Hauptdiagnose I20.0 oder K80.01

  • Hallo Forum,

    Es stellt sich mal wieder die Frage der korrekten Hauptdiagnose:

    Ein Patient wird am 29.08. mit thorakalem Druck sowie Cephalgien stationär aufgenommen, durch den Notarzt wurde bereits Nitro- Spray verabreicht, danach Besserung. Bei der Aufnahme diskreter abdomineller Druckschmerz, geringe Leukozytose (10,8/nl). Aufnahmediagnose hypertensive Krise mit Angina pectoris. Medikamentöse Behandlung des akuten Koronasyndroms und Einstellung des Blutdruckes. Darunter Besserung der Symptomatik.
    Am 02.09. entwickelte sich die Symptomatik eine Cholecystitis, im CT Verdacht auf eine gedeckte Gallenblasenperforation, am 03.09. Cholezystektomie mit der Diagnose „Akut nekrotisierende Cholecystits“.
    Als HD wurde die I20.00 (Instabile Angina pectoris) gewählt, der MDK lehnt dieses aber ab mit der Begründung „…die Symptome Hypertonie und Angina pectoris wahrscheinlich durch die Entzündung im Oberbauch verursacht bzw. verstärkt wurden.“ und ist der Meinung, dass die K80.01 (Gallenblasenstein mit akuter Cholezystitis) als Hauptdiagnose zu wählen sei.
    Natürlich ist das möglich, aber zwischen Aufnahme und akuten abdominellen Schmerzen liegen 5 Tage, ist da die Ansicht des MDK- Gutachters noch realistisch oder eher hypothetisch?

    Mit freundlichen Grüßen aus Unna
    und allen ein schönes Wochenende

    Heribert Hypki

  • Hallo,

    das Wort \"wahrscheinlich\" in der Stellungsnahme des MDK sagt es doch schon... Kann sein, muss aber nicht... und was denn jetzt, verursacht oder verstärkt? Das sind doch zwei unterschiedliche Dinge... Bei verstärkt hätte die AP mit hypertoner Entgl. ja auch unabhängig bereits bestanden...

    Die OB-Symptomatik mit Leukozytose spricht allerdings für eine Entzündung bereits bei Aufnahme.

    Eine \"Stress-Cholecystitis\" als Folge der AP mit hypertoner Krise würde ich aus fachlicher Sicht allerdings doch für recht weit hergeholt halten.

    Letztendlich wird es medizinisch nicht zu klären sein, ob Henne oder Ei zuerst da war...

    Wenn man also davon ausgeht, dass beide Erkrankungen für dich genommen zur Aufnahme geführt hätten - und man die AP sicher nicht als Symptom der -itis definieren kann, sehe ich hier zwei Krankheiten, die zur Aufnahme geführt haben. Und dann können Sie sich die mit dem höheren Ressourcenverbrauch aussuchen. Wobei höherer Ressourcenverbrauch nicht gleich höherem DRG-Erlös ist.

    Im Ergebnis würde ich also dem MDK folgen, nicht aber dem Weg dorthin..

    So, und jetzt warte ich gespannt auf Gegenmeinungen und Argumente.... :erschreck:

    Grüße und schönes Wochenende, J. Helling

    PS: Die K80.01 beinhaltet eine Gallenwegsobstruktion (von Ihnen zumindest nicht beschrieben)

  • Hallo Herr Hypki, hallo Herr Helling,

    \'diskreter abdomineller Druckschmerz\' und 10,8 Leukos klingen für mich nicht nach einer akuten Cholezystitis, die geeignet wäre eine hypertensive Entgleisung mit AP-Symptomatik auszulösen. Auch dass die medikamentöse Einstellung (wohl eher weder Antibiose, noch Analgetika, oder? ) zu einer Besserung des Zustandes führt, stützt nicht gerade die These, dass die Cholezystitis schon bei Aufnahme akut war.

    Die \'Symptomatik einer akuten Cholezystitis\' entwickelte sich auch erst 5 Tage später, also zuvor 5 Tage lang \'symptomlose akute Cholezystitis :lach: \' ?

    Aufnahme erfolgte wegen hypertensiver Krise mit AP !!

