Willkommen zum Pathway-Forum

    • Offizieller Beitrag

    Liebes Forum,
    noch scheint die Zeit DRG-überlagert. Verständlich. Auf unser aller To-Do-Liste warten aber schon die nächsten interessanten Themen. Klinische Pfade, z.B.! Jeder redet darüber, Berufene veröffentlichen schon seit langem Lesenswertes dazu. Wie sieht es aber tagtäglich aus ? Mich persönlich interessieren Erfolge und Schwierigkeiten im Alltag gleichermaßen. Die habe ich nämlich auch.

    Es grüßt herzlich
    B. Sommerhäuser

  • Guten Morgen allerseits!

    In dem Thema steckt Musik. Für mich bedeutet das, dass ich für die Top 40 DRGs die Entwicklung von Behandlungspfaden anstossen muss. Bei uns im Hause ist so was ähnliches für die Schlaganfallbehandlung entwickelt worden. Wenn ich nach der Zeit und dem Aufwand gehe, die das erfordert hat, sehe ich die nächsten 5 Jahre kein Land.
    Andererseits: So etwas ähnliches haben wir Anfang der 90er in meiner damaligen (chirurgischen) Abteilung für die 10 wichtigsten Diagnosen entwickelt, einschließlich aller OP-Vorbereitungen, Untersuchungen und der postoperativen Behandlung mit geplantem Entlassungstag. Das hat eine lange Nachtsitzung zusammen mit der Pflege gekostet und etwas Ausarbeitungszeit, und wir hatten für ca. 60% unserer Patienten verlässliche und hochakzeptierte Behandlungsgrundsätze, die meines Wissens auch heute noch als Arbeitsgrundlage dienen (mit entsprechenden Anpassungen natürlich).
    Für mich ist die Frage:
    Soll man das Ganze als Projekt aufziehen (Projektsteuerungsgremium, Projektleiter, für jeden Behandlungspfad ein Teilprojekt, Projektberichte etc.)
    oder geht man ganz unbefangen los und interviewt die Leute auf den Stationen und in den Funktionsbereichen ("sagt mal, was machr ihr eigentlich bei ...?") und versucht den Minimalkonsens zu dokumentieren?
    Wie gehts dann weiter? Stationsarzt drückt bei Entlassung den Stempel "behandelt nach Pathway 21" auf die Akte und unterschreibt und Medizincontroller kontrolliert, ob überall so ein Stempel drauf ist? Oder macht der Medizincontroller Stichproben, ob die Pathways eingehalten werden?

    Fragen über Fragen...

    Gruß aus Hamburg
    --
    Manfred Nast
    Medizincontrolling Bethesda AK Bergedorf Hamburg

    Manfred Nast

  • Lieber Herr Sommerhäuser,

    Klinische Pfade sind ohne Zweifel wichtig und deshalb auch auf meiner To-Do-Liste. Wir haben aber leider gerade mal damit angefangen, ein solches Projekt den leitenden Ärzten vorzustellen. Ich möchte trotzdem auf Ihr Post antworten, um folgenden Eindruck zu vermitteln, den ich in den letzten Tagen gewonnen habe; Die größte Hürde bei der Erarbeitung solcher Pfade liegt sicherlich darin, daß die betreffenden Kliniker in vielen Streitfragen einen Konsens erzielen müßen. Mit anderen Worten: Es wird jedem viel Einfühlungsvermögen und Kompromißbereitschaft abverlangen, und so kommt der Güte der Kommunikation allerhöchste Bedeutung zu.
    Da der Sinn und Zweck von clinical pathways bei weitem nicht von allen Klinikern nachvollzogen werden kann (wie bei uns), ist es aus meiner Sicht besonders wichtig, wie man ein solches Projekt angeht und wie man so die Überzeugung möglichst vieler beteiligter Ärzte für sich gewinnt. Sonst ist es nach meinem Dafürhalten hinterher umso schwieriger, sinnvolle und konsensfähige Ergebnisse zu erzielen.
    Sie hatten mit Ihrem Post nach Schwierigkeiten gefragt- dies sind offensichtlich unsere


    Grüße aus Neuss

  • Hallo Forum,

    ist in dem Kontext von Clinical Pathways nicht auch immer evidenced based medicine angebracht? Also sollten Behandlungspfade nicht nur die klinischen Ressourcen und einen bestimmten Behandlungsablauf berücksichtigen, sondern auch die bestmögliche (unter medizinischen und ökonomischen Gesichtspunkten) Behandlung gewährleisten - von einem Grundkonzens in Form eines kleinstmöglichen gemeinsamen Nenners darf man da doch nicht sprechen, oder sehe ich das Falsch?

    Viele Grüße

    Heiko Jaschik

  • Hallo Herr Jaschik!

    Zitat


    Original von Jaschik:
    ist in dem Kontext von Clinical Pathways nicht auch immer evidenced based medicine angebracht?


