Entbindung von der Schweigepflicht - wann nötig?

  • Hallo Forum,

    dass beim MDK-Verfahren keine Entbindung von der Schweigepflicht durch den Patienten erfolgen muss, ist klar und gesetzlich durch SGB V gedeckt.
    Dass eine Schweigepflichtentbindung bei Prüfung medizinischer Falldaten durch die PKV oder deren beauftragte Stellen vorliegen muss, ebenso - diskutabel ist hier höchstens, ob die pauschale Entbindung durch Unterschrift im PKV-Vertrag ausreicht oder ob der Patient für jeden Fall erneut entbinden muss.
    Wie sieht es aber bei Fallprüfung durch BG\'en oder die Knappschaft aus? In meinem engeren Kollegenkreis gibt es hierzu unterschiedliche Auffassungen, und es wurde mir auch mitgeteilt, dass auch hier die Schweigepflichtentbindung durch \"irgendeine gesetzliche Regelung\" nicht notwendig sei - allerdings konnte man mir den Paragraphen leider nicht nennen.

    Mir ist nur eine gesetzliche Regelung zum MDK-Verfahren mit daraus herzuleitender Freistellung von der Schweigepflicht bekannt. Ergo würde ich folgern, dass für Fallprüfungen durch andere Organisationen außer dem MDK immer eine Schweigepflichtentbindung des Patienten vorliegen muss, spätenstens dann, wenn es um Informationen geht, die die reinen Abrechnungsdaten (§301) übertreffen.

    Wie sehen bzw. handhaben Sie das?
    Vielen Dank vorab!

  • Hallo Cherax,
    die Knappschaft ist eine gesetzliche KK wie alle anderen auch, nur dass sie sich einen eigenen MDK (SMD) leistet. Also keine gesonderte Schweigepflichtentbindung nötig.
    Bei den BGen weiss das sicher Herr Selter aus der BG-Klinik ganz genau, aber ich glaube, die dürfen so ziemlich alles erfahren....

    Viele Grüße aus Sachsen
    D.Zierold

  • [ursprünglicher Text gestrichen, weil aufgeschlaut]

    stimmt, in §283 ist das geregelt..
    Bleibt noch die BG, die wahrscheinlich in einem anderen SGB auftaucht...

    Gruß, Cherax

  • Schönen guten Tag allerseits, insbesondere Cherax,

    für den Sozialmedizinischen Dienst der Bundesknappschaft gilt § 283 SGB V, der den SMD dem MDK gleichstellt.

    In Bezug auf die BG gilt der Vertrag Ärzte / Unfallversicherungsträger, der auch die entsprechenden Mitteilungspflichten regelt.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag

  • Hallo,

    zu den BGen gibt es relativ aktuelle Stellungnahmen der jeweiligen Landesdatenschutzbeauftragten, mir aus 2 Bundesländern bekannt, aber auf Bundesebene abgestimmt.

    Schauen/Fragen Sie am besten einmal bei Ihrer Landeskrankenhausgesellschaft nach.

    Sehr verkürzt wiedergegebens Ergebnis: Die BG darf, das KH muss herausgeben nach dem Erforderlichkeitsgrundsatz, d.h. die BG muss ggf. darlegen, warum eben diese Unterlagen erforderlich sind. Pauschale Anforderungen sind demnach nicht zulässig (auch die Herausgabe wäre nicht zulässig!)

    Gruß, J.Helling

    PS: Aufgrund der schwierigen Rechtslage und des hohen Wertes des Datenschutzes würde ich mich hier definitiv noch einmal bei meiner KHG rückversichern, was denn der eben für mich zuständige Datenschutzbeauftrage gesagt hat.

  • Hallo,
    die Bayerische Krankenhausgesellschaft ist jedenfalls der Ansicht, dass keine Verpflichtung der Krankenhäuser besteht, Behandlungsdaten zum Zwecke der Rechnungsprüfung herauszugeben. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat sich hinsichtlich der Herausgabepflicht der KH noch nicht eindeutig geäußert und verweist auf den Einzelfall, welcher zu prüfen sei. Was auch immer das bedeuten soll.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo,

    im Zweifelsfall bleibt ja immer noch die Anforderung mit Zustimmung des Patienten.