    Viele Grüße aus Melle
    Dr. Th. Wagner 8)
    Facharzt für Chirurgie
    Leiter Medizincontrolling
    christl. Klinikum Melle

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,

    Zitat


    Original von JanH:

    das Wort \"wahrscheinlich\" in der Stellungsnahme des MDK sagt es doch schon... Kann sein, muss aber nicht... und was denn jetzt, verursacht oder verstärkt? Das sind doch zwei unterschiedliche Dinge... Bei verstärkt hätte die AP mit hypertoner Entgl. ja auch unabhängig bereits bestanden...


    Vermutungen dienen als Grundlage für eine gutachterliche Bewertung.
    „ Wahrscheinlich, verursacht bzw. verstärkt “

    Wo bleibt die med. wissenschaftliche Auseinandersetzung, was spricht für die Diagnose AP bzw. akute Cholezystits, was dagegen


    Folgende Fragen sind für mich zu klären:


    Kardiale Vorgeschichte?
    Bestand bei Aufnahme Fieber?
    Wurde das CRP bestimmt?
    Laborwerte im Verlauf?
    Wurde über einen längeren Zeitpunkt analgetisch behandelt?
    Verdacht: Wurde wegen der Leukozytose ein Antibiotikum gegeben (und damit die abd. Symptomatik „verschleiert“?


    Zitat


    Original von JanH:
    So, und jetzt warte ich gespannt auf Gegenmeinungen und Argumente....


    Auch ich vermute (!), dass hier bei atypischen AP Beschwerden und nicht gesicherter koronarer Ursache hier im Einzelfall retrospektiv die gastrointestinale Erkrankung als Hautdiagnose bewertet werden muß.
    Aber nur anhand des Entlassungsbriefes ist eine eindeutige Aussage nicht möglich.


    Kafka:
    „Rezepte schreiben ist leicht, aber im übrigen sich mit den Leuten verständigen ist schwer

    Zum Vergleich:
    MDK:
    Gutachten schreiben ist leicht, aber ….


    Wo bleibt der kollegiale Dialog?


    Zitat


    Original von Hypki:
    Am 02.09. entwickelte sich die Symptomatik eine Cholecystitis, im CT Verdacht auf eine gedeckte Gallenblasenperforation, am 03.09. Cholezystektomie mit der Diagnose „Akut nekrotisierende Cholecystits“.


    Nur am Rande:
    Weitere offene Fragen für mich:
    Wurde vor dem CT eine Sonographie durchgeführt?
    Warum wurde bei radiologischer Verdachtsdiagnose am 2.9 erst am 3.9. operiert?


    Gruß

    Eberhard Rembs

  • Guten Morgen Herr Rembs,

    einige offene Fragen lassen sich klären:
    Eine hypertensive Herzerkrankung war bei dem Patienten bekannt, in den ersten Tage hatte der Patient Temperaturen zwischen 36,5° und 37°, ab dem 01.09. Temperaturen bis 38,5°, die Leukozyten stiegen bis zum Op-Tag auf 16.400 n/l, das CRP wurde auch erst am OP Tag bestimmt und lag bei 33,31 mg/dl. Analgetisch wurde nur am Aufnahmetag einmalig Novalgin verabreicht.
    Antibiotika wurde erst ab dem 01.09. verabreicht. Die Sonographien der ersten Tag konnte wegen ausgeprägten Meteorismus kaum beurteilt werden, am 02.09. war dann eine Verdickung der der Gallenblase und ein gestauter DHC erkennbar, darauf hin wurde das CT veranlasst.

    Der Patient bot am 02.09. keinerlei klinischer Zeichen und war beschwerdefrei. Nachdem er am darauffolgenden Tag akute Beschwerden entwickelte und ein Temperaturanstieg trotzt Antibiotika bot, wurde er notfallmäßig operiert.

    Schönen Gruß

    Heribert Hypki

    • Offizieller Beitrag

    Guten Abend,
    guten Abend Herr Hypki,

    danke für die ergänzenden Informationen!

    Der Fall ist weiterhin aus der Ferne schwierig zu beurteilen.
    Ich tendiere eher zur Gallenblasenerkrankung als Hauptdiagnose.
    Ohne den Dialog mit den behandelnden Ärzten ist m.E. eine endgültige Festlegung kaum möglich.

    Gruß
    Eberhard Rembs