100 Euro / 300 Euro

  • Hallo Forum, hallo Mr. Freundlich:

    Ich glaube, kaum jemand in diesem Forum wehrt sich dagegen, offensichtliche Inplausibilitäten bei der Übermittlung von Codes auch mal auf kleinem Wege zu klären.

    Demgegenüber stehen Prüfungen von zwar DKR-Konformen, aber inhaltlich völlig unsinngien Regelungen (z.B. Intubationszeitpunkt als Plausi für Beatmungszeiten), von denen einige Kassen nicht lassen wollen.

    Ein Mittelweg könnte sein, die Zahl der Prüfungen zu reduzieren. Dann würden auch keine 100 Euro fällig.

    Wenn Sie aber auf eine Prüfung bestehen, werden 100 Euro zu zahlen sein. Zumal zu viele Beispiele existieren (s.o.), in denen die Kasse nicht glaubhaft machen kann, sie hätte bei korrekter Kodierung nicht geprüft.

    Gruß

    merguet

  • Guten Morgen,

    mal abgesehen von der Nerverei: es ist interessant und spannend und wohl leider auch symptomatisch, wie eine so \"kleine\" Regelung dazu führt, daß die Masken fallen und die Emotionen hochgehen.
    Die 100€-Regelung bündelt das ganze Spektrum an Rechtsverdrehung und -vermeidung, das sich sonst auf viele Einzelaspekte verteilt und damit nicht so deutlich sichtbar wird.

    Und bitte keine Hinweise auf die \"Regelgrenzen\" - sowas finde ich ein wenig anmaßend, wenn es nicht vom Admin kommt.

    Einen schönen (verregneten) Mittwoch wünscht
    NiR

  • Hallo Herr Merguet, Hallo Herr Selter, Hallo Forum,

    ich stimme Ihnen zu, dass die genannten Beispiele voraussichtlich nicht zu einem veränderten Prüfverhalten geführt hätten. Allerdings bezieht sich meine Argumentation ausschließlich auf die formale Ebene.

    Wenn Sie eine Rechnung stornieren und neu stellen, dann entfällt das Kriterium aus § 275 1c SGB V, welches auf das Rechnungsdatum abstellt. Zumindest für die erste Prüfung des (im nachhinein stornierten) Falles. Besonders dann, wenn der Fall teurer wird, werden Sie die formale Notwendigkeit einer neuen Rechnung wohl nicht bestreiten.

    Vor Gericht gibt es zwei Möglichkeiten:

    Entweder das Gericht bezieht sich auf den Einzelfall, und entscheidet nach Sinnhaftigkeit. Das geht dann je nach FAll unterschiedlich aus, hilft uns aber für eine eindeutige Lösung nicht weiter.

    Oder es wird eine Grundsatzentscheidung getroffen, auf die wir alle sehr gespannt sind. Voraussagen über SG-Urteile wage ich mittlerweile nicht mehr zu treffen, aber bis dahin werden wir (genau wie sie) auf unserer Rechtsauffassung beharren.

    Wie gesagt, ich halte die Regelung für handwerklich schlecht, und es hätte wohl bessere Wege gegeben, den Prüfaufwand zu reduzieren.


    Zitat


    Original von Nichtraucher:

    Die 100€-Regelung bündelt das ganze Spektrum an Rechtsverdrehung und -vermeidung, das sich sonst auf viele Einzelaspekte verteilt und damit nicht so deutlich sichtbar wird.


    Hallo Nichtraucher,

    dem stimme ich absolut zu.

    MFG

    Bern

    ehemaliger Versicherungsvertreter

  • Guten Tag,

    es heisst im Gesetzestext \"Minderung\" und nicht Änderung des Abrechnungsbetrages.
    So ist EINDEUTIG bestimmt, wann die 100 € zu zahlen sind. Die wichtigen Schlagwörter sind zum einen Minderung und zum anderen Abrechnungsbetrag.
    Wenn man sich den Gesetzesentwurf des Dt. Bundestages anschaut, so findet man dort Hinweise darauf, dass sich die Gremien sehr wohl bewusst waren (sind), dass es auch zu Betragssteigerungen durch Prüfung kommen kann und dass die Regelung keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleisten kann.
    Und das Rechnungsdatum ist lediglich in Bezug auf die Zeitspanne zur Einleitung des Prüfverfahrens ein Kriterium und hat keinen Bezug zur 100 € - Regelung!

    Es ist positiv, seine persönliche Meinung über Sinnhaftigkeiten von Gesetzen anzubringen, aber die Eindeutigkeit des gedruckten Wortlautes lässt sich hiervon (zumindest in diesem Fall) nicht erschüttern.

    Ich hoffe, es lässt sich keiner aufgrund der persönlichen Meinungen von manchen Forumsteilnehmern dazu verleiten, mehr Glauben einer Interpretation zu schenken, als dem Kontext.