    Mal ganz aus dem Bauch gesprochen: Warum soll denn eine BG kein Recht zur Rechnungsprüfung haben... Jeder andere hat es (ggf. halt eben mit Zustimmung des Patienten) ja auch.

    Also: Wenn die Stellungnahme des jew. Datenschutzbeauftragten nicht weiterhilft bzw. sofern im Ergebnis Zweifel an der Zulässigkeit der Herausgabe bestehen, wird man wohl die BG unter Angabe der Gründe darauf hinweisen müßen und sich eine Schweigepflichtsentbindung zusenden lassen.
    Auch wenn das (bei allen Beteiligten) noch mehr Arbeit macht.

    Gruß, J.Helling

    Noch ein Nachtrag: Im Schreiben des Landesbeauftragten für den Datenschutz und Informationsfreiheit NRW werden neben Akte auch Entlassungsbericht und OP-Bericht als \"Datenpakete\" bezeichnet, deren Herausgabe - und Anforderung - ggf. schon zuviel sein dürften.

  • Wir sind dazu übergegangen, die angeforderten Unterlagen in Kopie dem Patienten zu kommen zu lassen und ihm mitzuteilen, dass die KK die Unterlagen zu Prüfungszwecken einsehen will. Er möge die Unterlagen bitte an die Kasse weiterleiten. Die KK bekommt einen Brief in dem steht, dass wir aus Datenschutzgründen auch bei Schweigepflichtentbindung die Unterlagen dem Pat. zugeschickt haben mit der Bitte um Weiterleitung.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von gefi:
    Hallo,
    die Bayerische Krankenhausgesellschaft ist jedenfalls der Ansicht, dass keine Verpflichtung der Krankenhäuser besteht, Behandlungsdaten zum Zwecke der Rechnungsprüfung herauszugeben. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat sich hinsichtlich der Herausgabepflicht der KH noch nicht eindeutig geäußert und verweist auf den Einzelfall, welcher zu prüfen sei. Was auch immer das bedeuten soll.
    Gruß

    Hallo Herr Fischer,

    hier die aktuelle Auffassung.


    7. Sitzung des BKG-Arbeitskreises Datenschutz im Klinikum Bamberg am 27.02.2007

    Auskünfte an Berufsgenossenschaften
    Frau X informiert darüber, dass der Bundesbeauftragte für den Datenschutz bei der Weitergabe von Patientenunterlagen an Berufsgenossenschaften seine Meinung dahingehend geändert habe, dass bei der Herausgabe zwischen einer Datenerhebungsbefugnis und Datenübermittlungsbefugnis zu unterscheiden sei.
    Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz sei zuständig für Empfehlungen zur Datenerhebungsbefugnis. Datenerhebungsbefugnis bedeute, dass die Berufsgenossenschaften zwar Fragen an die Krankenhäuser zur Abrechnung stellen dürften, die diese auch beantworten müssten. Patientenunterlagen könnten aber nicht angefordert werden.
    Die Frage, ob auch Patientenunterlagen (OP-Bericht etc.) zur Abrechnungsprüfung weitergegeben werden dürften, sei von landesgesetzlichen Datenschutzregelungen abhängig und vom Landesbeauftragten für den Datenschutz zu beantworten.
    Die Frage habe die BKG deshalb dem Bayerischen Landesbeauftragten gestellt. Nach dessen Aussage sei die Weitergabe in Art. 27 Abs. 5 BayKrG geregelt. Darin heiße es, dass die Übermittlung von Patientendaten an Dritte im Rahmen des Behandlungsverhältnisses zur verwaltungsmäßigen Abwicklung zulässig sei. Danach sei zwar der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Erforderlichkeit zu prüfen, wenn sich aber Krankenhäuser auf Art. 27 BayKrG stützten, sei eine Herausgabe auch ohne Schweigepflichtentbindungserklärung nicht zu beanstanden. Nach Aussage des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz sei es möglich, dass die Berufsgenossenschaften grundsätzlich den OP-Bericht zur Begleichung der Forderung einfordern könnten, wenn dargelegt werde, dass ansonsten keine Rechnungsprüfung möglich sei.
    Die Mitglieder des Arbeitskreises berichten, dass sie sich an die Empfehlung des Landesbeauftragten hielten und bei Anfragen die notwendigen Unterlagen weitergeben würden.


