Harnwegsinfektion

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    entscheiden Sie selber:

    DKR D003d, Abnorme Befunde
    Abnorme Labor-, Röntgen-, Pathologie- und andere diagnostische Befunde werden nicht kodiert, es sei denn, sie haben eine klinische Bedeutung im Sinne einer therapeutischen Konsequenz oder einer weiterführenden Diagnostik (nicht allein Kontrolle der abnormen Werte).

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Hallo Lukas

    Die Kodierempfehlungen der SEG4 \"Vergütung und Abrechnung bzgl. der Harnwegsinfektion lautet wie folgt:

    Eines der folgenden Kriterien muss erfüllt sein:
    • Signifikante Leukozyturie (mehr als 8 Leukos pro GF im zenrifugierten Sediment plus signifikanter Keimzahl (mind. 100.000 Keime/ml) und Therapie
    • Asymptomatische Bakteriurie bei Kindern/Schwangeren mit Antibiose nach Antibiogramm und bei urologischer Ursachenabklärung mit spezifischer Diagnose und Therapie
    • Typische, dokumentierte und nachvollziehbare Klinik und Therapie

    siehe Anlage

    Also dürfte ihre unbehandelte Harnwegsinfektion nicht mit zur Abrechnung kommen.


    :biggrin:

    Gruß
    mema

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Mema,

    relevant ist hier vordergründig oben genannte DKR. Keine Therapie/weiterführende Diagnostik = Keine Kodierung.

    Zu den von Ihnen genannten Kriterien:

    Es ist nicht relevant, was die SEG-4 hier als persönliche Meinung veröffentlicht. Eine entsprechend andere Meinung finden Sie hier:
    http://www.medinfoweb.de/article.php?ar…at01=7&cat04=21

    \"Kommentar:

    Stand: 10.01.2007

    Die durch den MDK aufgeführten medizinischen Kriterien sind durch die ICD nicht gestützt. Die Routinemäßige Erhebung der geforderten Daten entspricht nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Als Kriterium für die Kodierbarkeit eines Harnwegsinfektes dient der paraklinische Nachweis oder der begründete klinische Verdacht in Verbindung mit der Einleitung einer antibiotischen Therapie.
    Dr. U. Dennler & J. Schikowski & M. Thieme\"

    und hier:

    http://www.medizincontroller.de/foka.php

    \"Die Festlegung der Kriterien seitens der SEG 4 zur Rechtfertigung der Kodierung eines Harnwegsinfektes ist so nicht zu akzeptieren, da sie eine willkürliche Auslegung darstellt. Die FoKA der DGfM verweist auf die Definition des Robert-Koch-Instituts. Demnach müssen mindestens 2 der folgenden Anzeichen vorliegen: Fieber > 38°C, Harndrang, erhöhte Miktionsfrequenz, Dysurie, suprapubisches Missempfinden und mindestens eins der folgenden Kriterien wie Urinkultur mit weniger als 10 hoch 5 Kolonien/ml Urin einzelnen Uropathogene bei Patienten, die mit entsprechenden antimikrobiellen Therapie behandelt werden und/oder die Diagnose des Arztes. Eine Therapie des Harnwegsinfektes wird in jedem Falle vorausgesetzt.\"

  • Hallo Herr Selter,

    super komprimierte Übersicht zur idealen Umsetzung.

    By the way:
    In 2008 sei ja die R32 Harnwegsinfektion, nicht näher bezeichnet nicht mehr PCCL-relevant, allerdings die akute Zystitis N30.0.

    Mal ehrlich, können Sie mir kurz den Unterschied erklären oder tausche ich nur die ICD aus für das gleiche Krankeitsbild??

    Mit Dank

    riol

    Viszeralchirurg/Unfallchirurg

  • Hallo riol,
    R32=Harninkontinenz (haben Sie sich sicher verguckt)...Aber war da nicht auch eine Abwertung?
    Ich glaube schon lange, dass das sog. lernenden System nur lernt, wie man den Kliniken den Geldhahn zudreht, denn offen sagen will von den politischen Freunden keiner, dass leider, leider in Zukunft der Weg zum nächsten Krankenhaus 50 statt 10 km sein wird (dafür aber mit Super-Duper-Qualität nach ISO, KTx, BQS, EQS, etc....). Soll heissen, Diagnosen, die auch mal mit etwas Aufwand verbunden sein können wie eine zusätzliche Harnwegsinfektion, sollen wir zukünftig - v.a. als Regelversorger - umsonst dazubehandeln. Immerhin - solte uns mal ein Transplantat-Versagen begegnen, ist das dann neuerdings CC-relevant, dummerweise ist gerade bei Verlegungsabschlägen der hohe CCL manchmal eher kontraproduktiv. Und was würden wir mit Problemen bei Transplantaten als Regelversorger machen....?

    Zur Ausgangsfrage würde ich allerdings auch sagen, dass das nicht zu kodieren ist.