    Herzlichste Grüße-

    N. Richter
    medCo, DRGB, DSB

    \"Haben Sie jemals darunter gelitten, dass sie trotz Ihrer enormen Intelligenz
    von Menschen abhängig sind, um Ihre Aufgaben ausführen zu können?\"
    - \"Nicht im geringsten. Ich arbeite gerne mit Menschen.\"

  • Hallo Eastfries, hallo Forum,

    Zitat


    Original von Eastfries:

    Die wichtigen Schlagwörter sind zum einen Minderung und zum anderen Abrechnungsbetrag.

    ich stimme Ihnen zu, für mich kommt allerdings noch ein drittes Schlagwort hinzu: \"MDK\".

    Soll heißen, die 100-€-Regelung bezieht sich m.E. nur auf Prüfungen durch den MDK.
    Zumindest in Bayern haben jedoch die KK das Recht, bei Fragen zur Abrechnung vor der Einleitung einer Prüfung durch den MDK einen Kurzbericht vom KH anzufordern, wenn die Abrechnung nicht plausibel erscheint. Auf diesem Wege könnte also auch nach dem fehlenden Reanimationscode bei Kodierung des \"Herzstillstandes mit erfolgreicher Wiederbelebung\" gefragt werden (siehe obiges Beispiel von Mr. Freundlich).
    In diesem Fall die 100 € zu verlangen, sehe ich - unabhängig vom Ergebnis der Kassenanfrage - vom Gesetzestext nicht gedeckt, weil sich der nur auf Prüfverfahren mit Einschaltung des MDK bezieht.

    Gruß fimuc

  • Zitat


    Original von fimuc:
    Zumindest in Bayern haben jedoch die KK das Recht, bei Fragen zur Abrechnung vor der Einleitung einer Prüfung durch den MDK einen Kurzbericht vom KH anzufordern, wenn die Abrechnung nicht plausibel erscheint. (...)

    Hallo fimuc!

    Die Kurzberichte dienen der Information der Sachbearbeiter auf Kassenebene In knapper Form. Sie dienen (offiziell) keinesfalls der Begutachtung durch den MDK und ersetzen (hierzulande) niemals ein MDK-Gutachten. Siehe auch meinen Post vom 01.08.

    --> Kurzberichte etc.

    Auch der Bayrische Landesvertrag vom 24.09.1991 nach §112 Abs.1 SGB V zu §112 Abs. 2 Nr. SGB V lässt keine fallabschließende Prüfung zu?

    --> Landesverträge Bayern

    Und von \"unplausibler Abechnung\" ist darin auch nicht die Rede!
    Dieser Vertrag ist sogar in einigen Punkten noch wesentlich krankenhausfreundlicher, als andere 112-er-Verträge. Laut Eurem Landesvertrag darf allein die Notwendigkeit und Dauer des stationären Aufenthaltes geprüft werden - sonst nichts. Andernorts wird gern noch mal die präoperative Verweildauer mit als möglicher Prüfanlass in den Vertrag genommen - in Bayern nicht! Und Kodierung und Abrechnung wird mit diesen Kurzberichten nicht geprüft.

    Ergeben sich aus Sicht der Krankenkasse nach Erhalt des Kurzberichtes weiterhin Zweifel, hat eine MDK-Prüfung zu erfolgen. Im Vertrag steht zwar wörtlich:

    \"Ergibt sich aus Sicht der Krankenkasse die Notwendigkeit einer ärztlichen Überprüfung, so kann die Krankenkasse im Einzelfall die Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung durch Ärzte, die für den medizinischen Dienst tätig sind überprüfen lassen\"

    Das bedeutet aber keinesfalls, dass wenn die Kasse nach Erhalt eines Kurzberichtes (zur Dauer und Notwendigkeit) keinen Anlass sieht, den MDK einzuschalten, sie einfach die Rechnung kürzen und auf eine MDK-Begutachtung verzichten kann. Und dass sie mittels der Kurzberichte Kodierungen oder \"Fragen der Abrechnung\" prüft, ist durch Euren Landesvertrag nicht gedeckt!

    Interessant auch: §2 Abs. 2 Satz 2 Fußnote 1. Kurz gefasst: Krankenunterlagen nur an den MDK, nie an Dritte (logisch!) aber: Die Übersendung von Unterlagen soll nur in Ausnahmefällen erfolgen.

    Was heißt denn das? Der MDK hat immer ausreichende Unterlagen anzufordern, sonst kann nicht von einer ordnungsgemäßen Begutachtung gesprochen werden. Nimmt man sich nun die Intention der Fußnote zu Herzen (nur im Ausnahmefall - die entstehenden Kosten sind pflegesatzrelevant), dann bedeutet dass, dass die Kasse gerne einen Kurzbericht anfordern kann, und nur im Ausnahmefall (zur Vermeidung unnötiger pflegesatzrelevanter Kosten) den MDK beauftragen soll.

