfindet. Im Falle der Krankenkassen kommt es auch nicht zu einer Entlastung der Beitragszahler, sondern nur zu einer Verschiebung auf eine andere Kasse.

    Volkswirtschaftlich betrachtet entsteht der Schaden dem Patienten, da die Prüfungs-, Verwaltungs- und Gerichtskosten die zu seiner Behandlung bereitgestellten Mittel schmälern.

    Hier sind unsere Politiker gefragt, die Finanzierung des Gesundheitssystems endlich wieder auf eine stabile Grundlage zu stellen.

    5. Eine zentrale Abwicklung des Zahlungsverkehrs und eine Korrektur der Rechnungen bei nachgewiesenen Änderungen der Leistungs- und Kostenstruktur, also aufgrund periodenbezogener Casemix- und Kostendaten könnte m. E. vieles vereinfachen und "gerechter" machen (transparente, allgemeinverbindliche Regeln, statt Einzelstreiterei). Das Ziel wäre ein selbstlernendes System mit Blick nach vorn statt der Fehlersuche in längst abgeschlossenen Fällen.

    Hier könnte die Zusammenführung der GKV-Kassen in eine Girostelle helfen, Verwaltungskosten und im Grunde unnötige Bürokratie wegfallen zu lassen.
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Hallo AEP Forum,
    hier noch der aktuelle Kommentar von Herrn Assessor Jörg Meister DKG
    http://www.dkgev.de/1_jur/jur-2002_160.htm

    Hier ein Auszug:
    Zudem haben die Krankenkassen in jedem Fall zunächst die Rechnungen innerhalb der im Landesvertrag vorgesehenen Fristen zu begleichen, selbst wenn sie Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung haben. Es ist ihnen dann landesvertraglich ausdrücklich erlaubt, hiergegen Einwendungen nach Zahlung geltend zu machen und ggf. später mit Rückzahlungsansprüchen aufzurechnen. Ein Zurückbehaltungsrecht zur Durchführung weiterer Prüfungen besteht nicht.

    Anmerkung:

    Mit dieser letztinstanzlichen und damit höchstrichterlichen Entscheidung des BSG ist damit eine weitere seit Jahren andauernde Auseinandersetzung zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern zugunsten der Krankenhäuser beendet worden. Unter Hinweis auf Entscheidungen der Sozialgerichte Speyer und Dortmund sowie des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz sind die Krankenkassen zunehmend dazu übergegangen, die gesetzlichen Kompetenzen des MDK auszuhöhlen und unter dem Deckmantel eines ?Fallmanagements? unmittelbar an sich selbst die Herausgabe von Patientenunterlagen zu fordern. Trotz massiver Kritik der DKG, des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und selbst des für die Krankenkassenaufsicht zuständigen Bundesversicherungsamtes konnte eine sprunghafte Ausbreitung dieser Praxis beobachtet werden.

    Nunmehr hat endgültig das BSG hierzu das letzte Wort gesprochen und dem MDK ein ?exklusives Recht? auf Akteneinsicht eingeräumt. Krankenkassenvertreter, die eventuell beabsichtigen, auch dieses BSG-Urteil zu ignorieren und weiter direkt an die Kliniken mit Herausgabeforderungen herantreten, seien vorsorglich auf folgendes hingewiesen:

    Spätestens mit dieser BSG-Entscheidung ist endgültig klargestellt, dass die Herausgabe von Patientenunterlagen unmittelbar an die Krankenkasse einen Bruch der ärztlichen Schweige-pflicht darstellt. Eine Anstiftung hierzu ist strafbar.


    --
    Kurt Mies
    http://www.myDRG Fan

    Kurt Mies

  • Hallo Herr Scholz, hallo Forum,


    Original von Scholz:
    ...
    Im genannten Fall tragen die Juristen ja reichlich wenig zur Wahrheitsfindung bei (man muss Jurist sein, um zu verstehen, warum die Wahrheitsfindung nur selten die Aufgabe eines Gerichtsverfahrens ist).
    ...

    Die Juristen haben meiner Meinung nach sehr wohl "zur Wahrheitsfindung" beigetragen. Allerdings haben sie sich nicht um die Details des Einzelfalles, sondern um das grundlegende Problem der Mißachtung gesetzlicher Vorschriften durch die Krankenkassen gekümmert.

    ...
    Hier wären DRGs ein Fortschritt gegenüber FP/SE, wenn man sich dem "Diktat des Durchschnitts", d. h. dem Grouper und den Kostengewichten unterwerfen würde und dann nicht jeden Fall auf die Goldwaage legen muss.

    ...


    Das glaube ich nicht. Erstens setzen Sie ein perfektes oder zumindest brauchbares DRG-System voraus - wovon wir noch Jahrzehnte entfernt sind. Zweitens handelt es sich beim DRG-System um das datenhungrigste (cave Datenschutz) und teuerste System zur Verteilung der Mittel im Gesundheitswesen.
    Die noch vor wenigen Jahren von Vertretern der Selbstverwaltung vorgetragene These, daß es sich beim DRG-System um ein einfaches und billiges System handelt, glaubt inzwischen außer vielleicht einigen "Gesundheits"-Politikern keiner mehr.

    Streitfälle wird es auch im DRG-System geben, allerdings mit wesentlich diffizileren Fragestellungen. Und wenn wir vielleicht doch einmal ein akzeptiertes DRG-System haben, ist dieses nicht gerecht, weil manche Kosten von den Krankenhäusern nicht so stark wie nötig beeinflußt werden können (Instandhaltung, Wege, Weiterbildung usw.) - oder soll das alles über Sonderzuschläge geregelt werden?

