Endoskopische Vakuum-Therapie

  • Guten Tag Forum!
    Folgende Konstellation:
    Ein Patient leidet an einem Sigmacarcinom C18.7
    sowie an einem großen Rektumpolyp D12.8
    Weitere ND Marcumar bei VHF I48.11, Z92.1, chron Niereninsuffizienz N18.82.

    Wir hatten den Patienten zunächst in ein anderes Haus zur Therapie des Rektumpolypen mittels mikrochirurgischer endoskopischer Mukosektomie verlegt, er stellt sich nun zur Sigmaresektion wieder vor. Bei Aufnahme berichtet er über rektale Blutungen. Eine Rektoskopie zeigt das Sigmacarcinom ohne Blutungszeichen, im Bereich der Mukosaabtragungsstelle des ehemaligen Rektumpolypen jedoch eine ausgedehnte blutende Nekrosezone. Hier wird nun endoskopisch ein Vakuum-Schwamm angelegt (\"Endosponge®\" der Firma Braun) und im Verlauf noch 5x gewechselt (Jeweils im Endoskopieraum unter Analgosedierung), Therapiedauer insgesamt 13 Tage. Darunter heilt die Nekrose gut ab so daß die Sigmaresektion mit Stoma und Blindverschluß (5-455.72) angeschlossen werden kann. Weiterer Verlauf unauffällig, Entlassung nach 27 Tagen.
    Wie kodiere ich nun die Vakuumtherapie? :d_gutefrage:
    Eine \"therapeutische Rektoskopie\" o.ä. kann ich nicht finden. Wenn ich nur diagnostische Rektoskopien kodiere sowie die 8-190.11 für die 13 Tage Sogbehandlung resutliert die G18B (Eingriffe an Dünn- und Dickdarm...) Relativgewicht 2,507
    Nehme ich aber die 5-916.ax (Anlage oder Wechsel eines Vakuumsystems, sonstige Lokalisationen) plus den Kode für die Behandlungsdauer lande ich in der G35Z (Komplexe Vakuumbehandlung bei Krankheiten und Störungen der Verdauungsorgane) Relativgewicht 8,974
    Der \"Streitwert\" liegt dann bei über 17 000 Euro, da kann ich den Terminvorschlag für den MDK der Rechnung gleich beilegen ?(

    Gibt es schon Erfahrungen mit diesem Problem ?
    Vielen Dank und noch einen schönen Sonntag.

  • Guten Tag Herr Landkodierer,

    zu Ihrem Problem:
    Ich denke, dass OPS 8-190.11 nicht zutrifft, da hier eine Verbandstechnik beschrieben ist. Ebenso scheidet für meine Begriffe OPS 5916ax aus, da hiermit Therapien an der Haut gemeint sind.
    Es bleibt in diesen Fällen dann nicht mehr viel übrig: Am ehesten kommt dann noch der -leider unspezifische- OPS 5-482.x1 (Peranale lokale ...Destruktion von erkranktem Gewebe des Rektums; inkl. Blutstillung; endoskopisch; SOnstige) in Betracht. (in welcher DRG der Patient mit diesem OPS \"landet\", habe ich nicht getestet.)

    Schöne Grüße

    [mark=grey]Schöne Grüsse

    F. Nusser[/mark]

  • Hallo Herr Nusser!
    Entschuldigen Sie meine verspätete Reaktion, ich hatte in paar Tage frei.

    Ein Kode aus 8-190.1 muß verwendet werden, im OPS findet sich ein entsprechender Hinweis. Bei unter OP-Bedingungen angelegten Vakuum-Systemen ist der 8-190er-Kode zusätzlich zur Abbildung der Behandlungsdauer anzugeben, bei ohne OP-Bedingungen angelegten Systemen wird die 8-190 allein verwendet. Die Überschrift \"Spezielle Verbandstechniken\" ist natürlich nicht sehr glücklich.

    Die 5-916.a kann auch nicht nur bei Therapien an der Haut verwendet werden. Der Kode ist weiter unterteilt in \"Haut und Unterhaut\", \"Tiefreichend, an Knochen und Gelenken...\", \"Tiefreichend, an Thorax ...\", \"Am offenen Abdomen\" und eben \"Sonstige\".
    Der Knackpunkt ist folgender: Im OPS ist der 5-916a ein Hinweis vorangestellt: \"Die Angabe dieses Kodes ist an die Durchführung unter Operationsbedingungen mit Anästhesie gebunden.\"

    Erfüllt die endoskopische Anlage eines Vakuumsystems in Analgosedierung diese Bedingung ???

    Die 5-482.x1 halte ich auch für schlecht passend da ja nichts excidiert oder destruiert wurde.
    Viele Grüße und eine schöne Woche.

