Absenkung des Basisfallwertes

  • Referentenentwurf S. 29:

    Soweit in Folge einer veränderten Kodierung der Diagnosen und Prozeduren Ausgabenerhöhungen entstehen, sind diese vollständig durch eine entsprechende Absenkung des Basisfallwerts auszugleichen.

    Was bedeutet "veränderte Kodierung"?
    Jeder Fall wird doch nur einmal kodiert, oder? Und jeder Fall ist anders.

    Gummiparagraph? Hintertür für floatenden Punktwert?

    MfG B. Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Moin B. Scholz

    sorry, vielleicht ist es nicht so einfach, aber bedeutet das nicht lediglich, wenn alle jetzt wie wild verschlüsseln, daß es dann nicht mehr Geld gibt? Und war das nicht eh so geplant, daß der Basisfallwert sinkt, wenn uns plötzlich ganz viele CCL relevante Nebendiagnosen einfallen?

    MFG Liebner:rotate:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Herr Dr. Scholz,

    Zitat


    Original von Scholz:
    Referentenentwurf S. 29:

    ...
    Gummiparagraph? Hintertür für floatenden Punktwert?
    ...

    MfG B. Scholz

    Das ist auch meine Befürchtung. Auf jeden Fall ein Hintertürchen.
    Herzliche Grüße
    B. Sommerhäuser


    --
    a: [Nicht gemacht-nicht dokumentiert]=kein Geld,
    b: [nicht gemacht-dokumentiert]=Betrug,
    c: [gemacht-nicht dokumentiert=kein Geld, aber Kosten],
    d: [gemacht-dokumentiert]=OK.

  • Hallo ThLiebner!

    Vielleicht ist Ihr Beitrag nur ironisch gemeint. Ich find`s nicht lustig:

    Nein, so einfach ist das nicht.

    Zunächst geht es einmal um`s "Right-Coding" und nicht um`s "Up-Coding".

    Das ganze Spielchen "DRG-Einführung" macht doch nur einen Sinn, wenn die Bewertungsrelationen und vor allen Dingen die Basisfallwerte auf Kalkulationen beruhen und nicht auf Mengenentwicklungen. Und wenn schon Mengen über den Preis gesteuert werden sollen, dann doch bitte so, dass endlich einmal wieder der rechtliche und wirtschaftliche Normalfall auch im Gesundheitswesen eintritt, dass nämlich zuerst die Preise festgesetzt werden und dann die Leistung erbracht wird. Dieses perverse Spiel mit floatendem Punktwert und nachträglicher Erlöskürzung im Sinne eines Kollektivregresses gehört vor`s Bundesverfassungsgericht. Da geht es ja auf einem orientalischen Basar noch berechenbarer zu wie im deutschen Abrechnungssystem für ärztliche Leistungen. Ein Link zum Thema ambulante Abrechnung:

    http://www.augeninfo.de/honorar.htm
    (fand ich auf http://www.buschtelefon.de/)

    Wollen wir diese Zustände auch für die Krankenhäuser?

    Aber vielleicht habe ich hier etwas falsch verstanden und uns hilft noch jemand bei der Interpretation.

    MfG B. Scholz

    [center] Bernhard Scholz [/center]

  • Moin Herr Scholz,

    nein, ironisch war das nicht gemeint. Und gut finde ich das auch nicht. Aber, so ist das System, soweit ichs verstanden habe, tatsächlich geplant. Mehr wollte ich nicht sagen.

    Und ich darf nur an die Info über die Decubiti in diesem Forum erinnern. 5% waren es, die verschlüsselt worden waren. Auch bei "Right Coding" ist das viel Spielraum für einen sinkenden Punktwert.

    Und Ihre Sorge um das "Upcoding" teile ich. Es könnte zu einer Situation wie im kassenärztlichen System kommen. Wir Ärzte haben das in der Hand. Wenn ALLE nur das Verschlüsseln, was sie tatsächlich gemacht haben, gibts (fast) kein Problem. Aber wird das immer so sein?

    MFG Th. Liebner

  • Hallo Herr Scholz,

    nicht "Hintertür" sondern Scheunentor für floatenden Punktwert! Genau das ist meiner Meinung nach beabsichtigt. Hinzu kommt, daß nicht nur "Right-Coding" sondern auch "Up-Coding" hier eingeht. Zusätzlich soll das ganze noch einmal auf Krankenhausebene stattfinden.
    Und dann gibt`s in dem Entwurf noch die Regelung, daß der doppelte Differenzbetrag zurückgezahlt werden muß, wenn man beim (absichtlichen) "Up-Coding" erwischt wird.
    Der MDK soll zwar auch prüfen, ob evtl. zu wenig abgerechnet wurde, den Prüfauftrag erteilen aber weiterhin die Krankenkassen. Ich habe jedenfalls nichts gefunden, daß diese Prüfungen nach randomisierten Verfahren eingeleitet werden sollen oder gar von den Krankenhäusern selbst initiiert werden könnten (wäre doch vielleicht ganz praktisch, den MDK mit der Kodierprüfung im Hause zu beschäftigen). Also ist bereits die Auswahl zu den Prüfungen einseitig.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Christoph Rüschemeyer

    • Offizieller Beitrag

    Hallo die Herren,

    Das BMG sagt folgendes:

    Neutralisierung von Upcoding-Effekten
    Auf Grund der Erfahrungen in anderen Staaten, die DRG-Systeme eingeführt haben, ist zu erwarten, dass sich das Kodierverhalten der Krankenhäuser in den ersten vier Jahren erheblich verbessert.