    Zunächst wird vermutlich die Erstellung eines CP in der Form geschehen, dass eingefahrene Klinikprozesse analysiert, um die gröbsten Holprigkeiten bereinigt und sodann schriftlich festgehalten werden. Ob in diesem Stadium schon die bislang sakrosankten Prinzipien des Chefarztes auf EBM-Konformität überprüft werden, hängt sicher von vielen persönlichen Faktoren ab. Wer jedoch EBM-konforme Medizin anbieten will, kann dies m.E. auch ohne CPs tun. Insofern wären EBM-basierte CPs sicherlich das Ideal, beides funktioniert jedoch m.E. auch für sich allein.

    Zitat


    - von einem Grundkonzens in Form eines kleinstmöglichen gemeinsamen Nenners darf man da doch nicht sprechen, oder sehe ich das Falsch?


    Zumindest mathematisch sehen Sie das völlig richtig ;).

    Grüße
    C.Lehmann

    PS: Hallo Herr Nast,

    ich denke, der Versuch, DRG-bezogene CPs zu erstellen, ist zum Scheitern verturteilt, dazu sind die DRGs medizinisch zu inhomogen (spätestens bei den Fehler-DRGs fallen Sie auf die Nase :teufel: ), zudem werden sie ja zum Leidwesen der Leistungsplaner meist retrospektiv ermittelt, während für das Betreten des CP ja eine gewisse prospekive Betrachtung des Falles notwendig ist.
    Ich halte das Symptom bei Notfällen, die EWD/AD bei den übrigen Patienten für die beste Basis, einen CP auszuwählen, entsprechend sollten sie aufgebaut werden.
    Grüße
    C.Lehmann

    Viele Grüße
    C.Lehmann

  • Hallo Herr Sommerhäuser,
    da haben Sie ein heißes Eisen aufgegriffen...ich werde alle 14 Tage aufgefordert, so innerhalb von 14 Tagen mal 10 Pathways aus dem Ärmel zu schütteln. Wohlgemerkt, es handelt sich nicht um das Abpinnen von Leitlinien, sondern um die Analyse der hauseigenen Prozesse, die nach Qualitätsmerkmalen strukturiert werden und in einen kontinuierlichen Prozeß der Evaluation überführt werden sollen. Entsteht da eine Vorstellung, welche Arbeitsintensität dahinter steckt ? Alle, die davon träumen, mal auf die Schnelle ein CPW zu erstellen, produzieren nichts als Papier, an die Ausführung ist schließlich keiner gebunden (wird auch nicht zwingend kontrolliert).
    Aus meiner Sicht gibt es nur einen Weg (jawohl, den schmerzhaften): externer Berater, Projektbildung, pipapo, Dauer für EINEN CMP mindestens 6 Monate, danach geht es schneller. Verschlingt geradezu Resourcen an Geld und Zeit. Als Einzelkämpfer sollte man sich da nicht verheben...oder gibt es zu meiner pessimistischen Einschäztzung auch Alternativen ?

    --
    Grüße aus Hanau
    Poschmann

    Poschmann

  • Zitat


    Original von clehmann:

    ich denke, der Versuch, DRG-bezogene CPs zu erstellen, ist zum Scheitern verturteilt, dazu sind die DRGs medizinisch zu inhomogen (spätestens bei den Fehler-DRGs fallen Sie auf die Nase :teufel: ), zudem werden sie ja zum Leidwesen der Leistungsplaner meist retrospektiv ermittelt, während für das Betreten des CP ja eine gewisse prospekive Betrachtung des Falles notwendig ist.
    Ich halte das Symptom bei Notfällen, die EWD/AD bei den übrigen Patienten für die beste Basis, einen CP auszuwählen, entsprechend sollten sie aufgebaut werden.
    Grüße
    C.Lehmann

    Hallo Herr Lehmann!

    Das sehe ich genau so. Die DRG wird man in vielen Fällen erst am Ende des Aufenthalts sicher bestimmen können. Bei elektiven Patienten wird man andererseits, egal ob Diagnose- oder DRG-bezogen, den Ablauf der Krankenhausbehandlung oft genau planen können. Wichtig ist, dass solche Planungen auch von allen Beteiligten akzeptiert und umgesetzt werden.

    Gruß


    --
    Manfred Nast
    Medizincontrolling Bethesda AK Bergedorf Hamburg

    Manfred Nast

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,
    hallo Herr Poschmann,

    Ihr realistischer Blick zeigt den Handlungsbedarf, wobei es sicher keine Patentrezepte gibt („one size fits it all“), aber zwei grundsätzliche statements seien mir erlaubt:


    Wo sind die Ursachen, was muß getan werden?


    Qualitätsmanagement
    Ohne einen qualifizierten Qualitätsmanager – Facharzt, Ausbildung z.B. nach Curriculum BÄK- wird es nicht funktionieren.
    Ob man einen Berater braucht (häufig nur Consultainment), muß jeder selbst entscheiden.


