Thoraxdrainage nach Ritter-Art besser??

  • Hallo Forum,

    wir sind gerade über folgenden Sachverhalt \"gestolpert\". Bei einem Intensiv-Pat. wurde ein Thoraxdrainage in \"üblicher\" Technik wg. eines Ergusses angelegt - also als sog. Mini-Thorakotomie mit manuellem Einführen des Drainage-Schlauches. Wir haben kodiert 5-340.0 Inzision von Brustwand und Pleura: Drainage der Brustwand oder Pleurahöhle, offen chirurgisch. Dies wird bettseitig durchgeführt (ist ja auch keine \"OR\"-Ziffer).

    Nun ist es aber so, dass die 8-144 Therapeutische Drainage der Pleurahöhle (z. B. Bülaudrainage) eine \"komplizierende Prozedur\" im Rahmen der ermittelten DRG darstellt - die 5-340.0 hingegen nicht.

    Unter der 8-144 haben wir bisher die Drainage nach \"Ritter-Art\" verstanden, also mit der Lanze und recht viel Schwung in den Thorax, um es mal überspritzt zu formulieren. Täusche ich mich, oder macht das sonst auch kaum noch einer?

    Oder muß/kann ich womöglich die 5-340.0 UND die 8-144 zusammen kodieren??

    Das ganze scheint mir wieder mal aus dem 3. Akt, 500. Szene \"Wie verwirre ich die kleinen Kodiererlein\" zu sein....

    Nur so am Rande: Völlig unbedeutend sind im speziellen Fall eine Prozedur wie eine PTCA mit Stenting...

    In der Hoffnung auf Hinweise
    P. Dietz

  • Hallo P.Dietz,
    ich hab da mal einen \"Ritter\" gefragt. Beides kodieren findet er nicht gut, wenn schon dann die Methode die angewandt wurde. Aber vielleicht haben Sie irgendwo noch einen Ritter für Lanze und viel Schwung :d_zwinker: .

    Mfg

    8) Stefan Schulz, Med. Controlling

  • Hallo Herr Dietz und Herr Schulz,

    bei uns wird die \"Ritter\" Methode noch angewandt, wenn auch mit wenig Schwung. Der Schwung macht ja die Verletzungsgefahr aus. Also wir bohren mit Klemmchen sozusagend vor und dann mit Lanze und Drain nach. Unsere Allgemeinchirurgen gehen aber meist den Weg der Mini-Incision.
    Ich schließe mich der Einschätzung an, dass zu kodieren, was durchgeführt wurde, aber eben nur eines, nicht beide.
    Das hier scheinbar in der Wertung im System eine Unlogik vorliegt, scheint darin begründet, dass wahrscheinlich das offene Vorgehen als Zusatz zu anderen Op´s im OP-Saal gedacht war und die Lanzenmethode eben einen zusätlichen Hinweis auf erschwerten Verlauf bei überwiegend konservativen Behandlungsformen ?? Wer weiss da mehr??

    Mfg

    Uwe Neiser


  • Lieber Herr Dietz, werte Mitstreiter

    in unserer Chirurgischen Abteilung habe ich beim Kodieren genau die gegenteilige Erfahrung gemacht. Die 5-340.0 ist viel wertiger als die 8-144. Also da verstehe ich dann die Logik auch nicht mehr :d_gutefrage: , vielleicht nennen Sie noch Ihre komlette Kodierung.

    Eine Kodierung beider Ziffern gleichzeitig halte ich im übrigen für ausgeschlossen!

    Ganz nebenbei möchte ich doch was das Legen von Thoraxdrainagen betrifft für das offene Vorgehen eine \"Lanze\" brechen und das Lehrbuch der Internistischen Intensivtherapie (Lasch/Lanz/Seeger) als Chirurg zitieren:

    Zitat

    Eine Penetration ... mt einem Stilett-Katheter bzw. mit dem Trokar, wie es noch in der letzten Auflage dieses Lehrbuchs beschrieben wurde, soll wegen der dabei auftretenden Verletzungsgefahr vermieden werden.


    Die Bohrmethode nach Gutsherren-Art ist m.E. obsolet

    Andererseits ist natürlich für einen banalen Erguss doch ein Matthys-Katheter vorzuziehen.

    Mit freundlichen Grüßen
    M. Finke

    [f2]Mit freundlichen Grüßen


    Dr. M. Finke
    Oberarzt der Chirurg. Abteilung :i_ritter:
    Rotkreuzklinik Lindenberg[/f2]

  • Hallo zusammen,
    wer sich einen Spielgrouper zusammengebastelt hat, dem kann ich mal ein paar Falldaten noch nennen:
    Aufnahme mit Infarkt, Magenblutung, Ausbildung einer Cholezystitis, Sepsis, Beatmung 200 Std., Aufenthalt ca. 30 Tage, Entlassgrund: verstorben
    I21.0 Akuter Vorderwand-Infarkt (VWI
    D62 Akute Blutungsanämie
    N18.89 Chronische nicht-terminale Niereninsuffizienz, Stadium nicht näher bezeichnet
    K92.2Magenblutung o.n.A.
    K81.0 Akute Cholezystitis
    K65.0 Akute Peritonitis
    D68.4Erworbener Mangel an Gerinnungsfaktoren
    A41.9 Sepsis, nicht näher bezeichnet
    J90 Beidseitiger Pleuraerguß