    Hier wird doch von „Verbesserung“ gesprochen und nicht von „Betrug“. (siehe unten)
    ... Verbesserungen werden normalerweise belohnt und nicht bestraft...
    Ich habe jedenfalls früher ein paar Märker für gute Zensuren bekommen und nicht Hausarrest!


    Heute werden nur in geringem Umfang Nebendiagnosen erfasst. Bei dem australischen DRG-System hängt die Einstufung in die höheren Schweregrade und damit in die besser bezahlten Fallpauschalen auch von der Kodierung von Zusatzerkrankungen oder Komplikationen (Nebendiagnosen) ab. Diese erwünschte Veränderung des Kodierverhaltens darf jedoch nicht dazu führen, dass bei gleichbleibenden Leistungen zusätzliche Ausgaben der Krankenkassen entstehen.

    Was soll das denn bitte bedeuten? Etwa: Wir übernehmen zwar ein solches Modell, es darf sich aber nicht auswirken?
    Außerdem wurde doch auch schon in der Vergangenheit nicht (immer) leistungsgerecht bezahlt. Eine genaue Darstellung über HD, ND und Prozeduren (soweit möglich) hat doch in der Vergangenheit nichts gebracht, außer Arbeit. Jetzt wo wir komplexe Sachverhalte erstmals darstellen, sollen sie sich aber nicht auswirken? Die Konvergenzphase soll Anpassungen in beide Richtungen zulassen..., wie bitte soll das dann noch nach OBEN möglich sein??? Dürfen die Gesamtausgaben bundesweit nur nicht durch die neue Kodierqualität erhöht werden, mit der daraus ableitbaren Möglichkeit der Umschichtung, oder ist das KH-individuell zu sehen?

    Für die Vereinbarung des Basisfallwerts auf der Landesebene wird deshalb mit § 10 Abs. 3 Satz 3 KHEV vorgegeben, dass diese Upcoding-Effekte durch eine entsprechende Absenkung des Basisfallwerts zu neutralisieren sind. Entsprechend bestimmen die §§ 3 und 4 KHEV, dass Mehrerlöse des einzelnen Krankenhauses vollständig auszugleichen sind, soweit sie auf Upcoding-Effekte zurückzuführen sind. Für die pauschalierte Ermittlung dieser Mehrerlöse wird eine Berechnungsformel vorgegeben.

    Hier klingt Upcoding auf einmal wie „Betrug“. (siehe oben)
    Mehrerlöse vollständig ausgleichen bedeuten für 0 € Leistung erbringen. Das wäre im Falle des Betrugs (setzt doch eigentlich Vorsatz voraus, wie will man den immer nachweisen?) ja akzeptabel, aber da gibt es ja die Regel des „doppelten Ausgleichs“. Bedeutet doch letztlich, dass hier also doch nicht die absichtlich-oder-nicht falsch verschlüsselten Fälle gemeint sein können.
    Ich gebe zu, dass ich hier nicht alles richtig verstehe. Ich kann mich dem Eindruck nicht erwehren, dass gewisse Themen sehr allgemein behandelt werden, damit man später niemanden konkret auf eine Aussage festnageln kann. Ketzerisch könnte man natürlich sagen, dass hier die Maxime der Politik in Reinform erfüllt werden, das bringt aber auch nichts.

    Ich hätte auch gerne, wie Hr. Scholz und die Anderen, eine Deutung, die nicht noch mehr Fragen aufwirft. Aber vielleicht habe ich den Text auch gar nicht so verstanden, wie er gemeint ist. I)

    ...auf die Formel bin ich gespannt...

    Gruß
    D. D. Selter


    [ Dieser Beitrag wurde von Selter am 03.08.2001 editiert. ]

  • Hallo Herr Scholz,
    schon im Anschreiben zum Referentenentwurf finden sich Feststellungen, die meiner Einschätzung nach ganz deutlich auf die Einführung von "floatierenden Punktewerten" hinweisen. Der "Grundsatz der Beitragssatzstabilität" gilt, d.h. aus meiner Sicht, dass durch entsprechendes "Rightkoding" entstehende Mehrkosten nicht zu einer Ausweitung des Krankenhausbudgets führen dürfen.
    Und weiter unten:
    "Ausgabenerhöhungen in Folge von Kodiereffekten werden sowohl auf der krankenhausindividuellen
    Ebene (Mehrerlöse) als auch auf der Landesebene (Basisfallwert) neutralisiert."
    Soweit, so schlecht.
    MfG
    Thomas Menzel

  • Sehr geehrte DRG Gemeinde,
    Herr Karl Heinz Tuschen (Referatsleiter BMG) nimmt in seinem Beitrag in f&w 4/2001 Stellung zum Upcoding. Er erwartet auf Grund der erfahrungen in anderen DRG Staaten einen Anstieg der Nebendiagnosen.Zitat K.H.Tuschen "diese erwünschte Veränderung des Kodierverhaltens darf jedoch nicht dazu führen, dass bei gleichbleibenden Leistungen zusätzliche Ausgaben der Krankenkassen entstehen. Es wird deshalb mit §10 Abs. 3 Satz 3 KHEV vorgegeben, dass diese Upcoding-Effekte durch eine Absenkung des Basisfallwertes zu neutralisieren sind."
    I) Wie soll man sich verhalten? Geschieht hier das Gleiche wie der Verfall der Punktwerte im ambulanten Bereich? Erst fahren wir die Zahl der Diagnosen auf ein Maximum an Möglichem, das ist dann der Standard, drunter ist zuwenig und drüber ist "Upcoding"
    Wie sehen Sie das?

    Mit freundlichen Grüßen

    Kurt Mies
    Krankenpfleger
    DRG Beauftragter

    Kurt Mies