100 Euro / 300 Euro

  • Schönen guten Tag allerseits,

    Bedauerlicherweise ist ja beim BSG ein für die Krankenhäuser enttäuschendes Ergebnis herausgekommen. Die jüngste Rechtsprechung (Stichwort \"Rücksichtnahme\") lässt die Interpretationsspielräume und damit das Streitpotential eher größer werden. Bisher wird vom BSG nach meinem Eindruck die \"gegenseitige\" Rücksichtnahme auch eher etwas einseitig angewendet.

    Ich habe allerdings die Aufwandspauschale immer mit Vorsicht betrachtet. Sie ist als Steuerungsinnstrument gedacht gewesen und ich sehe darin daher auch nicht primär den Deckungsbeitrag für die MDK-Prüfungen, jedenfalls nicht auf Dauer. Die Aufwandspauschale wird früher oder später fallen, dafür sorgt schon die Kassenpropaganda über Falschabrechnungen in Verbindung mit der Kassenlage im Gesundheitssystem.

    Allerdings sehe ich gerade in der Notwendigkeit seitens der Politik, wegen der angespannten Lage wieder einmal ein Kostendämpfungsgesetz auf den Weg zu bringen, hier eine Chance, die MDK-Prüfungen zu begrenzen. Denn wenn den Krankenhäusern schon bei deutlich steigenden Personalkosten eine Nullrunde verordnet wird, dann halte ich auch die Forderung für gerechtfertigt, im Gegenzug die Ressourcenbindung durch die MDK-Prüfungen zu verringern - jedenfalls bei den Häusern, die in den Prüfungen nicht sonderlich auffällig sind. Ich Suche daher Verbündete, um diese Position bei Verbänden und in der Politik unterzubringen.

    Konkret könnte dies aus meiner Sicht folgendermaßen aussehen:

    • Der Prüfungsanlass ist gegenüber dem Krankenhaus substantiiert zu begründen, in dem die einzelnen angezweifelten Diagnosen und Prozeduren bzw. die Anzahl der angezweifelten Behandlungstage mit Angabe einer Begründung benannt werden.
    • Der daraus resultierende von der Krankenkasse angesetzte Streitwert ist zu benennen und muss 5% der Rechnung mindestens jedoch 300 € überschreiten
    • Der Prüfumfang wird für jede Krankenkasse auf 5% der Fälle eines Krankenhauses begrenzt. Satz 1 gilt nicht, wenn ein Krankenhaus zu den 10% der Krankenhäuser mit den anteilig meisten Rechnungsminderungen zugunsten der jeweiligen Krankenkasse an den abgeschlossenen Prüfungen gehört. Die zugrunde liegenden Auswertungen sind dem betroffenen Krankenhaus zur Verfügung zu stellen.
    • Die Gutachter des medizinischen Dienstes haben substantiiert und einzelfallbezogen den jeweiligen Grund für die Ablehnung der Kodierung oder Verweildauer zu benennen. Bei Prüfung der Kodierung muss der Gutachter des medizinischen Dienstes nachweisen, dass die Kodierung des Krankenhauses falsch ist und der medizinischen Sachlage oder den Abrechnungsregeln widerspricht. Bei Prüfung der Verweildauer hat der Gutachter durchführbare konkrete Handlungsalternativen unter Berücksichtigung regionalen und patientenbezogenen Gegebenheiten im zu begutachtenden Einzelfall darzulegen.
    • Die Überprüfung soll in der Regel anhand der Originalakte bzw. EDV-gestützer Dokumentationen im Krankenhaus erfolgen und ein kollegiales Gespräch mit Krankenhausmitarbeitern beinhalten.
    • Die Landesverbände der Krankenkassen die Landeskrankenhausgesellschaften richten auf Länderebene neutrale Schlichtungsstellen für Krankenhausabrechnungen ein. Ist im Einzelfall zwischen den Vertretern des Krankenhauses und des medizinischen Dienstes kein Einvernehmen über die Abrechnung zu erzielen, so ist die Schlichtungsstellen nach Satz 1 anzurufen. Der Spruch der Schlichtungsstelle nach Satz 1 ist für alle Beteiligten hinsichtlich der Zahlungsverpflichtung zunächst bindend. Gegen den Spruch der Schiedsstelle kann Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden.

