Vorgesehene Änderungen zur MDK-Einzelfallprüfung nach dem GKV-WSG

  • Der (bekanntermaßen noch nicht abgestimmte) Entwurf zum Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV (GKV-WSG)beinhaltet einige Neuregelungen zum Themenkomplex \"Begutachtung und Beratung\".:biggrin: Demnach ist in § 275 SGB V ein neuer Absatz 1c vorgesehen, der wie folgt lauten soll:

    \"Bei Krankenhausbehandlung nach § 39 ist eine Prüfung nach Absatz 1 Nr. 1 zeitnah durchzuführen. Die Prüfung nach Satz 1 ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den Medizinischen Dienst dem Krankenhaus anzuzeigen. Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ein Aufwandspauschale in Höhe von 100 Euro zu entrichten.\"
    :i_respekt:
    Endlich eine handfeste Vorgabe für die Kassen, die zukünftig das weitere Ausufern der MDK-Prüfaufträge und die Prüfung lang zurückliegender Fälle vermeiden soll. Ferner sollen die Kassen durch die Aufwandpauschale dazu \"motiviert\" werden, nur noch sachlich gerechtfertigte Einzelfallprüfungen zu veranlassen.

    Aus der Gesetzesbegründung zu dieser Änderung ergibt sich darüber hinaus folgende Argumentation, die endlich einmal eine offizielle Beschreibung und Bestätigung der zum Teil unhaltbaren Zustände darstellt:

    \"Im Krankenhausbereich besteht Handlungsbedarf im Hinblick auf den Umfang der gutachterlichen Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), die Krankenkassen im Rahmen der Einzelfallprüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V anfordern. Von einzelnen Krankenkassen wird die Prüfungsmöglichkeit in unverhältnismäßiger und nicht sachgerechter Weise zur Einzelfallsteuerung genutzt. Dies führt zu unnötiger Bürokratie. Für einzelne Krankenkassen liegen Hinweise zu Prüfquoten im Rahmen der Einzelfallprüfung in Höhe von 45 Prozent der Krankenhausfälle vor. Dies belastet die Abläufe in den Krankenhäusern teils erheblich, sorgt für zusätzlichen personellen und finanziellen Aufwand und führt in der Regel zu hohen und nicht gerechtfertigten Außenständen und Liquiditätsproblemen. Eine zeitnahe Prüfung ist nicht immer gewährleistet. Teilweise werden weit zurückliegende Fälle aus Vorjahren geprüft. Dies führt auch zu Unsicherheiten bei Erlösausgleichen und Jahresabschlüssen.\"

    Offen bleibt indes, inwieweit es der Kassenseite im Gesetzgebungsverfahren gelingen wird, diesen Entwurf \"zu entschärfen\" bzw. weichzuspülen.:t_teufelboese:

    So richtig schön konkret wird die Gesetzesbegründung dann zur Umsetzung der Sechs-Wochen-Frist:

    \"Durch Satz 2 wird nach Eingang des Rechnungsdatensatzes bei der Krankenkasse eine Ausschlussfrist von sechs Wochen eingeführt, innerhalb derer die Krankenkasse eine Prüfung einzuleiten und der Medizinische Dienst dem Krankenhaus die Prüfung anzuzeigen hat. Prüfungen, die nach Ablauf dieses Zeitraums dem Krankenhaus angezeigt werden, sind nicht zulässig.\" :i_baeh:

    Sollte diese Regelung tatsächlich unverändert umgesetzt werden, dürfte für viele Mitarbeiter in den Patientenverwaltungen der Krankenhäuser ein Traum in Erfüllung gehen.

    Drücken wir die Daumen, dass es dazu kommt!

    [arial]Freundliche Grüße
    DRG-Fan[/arial]

  • Hallo DRG-Fan,

    Zitat


    Original von DRG-Fan:
    Sollte diese Regelung tatsächlich unverändert umgesetzt werden, dürfte für viele Mitarbeiter in den Patientenverwaltungen der Krankenhäuser ein Traum in Erfüllung gehen.

    und die Kündigung ins Haus stehen, denn wenn soviel Ressourcen gebunden werden und diese dann nicht mehr benötigt werden, was meinen Sie wo ein Klinikleiter dann den Rotstift ansetzt, sofern er Kostenoptimierung betreiben muss?

    MFG

    Mr. Freundlich

  • Hallo Forum, Hallo DRG Fan.

    Wo findet sich denn der Gesetzentwurf? In Anlage zwölf steht leider nichts.

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo Forum,

    leider habe ich die Befürchtung, dass die KK dies umgehen werden indem dann die Krankenhäuser mit telefonischen und brieflichen Anfragen bombardiert werden.
    Im Moment bindet das bei uns im Haus ebenfalls beträchtliche Zeit und Personal.
    Ansonsten hört sich das ja alles sehr gut an. Endlich mal etwas konstruktives

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Zitat


    Original von Mr. Freundlich:
    ...und die Kündigung ins Haus stehen, denn wenn soviel Ressourcen gebunden werden und diese dann nicht mehr benötigt werden, was meinen Sie wo ein Klinikleiter dann den Rotstift ansetzt, sofern er Kostenoptimierung betreiben muss?

