• Hallo,

    den Beitrag habe ich mit wachsendem Interesse gelesen. Zumal die Diagnose N39.0 auch in unserem Haus, nach Vorlage eines positiven Urinbefund, sprich Leucozyturie, Bakterurie, Nitrit-pos, eine entsprechende Antibiose vorgenommen wird. Dann haben wir demnächst auch eine negative Beurteilung durch den MDK zu erwarten.
    Wie weit spielen wir dieses Spiel noch mit. Die Kodierrichtlinien DKR003d beschreiben unmissverständlich die Maßnahmen, die eine Nebendiagnosenverschlüsselung zulässt, sogar in der Erweiterung der \"Beschwerde\" des Patienten. Mit dem U-Status und dem verbundenen Laborbefund der Blutuntersuchung sehe ich die diagnostische Maßnahme als ergriffen an, die therapeutische Maßnahme ist durch die Medikation, die Visite und die Befundkontrolle ebenfalls gegeben, somit habe ich zwei der Faktoren erfüllt, wobei nur eine erforderlich ist. (a.a.O.)
    Dann stellen \"Sachbearbeiter\" der Krankenkasse fest, eine Prüfung durch den MDK sei notwendig und dieser zwingt mich zur Korrektur wider dieser Regel.
    Wenn es eine einheitliche Richtlinie gibt, die mir die Rechtfertigung einer Diagnose erst erlaubt, halte ich mich daran, aber nur des \"Downkodigung\" willen, eine Diagnose anders kodieren?
    Nun wird hier vorgeschlagen, die Diagnose wider des MDK-Gutachten zu belassen. Die Krankenkassen werden sich dieser Auffassung nicht anschließen. Es bleibt dann der Gang zum Sozialgericht. Es wäre sehr aufschlussreich, wenn hierüber ebenfalls schon ein Erfahrungsbericht möglich wäre.
    Ich werde die Empfindung nicht los, dass dieses System von manchen Instutionen für die Kostendämpfung \"gebeugt\" wird.
    Einen erfolgreichen Tag

  • Hallo,

    na ja, man wundert sich ja immer wieder.
    Ich habe noch einmal Kontakt mit der Krankenkasse aufgenommen und mitgeteilt, dass wir uns der Auffassung nicht anschließen können.
    Die Sachbearbeiterin hat mit der kasseneigenen Beratungsärztin gesprochen und siehe da, man konnte die Stellungnahme des MDK nicht nachvollziehen und hat uns recht gegeben.

    Reden hilft ja manchmal... :p

    Schönen Gruß aus Unna

    Heribert Hypki

  • Hallo Forum, hallo Herr Hypki,

    zunächst mal Glückwunsch, dass sich die Sache so geklärt hat. Ich habe von der Argumentation des MDK schon öfters gehört, dass ein HWI nur dann anerkannt wird, wenn eine mikrobiologische Bestätigung vorliegt. Als Mikrobiologe muss ich sagen, dass das eigentlich nicht in Ordnung ist - klinische Kriterien und Nitrit im Urin reichen m. E. aus für die Diagnose eines HWI.

    Im ambulanten Sektor wird ja oftmals keine routinemäßige Urinkultur angelegt, weil HWIs meist unkompliziert mit Standard-Antibiotika zu behandeln sind. Allerdings nehmen auch unter den \"normalen\" HWI die Infektionen mit resistenten Erregern immer mehr zu. Ich habe gerade mal über unsere (Uniklinikum Ulm) Daten vom letzten Jahr eine Statistik-Abfrage gemacht, und von allen ambulanten HWI waren schon >25 % der Erreger resistent gegen mind. eines der Medikamente, die man so routinemäßig verwendet. Bei den stationären war es noch schlechter. (OK, manche in vitro resistenten Erreger sprechen aufgrund hoher Konzentrationen im Urin trotzdem noch auf die Antibiotika an, aber eben auch nicht immer)

    Die Zeiten ändern sich also, so dass ich nur empfehlen kann, bei entsprechender Klinik auch einen Uricult zu machen, nicht nur, weil B96.2 und B95.2 cc-relevant sind, sondern auch, weil man doch immer wieder was Interessantes dabei herausfindet. Wenn nebenher der MDK zufriedengestellt wird, soll es mir nur recht sein :).

