stationäre Behandlungsnotwendigkeit?

  • Hallo an alle

    Habe ein Problem mit der stationären Notwendigkeit und hoffe ihr könnt mir hierzu einen Tipp geben.
    Hier der Fall:

    Patient mit Colonkarzinom kommt zur geplanten Aufnahme wg. Chemotherapie (08:09 Uhr). Wurde komplett aufgenommen. Im Laborbefund (08:36 Uhr) wurde eine Neutropenie festgestellt u. die Patientin wieder nach Hause entlassen. Eine Wiederaufnahme zur Chemo wurde ausgemacht.

    Argumentation der MDK:
    „Aus aus ex ante-Sicht bestand die Notwendigkeit der Aufnahme zur Fortsetzung der Chemotherapie, der erbrachte Leistungsinhalt (Blutentnahme u. Aufnahmegespräch) entspricht aber keiner vollstationären Behandlung, so dass durch die Kasse leistungsrechtlich über die Abrechnung zu entscheiden ist“.

    Meine Argumentation war:
    Im Beschluss des Großen Senats des Bundessozialgerichtes vom 25.09.2007 - GS 1/06 heißt es, dass bei einer gerichtlichen Überprüfung der Frage, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes (ex ante-Sicht) auszugehen ist. Weiter wurde der Patient komplett stationär aufgenommen inkl. Akte, Essensbestellung usw. Da die Leukopenie bei Aufnahme nicht absehbar war, sehen wir die Voraussetzung der stationären Abrechnung als erfüllt. Die Notwendigkeit der stationären Aufnahme aus ex ante-Sicht wurde in dem MDK-Gutachten bestätigt.

    Argumentation der Kasse:
    Grundsätzlich ist die Ermittlung der Blutwerte ambulant möglich. Es ist davon auszugehen, dass das Ergebnis der Blutuntersuchung im stationären Bereich in kürzester Zeit vorliegt und so über die weitere Verfahrensweise entschieden werden kann. Wir sehen die Bestimmung der Blutwerte als Inhalt der Aufnahmeuntersuchung.

    Seht ihr bei diesem Fall Chancen auf Erfolg? Bin mir nämlich auch nicht mehr so sicher :(

    MfG
    mema

  • Schönen guten Tag mema,

    zumindest im hessischen Landesvertrag gibt es die Regelung, dass der Krankenhausarzt über die stationären Aufnahme nach der Aufnahmeuntersuchung entscheidet. Man kann jetzt natürlich trefflich darüber streiten, was alles zur Aufnahmeuntersuchung gehört. Ich persönlich würde die Anamnese, die klinische Untersuchung aber auch maßnahmen, die ich auch bei anderen ambulanten Patienten durchführe wie einfache Röntgenaufnahmen, Sono, EKG und eben auch ein Blutbild dazu zählen.

    Die Argumentation des MDK ist im übrigen auch formal korrekt: Die Voraussetzungen für eine stationäre Behandlung ist nach dem BSG-Urteil nämlich nicht nur die geplante Aufenthaltsdauer, sondern auch, dass überhaupt eine stationäre Behandlung begonnen wurde. Eine Chance zur Durchsetzung der stationären Abrechnung hätten Sie also nur, wenn die durchgeführten Maßnahmen bereits als Beginn der stationären Behandlung und nicht lediglich als Aufnahmeuntersuchung anerkannt würden.

    Ich wünsche noch einen schönen Tag,

  • Vielen Dank für Ihre Antwort, Herr Schaffert.
    Ich denke nicht, dass ich die Kasse davon überzeugen kann, dass eine Laboruntersuchung nicht zur Aufnahmeuntersuchung gehört und werde wohl nachgeben.

    MfG
    mema

  • Hallo mema,
    rechnen Sie doch diesen Fall als vorstationäre Behandlung ab.
    Gruß

    Dr.Gerhard Fischer
    Medizincontroller/Frauenarzt

  • Hallo Herr Fischer,
    ich fürchte, Ihr Vorschlag führt auch nicht weiter, da eine vollstationäre Behandlung ja nur verschoben wurde.
    Die Kasse wird daher die Bezahlung einer vorstationären Behandlung ablehnen. :d_neinnein:
    Zumindest werden wir solange auf´s Geld warten müssen, bis das LSG Bayern die Revision des Lanshuter Urteils vom 14.12.2007 (S 1 KR 173/06) bearbeitet hat und hoffentlich im Sinne der Passauer Klinik entschieden hat. :d_zwinker:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Hallo miteinander,

    bei dem Thema klingt es ja noch nett von der Kasse, wie Sie es hier formulieren.
    Bei uns wird meist darauf verwiesen, dass Laboruntersuchungen etc, ambulant bzw. vorstationär durchzuführen sind.

