• Guten Morgen,

    wir haben in einem Fall, in dem ein positiver Urinbefund vorlag und eine antibiotisch Behandlung eingeleitet wurde, die N39.0 als Nebendiagnose kodiert. Ein Uricult und Resistogramm wurde nicht durchgeführt, der Patient hatte kein Fieber.

    Nun schreibt uns der MDK, dass dieses nicht richtig sei und nur die R82.7 (abnorme Befunde bei mikrobiologischen Untersuchungen) zu kodieren sei. Als Grund hierfür werden die Kriterien des Robert Koch- Institutes, wann eine symptomatische Harnwegsinfekt vorliegt, aufgeführt.

    Hiernach sollten u.a. Harndrang und Fieber ohner andere erkennbare Ursache vorliegen, mehr als 10.000 Keime pro ml nachgewiesen werden, ein positiver Nitrit- bzw.Leukozytenesterase- Nachweis vorliegen. Die Diagnose muss durch einen Arzt gestellt werden und die Antibiotikatherapie durch eine Arzt begonnen werden. (Wir muten dem Pflegepersonal ja schon eine Menge zu, aber Diagnose und Therapie liegen bei uns noch in ärztlicher Hand!)

    \"Die alleinige Antibiotika- Gabe können nicht sicher dem Harnwegsinfekt zugeordnet werden, die Veränderungen im Urinbefund könnten ja auch durch eine andere Quelle (wie Kontamination oder Verwechselung!) hervorgerufen sein. \" (Zitat MDK)

    Hat vielleicht jemand mit dieser Argumentation Erfahrung?

    Schönen Gruß aus Unna

    H. Hypki

  • Guten Morgen Herr Hypki,

    mutet zunächst einmal eigentümlich an, die Position des MDK.

    Jedoch, wenn der MDK schreibt,

    Zitat


    Original von Hypki:
    \"Die alleinige Antibiotika- Gabe können nicht sicher dem Harnwegsinfekt zugeordnet werden, die Veränderungen im Urinbefund könnten ja auch durch eine andere Quelle (wie Kontamination oder Verwechselung!) hervorgerufen sein. \" (Zitat MDK)

    gibt es andere Haupt- oder Nebendiagnosen in diesem Fall, die auch eine Antibiotika-Gabe gerechtfertigt haben?

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Grüß Gott nach Unna Herr Hypki,

    das finde ich ja schon ganz schön krass! :sterne:
    Dann können (Verwechselung) ja alle Befunde angezweifelt werden!

    Konkret: Positiver Urinbefund heißt in unserem Haus Nitrit-positiv. Dann sollte eigentlich Urin auch in die Bakteriologie geschickt werden.
    Da es hier aber praktisch keine falsch negativen Fälle gibt, wird dann auch sofort behandelt und dies im Arztbrief entsprechend vermerkt. In so einem Fall (Nitrit-positiv) würde ich auf der Nebendiagnose unbedingt bestehen!

    Mit freundlichen Grüßen aus dem Süden

    M. Finke

    [f2]Mit freundlichen Grüßen


    Dr. M. Finke
    Oberarzt der Chirurg. Abteilung :i_ritter:
    Rotkreuzklinik Lindenberg[/f2]

  • Hallo,

    nein, es hat keine andere Diagnose gegeben, die eine Antibiotikagabe gerechtfertigt hätte.

    Die Nitrit- Bestimmung war positiv.

    Danke für Ihre Antworten, jetzt werde ich mal mit der Krankenkasse sprechen, mal schauen, wie es weitergeht.

    Schönen Gruß

    H. Hypki

  • Hallo zusammen,

    ich denke man sollte grundsätzlich bei einem Nitrit-positiven Befund noch vor der ersten Antibiotika-Gabe eine Urinkultur nachfordern. Die medizinische Indikation ist klar: Mit dem Antibiogramm weiß ich ob meine Antibiose passt.

    Aber auch ein nicht zu vernachlässigen Grund ist, dass ich mit dem Keimnachweis auch eine entsprechende Sekundärdiagnose (*-Diagnose) zum Infekt dazu nehmen kann (B95. und B96.) Mit der Sekundärdiagnose kommen dann z.B. viele vorher PCCL-3er-Fälle in die PCCL-4er-Gruppe hinein.

    Liebe Grüße

    Willm

    Moin, moin!

    \"Ick bün al weer dor\" :b_wink:

  • Hallo Herr Hypki,

    ich denke mal, mir liegt genau das gleiche MDK Gutachten vor. Nitrit positiv, Antibiose. ND´n ohne Bezug zur Antibiotikagabe.
    Der MDK verweist auf die ND R82.7, Kontamination oder Verwechslung und bezieht sich auf das das Robert-Koch-Institut und das Center of Disease-control (USA).
    Die Zahlung erfolgte unter Vorbehalt, aber nach diesem Gutachten muss man die HWI´s verstärkt in die Prüfung einbringen. Mich würde interessieren, ob noch weitere Gutachten dieser Art vorliegen; diese Formulierung des MDK ist mir neu.

