Ärzte Widerstand gegen Pathways

  • Hallo Forum,

    in dem KH, in dem ich gerade Praktikum mache, sollen Pathways eingeführt werden, was sich jedoch als schwierig gestaltet, da der Widerstand der Ärzte (leider kann man es wirklich derart pauschal sagen) diese aller Wahrscheinlichkeit zum Scheitern verurteilt.

    Zuerst kommen sie nicht zu den Projektgruppentreffen, an denen Pathways diskutiert und gemeinsam erarbeitet werden sollen. Zu denen, die schon implementiert worden sind, sagen sie, dass sie keinen Patienten darauf setzen werden, da es medizinisch keinen Sinn ergibt (wobei diese CPs nicht nur von Pflegern erarbeitet wurden, sondern auch von Ex-Medizinern).

    Mir scheint, dass es sich vor allem um eine Kopfsache handelt, da Behandlungspfade in anderen KHs ja durchaus zu funktioneren scheinen. Meine Frage: Was wird denn da gemacht, damit Ärzte sich an CPs beteiligen und später auch die Patienten darauf setzen? Gibt es irgendwelchen Tipps und Tricks?

    Viele Grüße, N.B.

  • Zitat


    Was wird denn da gemacht, damit Ärzte sich an CPs beteiligen und später auch die Patienten darauf setzen? Gibt es irgendwelchen Tipps und Tricks?


    Guten Abend,

    leider kann ich nur den Hinweis geben, der schon oft recht pauschal vermittelt wurde: Behandlungspfade werden nur dann Akzeptanz haben, wenn innerhalb des Hauses von höchster Stelle Pfade als Instrument vermittelt werden (man kann auch sagen: verordnet). Solche Instrumente sind Managementinstrumente und müssen auch von dort die entsprechende Unterstützung erfahren.

    Gruß aus DU
    Dr. med. Andreas Sander
    Evangelisches und Johanniter
    Klinikum Niederrhein

  • Hallo NB,

    kritisieren und ablehnen ist immer einfacher als selber konstruktive Vorschläge zu unterbreiten. Warum sollte das bei uns Ärzten anders sein .-) ?
    Im Ernst: Medizinisch sinnvolle CP dienen doch auch dazu, Berufsanfängern eine Struktur zu vermitteln was mit ihren \"Standardpatienten\" während des stat. Aufenthaltes passieren soll. Außerdem dienen sie der Erinnerung, welche Maßnahmen vor einem eventuellen Eingriff durchzuführen sind. Jedem der vor einer OP schon einmal nach den (nicht vorhandenen) Gerinnungswerten oder vor einem Herzkatheter nach dem TSHbasal gesucht und sich darüber geärgert hat dürfte das einleuchten. Nicht zuletzt können CP auch als Gesprächsgrundlage mit den KK zB beim Abschluss von IV-Verträgen dienen.
    Grundsätzlich hat Kollege Sander natürlich Recht, Ansprechpartner muß auch in der Anfangsphase die Geschäftsleitung sein.

    Viele Grüße

  • Hallo NP,
    versuchen sie mal, die Kollegen damit zu ködern, dass im klinischen Pfad die Kodierung vorgegeben ist und die Sache wesentlich erleichtert.
    Vielleicht hilft das weiter.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Guten Morgen Herr Burma,

    Zitat


    Original von A. Sander:
    Behandlungspfade werden nur dann Akzeptanz haben, wenn innerhalb des Hauses von höchster Stelle Pfade als Instrument vermittelt werden (man kann auch sagen: verordnet). Solche Instrumente sind Managementinstrumente und müssen auch von dort die entsprechende Unterstützung erfahren.

    der Aussage von Herrn Sander ist nur beizupflichten. Ohne einen nicht unbedingt sanften Druck werden Sie da nicht weiterkommen. Die Teilnahme an den Veranstaltungen sollten sie zur Pflicht machen!
    Die Behandlung in Pfaden ebenfalls, ggfs. mit schriftlicher Abweichungsbegründung. Wenn Ihre oberste Leitung der Einführung von CPs zugestimmt hat, dann muss sie Ihren Willen auch nach aussen kundtun.