    Eine Ausführliche Darstellung mit Begründung hänge ich an und bitte um Kommentierung (bitte auch Seitens der Kassenmitarbeiter im Forum, ob sie mit solchen Regelungen leben könnten)

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Hr. Schaffert,

    ich vermute mal, dass Sie nicht gerade mit der Unterstützung eines Kassenvertreters gerechnet haben und ich weiß auch nicht, ob Sie sie gebrauchen können. :d_gutefrage:

    Dennoch möchte ich Ihnen sagen, dass ich Ihr Ansinnen für ein sehr vernünftiges halte und Ihnen deshalb zumindest moralischen Zuspruch spendiere. Über einzelne Punkte Ihres Kataloges würde ich noch mal reden wollen, aber insbesondere die Idee der Schiedsstelle halte ich für sehr praxisrelevant und notwendig.

    Also, wie gesagt: Meine stimme haben Sie. :i_respekt:

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Schönen guten Tag Herr Bauer,

    ich lege auf die Meinung der Kassenmitaarbeiter ( und insbesondere auf Ihre Meinung ) großen Wert, weil es mir darum geht, nicht weiter das Konfliktpotential zu erhöhen, sondern eine für alle Beteiligten gangbare Lösung zu schaffen. Wie aus der Begründung hervorgeht, sehe ich auch unsere tieferen Interessen als gar nicht so gegensätzlich an.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Hallo Herr Schaffert,
    das ist ein richtig guter Vorschlag. Auf sowas muss man erstmal kommen - ich neige da eher dazu Gesetze als ehern zu betrachten.
    Ich könnte mir auch vorstellen bei unserem KH-Träger und dessen Anhängseln damit vorstellig zu werden. Sicher kann man das auch bei der Krankenhausgesellschaft unterbringen.
    Vielleicht könnten Sie ja noch mal ein paar Einzelheiten zu einem solchen Verfahren hier beschreiben.

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • Schönen guten Tag Frau Zierold,

    ich möchte den Vorschlag zunächst inhaltlich hier diskutieren. Sollte sich hier eine breite Zustimmung finden, dann gäbe es verschiedene Möglichkeiten, diesen Vorschlag in die politische Diskussion einzubringen. Dies möchte ich jedoch erst nach der inhaltlichen Debatte anregen.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Guten Tag Herr Schaffert,

    schon nach kurzem überfliegen Ihrer Ausführung kann ich die Notwendigkeit Ihrer
    Vorschläge nur beführworten. Beweise dafür haben wir hier im Forum genug.
    Ich hoffe nur, dass sich auch mehrere Kassenmitarbeiter und auch MDK-Gutachter an dieser Diskussion beteiligen und das ganze nicht nur wieder einseitig
    aus KH-Sicht beleuchtet wird.
    Auch wir werden uns Ihren Entwurf noch genauer ansehen, sehen z,Bsp. für den Punkt der Schlichtungsstellen einen überdurchschnittlichen Bedarf zur Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit. Auch eine punktuelle Darlegung der Prüfgründe bei MDK-
    Prüfung und deren Begründung (Siehe auch Beitrag von Hr. Hollerbach-Neues vom....)finde ich anstrebens- und überlegenswert.
    Vielen Dank für Ihr überdurchschnittliches persönliches Engagement!

    Mit frdl. Grüßen
    [c=blue]Mikka[/c]

    :d_zwinker:
    Das Leben ist die Suche des Nichts aus dem Etwas.
    (Chr. Morgenstern)

  • Uih Hr. Schaffert,

    danke für die Blumen! :rotwerd:

    Ich habe mir die detaillierte Begründung mal ausgedruckt und werde versuchen, eine ähnliche Diskussion über den hiesigen Landesverband, bzw. im Kollegenkreis anzustossen. Vielleicht können wir ja tatsächlich mal was von der Basis aus bewegen!

    Viele Grüße

    Michael Bauer :)
    Krankenkassenbetriebswirt

  • Chapeau, Herr Schaffert!

    Vielen Dank für Ihr Engagement. Offensichtlich haben Sie die Nacht durchgearbeitet oder prophetische Fähigkeiten, was das BSG anlangt und deshalb \"nur\" in die Schublade gegriffen.

