Komplikation nach FPV 2008

  • Hallo Forum,
    auch wenn es schon viele Beiträge zu diesem Thema gibt; wer hat erste Erfahrungen mit der Wiederaufnahmeregelung nach §2 FPV?
    Eine Patientin war bei uns stationär zur Hernien OP vom 18.01. bis 19.01.08 und wurde erneut stationär aufgenomen am 24.01.08 mit einer Infektion. Da wir uns als KH hierfür nicht in der Verantwortung sehen haben wir die Fälle nicht zusammengelegt. Der MDK schreibt nun in seinem Gutachten: \"Zwischen o. g. Fällen besteht ein Fallzusammenhang im Sinne postop. Komplikation\".
    Sind wir als KH wieder mal in der Pflicht, unsere \"Unschuld\" zu beweisen?
    Ich bin gespannt auf die Antworten.


    IrisR

    Viele Grüße von der Ostsee

  • Hallo IrisR,

    es stellt sich erstmal die Frage, welche Unterlagen dem MDK zur Verfügung gestellt wurden. Sicher ist es so, dass im Fall einer mangelnden Complicance und/oder Fehlverhalten des Patienten, Maßnahmen eines nachbehandelnden Dritten usw., also Umstände, die nicht mehr in den Verantwortungsbereich des KH fallen, eine Fallzusammenführung nicht gegeben ist. Insofern eine Frage der Dokumentation des Hauses bei erneuter Aufnahme. Nur wenn keine für das Haus sprechenden Sachverhalte vorliegen bzw. gegenüber dem MDK im Rahmen der 112-Anfrage mitgeteilt wurden, stellt zumindest der hier zuständige MDK einen Fallzusammenhang her - solange kein Nachweis einer \"anderen\" Verursachung.

    Wenn Ihnen also Informationen vorliegen, die Ihre \"Unschuld\" (ich sträube mich etwas bei diesem Begriff, denn es geht ja nicht um irgendwelche Schuldzuweisungen), dann Widerspruch an Kasse/MDK.

    Falls aber in der Zwischenzeit soweit alles \'sauber\' lief, bleibt meiner Meinung nach nur die Akzeptanz der Wiederaufnahmeregelung.

    Mit freundlichen Grüßen

    Rhodolith

  • Schönen guten Tag IrisR,

    Unter diesem Link findet sich ein interessanter Artikel zu postoperativen Wundinfektionen.

    Wesentliche Aussage in diesem Zusammenhang ist die Folgende:

    Zitat

    \"Experimentelle und klinische Daten haben gezeigt, dass 24 Stunden nach der Operation die chirurgische Wunde genügend verschlossen ist, um exogenen Infektionsquellen widerstehen zu können, falls nicht die Wunde per secundam (ps) verheilen soll und/oder die Wunde drainiert wird. Aus diesem Grund nimmt man an, dass in den meisten Fällen Mikroorganismen zum Zeitpunkt der Operation in die Wunde gelangen. \"

    Da eine Hernienoperation streng aseptisch sein sollte, kann man - anders als z. B. bei Darmoperationen - auch nicht davon ausgehen, dass operationsbedingt Keime zwangsläufig auftreten.

    Daher würde ich in einem solchen Fall zunächst auch vom Verantwortungsbereich des Krankenhauses ausgehen, es sei denn, es liegen z. B. die von rhodolith genannten Anhaltspunkte für eine (mit-)Verantwortung des Patienten oder der Nachbehandlung vor.

  • Hallo Herr Schaffert,

    diese von Ihnen zitierte Aussage ist mir aus der klinischen Zeit auch gut bekannt, aber ich habe die Quelle nicht- können Sie mir diese bitte zukommen lassen?

    Vielen Dank.

    Uwe Neiser


  • Guten Tag,
    war denn die Wunde bei Entlassung reizlos?

    Gerade bei der Diskussion mit dem MDk sind solche Begriffe wie \"nimmt man an\" und \"in den meisten Fällen\" ohne Beweiskraft für den Einzelfall, wenn es zum Vorteil des KH gereichen würde. da wird dann immer der Einzelbeweis gefordert.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Sehr geehrtes Forum,

    anläßlich eines aktuellen MDK-Falles möchte ich nochmal die Diskussion um den Passus \"in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallende Komplikation im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung\" anregen.

