Wozu dienen UGVD-Abschläge???

  • Hallo,

    wenn man das liest, ärgert man sich besonders über die beliebte Kassenformulierung: \"Warum konnte der Patient nicht innerhalb der unteren Grenzverweildauer entlassen werden?\".

    Mit freundlichen Grüßen

    Claudia Mertens

  • Hallo Forum,

    ich finde die Problematik der UGVD-Abschläge in dem WDR-Artikel gut beschrieben.

    Seit Jahren schon streite ich mich mit Herrn Kollegen Dr.Heimig (IneK) darum, dass die UGVD-Abschläge eine Fehlsteuerung verursachen:
    Der gute Operateur mit kurzer Liegezeit des Patienten wird dafür \"abgestraft\" und der schlechte Operateur mit viel Komplikationen wird finanziell \"belohnt\".

    Das ist ein [glow=#FF0000,3]Systemfehler![/glow]

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

    • Offizieller Beitrag
    Zitat


    Original von Thomas_Heller:
    ... der schlechte Operateur mit viel Komplikationen wird finanziell \"belohnt\".

    Hallo Herr Heller,

    ich glaube kaum, dass eine chirurgische Abteilung mit möglichst schlechten Operateuren und vielen Komplikationen einen ökonomischen Vorteil generiert. Diese Patienten rutschen dann nicht mal eben über die UGV (und finden damit die Anerkennung des MDK), sondern halten sich eher im Bereich der OGV auf, oder darüber. Welche Klinik dadurch Geld verdienen soll, bleibt rätselhaft. Ich denke nicht, dass dies in der Diskussion die Sie mit Dr. Heimig führen (wollen), ein gut platziertes Argument sein kann.

    Mit freundlichen Grüßen

    D. D. Selter

    Ärztlicher Leiter Medizincontrolling

    Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau

  • Zitat


    Original von Thomas_Heller:

    Der gute Operateur mit kurzer Liegezeit des Patienten wird dafür \"abgestraft\" und der schlechte Operateur mit viel Komplikationen wird finanziell \"belohnt\".

    Hallo Hr. Heller,

    vielleicht im AOP-Bereich, um aus ambulanten Fälle stationäre zu machen. Aber ob das auf Dauer zielführend ist, wage ich zu bezweifeln.

    Herzliche Grüsse aus Mittelfranken
    E. Horndasch

  • hallo ins forum,

    ich würde den text von herrn heller mal anders formulieren dürfen: wenn jemand ein neues - ggf. teureres oder aufwändigeres - op-verfahren einführt, das durch die neue methode den stationären aufenthalt verkürzt und in die nähe der ugv bringt, wird er nicht gerade dafür belohnt. der reflex des kassen-edv-systems oder des kassenmitarbeiters wird immer eine prüfung mit der fragestellung \"war die überschreitung der ugv medizinisch notwendig\" enden. wenn dann das verfahren wirklich gut ist, wird der mdk dies bestätigen und der für den patienten gute/innovative operateur ist auch der arme operateur.

    ein stück medizinische entwicklung wird so auf grund der systematik sicher dem gesundheitswesen verloren gehen.

    Gruss
    Dr. Christian Kramer

    Orthopäde - Oberarzt

  • Guten Tag allerseits,

    lange habe ich ja nur gelesen, aber jetzt möchte ich doch unserem Vergütungssystem mal etwas \"die Stange halten\".

    Bleiben wir bei der Fast Track Chirurgie.
    Die ist nicht so neu und wird nicht so vereinzelt angwandt, dass diese Fälle nicht schon (und immer mehr) in das Kalkulationsverfahren des InEK einfließt.

    Das System in Deutschland verhindert keine Innovationen - es gibt viele Mechanismen (z.B. NUB und ZE) durch die die Kassen gelegentlich zur Finanzierung von Methoden verpflichtet werden, die in anderen hochzivilisierten Staaten niemals auf Kosten der Allgemeinheit zu Anwendung kämen.

    Auch das jährlich aktualisierte Kalkulationsverfahren des InEK macht das deutsche Vergütungssystem so flexibel, dass man mir bitte ein besseres Beispiel zeigen soll.
    Es gilt soviele Interessen unter einen Hut zu bringen: 1. Schutz von Patienten vor unheilbringenden Innovationen (Robodoc?!?), 2. Verfügbarkeit \"guter\" Innovationen, 3. Begrenzte finazielle Ressourcen in der GKV, 4. Refinanzierung von Forschungsarbeit der Industrie, 5.,6.,7....

    Wirklich gute und wichtige Innovationen setzen sich immer duch.

    Da kann nun einfach nicht die Lösung sein, dass jeder Arzt in jedem Krankenhaus jede Methode ganz ohne Regulativ an jedem Versicherten zu Lasten seiner Krankenversicherung anwenden darf.

    Und das tut mir auch wirklich nicht leid!!!