    1-275.0 Transarterielle Linksherz-Katheteruntersuchung, Koronarangiographie ohne weitere Maßnahmen
    5-399.a Verschluß eines Stichkanals mit Kollagen an Blutgefäßen
    5-541.2 Relaparotomie mit Spülung und Drainage
    8-800.7g Transfusion von Vollblut, Erythrozytenkonzentrat und Thrombozytenkonzentrat: Erythrozytenkonzentrat
    5-340.0 Anlegen einer Thoraxdrainage, offen chirurgisch
    5-916.a0 Anlage oder Wechsel eines Systems zur Vakuumversiegelung an Haut und Unterhaut
    5-916.a0 Anlage oder Wechsel eines Systems zur Vakuumversiegelung an Haut und Unterhaut
    1-275.2 Transarterielle Linksherz-Katheteruntersuchung, Koronarangiographie, Druckmessung und Ventrikulograp
    1-632 Diagnostische Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD)
    8-837.m0 Perkutan-transluminale Gefäßintervention an Herz und Koronargefäßen, Einlegen eines medikamentenfrei
    5-511.01 Cholezystektomie, einfach, offen chirurgisch, ohne operative Revision der Gallengänge
    8-701 Einfache endotracheale Intubation
    8-190.10 Spezielle Verbandstechniken: Kontinuierliche Sogbehandlung bei einer Vakuumversiegelung: Bis 7 Tage
    8-390.x Sonstige Lagerungsbehandlung
    8-980.20 Intensivmedizinische Komplexbehandlung (Basisprozedur): 553 bis 1104 Aufwandspunkte: 553 bis 828

    Wir sind prinzipiell auch der Meinung, dass die Drainage eben als Mini-Thorakotomie gemacht werden soll - Komplikationen haben wir fast immer nur nach der Bohr-Methode gesehen.
    Nach Kodip/Prozeduren-Kodierer scheint die 5-340.0 überhaupt keine DRG zu verändern - hingegen ist eben die 8-144 eine komplizierende Prozedur bei Beatmungs-DRGs, gemeinsam mit der genauso \"unsinnigen\" 8-390.y wird\'s nun ein besonders schwerer Fall.
    Hier sieht man mal, dass man komplexe therapeutische Abläufe / klinische Verläufe einfach gut abbilden kann, selbst 2 HK-Untersuchungen/Interventionen sind völlig unbedeutend gegenüber der Frage, ob 5-340.0 oder 8-144

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Hallo Herr Dietz, hallo Forum,

    interessant ist in diesem Zusammenhang in der Tat die Funktion \"Komplizierende Prozeduren\", siehe Definitionshandbuch, Band 4, Seite 653-655. Hier würden allerdings die EK-Gabe (bereits ab 6 EK!) und die Lagerungsbehandlung auch ohne die Thoraxdrainage ausreichen.
    In der Tat komme ich beim Gruppieren mit oder ohne 8-144 in die DRG A13C. :d_gutefrage:


    PS: Sie könnten natürlich auch reanimieren, dialysieren oder bestrahlen...

  • Hallo JanH,
    und dann zweifelt der MDK den zum Teil sehr erhöhten Aufwand der Lagerungsbehandlung bei Intensivpatienten an. Dann bleibt nur noch die Gabe der EKs.
    Der Grouper ermittelt dann ohne die 8-144 die DRG A13D.

    Gruß bewe

  • Hallo JanH,
    sie haben natürlich Recht mit Ihrem Ergebnis - jedoch ist hier - wie bewe schreibt - die Kombination das Problem. Wird die 8-390.y \"aberkannt\", dann kommt eben die 8-144 ins Spiel - im Gegensatz zur 5-340.0
    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Hallo Herr Dietz,

    da haben Sie Recht, dann wird es natürlich ein Problem.

    Inhaltlich sehe ich eine Minithorakotomie auch als 5-340.0, wobei die genaue Abgrenzung zur 8-144 m.E. noch zu definieren wäre...

    Für 2007 ist es zu spät, für 2008 sollte man m.E. das IneK auf diese Problematik hinweisen.

    Gruß, J.Helling

  • Liebe Forumsteilnehmer,

    trotz dass auch wir als Anästhesisten auf Intensiv zur Anlage einer Thoraxdrainage immer ein Skalpell, Schere und, nicht zu vergessen, den behandschuhten Finger zum Vorwärtskommen benutzen, habe ich bisher immer die 8-144 verschlüsselt, da ich die 5-er Schlüssel immer unter den Punkt \"üblicherweise im Operationssaal durchzuführen\" betrachtet habe. Vielleicht wäre das eine Abgrenzungsmöglichkeit.
    Ich hoffe übrigens, dass heute niemand mehr, ausser evtl. im Notfall, eine Bülaudrainage mit Trokar in den Thorax rammt :g_angst:

    Beste Grüße

    Dr. Stefan Stern :sterne:
    Klinik für Anästhesiologie
    Klinikum der Universität München

  • Hallo Herr Stern,
    ich denke, über die Methodik der Anlage sind wir (Anästhesisten) uns überwiegend einig - lediglich ein paar Chirurgen - einem gallischen Dorf gleich - nutzen noch den Rammbock.
    Nochmals zur 5-340.0: Diese Ziffer ist in unserer Kodiersoftware (Kodip) nicht als \"OR\" gekennzeichnet - also eben NICHT unbedingt im OP durchzuführen.

    Viele Grüße
    P. Dietz