Guten Tag,
zur Atemunterstüzung mit Hi-Flow Brille aus den DKR 2011 1001h:
Zitat
Definition
Maschinelle Beatmung („künstliche Beatmung”) ist ein Vorgang, bei dem Gase mittels einer
mechanischen Vorrichtung in die Lunge bewegt werden. Die Atmung wird unterstützt durch das
Verstärken oder Ersetzen der eigenen Atemleistung des Patienten.
Die DKR 2011 1001h führen aber weiter aus:
Zitat
3) Bei Neugeborenen und Säuglingen ist zusätzlich ein Kode aus
8-711 Maschinelle Beatmung bei Neugeborenen und Säuglingen anzugeben.
Anmerkung: Bei Neugeborenen sind darüber hinaus auch andere atmungsunterstützende
Maßnahmen wie z.B. Sauerstoffzufuhr (8-720) zu verschlüsseln, soweit nicht eine
maschinelle Beatmung erfolgt. Hier ist die Beatmungsdauer nicht zu kodieren.
Legt man diese Aussagen strikt aus (vgl. Urteil des BSG zur Auslegung der Kodierrichtlinien und der Operationskataloge) ist die Hi-Flow Brille keine Beatmung im Sinne der DKR. Zum einen, weil die mechanisch verursachte Bewegung von Gasen in die Lunge fehlt. Zum anderen, weil die Hi-Flow Nasenbrille als Atemunterstützung dient. Ergänzend dürfte ein Gutachter des MDK/SMD oder der PKV auch darauf hinweisen, dass die Hi-Flow Nasenbrille eine ausgefeiltere Form der in der DKR 2011 1001 h erwähnten Sauerstoffzufuhr ist. Und bei der steht explizit, dass eine Beatmungsdauer nicht zu verschlüsseln ist.
Unter gleichsinnig strenger Auslegung kann sogar die CPAP-Atemhilfe als Beatmung im Sinne der DKR 2011 1001h nicht anerkannt werden. Die Argumentation liefe dann in etwa so, dass bei CPAP durch die Beatmungsmaschine ein Druck aufgebaut wird, jedoch nicht mechanisch Gas in die Lunge bewegt wird. Dies veranlasse und verursache das so behandelte Neu- und Frühgeborene selbst.
Berücksichtigung findet im G-DRG System 2011 (Handbuch, Band 5, Seite 949) lediglich der OPS-Schlüssel 8-711.00 (Atemunterstützung mit kontinuierlichem positiven Atemwegsdruck (CPAP) - bei Neugeborenen bis 28. Lebenstag) und 8-720 (Sauerstoffzufuhr bei Neugeborenen, Dauer >4 Stunden). 8-711.00 steuert P65A-B, P66A-B und P67A-B. 8-720 steuert P65C, P67B-C.
Folgerichtig wäre in Ihrem Fall - unter der Voraussetzung, dass das Kind zuvor nicht maschinell beatmet worden ist -
- die Beatmungszeit 0 (Null) und
- die anzuwendenden OPS-Schlüssel 8-711.00 sowie 8-711.4.
Wahrscheinlich - Sie beschreiben dies nicht - kommt auch der OPS-Schlüssel 8-720 zu Tragen (beurteilt auf Basis meiner klinischen Erfahrungen).
Der OPS-Schlüssel 8-711.4 ist im G-DRG System 2011 nicht gruppierungsrelevant.
Aus dem Blickwinkel eines Kinderarztes mit Berücksichtigung der Aufwendungen (damit Kosten) sind diese Regelungen meines Erachtens nach Blödsinn. Welcher offensichtlich daraus resultiert, dass man keine Differenzierung der Beatmungsdauer nach Invasivität vornehmen kann oder will. Der Aufwand bei einem Kind mit CPAP und Hi-Flow-Nasenbrille ist deutlich höher als bei einem derart nicht behandelten Kind. Dem gegenüber ist der Aufwand bei einem kontrolliert beatmeten Kind (z.B. SIMV, SIPPV) noch höher. In der Neonatologie ist seit längerer Zeit die Entwicklung zu beobachten die Invasivität der Beatmung zurück zu nehmen. Weniger um das liebe Geld des Gesundheitsfonds und der Kostenträger zu sparen, sondern um die beatmungsassoziierten Schädigungen der unreifen Lungen der Kinder zu vermindern. Der insbesondere personelle Behandlungs- und Betreuungsaufwand vermindert sich hierbei in deutlich geringerem Aufwand als wie durch das gegenwärtige G-DRG 2011 System nahegelegt wird. Dies spricht nicht für die Abbildungsgenauigkeit des Systems in punkto Behandlungsrealität, unbesehen davon wie toll die Varianzreduktion in Form des R-Quadrats in den InEK-Kalkulationen ausfällt. Eine indirekte Berücksichtigung beispielsweise über den Punkt Beatmung im modifizierten SAPS2-TISS10 System (Intensivmedizinische Komplexbehandlung Erwachsene [OPS 8-980.-], erweitert und modifiziert auch Kinder [OPS 8-98d.-]) findet nicht statt, da diese Schlüssel erst ab dem 14. Lebensjahr bzw. ab dem 29. Lebenstag zum Einsatz kommen dürfen. In Summe eine nicht kleine Baustelle für die Gesellschaft für Pädiatrische Neonatologie und Intensivmedizin (GNPI) und das InEK.
Hoffe die Infos können helfen. Letzter Absatz bei kritischen Rückfragen oder Zweifeln aus der Neonatologie zu verwenden.
Grüße / schönes Wochenende