  • Hallo, Landkodierer,

    wir hatten schon ähnliche Fälle und haben auch in Erwartung einer MDK-Anfrage - die dann nicht kam - :) vorher das DIMDI gefragt. Leider hat man sich mit einer schriftl. Auskunft zurückgehalten, aber telefonisch mitgeteilt, dass für die Vakuummtherapie endoluminal am Rectum am ehesten 5-916.ax zutreffend sei, wohl wissend, dass die Kapitelüberschrift \"Haut und Unterhaut\" heißt. Am \"offenen Abdomen\" und an \"Knochen tiefreichend\" wäre das Kriterium \"Haut und Unterhaut\" aber auch nicht immer erfüllt.

    Grundvoraussetzung für 5-916.* ist aber die Duchführung unter Operationsbedingungen mit Anästhesie.

    herzlichen Gruß

    AnMa

  • Hallo AnMa!
    Ihr letzter Satz ist genau mein Problem :(
    Ich hatte auch schon den Hersteller dieses Vakuumsystems angeschrieben, bisher aber keine Antwort erhalten.
    Hat hier schon irgendjemand Erfahrungen mit der korrekten Kodierung dieser Therapie gesammelt?

  • Liebe Vakuumtherapeuten,
    das war ja zu erwarten, dass mit der Abbildung im DRG-System auch Fehlanreize gesetzt werden. Die aktuell gültige Kodierung der Anlage eines Vakuumversiegelungssystems geht davon aus, dass es sich um eine OPERATION im Sinne einer temporären Weichteildeckung handelt. Zur Klarstellung wurden noch die Begriffe \"Operationsbedingungen\" und \"Anästhesie\" in die OPS-Definitionen aufgenommen. Das einfache \"Auflegen\" irgendwelcher Verbandsysteme sollte damit ausgeschlossen werden.
    Keines der erforderlichen Kriterien ist jedoch bei der endoluminalen \"Vakuum\"-Therapie erfüllt:

    - Bei der endoskopischen Einlage von \"EndoSponge\" handelt sich nicht um eine temporäre Weichteildeckung sondern um eine Art Drainage.

    - Die endoskopische Einlage erfolgt üblicherweise nicht unter Operationsbedingungen (steriles OP-Feld).

    - Bei einer Analgosedierung handelt es sich nicht um eine Anästhesie.

    - Eine \"Versiegelung\" wie bei einem hermetisch abgedichteten, eingenähten oder aufgeklebten externen System liegt nicht vor

    Die Sogbehandlung selbst könnte allerdings mit 8-190.1_ kodiert werden, wenn man das Kriterium \"Versiegelung\" nicht zu eng fasst!

    Bei der Erarbeitung der Kodes 5-916.a war diese innovative Behandlungsmethode noch gar nicht bekannt. Die Kodierung mit 5-916.ax ist jedoch aufgrund der o.a. nicht erfüllten Kriterien nicht möglich. Z.Zt. bietet der OPS leider keine spezifische Kodiermöglichkeit für die Anlage eines intraluminalen Sogsystems (nur physikalische Laien dürften hier überhaupt ungestraft von einem Vakuum sprechen). Am ehesten wären noch 5-489.x bzw. 5-499.x zu diskutieren. Unter dem Oberbegriff \"Operationen am Rektum / Anus\" werden hier ja auch Verfahren wie \"Dilatation\" oder \"Protheseneinlage\" klassifiziert. Das Kriterium \"OP-Bedingungen\" wird dagegen nicht gefordert.

    Einen Antrag an das DIMDI für entsprechende neue Kodes werden wir in der gemeinsamen DRG-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen prüfen.

    Die Abrechnung mit der neuen DRG G35Z halte ich wegen der nicht erfüllten Kriterien für die Kodierung mit 5-916.ax für nicht korrekt. Eine Kostenhomogenität im Vergleich mit der Behandlung eines Platzbauches oder anderer Indikationen dieser DRG dürfte ebenfalls nicht anzunehmen sein.
    Für kritische Anmerkungen wäre ich sehr dankbar, da hier offenbar Handlungsbedarf gegeben ist.
    Mit freundlichen Grüßen

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Hallo, Herr Bartkowski

    im Prinzip hatten wir es damals genauso gesehen, in unserem fall war der Eingriff tatsächlich unter Vollnarkose im OP erfolgt und beinhaltete auch die Spülung eines Rectumwanddefektes . Wir hatten aber zur Sicherheit nochmals eine Anfrage an das DIMDI gestartet, in der wir die Methode sehr genau beschrieben hatten.