    Sie als Praktikant haben in der hierarchisch geprägten Strulktur eines KH nicht allein die Durchsetzungskompetenz, um so etwas zu forcieren. Bitten Sie die GF, hier eine klare Ansage zu machen.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. Duck

  • Guten Tag,
    das ist so wie mit dem QM. Einfach zu sagen: \"wir machen das jetzt\"! und dann nichts mehr zu tun (auf Leitungsebene) ist halt nicht dazu geeignet, ein System zu etablieren.
    Un die Ärzte müssen irgendwie auch die Möglichkeit haben, an solchen vorbereitenden Sitzungen teilzunehmen. Meist läuft das aber so, dass irgend jemand den Auftrag bekommt, sich darum zu kümmern, aber ihm hierzu keine zeitlichen Ressourcen dafür zur Verfügung gestellt werden.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo Herr Burma,

    mich wundert überhaupt nicht, dass die Ärzte keine Lust haben, an den Projektgruppen teilzunehmen. Die sind doch schon mit anderen Aufgaben überlastet. Der Hinweis, sie bekommen doch die Kodierung frei Haus ist auch ein zweischneidiges Schwert, denn die muss erst einmal einer in den Pfad eingeben und zwar mit allen eventuellen Abweichungen. Und die sind häufiger als man denkt. Bei orthopädisch-/traumatologischen Pfaden geht das sofort in die Hunderte Diagnosen und genauso viele Prozeduren. Noch habe ich auch keinen Beweis gelesen, dass ein Pfad in Deutschland wirklich Ersparungen bewiesen hätte. Denn vor der Erstellung eines Pfades ist erheblicher Ressourcenverbrauch angesagt. Und ob die Kosten jemals wieder eingespielt werden, sei dahingestellt.

    Dies nur als Kommentar.

    Mit freundlichen Grüßen
    Thomas Winter
    Berlin

  • Bevor einer kommt und klinische Behandlungspfade auf ein chaotisch funktionierendes System pflanzt, sollten die bisher vorhandenen, \"unbewußt\", doch effektiv ablaufenden Behandlungspfade analysiert werden. Dort, und nur dort, wo die tradierten Abläufe nicht gut funktionieren, sollten \"hightec\"-CPs implementiert werden. Wenn sich die Vorteile erkennen lassen, werden auch alle mitmachen. Only my five cent. ;)

    There is a theory which states that if ever anyone discovers exactly what the universe is for and why
    it is here, it will instantly disappear and be replaced by something even more bizarre and inexplicable.
    There is another theory which states that this has already happened. ~Douglas Adams

  • Seit 25 Jahren verfolge ich nun das Thema Behandlungspfade
    Immer wieder wird es ausgepackt und es sei ja so wichtig & gut
    Allerorten gleich abgestorben oder ein bisserl später.
    Erstellen ging gerade noch, aber das Aufrecht erhalten nicht mehr.

    habe da auch extremst viel gemacht,
    zunächst Applaus, Effekt aber gering und zuletzt NULL.

    Die Leitlinien versuchen nun ähnliches mit den Pockettformaten.
    Niemand beachtet das ernsthaft oder arbeitet damit.
    Ist auch kaum versteh- oder überschaubar.

    Ich habe den Mut und sage, das ist alles Mist.
    Leitlinien sind richtig, aber nicht als Klinikbehandlungspfad geeignet.
    allenfalls für hochredundante Verfahren, wie standig nur TEPs o.ä.

    Worauf es mMn ankommt:

    Man muss sehr belesen sein, um ein grosses Repertoire abrufen zu können
    Systematisches Abfragen/Entscheiden gibt es nahezu nie, zu zeitintensiv
    Entscheidungswege sind meist assoziativ, zufällige Verknüpfungen.
    Systematisch verknüpfen und wichten geht ab einer bestimmten Komplexität nicht mehr effektiv, gerade das wichten gelingt dann nicht mehr, und das ist fast das wichtigste.
    Belesenheit und Erfahrung sind die indiv-unterbewusste Qualitätskontrolle.
    Goethe: \"Ein rechter Mann, der den Moment erfasst\"
    Beispiel die habilitierenden Leitlinien-Prediger an den Uni-Kliniken
    wehe, wenn sie losgelassen (etwas überspitzt, aber ist nicht selten so)
    der Patient wird dem Raster angepasst, nicht umgekehrt,
    Karl Valentin: \"nur gescheit ist auch blöd\"
    Und das mein ich nicht zynisch-polemisch.

    Deshalb:

    Stete Flucht in die Struktur- und Organisationsdiskussion ist ein Scheingefacht, Schattenboxen, militärisch gesehen die \"Nebelkerze\".

    MMn besser:
    Sprechen wir mal über persönliche Verantwortung und Zuständigkeit.

    Mein kontrapunkt zum Thema - klar in bisserl überspitzt.

    Gruss

    Peter