Beiträge von wolf

    Hallo Herr Hellekamps,

    bin erst jetzt auf diese Frage aufmerksam geworden. Obwohl eine lange Zeit vergangen ist, möchte ich dieses Thema noch einmal aufgreifen, da es kein seltenes Problem darstellt.
    Die Tetraplegie besteht offensichtlich schon 3 Jahre. Sie ist somit kein Akutzustand (Kodierung G82.x0). Sie müßte demnach mit G82.52 oder G82.42 verschlüsselt werden, wenn sie spinaler Ursache ist(Querschnitt-lähmung), bei zentraler Ursache mit G82.49 oder G82.59.
    Die Spinkterotomie erfolgte weder, um den Patienten inkontinent zu machen, noch stellt sie eine Therapie der Harninkontinenz dar. Die Harninkontinenz gehört auch nicht zwangsläufig zur chronischen Tetraplegie, allein schon deshalb, da sie in der Regel heutzutage therapiert wird. Die Harninkontinenz bereitet gerade bei einem Tetraplegiker einen nicht unerheblichen Aufwand, der ganz unterschiedlich sein kann (in Abhängigkeit vom Handikap). Dies völlig unabhängig von der Art der Inkontinenzversorgung. Die Harninkontinenz ist aus diesem Grund zu verschlüsseln (mit N39.40 oder ähnlichem). Die Ursache der Harninkontinenz ist in der Regel die neurogen überaktive spinale Harnblase, die mit G95.80 u.a. zu verschlüsseln ist. Die N31.2 bezeichnet eine schlaffe Blase, die anderenorts nicht klassifiziert ist. Im Falle einer Querschnittlähmung wäre die Verschlüsselung der spastischen Blase mit G95.80 und der \"schlaffen Blase\" mit G95.81 exakt möglich (nicht also mit N31.2). Im Falle des Bestehens einer \"schlaffen Blase\" bei einer Tetraplegie würde mich aber die Sphinkterotomie in der Anamnese wundern, die nur bei einer spastischen Harnblase wegen der dabei beobachteten Detrusor-Sphinkter-Dyssernergie Sinn macht. Warum also ein Umschwung des Lähmungstypes stattgefunden hat, bleibt abzuklären.
    Der Harnwegsinfekt hat entweder seine Ursache in der spastischen Blasenlähmung oder aber im Umschlagen in eine \"schlaffe Blasenlähmung\", zu der es durch Malazie oder Syringomyelie kommen kann.
    Der Harnverhalt müßte mit R33 kodiert werden.
    In jedem Fall bedarf ein solcher Fall einer neuro-urologischen Abklärung in einer Spezialklinik. Medizinisch ist der Fall kompliziert, kodiertechnisch eigentlich nicht.
    HD HWI
    ND Erreger
    ND Querschnittlähmung
    ND Lähmungshöhe
    ND Ursache der Lähmung, z.B. T91.3
    ND G95.8*
    ND N39.40
    ND R33

    sicher auch ND Z99.3

    Grüße aus Bad Wildungen

    bdomurath

    Hallo,
    Zunächst Kodierung Dekubitus und dann den Erreger. Die Kodierung in diesem Fall wirft immer mal wieder Fragen auf; denn was sagt ein oberflächlicher Abstrich bei einem Dekubitus aus? Stammt der Erreger aus kloinisch infeziertem Wundgebiet aus tieferen Wundschichten ist das etwas anderes. Im Prinzip bleibt die Frage, welche medizinische Bedeutung das hat.
    Zunächst muß man sich von der Überschrift im ICD-Katalog etwas trennen - \"...als Ursachen von Krankheiten, die...\". Das hängt mit der DKR 012d zusammen, die zu den Erregernkodes folgendes sagt:\" Darüber hinaus können diese Ausrufezeichenkodes bei anderen Situationen angegeben werden, wenn dies aus klinischer Sicht sinnvoll ist\". Und in der Einleitung zu den DKR ist vermerkt, dass \" für den Fall, das zwischen den Hinweisen zur Benutzung der ICD 10 ... und den Kodierrichtlinien Widersprüche bestehen, die Kodierrichtlinien Vorang haben\".Damit ist alles klar. Wenn klinisch sinnvoll, dann Kodierung der Erreger evtl auch der besonderen Resistenz, wenn sie vorliegt.