    Auf jeden Fall unterstütze ich Ihren Vorschlag voll und ganz. Es bleibt zu hoffen, dass sich genügend aufgeschlossene und neutrale Entscheidungsträger finden, die dann auch noch die notwendige Ent-/Beschlusskraft mitbringen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. med. Roland Balling

    Chirurg
    Medizincontroller
    "Ärztliches Qualitätsmanagement"
    Chirurgische Klinik, 82229 Seefeld

  • Hallo Herr Schaffert,

    auch von uns volle Unterstützung! Und herzlichen Dank für Ihr unermüdliches Engagament!

    Herzliche Grüße!

    Mit freundlichen Grüßen

    Lunge - Internist / Pneumologe

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Reinhard,

    auch wenn dies natürlich für die Krankenhäuser hilfreich wäre, habe ich doch starke Zweifel, dass dies umsetzbar ist.

    Zu 1. Wie soll die Anzahl der Tage definiert werden, wenn ja gar keine Infos zu diesem Zeitpunkt vorliegen? Es wird dann einfach die niedrigste mögliche Verweildauer angenommen, bzw. formuliert. Also bei Überschreitung der OGV dann - 1 Tag usw.

    Zu 2. Das ist ja sehr flexibel, da man bei Streichung aller ND, Änderung der HD und Prozeduren ja ganz schnell auf diese Zahlen kommt.

    Zu 3. Datenschutz? Wer definiert diese Statistik? Zeitraum der Auffälligkeiten? ...

    Zu 4. Das wird z. T. als KH-Aufgabe zurückgewiesen. Der MDK sieht sich nicht in der Funktion, die Behandlung mit zu gestallten, bzw. hier organisatorisch tätig zu werden (auch nicht retrospektiv).

    Zu 5. Das hatten wir ja schon oft, aber die Verpflichtung der Vor-Ort-Prüfung besteht nicht und wird auch aus personellen und organisatorischen Gründen bestimmt nicht durchsetzbar sein.

    Zu 6. Das ist ja eigentlich schon seit Beginn des Systems mit auf der Agenda gewesen, aber nie umgesetzt. Natürlich wünschenswert, aber in Anbetracht der Tatsache, dass sich diesbezüglich in den letzten 8 Jahren nichts getan hat, eher nicht kurzfristig (mittelfristig) umsetzbar. Alleine schon die Frage \"Wer-Wann-Wo\" dürfte hier deutlich limitierend sein. Mal ganz abgesehen davon, dass diese dann zu erwartenden zig-tausende Fälle ja personell deutlich fordernd sein würden. Dazu dann noch die Frage der Finanzierung....

    Also, wie gesagt, sehr wünschenswert vom Inhalt, aber aus meiner Sicht mit vielen Stolpersteinen versehen.

  • Hallo Dirk,

    ich sehe natürlich viele der von dir angesprochenen Problematiken ähnlich. Mir ist natürlich auch bewusst, dass selbst wenn ein solcher Vorschlag in die politische Diskussion käme, es noch viele Diskussionen, Ablehnungen, Streichungen, Hinweise auf Undurchführbarkeit und sonstige Änderungen gäbe.

    Was mich dennoch dazu veranlasst ist folgendes:

    • Die Aufwandspauschale erfüllt ihren Zweck nicht
    • Sie führt letztlich zu einem angespannten Klima zwischen Kassen und Krankenhäusern (wie man hier sehen kann: http://mydrg.de.dedi694.your-server.de/apboard/userac…st&postid=67847 )
    • Ich habe die Nase voll von immer weiter ausufernden Nebenkriegsschauplätzen. Ich möchte mich darum kümmern dürfen, dass unser Haus weiterhin eine leistungsfähige und hochwertige Patientenversorgung durchführen kann
    • Die Aufwandspauschale und das ganze MDK-Verfahren entziehen dem System Geld
    • Wir verbauen uns mit dem Streit um unsere vordergründigen Interessen die Chance, die ich in einer Suche nach den tiefer liegenden überschneidenden Interessen sehe und von der ich meine, dass sie in eine win-win-win Situation ( für KH, KK und Patient ) führen kann.

    Ich möchte der Diskussion einfach mal einen konstruktiven Kick ( oder soll ich mit Roman Herzog sagen: \"Ruck\" ) geben.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,