    Viele Grüße

    [f3][c=blue]Dr. Annette Busley[/c][/f3]
    Fachgebietsleiterin Stationäre Versorgung

    [f3][c=blue]MDS[/c][/f3] Medizinischer Dienst des
    Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V.
    Telefon: 0201 8327-288
    E-Mail: a.busley@mds-ev.de

  • Hallo,
    nun muß ich als (Teil-)Initiator dieser Diskussion (Teil- deshalb, weil\'s ja eigentlich aus\'m Fernsehen kam...) doch auch noch mal was schreiben:

    Zitat


    Original von A. Busley:
    Bleiben wir bei der Fast Track Chirurgie.
    Die ist nicht so neu und wird nicht so vereinzelt angwandt, dass diese Fälle nicht schon (und immer mehr) in das Kalkulationsverfahren des InEK einfließt.

    .....

    Da kann nun einfach nicht die Lösung sein, dass jeder Arzt in jedem Krankenhaus jede Methode ganz ohne Regulativ an jedem Versicherten zu Lasten seiner Krankenversicherung anwenden darf.

    Und das tut mir auch wirklich nicht leid!!!

    1. Sie bleiben eben NICHT bei der Fast Track Chirurgie - denn in Ihren letzten Absätzen bringen Sie Verallgemeinerungen die jeder Beschreibung spotten. Ich will es nicht weiter ausführen - aber die Verfahrenswahl wird sich nach der Erfahrung des Einzelnen richten, aber auch auf entsprechend positive Berichte mit der Einführung von \"neuen\" Verfahren orientieren. Am allerwenigsten scheinen Chirurgen (Entschuldigung liebe Chirurgen im Forum, aber mir scheint es in der Praxis so zu sein) bei der Verfahrenswahl an die DRG zu denken.

    2. Die Ordinarien hätten im WDR nicht so gejammert, wenn da nichts dran wäre - eine Aussage im Film war auch, der Pat. wird auch nur i.S.v. Fast-Track entlassen, wenn er damit einverstanden ist und sich entsprechend fühlt. Bei uns ist es noch nicht die Regel, aber ich warte auf das erste MDK-Gutachten, in dem die UGVD-Unterschreitung bei Fast-Track gefordert wird! Der Herr der Kasse jedoch war der Meinung, es sei gerecht, da weniger zu zahlen, damit der arme Pat. nicht blutig entlassen würde.

    Ob die Fast-Track-Chirurgie bei Darm-OPs bereits das INEK errreicht hat, kann vermutlich keiner sagen - woher auch, es gibt ja keinen Code dafür. Selbst wenn 10 % aller Pat nach diesem Prinzip in den Kalkulkationshäusern operiert würden, wurde doch die mittlere Verweildauer kaum sinken. Bleibt die Frage, wie das INEK denn die UGVD festlegt (weiss das wer?) - 90%-Perzentile? Dann blieben die 10 % Fast-Track grad drunter.

    Und zum Schluß noch der Hinweis: Über Mindestmengen kann man sicher noch an anderer Stelle noch trefflich streiten - aber so scheint es doch die eine oder andere Mindestmenge zu geben, die noch nicht mal so richtig evidence-based ist.

    Und es kann auch nicht sein, dass jede Krankenkasse meint, den Krankenhäausern müsse der Geldhahn abgedreht werden, koste es was es wolle.

    Schönen Abend!

    P. Dietz

  • Hallo Herr Dietz,
    mir scheint manchmal, dass im MDK und MDS die Kollegen sitzen, die schon immer alles besser wussten (und konnten) aber nicht durften!

    Sorry! ich bin 100%ig der Meinung, dass augenscheinliche Fehlkodierungen und gegen die Regln der ärztlichen Kunst ergangene Fehlentscheidungen vom MDK korrigiert werden müssen und auch angeprangert werden sollen!

    Aber ich wehre mich ganz entschieden dagegen, dass hier Kollegen ex post ärztliche Entscheidungen über den Behandlungsverlauf oder die Indikationsstellung (zur stationären Behandlung) mit fadenscheinigen Argumenten in Zweifel ziehen und keinerlei Verantwortung für Behandlungserfolg tragen müssen.

    Es sind doch die gleichen Kollegen, die Heute eine Entlassung des Patienten fordern und morgen die Fallzusammenführung wegen Wiederaufnahme verlangen.

    Es ist eine Verhöhnung, wenn die Vergütungsabschläge der UGVD zur Vermeidung der \"blutigen Entlassung\" von der Politik ins Feld geführt werden, der MDK die Blutige Entlassung (\"der Pat hätte schon am Vorabend entlassen werden können\") tagtäglich fordert.

    Es könnten zig Millionen eingespart werden, wenn das Prüfaufkommen durch die sek. Fehlbelegungsprüfung wegfiele.