    Gruß aus Dortmund
    B. Panka

  • Hallo Herr Hypki,

    das ist ja lustig.
    Obwohl man ja meist Urin für ein Antibiogramm abnimmt, bevor man eine dennch \"blinde\" AB-Therapie beginnt, könnte man das im Sinne der Kostenoptimierung auch anders sehen, schließlich ist bei einem unkompliz. HW-Infekt die Antibiose schon beendet, ehe das Antibiogramm eintrifft.
    Ihr MDK fordert offenbar gerade diesen vermehrten Ressourcenverbrauch, ob klinisch notwendig oder nicht. Ein HWI liegt m.E. nunmal vor, wenn der Urinstreifen positiv (Nitrit, Leukos) ist, dieser Befund + AB-Verbrauch rechtfertigt N39.0. Die Keimanzahl ist entbehrlich. Subj. Beschwerden (Fieber, Harndrang, etc.) fehlen gerade bei älteren/multimorbiden/diabet. Pat., obwohl gerade bei diesen Pat. eine Therapie des HWI nötig ist. Das Antibiogramm dient lediglich der evtl. Therapieoptimierung.
    Demnächst kommt der MDK auch noch auf die Idee, Pneumonien nur bei mikrobiol. Keimnachweis gelten zu lassen ... :d_niemals:
    Dies scheint ein ideales Beispiel zu sein, wie das DRG-System eher zu vermehrten Kosten führt, wenn auch nicht für den Kostenträger, statt (objektiv) Kosten zu senken. :d_neinnein:

    Übrigens: R82.7 (abnorme Befunde bei mikrobiologischen Untersuchungen) ist hier totaler Quatsch, da ja gerade kein mikrobiolog. Befund vorliegt.

  • Hallo,

    merkwürdigerweise sind einige MDK-Ärzte ziemlich unsicher, was die Diagnostik und Therapie des Harnwegsinfektes angeht. Da gibt es viele Unklarheiten (Bakteriurie, symtomatischer HWI, nosokomialer Infekt, katheterassoziierter Infekt usw.), wie an anderer Stelle schon erklärt. Es überrascht dann nicht mehr, dass die Unklarheiten noch größer werden, wenn es um die Frage geht, ob und wann ein Harnwegsinfekt therapiert werden muss. Medizinische Unklarheiten müssen zu Unklarheiten in der Kodierung führen. Ich will hier nichts rechtfertigen, möchte aber um Verständnis bitten, dass nicht alle Kollegen genügend praktische Erfahrungen haben. Aber, das ist das Gute am MDK - die Kollegen sind der Medizin allein verpflichtet, nicht dem Papier.
    Fangen wir an:
    1. der Hinweis auf das RKI bezieht sich sicher auf die CDC-Definition für nosokomiale Infektionen. War es überhaupt eine nosokomiale Infektion?
    2. auch wenn nur eine Bakteriurie behandelt wurde, bestimmt der Arzt, ob diese wie ein HWI behandelt werden muss. Es entscheiden die Umstände und das Risiko des Patienten.
    3. Welche Art der Blindtherapie veranlasst wird, geht aus den Daten des Krankenhauses (Erregerspektrum im Krankenhaus, Surveillance-Daten, Abteilungsspezifik usw.) und den Patientendaten (Risikopatient, Diabetes, rezidivierende Infekte usw.)und den Erfahrungen des behandelnden Arztes hervor, nicht aus theoretischen Papieren.
    4. Wenn Sie wie einen HWI therapiert haben - kodieren Sie einen HWI. Die Rummacherei um die CCL-Kodierung ist gegen die DKR. Übrigens sagen die Kodierrichtlinien nicht, dass man etwas kodieren kann oder sogar nur darf. Sie sagen etwas darüber aus, wann man kodieren muss.

    Alles andere wäre von Übel.

    Zwei Bemerkungen seien mir als Urologe gestattet:
    1. Fordern Sie die Einschätzung eines Fachkollegen. Das ist Ihr Recht.
    Die Einschätzung eines Urologen des MDK hätte Ihnen sicher viel mehr geholfen als das Einlassen auf das übliche Geplänkel.
    2. Kann ich bei der allgemeinen Infektionslage überhaupt nicht verstehen, dass im Krankenhaus keine bakterielle Austestung veranlaßt wird. War es ein nichtkomplizierter, nichtnosokomialer Harnwegsinfekt, kann man sich auf eine Diskussion einlassen, ob man in diesem einen Fall auf eine Austestung verzichtet. Handelt es sich um einen nosokomialen Infekt, so ist die Trefferrate nur noch um 20-25%, was den Erreger angeht und noch schlechter, was die Empfindlichkeit anbetrifft. Wenn man mit der Therapie daneben liegt, kann man nur noch mit verbundenen Augen und einer Fliegenklatsche rumlaufen, symbolisch gesehen.