    Viele Grüße
    P. Dietz

  • Zitat


    Original von riol:
    Hallo Herr Selter,

    super komprimierte Übersicht zur idealen Umsetzung.

    By the way:
    In 2008 sei ja die R32 Harnwegsinfektion, nicht näher bezeichnet nicht mehr PCCL-relevant, allerdings die akute Zystitis N30.0.

    Mal ehrlich, können Sie mir kurz den Unterschied erklären oder tausche ich nur die ICD aus für das gleiche Krankeitsbild??

    Mit Dank

    Hallo Olaf,
    in Murnau sind um diese Zeit schon die Lichter aus.

    Das ist ja das schöne am \"lernenden System\", dass wir jedes Jahr Neues dazu lernen dürfen. Diejenigen, die zwei Jahre oder mehr dazu gebraucht haben, dass die Kollegen endlich verstehen, warum sie einen Harnwegsinfekt sauber dokumentieren sollen und bei einer Hypokaliämie doch bitte eine Kalinor-Brause und keine Banane geben sollen, müssen doch endlich neue Denkanstösse kriegen, damit das Gehirn nicht einrostet. :i_baeh:

    Man muss das ganze System eher sportlich sehen (oder Cipramil oder Fluctin fressen). :laugh:
    Danken wir Herrn Kollegen Heimig, dass er uns jedes Jahr zu neuen kleinen Herausforderungen verhilft. Wenn das eine oder andere Krankenhaus dabei auf der Strecke bleibt, das stört doch keinen großen Geist (Karlsson vom Dach). :totlach:

    Außerdem gibt ja noch die \"Privaten\", die mit einem Riesenappetit auch auf dein Krankenhaus scharf sind, damit sie ihre Sharholder bedienen können.

    Lange Rede kurzer Sinn: Ich schließe noch Wetten ab, ob die N30.0 im nächsten oder erst im übernächsten Jahr von der ccl-Liste gestrichen wird.

    Ich tippe 10:1, dass es im nächsten Jahr verschwindet. :i_drink:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Laut der neuen cc-Matrix ist die N39.0 für 2008 definitiv draußen. Die B96.2 (E. coli und andere Enterobakterien) übrigens auch. Also ist der typische E. coli-HWI ab 08 nicht mehr cc-relevant.

    Auch die anderen Erregercodes (B95-96) sind bis auf Pneumokokken (B95.3), Haemophilus/Moraxella (B96.3) und Pseudomonas/Nonfermenter (B96.5) abgewertet worden. Dafür sind die übrigen Resistenzcodes in die cc-Matrix aufgenommen worden, so dass der \"real existierende\" VRE (E. faecium) dem eher seltenen VRE (E. faecalis) gleichgestellt ist.

    Insgesamt weiter Tendenz zur besseren Differenzierung in \"leichtere\" und \"schwerere\" Fälle, scheint mir.

    Viele Grüße

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Hallo, Herr Pietzcker!

    Die Frage von riol sei nochmals aufgegriffen:

    Da ja eine Streichung von N39.0 in der CC-Matrix vorgenommen wurde, die N30.0 jedoch verblieben ist, denke ich mir, daß nunmehr eine inflationäre Anzahl von Patienten nicht mehr unspezifische Harnwegsinfekte haben, sondern zur Zystitis migrieren.
    Was zur nächsten Frage führt: Wie weise ich eine Zystitis im Gegensatz zum Harnwegsinfekt nach? Muss ich immer eine Zystoskopie durchführen?

    In allen bisherigen Forumsbeiträgen wird die N30.0 nahezu synonym mit N39.0 benutzt. Machte ja auch bisher keinen Unterschied...

    T. Flöser

  • Hm. Stimmt eigentlich. Was kann ein HWI alles sein? Urethritis (aber das ist ja eher die Domäne von Gonokokken und Chlamydien), Zystitis (halt die typische Blasenentzündung), Pyelitis/Pyelonephritis (wenn\'s aufsteigt und richtig unangenehm wird) bis zur Urosepsis. Wahrscheinlich wird daher, wie Sie vermuten, die N30.0 den Platz der N39.0 einnehmen. Den hält sie vielleicht ein oder zwei Jahre, bis das InEK auch die N30.0 aus der Matrix kegelt...

    Viele Grüße

    Prof. Dr. Tim Pietzcker, MBA
    Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie
    Technische Hochschule Ulm

  • Genau dies ist die Frage: Wird die N30.0 den Platz einnehmen? Denn via MDK werden natürlich alle N30.0 nachgefragt, überprüft und versucht, auf die N39.0 zu schieben.
    Die Gespräche sehe ich schon vor mir: N30.0 nur bei NACHGEWIESENER HARNBLASEN-Infektion. Wenn wir nicht beweisen können, dass es spezifisch die Harnblase ist, MÜSSEN wir den unspezifischeren N39.0 nehmen...

    Wer hat Ideen?

    T. Flöser