    Fallkonstellation: Pat. mit operativ versorgter Tibiakopffraktur wird mit Clexane-Medikation entlassen und kommt innerhalb der oGVD mit einer stationär zu behandelnden allergischen Reaktion wieder, die lt. beh.Arzt \"am ehesten\" auf die Clexane-Medikation zurückzuführen ist.

    Wir waren der Meinung, dass es ähnlich wie bei der Chemo-Konstellation, die ja lt. FPV eine Ausnahme darstellt, nicht um eine Komplikation, sondern um eine unvermeidbare Nebenwirkung eines Medikamentes handelt. Der MDK argumentiert: Wenn die Versicherte kein Clexane erhalten hätte, wäre die erneute stationäre Aufnahme nicht nötig gewesen (Anm.:wegen einer eventeullen Lungenembolie vielleicht doch... :d_zwinker: ). Insofern handele es sich um eine Komplikation der medikamentösen Therapie im Voraufenthalt.

    Nun meine Frage v.a. an die juristisch gebildeten Forumsmitglieder: Mir ist durchaus klar, dass Komplikation nicht gleich schuldhaft verursacht bedeutet. Es kann doch aber nicht im Sinne des Verordnungsgebers sein, dass unvermeidbare Nebenwirkungen zu Lasten des KH gehen. Wenn es sich um klare Komplikationen wie z.B. Wundinfektionen handelt, will ich mich ja gern einverstanden erklären, aber hier ? Wenn mit \"Komplikation\" in der FPV jede irgendwie geartete Folge einer Therapie gemeint ist, warum schließt man dann die Chemo-Fälle aus ?

    Für schlagkräftige Argumente oder erhellende Aufklärung dankt

    AnMa

  • Hallo AnMa,
    was sagt denn Ihr Haftpflichtversicherer, bzw. dessen Juristen dazu?
    Die raten ja immer dazu, hier keine Tatsachen zu schaffen.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Hallo AnMa,

    zu Ihrer Frage \"warum schließt man die Chemo Fälle aus\"?

    Mit dieser Neuregelung in der FPV 2008 wurde die Anregung des BMG an die Selbstverwaltungspartner umgesetzt, eine \"trennschäfere Definition des bisherigen Begriffs Komplikation\" im Bereich der Onkologie zu erarbeiten bzw. sachgerechte Lösungen im Zusammenhang mit Komplikationen zu vereinbaren, die auf Nebenwirkungen der Chemo- oder Strahlenbehandlung zurückzuführen sind.

    Lt. Wörterbuch d. Medizin (Zetkin-Schaldach) zu dem Begriff Komplikationen:
    \"im med. Sprachgebrauch Ereignis, das eine Krankheit, Entbindung, unfallbedingte Verletzungen, Operationen oder andere therapeutische Maßnahmen ungünstig beeinflusst.\"

    Da Kompl. zum bekannten Risiko einer jeden, auch \"lege artis\" durchgeführten Behandlung gehören, muss es sich bei einer Komplikation nicht um ein Verschulden des Krankenhauses im Sinne einer Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht handeln.

    Zu den Komplikationen gehören auch unvermeidbare Nebenwirkungen von Arzneimitteltherapien (Ausnahme: Chemo oder Strahenth.)

    Ist die Komplikation z. B. darauf zurückzuführen, dass der Patient die Medikamente entgegen der Anweisung des KH-Arztes falsch einnimmt oder steht sie im Zusammenhang mit d. Behandlung durch den niedergelassenen Vertragsarzt nach Entlassung aus dem KH, sollte von einer Fallzusammenführung zw. Komplikationen abgesehen werden.

    Ich betone nochmals das dies meine Auffassung zur FPV-Regelung bzgl. Wiederaufnahme zw. Kompl. ist. Andere Forumsteilnehmer teilen diese Auffassung (evtl. auch mit Recht) nicht. Letztendlich ist eine Klärung in diesem \"ewigen Streitfall\" abzuwarten.