    :t_teufelboese:

    mfG
    Thomas Heller
    QMB/Med Co/OA Gyn
    Haßberg-Kliniken
    Haus Haßfurt/Unterfranken

  • Lieber Herr Heller,

    ich habe es schon an anderer Stelle geschrieben: die Kollegen beim MDK und MDS sind ganz überwiegend Fachärzte mit langer klinischer Erfahrung, die konnten, durften und mußten....

    Die Seite, auf der wir stehen und für die wir arbeiten, beeinflußt unser Handeln und unsere Sicht der Dinge, wenn auch diese vielleicht weniger.
    Als KH-Ärztin fand ich z.B. manches Liegzeitmanöver, manche Wiederaufnahmeentscheidung erst nach Ablauf der OGVD medizinisch für wenig sinnhaft, wußte aber, dass es wichtig für\'s Haus ist.
    Als Praxisvertreterin agiere ich im Interesse der Praxis ein wenig anders, als ich das als Klinikärztin getan hätte.
    Als Ärztin bei den Medizinischen Diensten halte ich die morgendliche Anfahrt zu einem Eingriff für zumutbarer, als ich das als KH-Ärztin vertrat.
    Dennoch bemühe ich mich aber stets, die Sachen doch zumindest gemäßigt zu sehen.
    Dazu gehört auch, nicht Einzelfälle (von z.B: abstrusen Abrechnungen oder aber nicht nachvollziehbaren gutachterlichen Äußerungen) gleich derart zu verallgemeinern.
    Fehlentscheidungen, egal von wem, gehören korrigiert, keine Frage! Und wenn wir es leider mal nicht miteinander schaffen, dann rücken ja schon die Juristen die Sachen klar....

    Noch mal zur \"blutugen Entlassung\".
    Historisch war das ein Schreckgespenst, mit dem auch die KH-Seite die Öffentlichkeit damals im Vorfeld der Einführung des DRG-Systems über dessen Folgen informiert hatte.
    Da dies natürlich nicht erfolgen sollte, suchte man nach Wegen des Patientenschutzes. Genannt wurde da immer wieder die UGVD; wenn wir mal ehrlich sind, sind doch die Wiederaufnahmeregelungen wirtschaftlich viel bedrohlicher für ein KH, das zu früh entläßt.

    Faktisch aber tauchten die blutenden Patienten in den Praxen der Niedergelassenen nicht auf - auch wenn sich (Liegezeitstatistik) die böse Prüfpraxis des MDK schon auf die Patientenversorgung ausgewirkt haben wird.
    Tatsächlich klagen nur die AHB-Kliniken über den \"unfertigeren\" Zustand der Patienten. Hier generieren aber ausschließlich die Kliniken durch Entlassung direkt nach MVD ihren wirtschaftlichen Vorteil.
    Solange es doch soviel korrigierte Rechnungen nach Rechnungsprüfung gibt, werden die Kassen meiner Ansicht nach ihr Prüfverhalten nicht ändern und dürfen das auch gemäß ihres gesetzlichen Auftrages nicht.

    Viele Grüße

    [f3][c=blue]Dr. Annette Busley[/c][/f3]
    Fachgebietsleiterin Stationäre Versorgung

    [f3][c=blue]MDS[/c][/f3] Medizinischer Dienst des
    Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V.
    Telefon: 0201 8327-288
    E-Mail: a.busley@mds-ev.de

  • hallo frau busley,

    auch wenn es vom thema fast-track sich entfernt:

    das problem der korrigierten rechnungen wird es bei einer ex post sicht immer geben, denn dann ist es ja auch nicht wirklich schwer den fall zu beurteilen!

    überspitzt ausgedrückt: ging es gut, kann man ja fast immer einen tag abziehen, ging es nicht gut ist es ja belegt und ggf. bei wiederaufnahme eine komplikation mit zusammenführung zu generieren. wie kann man eigentlich eine zusammenführung im verantwortungsbereich des krankenhauses bescheinigen, wenn man (mdk) zuerst den 1. fall um einen tag an die ugvd hinkürzt und dann nach ende des 2. falles eine komplikation im verantwortungsbereich des krankenhauses gutachterlich bescheinigt????????? :t_teufelboese:

    da verstehe ich das system nicht mehr - gehts gut -> erst abzug, kommt dann später eine komplikation wegen der eh schon zu frühen entlassung kann man ja auch eine fallzusammenführung wegen komplikation im verantwortungsbereiches des krankenhauses generieren. hier werden wohl die juristen weitere klärung herbeiführen müssen.

    von seiten der krankenkassen geht es ja auch nicht um eine blutige entlassung sondern schlicht und einfach bei medizinisch abgeschlossen versorgten patienten aus ex post sicht geld zu sparen - und um nichts anderes leider! dies trifft übrigens auch auf alle prüfungen zu - rightcoding interessiert NIEMANDEN - nur moneysaving über kodierung oder ugvd-abschläge (oder hat schon mal jemand im grossen stil mdk-prüfungen über ccl 0 diagnosen gehabt??)

    Gruss
    Dr. Christian Kramer

    Orthopäde - Oberarzt