Guten Morgen nochmals, insbesondere \"valdobbiadene\" und Herr Schaffert,
Sie verägern mich keineswegs, \"valdobbiadene\". Ich nehme gerne und freiwillig an diesem Forum teil und weis es zu schätzen. Gerade diese Diskussion hilft mir, die Gedanken und Überlegungen außerhalb des eigenen Wirkungsbereiches besser zu verstehen.
Zu Ihren Frage nach der Bezeichnung \"ambulante Entbindung\":
Ich hatte ja bereits erwähnt, daß vermutlich viele Patienten und Patientinnen den verwaltungstechnischen Unterschied zwischen \"ambulant\" und \"stationär\" nicht kennen. Im Volksmund wird unter dem Begriff \"ambulante Entbindung\" ja gerade eine Entbindung ohne anschließende Wochenbettbehandlung verstanden. Häufig fragen deshalb Schwangere im Vorfelde an, ob denn auch eine \"ambulante Entbindung\" möglich sei und meinen damit eine Entlassung unmittelbar nach der Geburt. Sie gehen dabei aber davon aus, daß sich die Sicherheit und Qualität der Geburt selbst, nicht von einer Geburt unterscheidet, bei der die Patientin anschließend noch im Wochenbett für einige Tage weiter betreut wird ! Im letzgenannten Fall beginnt die stationäre Behandlung doch auch mit der \"Aufnahme zur Geburt\". Wieso sollte dies also bei den sog. \"ambulanten Entbindungen\" im KH anders sein ?
Ihr Hinweis, daß auch in anderen Fällen ( bei ambulanten Operationen ) \"Eventualkapazitäten\" vorgehalten werden zielt in dieselbe Richtung wie der Beitrag von Herrn Schaffert. Hier liegt allerdings genau der entscheidende Unterschied zwischen Geburtshilfe und \"ambulanten Operationen\" n. § 115b SGB V:
1. Jedes ambulante OP-Zentrum und jeder ambulant operierende niedergelassene Kollege ist bei ambulanten Operationen n. § 115b zu genau denselben ärztlichen Sicherheitsvorkehrungen für unvorhergesehene Notfälle verpflichtet, wie eine stationär-operative Einrichtung ! Bei jeder ambulanten OP außerhalb eines KH muß eine adäquate ärztliche Versorgung in unvorhergesehenen Notfällen sichergestellt sein. In der Geburtshilfe ist dies anders: Kein Geburtshaus und erst recht keine Hebamme bei einer Hausgeburt ist dazu verpflichtet beispielsweise eine Kinderkrankenschwester vor Ort zu haben. Auch ist eine OP-Bereitschaft in diesen Fällen nicht gewährleistet etc. etc. Es gibt schlichtweg keine vergleichbare ambulante Einrichtung, die verpflichtet wäre, die selben organisatorischen Voraussetzungen für die Geburt zu schaffen, wie dies bei einer geburtshilflichen KH-Abteilung der Fall wäre. Hieraus folgt, daß bei jeder KH-Entbindung die \"besonderen Mittel eines KH\" in Anspruch genommen werden. Eine KH-Entbindung ist somit - wie ich bereit in meinem ersten Beitrag anmerkte - per se eine stationäre Leistung. Es handelt sich dabei um eine ärztlich geleitete Geburtshilfe, die außerhalb einer stationären Einrichtung meines Wissens nach so in Deutschland sonst nicht angeboten wird. Geht dabei etwas \"schief\" haftet in letzter Konsequenz meist auch der geburtsbetreuende Arzt und/oder der ärztliche Leiter dieser Einrichtung. Dies insbesondere auch dann, wenn ein \"Organisationsverschulden\" vorliegt ( siehe Leitlinie ! ) und unabhängig davon, ob die Patientin vor der Geburt zu erkennen gegeben hat, daß sie \"ambulant\" Entbinden möchte, oder nicht.
2. Bei \"ambulanten Operationen\" im herkömmlichen Sinne handelt es sich stets um planbare, elektive Eingriffe. Dies ist in der Geburtshilfe nicht der Fall ! Sie können einer Schwangeren keinen \"Termin\" für die Entbindung geben. Sie können nicht sagen: \"Frau Müller kommen Sie dann bitte nächsten Montag um 8:00 zur Geburt, wir machen das ambulant\". Gerade deswegen müssen die \"rund-um-die-Uhr-Kapazitäten\" vorgehalten werden !
3. Daß ein KH für ambulante Operationen, wie von Herrn Schaffert beschrieben, dieselben Ressourcen ( im Beispiel von Herrn Schaffert: Polytrauma-OP mit entsprechendem Personal ) nutzt, die auch für \"schwerere\" vollstationäre Fälle genutzt werden, ist eine wirtschaftlich begründete Entscheidung. Der Unterschied zur Geburtshilfe besteht darin, daß das KH bei solchen ambulanten Operationen hierzu nicht verpflichtet ist. Es ist darüber hinaus auch nicht medizinisch erforderlich, eine \"ambulante OP\" in einem Polytrauma-OP durchzuführen. In der Geburtshilfe hingegen ist eine KH-Abteilung dazu verpflichtet, die von mir zitierten organisatorischen Voraussetzungen zu treffen. Eine Geburtshilfe in einer KH-Abteilung ohne die genannten Voraussetzungen ist medizinisch nicht vertretbar !
4. Eine Geburt ist unberechenbarer, als eine elektive \"ambulante OP\". Risikosituationen treten unter der Geburt wesentlich häufiger auf, als bei planbaren, elektiven ambulanten Operationen an sonst gesunden Patienten !
Man könnte dies alles natürlich ändern wollen ( ich will es nicht ! ). Nur dann muß man den Patientinnen dies vorher deutlich machen und erklären, daß sie bei einer \"ambulanten Geburt\" in einer geburtshliflichen Fachabteilung keinen Anspruch auf die Sicherheitsstandards einer \"stationären Entbindung\" haben. Wollen Sie das ?
Mit freundlichen Grüßen,
M. Ziebart