    Unternehmenskultur und Führung
    Es ist eine Frage der Kultur und der Disziplin der Ausführung. Der Unterschied zwischen Krankenhäusern im Wettbewerb zeigt sich an der Fähigkeit der Ausführung.
    Nobelpreis -Träger (z.B. Kahneman) haben Erfolg, weil sie etwas ausführen was nachprüfbar ist.
    Die Formulierung der Strategie (Implementierung von Clinical Pathways) wird scheitern,
    wenn sie nicht entsprechend ausgeführt wird.
    Viele denken bei Pathways nur an die taktische Seite des business, aber das ist der erste große Fehler.


    Zitat


    Original von gerald_poschmann:

    ...ich werde alle 14 Tage aufgefordert, so innerhalb von 14 Tagen mal 10 Pathways aus dem Ärmel zu schütteln.

    Alle, die davon träumen, mal auf die Schnelle ein CPW zu erstellen, produzieren nichts als Papier, an die Ausführung ist schließlich keiner gebunden (wird auch nicht zwingend kontrolliert).

    --
    Grüße aus Hanau
    Poschmann


    Taktiken sind wichtig, aber Ausführung ist keine Taktik.
    Die Ausführung zeigt letztendlich die Kultur des Unternehmens, in einem Unternehmen wo sich Ärzte als Kodiertrottel bezeichnen (vgl: wie kodieren Anästhesisten), stimmt etwas nicht.
    Da helfen auch keine noch so gut formulierten Clinical Pathways.


    Gruß

    E. Rembs
    Bochum

  • Guten Morgen,

    zunächst einmal finde ich es gut, dass ein Diskussionsforum clin path eröffnet wurde. Danke, Herr Sommerhäuser. Sie haben wieder einmal den Nerv getroffen.
    Jeder weiß eigentlich, dass clin path nützlich sein können, nur versteht jeder etwas anderes darunter. Habe schon allen Ernstes gehört, dass man sich mit den Chefärzten eine Stunde hinsetzen muß und fertig sei das Konzept.
    Zur Zeit erinnern fast alle Veranstaltungen zu dem Thema eher einer Kaffeefahrt. Nur der Verkaufshit heißt nicht Kamelhaardecke, sondern clinical path. Deshalb ist ein offenes Diskussionsforum sehr nützlich.

    Ob man eine DRG zum Clin path entwickelt oder nicht, hängt von der DRG ab. Mitunter hat sie einen so engen Rahmen, dass man das tun kann, mitunter ist die DRG so inhomogen, dass es nicht geht.
    Wir wollen versuchen, etwas Übergreifendes hinzubekommen. Melde mich, wenn das Projekt einen Rahmen hat. Etwa Ende November.

    Gruß aus dem wunderschön herbstlich anmutenden Bad Wildungen

    bdomurath

  • Ich halte das Symptom bei Notfällen, die EWD/AD bei den
    übrigen Patienten für die beste Basis, einen CP
    auszuwählen, entsprechend sollten sie aufgebaut werden.
    Grüße C.Lehmann

    Hallo,
    das halte ich nur in wenigen Fällen für möglich.
    Viele konservative Krankheitsbilder werden sich nicht mit einem Leitsymptom als Eingangspunkt in einem CP abbilden lassen.
    Ich glaube, dass eine Art "Vorschalt-Pfad" (z.B. "Fieber" oder "Dyspnoe")nötig ist. Dieser kann für mehrere Krankheitsbilder Verwendung finden und sollte diese natürlich zumindest gedanklich schon berücksichtigen.
    Der eigentliche CP kann dann aus meiner Sicht nur Krankheits-(ICD???) bezogen sein.
    Hat denn schon einer einen symptombezogenen Pfad entwickelt, der bis zur Entlassung führt?

    Gruß
    R. Berndt

    • Offizieller Beitrag

    Hallo "Pfad-Finder",

    zunächst einen geruhsamen Feiertag und vielen Dank für die interessanten Beiträge.

    Bei so viel guten Ideen stellt sich mir die Frage, ob man nicht einfach mal versuchen sollte, hier im Forum einen "Pfad" zu "entwickeln", indem man das Für und Wider entsprechender Diskussionsbeiträge abwägt und konsentiert (falls möglich). Ob etwas konkret Verwendbares dabei herauskommt, sei dahingestellt. Viel wichtiger erscheint mir z.Zt. die Art und Weise, wie man dahingelangt (Der Pfad ist das Ziel ;) ). Ausserdem könnte man so feststellen, ob und welche Unterschiede es gibt und welche Tätigkeiten wie ineinandergreifen. Wenn dann noch einige die zugehörigen Kosten (Cost-Ways) beisteuern, müsste doch ein brauchbare "Gerüst" hinzukriegen sein. Da man ja immer mit teuren, einfachen und überschaubaren Dingen anfangen soll, könnte ich mir z.B. den Einbau einer Hüft-TEP als geeignetes Pfad-Objekt vorstellen. Wie sehen Sie das ?

    Gruß
    B. Sommerhäuser