    Viele Grüße
    Tim Pietzcker

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Hallo Forum,

    bei der Anpassung der DKR für 2006 der Selbsverwaltungspartner, gibt es u.a. folgenden Hinweis:
    \"Es besteht weiterhin zwischen den den Vertretern der GKV sowie der DKG in der dazugehörigen Arbeitsgruppe Konsens darüber, das jedweder therapeutische-,diagnostische-,Betreuungs-,Pflege-oder Überwachungsaufwand die Kodierung der ND erlaubt. Eine künstliche Grenze bezüglich eines minimalen Aufwandes, der für die Kodierung einer ND zu überschreiten ist, EXISTIERT NICHT, auch wenn dies in der alltäglichen Abrechnungspraxis wiederholt von unterschiedlichen Beteiligten gefordert wird.\"

    Man beachte, dass dies die GKV selber mit unterschrieben hat.

    Mit freundlichen Grüßen

    Erga

  • Hallo,

    das Zitat aus dem Artikel der ku ist zutreffend, trifft aber m. E. nicht den Kern des Problems. Hintergrund ist, daß der MDK die von den behandelnden Ärzten gestellten Diagnose nicht akzeptiert und daher die Codierfähigkeit verneint.

    Mit gutem Grund gibt es in den Kodierrichtlinien den Abschnitt \"Verdachtsdiagnosen\". Wenn ein U-Stix mit Symptomen eine pos. Vorhersagewahrscheinlichkeit von > 90 % hat, dann handelt es sich eben um mehr als nur einen vagen Verdacht, sondern schon um eine sehr wahrscheinliche Diagnose. Nicht jede Diagnose läßt sich eben 100%ig stellen, man erinnere sich an das eigene \"Ringen\" um die Diagnose.

    Was ebenfalls auffällt sind die Neigungen, Indikationen für durchgeführte Maßnahmen zu verneinen, bspw. Eingriff nach § 115 b mit zusätlichem Eingriff, der einen stationären Aufenthalt begründet. Hier wurde flugs die Indikation für den zweiten Eingriff nicht gesehen und damit eine ambulante Abrechnung gefordert. Wollen mal sehen, wann die ersten Gutachten kommen, die statt einer laparoskopischen eine offen-chirurgische Hernie für indiziert halten.

    V. Blaschke

    _____________________
    Dr. med. Volker Blaschke

  • Hallo,

    bei unserem ersten gemeinsamen Codieren mit dem MDK nach Einführung der DRG an unserem Haus hat der MDK die Neutralität seiner Institution postuliert. Da kann man denn doch erhebliche Zweifel bekommen.
    Im Übrigen ganz klar in den DKR festgelegt: Verdacht auf und entsprechende Behandlung wird kodiert. Ich weiß nicht, worüber da noch diskutiert werden muss.
    Nun habe ich festgestellt dass jeder - mich und sicherlich alle anderen klinischen Kodierer eingeschlossen - mal Fehler machen kann.
    Es ist jedoch mal zu überlegen, ob diejenigen, die bewusst und nach nochmaliger Information über diese Regeln diese glasklaren Regeln ableugnen, nicht wegen Verschwendung von Ressourcen der Krankenkassen in Regress genommen werden sollten.

    MR

    M.Rost

  • Zitat


    Original von Pietzcker:

    Als Mikrobiologe muss ich sagen, dass das eigentlich nicht in Ordnung ist - klinische Kriterien und Nitrit im Urin reichen m. E. aus für die Diagnose eines HWI.

    Die Zeiten ändern sich also, so dass ich nur empfehlen kann, bei entsprechender Klinik auch einen Uricult zu machen, nicht nur, weil B96.2 und B95.2 cc-relevant sind, sondern auch, weil man doch immer wieder was Interessantes dabei herausfindet. Wenn nebenher der MDK zufriedengestellt wird, soll es mir nur recht sein :).

    Hallo Forum, Tag, Herr Pietzcker,

    Nun ist der HWI eben keine vorwiegend mikrobiologische Diagnose, sondern m.E. vor allem eine klinische, hier helfen \"Harnglas und Nase\" wie vor hunderten von Jahren.
    Ich kann eigentlich kaum glauben, daß wir hier um Aufwandshöhe diskutieren, wo doch diese völlig unerheblich ist (Vgl. Kaliumbanane). Nur für die Stichfestigkeit überzogener Gutachteransprüche die Kosten hochzutreiben bedeutet doch eine sinnlose Aufrüstung, dies sollte man nicht mitmachen :g_nono:.

    Die Resistenz-Zunahme dürfte ja im wesentlichen an der fehlgeleiteten Antibiotikasteuerung liegen, aber das führt hier zu weit.

    Der korrekte weg, der ja auch zu Erfolg führt, ist konsequenter Widerspruch gegen derartige, aus der Luft gegriffene Forderungen, eine klare Dartstellung der Argumente auch gegenüber der Kasse, mit denen nicht selten, wie ja auch in obigem Beispiel, eine Einigung zu erzielen ist.

    Im Übrigen sollten N39, wie auch R63 den selben Weg nehmen wie die F17.2 daher kann ich nur alle ermutigen, am Vorschlagsverfahren teilzunehmen.