    Ergänzung:
    Es wird eine einheitliche gesetzliche Klarstellung auf Bundesebene durch die Landesdatenschutzbeauftragten angestrebt. Es bleibt abzuwarten, inwieweit und innerhalb welches Zeitraums der Gesetzgeber entsprechende Regelungen trifft.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo,

    die Länder haben sich offenbar bereits getroffen und sind \"ganz überwiegend zu folgender Auffassung gelangt:

    1. §201 SGB VII ist keine Rechtsgrundlage für die pauschale und voll umfängliche Anforderung bzw. Übermittlung von Patientenunterlagen zur Abrechnungsprüfung.
    2. Im Einzelfall kann unter konsequenter Beachtung des Erforderlichkeitsprinzips §201 SGB VII als Offenbarungsbefugnis und datenschutzrechtliche Übermittlungsgrundlage für die genannten Zwecke angesehen werden.\"
    (Schreiben des Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein vom 26.03.2007)

    im Schreiben des entsprechenden Landesdatenschuztbeauftragten NRW wird ein Entlassungsbericht oder ein OP-Bericht (ebenso wie die gesamte Akte) als \"Datenpaket\" bezeichnet, dessen Anforderung und Herausgabe ein Datenschutzverstoss wäre. Es sei denn, die BG könne darlegen (Erforderlichkeitsgrundsatz), warum sie den gesamten Inhalt brauche.
    Wie will man wohl darlegen, dass man den gesamten OP-Bericht braucht - und nicht nur einzelne Abschnitte, um einzelne Kodes hinterfragen?

    Die Konsequenz daraus wäre ja, teilgeschwärzte OP-Berichte zu verschicken...

    Da hat man es in Bayern wieder leichter - ich verkneife mir den Kommentar zu Bayern...

    Gruß, J.Helling

    PS: Warten wir auf die gesetzliche Neuregelung.. :a_schlafmuetze:

  • Hallo noch einmal,
    da muss ich doch noch etwas ergänzen, grade noch gelesen, ich erlaube mir , wörtlich zu kopieren:

    Kommentar der KGNW auf Basis eines Schreibens des Landesbeauftragten in Bremen an eine BG:

    \"Unter den Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bestehe Einvernehmen, dass zu Zwecken der Abrechnungsprüfung die Daten
    aus dem Katalog des § 301 SGB V in der Regel ausreichend sein dürften. Hingegen sei die Anforderung bzw. Übermittlung von darüber hinausgehenden Daten (wie z. B. Entlassungs-oder Operationsberichte, die eine Vielzahl höchst sensibler Gesundheitsdaten enthalten)nur im Einzelfall zulässig, wenn die Berufsgenossenschaften einzelfallbezogen präzise darlegen können, welche über den Katalog des § 301 SGB V hinausgehende Daten zur Abrechnungsprüfung für den konkreten Fall benötigt werden, damit bei einer eventuellen Übersendung dieser Berichte für die Abrechnungsprüfung nicht erforderliche Daten vor der Übersendung geschwärzt werden können.\"

    Nach Ansicht der KGNW kann aber insgesamt derzeit aufgrund der fehlenden Norm im SGB keine Pflicht der KH gesehen werden, entsprechende Daten zu übermitteln. Eine nur durch Auslegung zu ermittelnde Norm düfte nicht ausreichen.
    Zu beurteilen, inwieweit das sinnvoll und kooperativ ist, bleibt jedem selbst überlassen.

    Gruß und viel Spaß weiterhin, J.Helling

    PS: Ich habe bisher drei BGen darauf hingewiesen. Ergebnis: Eine hat eine konkrete Frage gestellt (offen/Arthroskopisch), eine erklärt, sie gäbe derzeit alles an eine andere Stelle und dazu brauche sie den OP-Bericht (Verbrennung, ein Belegungstag...), eine sich noch nicht wieder gemeldet... (weiss wahrscheinlich gar nicht, was sie prüfen möchte)