    Also: langer Rede kurzer Sinn: per Kurzbericht darf nur Notwendigkeit und Dauer geprüft werden. Das ersetzt keine MDK-Prüfung. Der Kurzbericht hat keine aufschiebende Wirkung bzgl. der 6-Wo-Frist zur Einleitung eines geordneten MDK-Prüfverfahrens.

    Ich würde mal die BKG hierzu befragen. Die KGSH hat \"Handlungsempfehlungen\" zum Umgang mit den Kurzberichten und zum Prüfgeschäft herausgegeben und Ihren Mitgliedern zur Verfügung gestellt.
    Da würde sich doch mal ein Austausch anbieten.

    MfG

    [center][hr]Ekhard Wille
    MedCo
    FEK Neumünster GmbH[/center]

  • Hallo Herr Wille,
    Sie haben Recht, formal kann nur \"Notwendigkeit und Dauer\" der KH-Behandlung per Kurzbrief von der KK zu hinterfragt werden.
    Ich will es jetzt nicht weiter diskutieren - würde auch nicht mehr unbedingt in diesen Thread passen - ob und wenn ja unter welchen Umständen eine unvollständige Kodierung Anlass bieten könnte, \"Notwendigkeit und Dauer\" der Krankenhausbehandlung zu hinterfragen.

    Dass dieser Kurzbrief das MDK-Verfahren nicht ersetzen kann, darf und soll, ist selbstverständlich, war aber auch nicht das Thema meines posts.

    Gruß und einen schönen Tag,
    fimuc

  • Tag fimuc,

    ok. Ich stimme Ihnen ja auch voll zu, was das Thema Ihres posts anbelangt:

    Zitat


    Original von fimuc: In diesem Fall die 100 € (...) vom Gesetzestext nicht gedeckt, weil sich der nur auf Prüfverfahren mit Einschaltung des MDK bezieht.


    Dennoch fand ich es nicht unwichtig, noch einmal zu betonen, dass vielerorten mit Hilfe der Kurzberichte alles mögliche geprüft wir. Oftmals werden Arztbriefe daran getackert und an die Kasse geschickt. Es gibt dann nie 100€, sondern lediglich entweder schon mal ein abschlägiges \"Kurzgutachten\" (viele lassen sich darauf ein und kürzen Ihre Rechnungen anhand eines \"begutachteten\" Kurzberichtes), oder es gibt eine Vorauswahl für die Fälle, bei denen sich eine vollständige MDK-Prüfung lohnen wird.
    Ich fand\' es passte schon irgendwie hier hinein. Will\'s aber mit der Diskussion bestimmt nicht auf die Spitze treiben.

    Beste Grüße,

    [center][hr]Ekhard Wille
    MedCo
    FEK Neumünster GmbH[/center]

  • Hallo fimuc,

    --> Soll heißen, die 100-€-Regelung bezieht sich m.E. nur auf Prüfungen durch den MDK.
    --> In diesem Fall die 100 € zu verlangen, sehe ich - unabhängig vom Ergebnis der Kassenanfrage - vom Gesetzestext nicht gedeckt, weil sich der nur auf Prüfverfahren mit Einschaltung des MDK bezieht.

    Vollkommen richtig. Es geht in diesem Thread um den §275, auf welchen ich mich selbstverständlich bezog.

    mfG-

    N. Richter
    medCo, DRGB, DSB

    \"Haben Sie jemals darunter gelitten, dass sie trotz Ihrer enormen Intelligenz
    von Menschen abhängig sind, um Ihre Aufgaben ausführen zu können?\"
    - \"Nicht im geringsten. Ich arbeite gerne mit Menschen.\"

  • Hallo zusammen,
    auch wir haben bisher für Fälle, die vor dem 1.4. aufgenommen aber erst nach dem 1.4. abgerechnet wurden, 100 Euro in Rechnung gestellt. Dabei haben wir leider eine Kleinigkeit nicht bedacht: unser Vorgehen richtet sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung und macht uns somit zu Verfassungsfeinden. Das teilte mir gestern jedenfalls unsere größte Krankenkasse mit:

    \"Da die Vorschrift ... aber erst zum 01.04.2007 in Kraft getreten ist, würde eine Anwendung auf Krankenhausaufnahmen vor dem 01.04.2007 hinsichtlich der Aufwandspauschale gegen das aufgrund des Rechtsstaatsprinzips (vgl. Art. 20 GG) hier zu beachtende Rückwirkungsverbot verstoßen\".

    Hört sich plausibel an ;)

    Zur Erinnerung:
    Art. 20 GG
    (1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

    (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

    (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

    (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

    Dr. Peter Leonhardt
    Neurologe
    Arzt für Med. Informatik
    Med. Controlling


    I'd rather have a full bottle in front of me than a full frontal lobotomy