    MfG
    Einsparungsprinz

  • Hallo Einsparungsprinz,
    ich kann Ihre Auffassung nachvollziehen. Wie Sie aber richtig schreiben gibt es eben auch (nicht nur hier im Forum) juristisch gebildete Menschen, die den Passus mit dem Wort Verantwortungsbreich etwas anders sehen. Hier würde ich mir eine entsprechende Klarstellung in den DKR wünschen. Dass dies eben auch lege artis durchgeführte Maßnahmen betrifft und das mit Verantwortung keine Präjudizierung im Sinne von Verschuldung im Sinne der damit verbundenen Schadenersatzerregelungen (z.B. i.S. des §112 SGB X) verbunden ist.
    Das ist doch das Damoklesschwert unter dem wir stehen.
    Ganz abgesehen von der Öffentlichkeitswirkung, wenn Auseinandersetzungen über dieses Thema geführt werden, möglicherweise der Patient mit hineingezogen wird und die Presse sich dann über diesen Paragraphen auslässt. Bei den Privatversicherten ist das ja jetzt schon gang und gäbe.
    Spätestens dann ist Schluss mit lustig.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • Sehr geehrter Einsparungsprinz,

    Zitat


    Original von Einsparungsprinz:
    zu Ihrer Frage \"warum schließt man die Chemo Fälle aus\"?

    Mit dieser Neuregelung in der FPV 2008 wurde die Anregung des BMG an die Selbstverwaltungspartner umgesetzt, eine \"trennschäfere Definition des bisherigen Begriffs Komplikation\" im Bereich der Onkologie zu erarbeiten bzw. sachgerechte Lösungen im Zusammenhang mit Komplikationen zu vereinbaren, die auf Nebenwirkungen der Chemo- oder Strahlenbehandlung zurückzuführen sind.

    Der Grund, warum die Selbstverwaltung die Chemo-Fälle von der Komplikationsregel ausnimmt, ist mir durchaus bekannt. Die Selbstverwaltung hatte den speziellen Auftrag ja auch deswegen, weil sich das Problem insbesondere an zahlreichen Chemo-Fällen festmachte.
    Nur kann ich aus medizinischer Sicht nicht verstehen, warum eine unvermeidbare Nebenwirkung einer Chemotherapie keine Komplikation darstellt, bei jedem anderen Medikament aber plötzlich eine sein soll. Dies ist mein Problem. Der MDK-Gutachter soll als Arzt urteilen, als solcher kann er eigentlich gar nicht zu der Auffassung gelangen, dass eine unvermeidbare Nebenwirkung in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fällt, nur weil dieses ein Medikament indikationsbezogen verordnet. Vielleicht sehe ich es ja auch zu medizinisch, deshalb noch mal die Bitte an die Juristen um Aufklärung.

    herzlichen Dank
    AnMa

  • Hallo AnMa,

    ich bin zwar kein Jurist, aber grundsätzlich dürfte es wohl so sein, dass der Begriff \"Komplikation\" im Rahmen der FPV als unbestimmter Rechtsbegriff zu werten ist. Die Frage, wie der Begriff \"richtiger Weise\" zu interpretieren ist, kann daher letztendlich wohl nur ein Gericht (abschließend) beantworten.

    Im allgmeinen kann eine Auslegung auf verschiedene Weisen erfolgen. Am bekanntesten sind die Formen der grammatischen, der historischen, der systematischen und der teleologischen Auslegung. Alleine die Möglichkeiten der Auslegungen machen klar, dass Sie sich, falls Sie den Fall vor Gericht bringen möchten, einen guten Fachanwalt suchen sollten.

    Was die Argumentation angeht, würde ich grundsätzlich empfehlen mal einen Blick in die KU 7/2008 zu werfen. Hier findet sich ein recht ausführlicher Bericht zu dem Thema. Vielleicht hilft dies bei Ihrer Argumentation und Sie können sich auf dem einfacheren Weg mit der Kasse bzw. dem MDK einigen.

    Viele Grüße
    Sebastian Seyer