    Viele Grüße aus Bad Wildungen

    bdomurath

    B.D.

  • Zitat


    Original von wolf:

    Zwei Bemerkungen seien mir als Urologe gestattet:
    1. Fordern Sie die Einschätzung eines Fachkollegen. Das ist Ihr Recht.
    Die Einschätzung eines Urologen des MDK hätte Ihnen sicher viel mehr geholfen als das Einlassen auf das übliche Geplänkel.
    bdomurath


    Guten Tag,
    direkt dazu:
    der MDK bei uns in Bayern erkennt die N39.0 nur an, wenn eine Urinkultur vorliegt und wenn eine entsprechende Symptomatik vorliegt.
    Wie eine solche z.B. bei einem dementen Patienten aussieht, darüber schweigen sich die Kollegen leider aus. Diese Auffassung - so wird mir zumindest berichtet - kommt von den urologischen Fachkollegen aus dem MDK.
    In den evidenzbasierten leitlinien zum Harnwegsinfekt (nachzulesen hier) heisst es:
    Sind auf dem Teststreifen Nitrit und Leukozyten positiv, sind weitere Untersuchungen überflüssig. Die zusätzliche oder alleinige Untersuchung des Harnsediments bringt keine zusätzliche diagnostische Sicherheit, sie ist aufwendig und die Qualität ist abhängig von der technischen Ausführung.Ref.40, Ref.41 ....

    und weiter:

    bei V.a. unkomplizierten HWI ist eine Kultur jedoch in der Regel unnötig (level of evidence IIa).Ref.33

    Wie sieht es denn die Urologengemeinde hier:
    Ist bei einem HWI zwingend eine Kultur vonnöten?

    Wann ist eine Bakteriurie ein Harnnwegsinfekt (nur bei Symptomatik? bei Nitrit ++ ? bei Leukozyturie? ) :sterne:

    Fragen über Fragen. Leider wird die Auseinandersetzung vor dem Sozialgericht, die wir Ende letzten Jahres deshalb angestrengt haben, dauern. :jaybee:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Liebe Kollegen,

    auch in diesem Bundesland bezieht sich der MDK auf das RKI. Nun ist mir nicht bekannt, daß das RKI (von wem auch immer) den Auftrag erhalten hätte, bundesweit verbindliche Definitionen herauszugeben, wann eine Diagnose gesichert ist und wann nicht. Es liegt immer noch in der Hand des betreuenden Arztes festzustellen, wann er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Diagnose stellen kann. Somit ist der Bezug auf das RKI rein willkürlich (ein Schelm, wer hinsichtlich der hohen Anforderungen Böses denkt) und wird m. E. keinen Bestand haben können.

    Die vom Kollegen Horndasch zitierte Leitlinie gibt an, daß bei pos. Nitrit und Leukos sowie entsprechenden Symptomen die pos. Vorhersagewahrscheinlichkeit bei über 90 % liegt(Def.: Wahrscheinlichkeit \"krank\" bei pos. Test). Da die Leitlinie das Vorliegen der Syptome für die Vorhersagewahrscheinlichkeit betont, wären Demente gesondert zu diskutieren.

    Um es mal ganz klar zu sagen: Im Rahmen meiner klinischen Tätigkeit hätte ich das ein oder andere Mal viel dafür gegeben, eine derart hohe diagnostische Sicherheit zu haben! Die ernüchternden Ergebnisse der Studien zu Autopsien kenne wir alle...

    Somit sollte ganz klar sein, daß die RKI-Aussagen nicht als verbindlich gelten können und daß es gute, evidenzbasierte Gründe gibt, bei entsprechemden U-Stix und Symptomen einen HWI zu diagnostizieren.

    Viele Grüße,

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo Hypki,

    aus meiner Sicht ist die Kodierung des Harnwegsinfektes regelkonform. Nach meiner Kenntnis der DKR reicht schon die klinische Diagnose u. dazu gehörige Therapie aus, um die vorgenommene Kodierung zu rechtfertigen. Sie haben sogar noch einen unstrittigen Nachweis des Harnwegsinfektes: Nitrit positiv. Eine Antibiose wurde deshalb durchgeführt. Kriterien der DKR erfüllt, folglich Verschlüsselung ohne wenn u. aber.
    Gruß
    Michae_S