    Gruß aus Bad Wildungen

    bdomurath

    Hallo,

    meiner Meinung nach ist die Situation klar. HD Sinusitis, ND HWI 30.0.
    Folgende Gründe habe ich dafür:
    1.Die Klinik spricht dagegen.
    Ein fieberhafter HWI ohne schmerzhafte Nierenlager glaube ich nicht. Der Patient hatte nicht einmal die übliche Drangsymptomatik und kein Brennen beim Wasserlassen. Ohne Fieber und ohne Sinusitis hätten Sie den Patienten nach Hause geschickt. Ich gehe sogar davon aus, dass sie gar keine Urinuntersuchung veranlaßt hätten.
    2. Das Handeln der behandelnden Ärzte spricht dagegen.
    Der von Ihnen als eventuell zu kodierende HWI als Aufnahmegrund wurde überhaupt nicht weiter abgeklärt. In einer solchen Situation wie der Ihrigen hätte nach meiner Meinung als Urologe gehört: 1. die unbedingte bakteriologische Austestung des Urins (gerade bei onkologischen Patienten) und 2. eine Ultraschalluntersuchung, ob Steine oder eine Harnstauung vorgelegen hat. Hätte eine Harnstauung vorgelegen, könnte die Leukozyturie erklärt werden. Auch ein fieberhafter HWI könnte so diskutiert werden. Das hätte aber insgesamt ein völlig anderes Vorgehen verlangt. Evtl auch Aufnahme in der Urologie.
    3. Der Verlauf spricht gegen urologisch bedingte Komplikationen. Offensichtlich ist ohne urologisches Zutun klinisch alles gut gegangen. Zum Glück
    4. Der HWI steht durchaus zur Diskussion.
    Streng genommen lag \"nur\" eine symptomlose Leukozyturie vor- zu kodieren evtl mit R39.8. Nach der CDC-Definition liegt eigentlich kein HWI vor ( ok, die Definition gilt für nosokomiale Harnwegsinfektionen, was bei ambulanter Vorstellung nicht unbedingt sein muß). Für die CDC-Definition fehlt Ihnen aber als Argument ein wichtiger Bestandteil der Definition: der kulturelle Nachweis von Bakterien. Das ist versäumt worden. Aber, da nur für nosokomiale Infektionen diese Definition gilt und die therapeutische Absicht vorlag, den vermuteten HWI gleich mit zu therapieren, meine ich, dass der HWI kodiert werden muß und mit N30.0 richtig verschlüsselt ist.

    Unter Berücksichtigung der oben genannten Argumente spricht auch die DKR dagegen: \"HD -... die Diagnose, die nach Analse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Aufenthaltes verantwortlich ist.\"
    Facit: somit ist die Sinusitis die HD. Der MDK/die KK haben recht.

    Am Rande sei noch vermerkt, dass der Arztbrief die HD nicht an erster Stelle nennen muß; denn er ist kein Instrument für die Rechnungslegung und schon gar nicht kann der Umkehrschluß gelten, dass, wenn nicht an erster Stelle, dann nicht HD.

    Gruß

    bdomurath
    Bad Wildungen

    Hallo,

    hier handelt es sich um ein off-label-use. Die Anwendbarkeit ist durch die Rechtsprechung hier klar geregelt. Diese Behandlung steht am Ende der therapeutischen Möglichkeiten. Die theoretisch möglichen Komplikationen sind erschreckend. Wie Sie damit umgehen wollen, bleibt Ihnen überlassen. Aber, es ist eben noch eine Anwendung außerhalb der eingegrenzt definierten Komplikationen. Und- es handelt sich nicht um Kosmetik. Die einfache Übertragung der Erfahrungen aus anderen Bereichen ist nicht zulässig. Sonst wäre es nicht mehr off-label. Hier ist Erfahrung, Sorgfalt und Eigenverantwortung gefragt. 5 Fälle halte ich für keine große Erfahrung. Welcher MDK-Gutachter hat denn damit Erfahrung? Ist doch Quatsch. Den Verweis auf andere müssen Sie verantworten. Nicht der Gutachter. Im Zweifel (gibt es den) für den Patienten. Alles andere muss noch bewiesen werden.