    Zitat


    Original von Bartkowski:

    Bei der Erarbeitung der Kodes 5-916.a war diese innovative Behandlungsmethode noch gar nicht bekannt. Die Kodierung mit 5-916.ax ist jedoch aufgrund der o.a. nicht erfüllten Kriterien nicht möglich. Z.Zt. bietet der OPS leider keine spezifische Kodiermöglichkeit für die Anlage eines intraluminalen Sogsystems (nur physikalische Laien dürften hier überhaupt ungestraft von einem Vakuum sprechen). Am ehesten wären noch 5-489.x bzw. 5-499.x zu diskutieren. Unter dem Oberbegriff \"Operationen am Rektum / Anus\" werden hier ja auch Verfahren wie \"Dilatation\" oder \"Protheseneinlage\" klassifiziert. Das Kriterium \"OP-Bedingungen\" wird dagegen nicht gefordert.

    Einen Antrag an das DIMDI für entsprechende neue Kodes werden wir in der gemeinsamen DRG-Kommission der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie und dem Berufsverband der Deutschen Chirurgen prüfen.


    Ich finde es dann schon bedenklich, wenn das DIMDI eine solche Auskunft gibt, möglicherweise erfolgte sie aber gerade deswegen auch nur telefonisch.

    Vielen Dank auch für die physikalische Nachhilfe :d_zwinker:

    Gruß

    AnMa

  • Hallo Frau AnMa,
    ich finde es gut, dass das DIMDI bei Kodierproblemen überhaupt telefonisch ansprechbar ist. Vor einer offiziellen Stellungnahme wird häufig noch die Meinung betroffener Fachgesellschaften eingeholt, was wir sehr begrüßen und uns auch weiterhin sehr wünschen.
    Die Abgrenzung der Vakuumversiegelung von sonstigen Sogbehandlungen ist ein wichtiges Thema. Es soll ja sogar schon Pfiffige gegeben haben, die bei einem konventionellen Wundverschluss mit Redondrainage eine Vakuumtherapie kodiert haben (zumindest physikalisch gesehen noch nicht einmal so abwegig).
    Es wäre hilfreich gewesen, wenn man rechtzeitig vor der Einführung neuer Therapieverfahren über die Abbildung mit den bestehenden Klassifikationen nachgedacht hätte. Als Fachgesellschaften bieten wir dabei unsere Unterstützung an und haben bereits viele Projekte erfolgreich auf den Weg gebracht.
    Gruß

    Dr. Rolf Bartkowski
    Arzt f. Chirurgie, Med. Informatik
    Berlin

  • Guten Abend Herr Bartkowski!
    Der Grund meiner Anfrage hier im Forum war ja auch daß mir die Kodierung der endoskopischen Therapie als \"Eingriff unter OP-Bedingungen\" Bauchschmerzen bereitet hat. Ich gebe Ihnen natürlich auch recht daß der mir vorliegende Fall vom Aufwand her nicht mit z.B. der Behandlung eines Platzbauches oder mult. Revisionen bei Peritonitis zu vergleichen ist. Hauptindikation des Endo-Sponge sind jedoch meines Wissens Anastomoseninsuffizienzen mit auch sehr langwierigem Verlauf, die dann ja ebenfalls nicht adäquat abgebildet werden können.
    Ich sehe hier also ebenfalls Handlungsbedarf und würde die baldige Einführung spezifischer Kodes bzw. entsprechender Kodierrichtlinien begrüßen.

    Sollte jedoch in der Zukunft eine solche endoluminale Sogtherapie bei uns in Allgemeinanästhesie erfolgen würde ich die 5-916.ax verwenden und dann ggf. auch die G35Z abrechnen, ganz gleich wie diese DRG vielleicht \"gemeint ist\". Das Stichwort \"Mischkalkulation\" ist ja schließlich oft genug zu hören.
    Viele Grüße aus der Oberpfalz und noch einen schönen Abend.

  • Hallo Forum,

    die Vakuum-Therapie haben wir im Rahmen einer ÖGD durchgeführt.

    ÖGD: Ungehinderte Intubation des Ösophagusmundes unter Sicht. Im oberen Drittel des Ösophagus, 16 cm ab Zahnreihe befindet sich eine weite Perforation mit dahinter liegender ca. 10 cm tiefer Mediastinalhöhle. Im weiteren Verlauf ist das Ösophagusepithel intakt, Z-Linie unauffällig, Kardiaschluß regelrecht. Zunächst ausgiebige Spülung der Höhle mit H2O und erneutes Eingehen in die Höhle mit einem Overtube. Hierüber Einbringen eines Vakuumschwamms (Endo-Sponge, Fa. xxxxxxx), der die Höhle komplett ausfüllt und am Perforationsrand etwas in das Ösophaguslumen ragt. Das Proximalende des Vakuumschlauches wird mit Hilfe eines Kathether-gestützen Rendezvous-Maneuvers endosasal ausgeleitet. Abschließend endoluminal Einlage einer nasogastralen Ernährungssonde unter endoskopischer Sicht bis in den Magen und Anlage des Vakuums. Hiernach promte Förderung von Mediastinalsekret.

    Ist der OPS 5-916.a2 für die Maßnahme passend?

    Gruß,

    B. Schrader