    Hallo Mr. Freundlich,

    ich denke, ganz so viele Ressourcen werden sicherlich nicht freigesetzt, denn natürlich besteht hier auch das Risiko, daß in Zukunft von Kassenseite evtl. \"unüberlegter\" geprüft wird, da ja die Mitteilungen dann möglichst schnell raus müssen...
    Außerdem wäre das (Rotstift) auch noch o.k., solange die Pat.versorgung durch die Streichungen nicht gefährdet wird, denn letztendlich geht es ja um den Patienten, meint

    Dr. Lars Nagel
    Leiter Medizincontrolling
    Kreiskliniken Darmstadt-Dieburg
    [Groß-Umstadt | Seeheim-Jugenheim]

  • Nochmal Hallo.

    Was m.E. notwendig ist, ist die Berechtigung für die KKn, Patienten, die ein KH gegen ärztlichen Rat verlassen und innerhalb weniger Stunden wiederkommen, die Kosten in Rechnung zu stellen. :devil:

    Gruß
    papiertiger

    Sport: eine Methode, Krankheiten durch Unfälle zu ersetzen.

  • Hallo allerseits,

    ich kann mit den sechs Wochen bestens leben!

    Was mir dabei aber überhaupt nicht schmeckt, ist die Einbindung des MDK für die Anzeige des Prüfverfahrens gegenüber dem Krankenhaus. Diesen Job hätte ich bei allem zusätzlichen bürokratischen Aufwand als Kasse doch gern selbst übernommen.

    Streiten tun sich letztlich um die Fristeinhaltung und die Vergütung oder ggf. Kürzung die Kasse und das Krankenhaus. Wenn ich als Kasse dem MDK einen Tag nach Erhalt der Rechnung den Begutachtungsauftrag schicke und er die Prüfung dem Krankenhaus nicht (fristgerecht) anzeigt, was dann?

    Betrifft in dem Fall die Krankenhäuser zwar nicht wirklich, stört mich an diesem Entwurf aber trotzdem. Dann müssten nämlich konsequenterweise Sanktionsmöglichkeiten gegen Dritte (MDK) eingebaut werden.

    Das mit den 100,- Euro Entschädigung sehe ich als guten Anreiz, Prüfquoten nicht (auch zu Lasten anderer Kassen!!!) ins Uferlose wachsen zu lassen und mit Bedacht prüfen zu lassen. Ob der Betrag angemessen ist, sehe ich zunächst mal als zweitrangig an. Der Weg, wo es hingehen soll, ist klar und richtig so!

    ABER ich sehe auch schon die Vorwürfe an den - ohnehin nicht als unabhängig anerkannten - MDK, dann partout was finden zu \"müssen\", um den Kassen die 100,- Euro zu sparen. Wer das Haar in der Suppe sucht, der wird es auch in diesem Entwurf finden.

    Ich halte das beim ersten Lesen jedenfalls für einen wesentlich besseren Ansatz als viele andere Inhalte des Entwurfs bzw. der Eckpunkte.

    Gruß,


    ToDo

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo Mr. Freundlich,

    nach meiner Erfahrung haben die mit der Beantwortung der MDK-Anfragen beschäftigten Mitarbeiter/-innen in Krankenhäusern auch noch andere Aufgaben. Die Anfragen kommen sozusagen als AddOn dazu und machen aufgrund der erforderlichen Recherchen und des ferner damit verbundenen bürokratischen Aufwands zunehmend vielfach einen immer größeren Arbeitsanteil aus. Die Neuregelung wird die MDK-Einzelfallprüfung keinesfalls abschaffen, aber immerhin dazu führen, dass der ganze Prozess - aktuell weitgehend unghemmt und nach Gutdünken der Kassen umgesetzt - nun endlich eine gewisse Regulierung erfährt.

    Gruß, DRG-Fan

    [arial]Freundliche Grüße
    DRG-Fan[/arial]

  • Hallo ToDo,

    vermutlich hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Vergabe des Prüfauftrags nicht unbedingt auch gleichzeitig den Beginn der Prüfung durch den MDK nach sich zieht. Dieser soll offenbar durch die Neureglung in ein zeitlich stringenteres Verfahren durch Übertragung der Terminverantwortung in die Pflicht genommen werden. Die Schaffung des entsprechenden \"Anreizes \" sieht der Gesetzgeber wiederum bei der beauftragenden Krankenkasse. Dadurch wird zukünftig hoffentlich - zugunsten der betroffenen Krankenhäuser - ein Hin- und Herschieben der Verantwortung zwischen Kasse und MDK vermieden.

    Freundliche Grüße, DRG-Fan

    [arial]Freundliche Grüße
    DRG-Fan[/arial]

  • Hallo Forum,

    so ganz entspannt sehe ich das nicht. Ich befürchte ebenfalls, daß dann zeitnah zunächst mal alles beauftragt wird, was Beine hat, denn dann ist der Prüfauftrag fristgerecht gestellt. Wie lange nun die Verfahren dauern, sei dahingestellt.
    Außerdem fürchte ich eine Zunahme der 17c Prüfungen, da dies dann die einzige Möglichkeit für eine rückwirkende Begutachtung über längere Zeiträume ist.

    @ MR. Freundlich: Seien Sie sicher, daß uns die Flut der Anfragen v.a. davon abhält, uns mit wirklich wichtigen Dingen zu beschäftigen. Die hier verbratene Zeit wäre m.E. deutlich besser in echter Sacharbeit vor Ort angelegt.

    Es bleibt zu hoffen :totlach: , daß die Störer im DRG-Katalog weiter reduziert werden, und daher die Streitgegenstände anderenorts entschärft werden.

    Gruß

    merguet