    Summa summarum kann man konstatieren, das immer wenn Verweildauerreduzierung Kosten für die Kasse spart, immer die Durchführung sämtlicher Untersuchungen, Aufklärungen, Diagnostik vorstationär erfolgen \"muss\".
    Auch bei einem unzweifelhaft stationären Eingriff wie Herzop oder so wird, falls es zur Nichtdurchführung des Eingriffes und dager 2 Tagen Verweildauer kommt, argumentiert die Abklärung der Laborwerte, des Zahnstatus... hätten ambulant erfolgen können- natürlich inclusive Aufklärung usw. bzw halt innerhalb eines Belegungstages.
    Ich denke, dass hier wirklich die Rechtsprechung gefordert ist.

    Uwe Neiser


  • Hallo!

    Ich bin Medizincontrollerin für die Krankenhausabteilungen mehrerer Krankenkassen (intern) und kann für uns sagen, dass wir hier klar eine vorstationäre Abrechnung akzeptieren würden. Auch Krankenkassen können vernünftig sein und man muss wirklich nicht alles über Gerichte klären. :sonne:

    Viele Grüße

    SKoch

  • Hallo

    ich habe nun den Fall vorstationär abgerechnet. Dies wurde auch ohne Probleme von der Krankenkasse akzeptiert.
    Ich muss SKoch zustimmen. Wir hatten bei MDK-Fällen, wo die Notwendigkeit einer stationären Aufnahme nicht akzeptiert wurde und die wir dann vorstationär bzw. als AOP abgerechnet haben, nie Probleme mit den Kassen.

    Gruß
    mema

  • Hallo Herr Dr. Neiser,

    da muss ich doch nochmal nachhaken:

    Zitat


    Original von phlox:
    Hallo miteinander,

    bei dem Thema klingt es ja noch nett von der Kasse, wie Sie es hier formulieren.
    Bei uns wird meist darauf verwiesen, dass Laboruntersuchungen etc, ambulant bzw. vorstationär durchzuführen sind.

    Summa summarum kann man konstatieren, das immer wenn Verweildauerreduzierung Kosten für die Kasse spart, immer die Durchführung sämtlicher Untersuchungen, Aufklärungen, Diagnostik vorstationär erfolgen \"muss\".
    Auch bei einem unzweifelhaft stationären Eingriff wie Herzop oder so wird, falls es zur Nichtdurchführung des Eingriffes und dager 2 Tagen Verweildauer kommt, argumentiert die Abklärung der Laborwerte, des Zahnstatus... hätten ambulant erfolgen können- natürlich inclusive Aufklärung usw. bzw halt innerhalb eines Belegungstages.
    Ich denke, dass hier wirklich die Rechtsprechung gefordert ist.


    Inwieweit ist denn die Rechtsprechung gefordert?

    Ihrem Beispiel möchte ich entgegen halten, was mir im März passiert ist (zugegeben ein Einzelfall, der in vergleichbarer Form aber sicher \"etwas\" häufiger vorkommt):

    Ich bin unter 50, mobil, nicht multimorbid und wohne in durchaus zumutbarer Entfernung zum nächst erreichbaren Krankenhaus. Im Februar sollte mir wegen eines kalten Knotens ein Teil der Schilddrüse entfernt werden. Ich habe mit meiner Einweisung also einen Termin für die erforderlichen Voruntersuchungen im Krankenhaus vereinbart und bin Freitags dort hin. Es wurde ein kurzes Gespräch geführt, ein Ultraschall der SD gemacht und meine Stimmbänder betrachtet.

    Dann sagt man mir, dass ich am Montag stationär komme und am Dienstag operiert werde. Auf meine Frage, warum ich nicht Montag operiert werde, sagte man mir, der Anästhesist muss mich noch sehen. Also bestand ich darauf, den Anästhesisten noch am gleichen Tag (Freitag) zu sehen. Das klappte auch und dauerte keine 20 Minuten (sowohl das Warten als auch das Gespräch selbst).

    Am Montag kam ich also zur stationären Aufnahme, wurde am gleichen Tag operiert und bekam Dienstags um 12.00 Uhr die Drainage entfernt. Bei der Visite um 14.00 Uhr fragte ich, ob ich nach Hause könne. Der Stationsarzt verneinte mit der Begründung, die Patienten erst 24 Std. nach Drainage-Entfernung gehen zu lassen - der von mir hinzu gerufene Oberarzt bejahte und ich konnte gehen. (ich habe nur gefragt, warum man anderswo nach einer ambulanten OP mit Drainage nach Hause darf und hier noch nichtmal nach Entfernung der Drainage)

    So blieb von geplanten drei Belegungstagen einer und für meine KK eine nette Ersparnis. Ich habe doppelt gespart, nämlich direkt 20,- € Zuzahlung und indirekt mit meinem - wenn auch winzigen - Beitrag zur Beitragsstabilität durch Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (oder kann mir jemand medizinisch begründen, dass die Behandlung in der letztlich erbrachten Form qualitative Mängel hatte? ).