    Gruß

    B. Domurath
    Bad Wildungen

    Hallo,

    aus ex ante Sicht wird man den Teufel tun, solch einen Fall trotzdem zu entlassen. Eher wird man tausendmal zu dieser Patientin hingehen, egal zu welcher Uhrzeit. Dokumentation hin, Dokumentation her. Zumindest überwachen. Die Sorgfaltspflicht gilt hier noch immer. Alles andere ist fahrlässig, eventuell sogar grob fahrlässig. Dem MDK-Gutachten muß widersprochen werden. Ich halte es für bedenklich, die Sorgfaltspflicht ex post aushebeln zu wollen. Dass dieser Gutachter keine Patienten mehr behandeln muss, hat letztendlich aber etwas Gutes. Tut mir nicht leid, dass es scharf klingt. Ich meine es genau so.

    Gruß aus Bad Wildungen

    B. Domurath

    Hallo,

    ich sehe es auch so. Zunächst der Erreger, dann seine besondere Resistenz. Klinisch und mikrobiologisch logisch. Warum aber kümmern sich viele weder um den Erreger noch um die Resistenz?

    Obwohl das medizinische, hygienische und ökonomische Problem der besonderen Resistenz vom RKI schon lange erkannt worden ist und entsprechende Richtlinien erlassen wurden, hat die Selbstverwaltung bisher katastrophal reagiert. Entweder -Problem bis jetzt nicht verstanden oder die Brisanz ignoriert. Die Krankenhäuser, die sich darum nicht kümmern, werden belohnt, die, die das Problem der Lage nach ernstnehmen (oder ernstnehmen müssen), zahlen drauf.

    Zusatzentgelte sind für die besonderen Resistenzen lange angefordert worden. Seien wir doch einmal ehrlich - die CCLs bringen es in diesem Falle gar nicht. Das hätte man sich sparen können. Viele DRGs sind nicht PCCL-gesplittet. Letztendlich kann eine besondere Resistenz aber bei jeder DRG auftreten. Das schreit doch geradezu nach einem ZE. Dazu kommt, dass bisher keinerlei Kalkulation der CCL stattgefunden hat. Da hätte man eher ein ZE vereinbaren lassen können, z.B. in der Anlage 4. Hat man nicht zugelassen. Warum eigentlich? So wird die Sache doch nur noch teurer.

    Einen schönen Abend wünscht

    B.Domurath
    Bad Wildungen

    Hallo,

    der Nachweis von Keimen, auch der des Staphyloc aur in irgendwelchen Abstrichen, ist noch keine Infektion, sondern eine Kolonisation,zu verschlüsseln mit Z22.3. - Wenn Zeichen einer Infektion, dann der entsprechende Organschlüssel. Sepsis ist ein anderes Thema, aber darum ging es wohl eher nicht.

    Gruß aus Bad Wildungen

    bdomurath

    Hallo Herr Winter,

    der Staphylococcus aureus gehört zur normalen Hautflora (egal, ob MSSA oder MRSA). Er kolonisiert. Die Infektion ist keine \"Abstrichdiagnose\", auch beim Dekubitus. Der alleinige Erregernachweis vom Dekubitus genügt nicht (siehe CDC-Definition L3).
    Somit kann, wenn keine weiteren Zeichen vorliegen, nur eine Kolonisierung (Keimträger) verschlüsselt werden (Z22.3).

    Gruß aus Bad Wildungen

    bdomurath

    Hallo,

    da Sie nicht genau wussten, welche Art der Blasenlähmung hier vorliegt, halte ich die Kodierung der G95.88 für korrekt. Mit Restharnbestimmungen allein kommen Sie dem Problem nicht auf die Schliche. Eine Vermutung aufgrung der Höhe der Lähmungserscheinungen hilft Ihnen nicht recht weiter. Ich würde nicht weiter nachdenken - G95.88. Für die DRG-Zuordnung ist das ohnehin egal. Sauber trennen können Sie diese Störungen (G95.80 oder G95.81) nur mit einer Blasendruckmessung. Und - ich glaube mich mit dieser Problematik sehr gut auszukennen.

