Verschiebung der OP durch unvorhergesehe Ereignisse

  • Hallo Forum,

    ich möchte einen interessanten Behandlungsablauf zur Diskussion stellen:

    Sachverhalt
    Ein Pat. kommt am Tag 0 zur elektiven OP. Geplant ist die Durchführung am Tag 0. Unstrittig ist, dass die OP stationär erbracht werden muss und dass der Pat. bei normalem Ablauf an Tag 1 entlassen werden sollte. Wegen einer Kombination von anderweitigen Notfällen wird der Pat. erst am Tag 1 operiert, der weitere Verlauf ist komplikationslos, der Pat. wird nachbeobachtet und geht an Tag 2. Die von uns behaupteten Fakten sind gut dokumentiert und nachvollziehbar und werden von der Kasse auch nicht bestritten.

    Der medizinische Ablauf ist nicht Gegenstand der Diskussion; d.h. uns wird nicht vorgehalten, dass wir den Pat. hätten früher entlassen können oder sollen. Eventuelle von uns zu vertretende Änderungen am Ablauf werden uns auch nicht vorgehalten, d.h. es wird nicht gefordert, dass der Pat. an Tag 1 um 03.00 Uhr hätte operiert werden sollen, damit er dann an Tag 1 um 19.00 Uhr hätte gehen können.

    Natürlich geht es um die uGVD und die Erlösdifferenz zwischen Entlassung an Tag 1 und Entlassung an Tag 2.

    Exkurs
    Grundsätzlich geht es hier um ein Dilemma der Prozessoptimierung. Wenn man Ressorucen für einen Prozess besser ausnutzt, entstehen nahe der Vollauslastung rasch wachsende Warteschlangen. Es macht einen großen Unterschied, ob die Anforderungen an einen Prozess deterministisch (=wie die U-Bahn alle 10 Minuten) oder zufallsgesteuert kommen. Im letzteren Fall ist eine dauerhafte Voll-Auslastung bei endlich bleibenden Warteschlangen nie zu erreichen. In der Praxis sieht man das an den Auslastungen der Intensivstationen (ITS). Wenn ITS dauerhaft 100% ausgelastet sind, dann muss man Patienten abweisen (oder man hätte Pat. von dort zu früh oder zu spät zurückverlegt).

    Position des Krankenhauses
    Ein Organisationsfehler ist nicht zu erkennen, denn die tatsächlichen Abläufe orientieren sich am Wirtschaftlichkeitsgebot für alle Versicherten. Würden wir für solche Grenzfälle Ressorucen und Personal vorhalten, würden wir diesen Einzelfall schneller abarbeiten könne, wären aber zu erheblichen Vorhaltekosten gezwungen, die die in Rede stehende Erlösdifferenz weit übersteigen. Diese Kosten wären Teil des Budgets, das wir von den Krankenkassen fordern. Darüber hinaus sind Fälle wie dieser (d.h. mit denselben formalen DRG-Parametern) in der Kalkulation enthalten; eine Vergütung ist im FP-Katalog vorgesehen. Ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot ist nicht zu erkennen. Unstrittig ist, dass wir den Pat. nicht über das medizinische Maß hinaus im Krankenhaus gehalten haben. Uns sind Kosten über das ursprünglich geplante Maß hinaus entstanden, die ein Korrelat im Erlössystem haben.

    Position der Krankenkasse
    Die Zusatzkosten seien mittelbar durch die Fälle anderer Versicherter entstanden, und nicht durch den Pat. selbst. Eine erlösseitige Abbildung dieses Sachverhaltes sei nicht vorgesehen. Im Übrigen müßten wir selbst für solche Grenzfälle Organisationsmaßnahmen treffen. Wenn dies nicht möglich sei, müßten wir die Folgekosten selbst tragen.


    Ich würde mich über Kommentare zu diesen Postionen sehr freuen.

    Grüße von der Ostsee.

    Dr. med. Christoph Bobrowski, M.Sc.

  • Guten Morgen,
    ich möchte Sie in diesem Zusammenhang auf folgendes Urteil aufmerksam machen:
    Sozialgericht Dortmund S 8 KR 196/02
    Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 11 (16) KR 358/03


    Auch wir bekommen regelmäßig MDK Gutachten in denen z.B. Verschiebungen von Untersuchungen Aufgrund von Notfällen als organisatorisches Problem (welches zu lasten des Krankenhauses gehen) eingestuft werden.
    Für einen Gutachter sind Kapazitätsprobleme gleichzusetzen mit organisatorischen Problemen.
    Es gibt noch weitere gleichlautende Urteile (auch vom BSG) die ich aber z.Z. leider nicht finde.
    In einer der letzten KU od. das Krankenhaus war in der Rubrik Recht entsprechendes zu lesen.

    Urteil anbei

    Gruß

    MiChu ;)
    Sei nicht unglücklich vor der Zeit, denn was dich, als dir drohend, in Angst versetzt, wird vielleicht nie kommen. (Seneca)

  • Hallo Herr Bobrowski, hallo Forum,

    vielleicht hilft eine Erinnerung an die Kasse, daß die UGVD nicht dafür geschaffen wurde, sie immer und prinzipiell zu unterschreiten. :d_zwinker:

    Gruß

    merguet