    Gruß

    merguet

  • Guten Tag,
    habe durch einen Querverweis in einer anderen diskussion das hier gefunden:
    Und da heißt es vom MDK:

    \"Welche medizinischen Kriterien rechtfertigen
    die Kodierung?
    Kodierempfehlung:
    Eines der folgenden Kriterien muss erfüllt sein:
    • Signifikante Leukozyturie (mehr als 8 Leukos pro GF im zenrifugierten
    Sediment plus signifikanter Keimzahl (mind. 100.000 Keime/ml)
    und Therapie
    • Asymptomatische Bakteriurie bei Kindern/Schwangeren mit Antibiose
    nach Antibiogramm und bei urologischer Ursachenabklärung
    mit spezifischer Diagnose und Therapie
    • Typische, dokumentierte und nachvollziehbare Klinik und Therapie\"

    Jetzt muss sich nur noch der MDK an seine eigenen Empfehlungen halten. :d_zwinker:

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo,

    ich möchte noch etwas ergänzen. Das RKI hat Stellung zu der Frage der Definition nosokomialer Infektionen bezogen (sogenannte CDC-Definition) und nur dazu. Deshalb muss zunächst geklärt sein, ob die Definition einer nosokomialen Infektion überhaupt zutrifft.(http://www.rki.de/cln_006/nn_226….html__nnn=true).
    In diesen CDC-Bestimmungen ist der klinische Standpunkt hervorgehoben worden (Entscheidungskriterium: \"Diagnose des Arztes\"; \"Arzt beginnt entsprechende antimikrobielle Therapie\"). Da geht es nicht ausschließlich um Laborwerte, wie offensichtlich einige Schriftstücke glauben machen wollen.

    Wenn Sie Patienten mit einer Verweildauer unter 48h behandeln, haben Sie eher kein Problem mit nosokomialen Infektionen. Anderenfalls schon.
    Deshalb halte ich die bakterielle Austestung im Krankenhaus für erforderlich. Aus medizinischer Sicht. Darüber hinaus existieren noch die Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes. Wie erstellt man eine Infektionsstatistik und erfasst die Erreger mit besonderen Resistenz wenn man keine Austestung macht?

    Diese Frage ist aber völlig unabhängig von der Frage der Kodierung.
    Es gelten die DKR für alle. Der CCL-Tunnelblick ist da völlig kontraproduktiv.

    Schönen Abend

    bdomurath
    Bad Wildungen

    B.D.

  • Hallo Herr Merguet, hallo Forum,

    Zitat


    Original von merguet:

    Nun ist der HWI eben keine vorwiegend mikrobiologische Diagnose, sondern m.E. vor allem eine klinische, hier helfen \"Harnglas und Nase\" wie vor hunderten von Jahren.

    Genau das hab ich doch geschrieben? Oder meinten Sie gar nicht mich?

    Zitat


    Original von merguet:
    Ich kann eigentlich kaum glauben, daß wir hier um Aufwandshöhe diskutieren, wo doch diese völlig unerheblich ist (Vgl. Kaliumbanane). Nur für die Stichfestigkeit überzogener Gutachteransprüche die Kosten hochzutreiben bedeutet doch eine sinnlose Aufrüstung, dies sollte man nicht mitmachen :g_nono:.

    Die Resistenz-Zunahme dürfte ja im wesentlichen an der fehlgeleiteten Antibiotikasteuerung liegen, aber das führt hier zu weit.

    Auch da meinte ich doch das Gleiche wie Sie - mein Argument für die mikrobiologische Diagnostik war die zunehmende Resistenzlage (welcher Ursache auch immer). Meine Ansicht dazu ist ja, dass man die fehlgeleitete Antibiotikasteuerung in den Griff kriegen könnte, wenn man von der Breitspektrum-Blindtherapie (durch entsprechende Testungen) hin zu einer spezifischen (kostengünstigeren) Therapie käme.

    Ich finde, es macht medizinisch Sinn, zu wissen, ob ein Erreger von der Therapie erfasst wird oder nicht. Diagnostik nur, weil es Punkte bringt, ist nicht in Ordnung. Wenn aber der MDK einen dahin treibt, weil er sonst den HWI nicht anerkennt, wer ist dann schuld daran, dass es genau deswegen gemacht wird?

    Viele Grüße
    Tim Pietzcker

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Hallo Herr Piezcker,

    Wollte Ihnen nicht widersprechen, sondern noch einmal in die Runde rufen. Im Grunde sind wir uns einig. By the way: schönen Gruß aus Essen besonders an Sie.

    Gruß auch ins übriges Forum,

    merguet