    Diese Fälle werden mir in meiner beruflichen Praxis vielfach geschildert und nicht nur deshalb bleibt nach dem Erlebten das ungute Gefühl, dass sich die Routine solcher Häuser oftmals durchsetzt, weil die allermeisten Patienten wohl nicht mit dem fachlichen Hintergrund und/oder Kostenbewusstsein gegenüber dem Krankenhaus(arzt) auftreten.

    Und was soll da die Rechtsprechung in Ihrem Sinne entscheiden? Eine Auswahl geeigneter Fälle, in denen die eine wie die andere Seite Vernunft zeigt, ist mir da lieber. Durch eine einheitliche (gesetzliche und/oder gerichtliche) Regelung auf diesem Gebiet werden die (gefühlten) Ungerechtigkeiten auf allen Seiten eher größer.

    Das Wirtschaftlichkeitsgebot wird dummerweise immer erst Thema, wenn´s zu spät ist. Warum kann man GEEIGNETE Fälle nicht von vornherein anders planen, dann gibt´s hinterher auch keinen Streit - denn es steht bereits im § 12 SGB V: \"Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, [...] dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken.\"

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)

  • Hallo ToDo,

    jetzt muss ich auch mal kurz nachhaken. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Mal abgesehen davon, dass dies wirklich ein Einzelfall ist von denen ich Ihnen beliebig viele auch in gegenteiliger Sichtweise auf den Tisch legen kann, trifft die Darstellung das Problem nicht so recht. Die Verschiebung zwischen verschiedenen Vergütungsformen führt meiner Meinung langfristig auch nicht zu Kostenersparungen im Gesundheitswesen, ganz anders als überflüssige Leistungen. Alleine deshalb hinkt der Vergleich. Aber belehren Sie mich eines besseren ...

    Viele Grüße
    Sebastian Seyer

  • Hallo Herr Seyer,

    tut mir leid, vielleicht war mein Text zu lang und deshalb schwer verständlich. Ich versuche es gern noch einmal (obwohl es auch diesmal nicht viel kürzer geht):

    1. Es ging in diesem Thema um die Ansicht von Kassen, was im Vorfeld einer (geplanten) OP im Rahmen vorstationärer bzw. ambulanter Behandlung erbracht werden kann. Dabei ist es bei entsprechender Organisation und Planung des Krankenhauses letztlich egal, ob die OP tatsächlich durchgeführt wird. Insoweit traf meine Darstellung das Problem ziemlich genau, wenn auch schienbar nicht aus der von Ihnen gewünschten Sichtweise

    2. Ob mein Einzelfall (den ich als solchen übrigens nicht bestritten habe) eher vergleichbar ist mit einer repräsentativen Menge an (Kurzlieger)fällen als die Fälle, die Sie mir \"beliebig\" in gegenteiliger Sichtweise schildern können, lasse ich offen. Es spielt aber auch überhaupt keine Rolle, denn Sie geben mir mit diesem Einwand doch absolut Recht (meinen Dank dafür): Ich schrieb, dass eine einheitliche gesetzliche oder gerichtliche Regelung die Ungerechtigkeiten nur vergrößern würde und stattdessen jede Seite in geeigneten Fällen Vernunft walten lassen sollte. So würde ich vermutlich die von Ihnen angedeuteten Fälle akzeptieren - würde im Gegenzug aber erwarten, dass Sie Fälle wie den meinen ebenso akzeptieren. Oder verstehen Sie Einzelfallbetrachtung als Einbahnstraße?

    3. Mein Schlussabsatz mag ja das Thema nicht genau treffen, aber es ist die Konsequenz aus dieser und vielen anderen Diskussionen hier im Board. Viele Krankenhäuser erbringen Leistungen ohne Rücksicht auf Vorgaben von DKR, OPS, ICD oder Gerichten und streiten nachher um´s Geld. Warum kann ein solches Haus seine Organisation nicht den veränderten Rahmenbedingungen anpassen und seine Abläufe optimieren. Dann gibt es a) nicht so viele Erlösausfälle und b) wird bei sauberer Kodierung die tatsächliche Leistung bei den nächsten Kalkulationen besser abgebildet (z. B. bei klassischen ambulanten bzw. Kurzliegerfällen würde die OP besser vergütet, indem der UGVD-Abschlag sinkt und der Anreiz für solche Grabenkämpfe minimiert wird)


    4. Da Sie sich von meinem Beitrag angesprochen fühlten, können Sie sich vielleicht auch erklären, was zu diesem Thema die Rechtsprechung klären sollte? Denn diese Frage war ja eigentlich Aufhänger meines Beitrages - damit hatte aber wiederum Ihre Antwort nicht wirklich etwas zu tun!

    Sonnige Grüße

    Freundliche Grüße


    ToDo

    Wir lieben die Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - falls sie das gleiche denken wie wir.
    (Mark Twain)