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Christoph Rüschemeyer

    Med. Controlling Klinikum Osnabrück

  • Hallo Herr Rueschemeyer, hallo Forum,

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Die Juristen haben meiner Meinung nach sehr wohl "zur Wahrheitsfindung" beigetragen. Allerdings haben sie sich nicht um die Details des Einzelfalles, sondern um das grundlegende Problem der Mißachtung gesetzlicher Vorschriften durch die Krankenkassen gekümmert.

    Richtig, und so etwas machen Juristen immer. Der Gesetzgeber macht eine Vorschrift, und die Juristen passen auf, dass die Vorschrift auch umgesetzt wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Vorschrift einen Sinn macht oder nicht. Auch die inhaltlichen Interessen der streitenden Parteien sind unwichtig, wichtig ist, dass dem Gesetzestext genüge getan wird. Die Parteilichkeit ist natürlich gegeben, jeder Anwalt vertritt seinen Mandanten, egal, ob dieser in der Sache Recht hat. Die Spielregeln vor Gericht sind so, dass Formfehler ausreichen, um den Ausgang des Verfahrens zu bestimmen.

    Hier kann nur der Gesetzgeber durch klare und einfach zu befolgende Regeln dazu beitragen, dass sich der Arbeitsaufwand der Gerichte in Grenzen hält.

    ...
    Original von Scholz:
    Hier wären DRGs ein Fortschritt gegenüber FP/SE, wenn man sich dem "Diktat des Durchschnitts", d. h. dem Grouper und den Kostengewichten unterwerfen würde und dann nicht jeden Fall auf die Goldwaage legen muss.

    ...

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Das glaube ich nicht. Erstens setzen Sie ein perfektes oder zumindest brauchbares DRG-System voraus - wovon wir noch Jahrzehnte entfernt sind.

    Jahrzehnte ist etwas übertrieben, aber wir können ja schon mal anfangen. Vielleicht haben Sie aber auch eine Alternative...

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Zweitens handelt es sich beim DRG-System um das datenhungrigste (cave Datenschutz) und teuerste System zur Verteilung der Mittel im Gesundheitswesen.

    Datenhungrig ja, Datenschutz liegt mir sehr am Herzen, könnte durch verschiedene Maßnahmen auch gewährleistet werden, z. B. Abschaffung des §301 SGB V,

    teuer eher nein, die Abschaffung der Krankenkassen würde sicher einige Euro einsparen. (Schön, dass man hier im Forum mal so richtig seine Meinung sagen kann, nicht wahr?)

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Die noch vor wenigen Jahren von Vertretern der Selbstverwaltung vorgetragene These, daß es sich beim DRG-System um ein einfaches und billiges System handelt, glaubt inzwischen außer vielleicht einigen "Gesundheits"-Politikern keiner mehr.

    Wenn das DRG-System schwierig ist, brauchen wir natürlich eine Alternative. Aber ich glaube, man kann es verstehen, wenn man sich etwas Mühe gibt.

    Ich habe hier wirklich keine Angst vor einer konsequenten Zentralisierung mit Einspareffekten. Denn so ein Verfahren, z. B. DRG-Ausgleiche (Dr. B. Scholz), ist wirklich nicht teuer.

    Zitat


    Original von crueschemeyer:
    Streitfälle wird es auch im DRG-System geben, allerdings mit wesentlich diffizileren Fragestellungen. Und wenn wir vielleicht doch einmal ein akzeptiertes DRG-System haben, ist dieses nicht gerecht, weil manche Kosten von den Krankenhäusern nicht so stark wie nötig beeinflußt werden können (Instandhaltung, Wege, Weiterbildung usw.) - oder soll das alles über Sonderzuschläge geregelt werden?

    Mit Sicherheit wird gestritten. Aber hoffentlich produktiv. Immerhin bietet das datenhungrige DRG-Verfahren genügend Fakten, die eine Entscheidung erleichtern.

    Sonderzuschläge, die offensichtlich nicht ausreichen oder zu hoch bemessen sind, kann man ändern, wenn entsprechende Nachweise geführt werden.

    Vieles kann aber auch das einzelne Krankenhaus steuern, da es ebenfalls dank Benchmarking und veröffentlichten Fallzahlen fundierte Entscheidungen treffen kann. Und ein wirtschaftliches Restrisiko bleibt. Dafür gibt es Management, vielleicht auch eine Versicherung. Wie das einzelne Krankenhaus entscheidet, sollte ihm selbst überlassen bleiben, hier brauchen wir keine Planwirtschaft, hier darf m. E. Wettbewerb sein.
    --
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Bernhard Scholz
    DRG-Beauftragter
    Kliniken des Landkreises Freyung-Grafenau gGmbH

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Guten Tag zusammen,
    hat bei Ihnen bereits eine Kasse reagiert und ihr Zahlungsverhalten umgestellt?
    Bei uns (Andernach) bisher lediglich die Bundesknappschaft.
    Die AOK hat dahingehend reagiert, dass sie das Urteil wie folgt deutet:
    <<Es handelt sich um Fallpauschalen, deren richtige Abrechnung seitens der Krankenkasse angezweifelt wird, keineswegs handelt es sich um die Frage, ob die Zahlung für den gesamten Aufenthalt erfolgen muss, obwohl die Kostenzusage seitens der Kasse befristet wurde>>
    Die übrigen Kassen haben sich noch nicht bewegt.
    Wie sind Ihre Erfahrungen???

    Robert Schmidt

    Mit vielen Grüßen
    R.Schmidt