    Die N31.- wäre richtig ohne diese Vorgeschichte mit der spinalen Ebene der Lähmung. So aber kann es nur eine G95.8- sein. Der Rest hängt vom Definitionsmanual ab, nicht vom MDK.


    Grüße aus Bad Wildungen

    bdomurath

    Hallo,

    ich möchte noch etwas ergänzen. Das RKI hat Stellung zu der Frage der Definition nosokomialer Infektionen bezogen (sogenannte CDC-Definition) und nur dazu. Deshalb muss zunächst geklärt sein, ob die Definition einer nosokomialen Infektion überhaupt zutrifft.(http://www.rki.de/cln_006/nn_226….html__nnn=true).
    In diesen CDC-Bestimmungen ist der klinische Standpunkt hervorgehoben worden (Entscheidungskriterium: \"Diagnose des Arztes\"; \"Arzt beginnt entsprechende antimikrobielle Therapie\"). Da geht es nicht ausschließlich um Laborwerte, wie offensichtlich einige Schriftstücke glauben machen wollen.

    Wenn Sie Patienten mit einer Verweildauer unter 48h behandeln, haben Sie eher kein Problem mit nosokomialen Infektionen. Anderenfalls schon.
    Deshalb halte ich die bakterielle Austestung im Krankenhaus für erforderlich. Aus medizinischer Sicht. Darüber hinaus existieren noch die Anforderungen des Infektionsschutzgesetzes. Wie erstellt man eine Infektionsstatistik und erfasst die Erreger mit besonderen Resistenz wenn man keine Austestung macht?

    Diese Frage ist aber völlig unabhängig von der Frage der Kodierung.
    Es gelten die DKR für alle. Der CCL-Tunnelblick ist da völlig kontraproduktiv.

    Schönen Abend

    bdomurath
    Bad Wildungen

    Hallo,

    der Fall an der Schnittstelle Akutmedizin-Psychiatrie ist medizinisch und abrechnungstechnisch interessant.

    Der MDK liegt mit der Nebendiagnose G82.53 falsch. Sie behandelten nicht einen chronischen Zustand, sondern der Patient kam, wenn ich es richtig verstanden habe, mit einer akuten Lähmung zu Ihnen. Wie die DRG dann heißen mag, die angesteuert wird, ist völlig nebensächlich. Nebensächlich ist auch, warum sie angesteuert wird. In der Tat landen in der B61Z auch chronische Fälle. Siehe Definitionshandbuch.
    Die richtige Nebendiagnose ist G82.39. Die B61Z ist unvermeidlich. Für Sie und für den MDK. So ist die B61Z nun mal gestrickt.

    Die HD F44.7 wurde retrospektiv richtig verschlüsselt. Für die Abrechnung ist es nicht wirklich interessant, ob eventuell eine F44.4 die Situation besser wieder gibt. Die medizinische Frage \"dissoziative Störung oder Konversion\" kann man sicher dem Psychosomatiker für die weitere Abklärung überlassen.

    Die ND dienen der Darstellung des zusätzlichen Aufwandes. In diesem Falle erklärt die G82.39 den gesamten zusätzlichen Aufwand als eigenständiges Problem.
    Eine andere Variante der Verschlüsselung halte ich für falsch. Die
    zerebrale Ursache steht außer Zweifel. Die Verschlüsselung der Lähmungshöhe enthält in diesem Fall keine Zusatzinformation.
    Wie man die Konversionsneurose einschätzt, spielt keine Rolle; denn der Zustand, den sie behandelten und diagnostisch aufwändig abklärten, war für sie eine akut aufgetretene Lähmung. Gratulation, dass Sie herausfanden, was die Ursache der Lähmung ist. Kommt selten genug vor. Diese rechtzeitige Diagnose erspart der KK unglaublich viele unnötige Kosten. Man sollte es auch einmal so sehen.

    Gruß aus Bad Wildungen

    bdomurath