Beiträge von murx

    Guten Abend, Herr Selter,

    ich erkenne in Ihrer Stellungnahme genau die Polemik, die Sie mir (nicht zum ersten Mal) unterstellen wollen.

    Selbstverständlich ist mir bekannt, dass bei DIMDI ein Kuratorium über Klassifikationsfragen entscheidet; dies findet jedoch evtl. nur 1x im Jahr statt und ist nicht transparent, wird vermutlich viele Themen gleichzeitig verhandeln.

    Im Grunde müsste verlangt werden, dass mit der Einführung neuer OPS-Kodierungen durch den Antragsteller vorab eindeutige und nicht beliebig interpretierbare Inclusiva, Exclusiva, Hinweise und Dokumentationshilfen mitgeliefert werden. Aber lassen wir das. Vielleicht könnte sich dazu lieber ein Insider äußern.

    Was die Kodierung der \"neurologischen Komplexbehandlung\" angeht, gibt es jedenfalls nichts als Probleme, seit diese Geschichte erlösrelevant ist. Aber dafür gibt es ja offensichtlich noch genügend Geld in den Krankenhäusern und Dumme, die dafür den Buckel hinhalten, na ja, das muss ein Gremium, das sich mit Klassifikationswissenschaft beschäftigt, vielleicht nicht jucken. Auffällig ist jedoch, dass die Fragestellung allein in diesem Forum seit 2006 diskutiert wird und keine Lösung in Sicht ist.

    Gruß murx

    Hallo mrs. drg,

    ja, es gab eine Reaktion von DIMDI (vor ca. 3 Monaten!): Mir wurde per E-Mail angekündigt, dass die Antwort auf meine Anfrage im Rahmen der FAQ behandelt werden solle.

    Das war es dann aber auch schon; weder kam inhaltlich etwas nach noch konnte ich bis heute in den DIMDI-FAQ etwas Einschlägiges finden.

    Ich überlasse es sehr gern dem Forum, die Bearbeitungsgeschwindigkeit und -qualität unserer höchsten Kodierinstanz hier einmal zu werten.

    Mit freundlichen Grüßen murx

    Zitat


    Original von merguet:
    ...wenn vor dem 1. Aufenthalt schon klar war, dass die Maßnahmen des 2. Aufenthaltes ohnehin erforderlich waren...

    Hallo Forum,

    nett, dass dieser Dauerbrenner wieder einmal auf der Tagesordnung ist. Wieviel offene Streitfälle gibt es eigentlich diesbezüglich bundesweit?

    Meines Erachtens ist der Kenntnisstand während des 1. Aufenthalts entscheidend. Es sind verschiedene Konstrukte denkbar:

    1. Fall 1 war entlassfähig, das Ergebnis stand noch nicht fest, z.B. keine weiteren Maßnahmen, weitere Diagnostik, Einleitung einer Therapie (OP, Chemo, Radiatio...). Dieser Fall ist separat.
    2. Es wird eine umfangreiche Diagnostik eingeleitet, am Ende muss der Patient sich zwischen verschiedenen Therapieoptionen entscheiden. Dieser Fall ist ebenfalls separat.
    3. Die umfangreiche Diagnostik nach Leitlinien wird - aus welchen Gründen auch immer - unterbrochen. Eine Zusammenfassung von 2 Fällen würde in manchen KIS als Komplikation ausgewiesen, obwohl keine vorlag. Eine \"Beurlaubung\" würde die Belegungstage vermindern, aber evtl. juristische Nachteile für Patient und Krankenhaus mitbringen? \"Beurlaubung\" ist doch laut Landesverträgen ein Ausnahmefall, also gar nicht als Sparlösung vorgesehen.
    4. Ein Patient wird von auswärts zur OP eingewiesen. Zuvor findet noch eine weitere Diagnostik und eine Anästhesievorbereitung statt. Hier muss man unterscheiden, welchen Umfang und welche Konsequenzen die \"Vorbereitung\" noch haben kann. War die Operation bereits zuvor sicher indiziert, ist dieser Fall oft nur vorstationär. Manche Operation wird aber auch durch invasive Maßnahmen vorbereitet (Embolisation u.ä.). Dies ist dann ein separater Therapieschritt usw. usw.

    Wenn die \"Wild\"form Fall 4 eintritt, muss man prüfen, ob sie eher den \"Rein\"formen Fall 1, 2 oder 3 entspricht oder vorstationär abzurechnen ist.

    Etwaige juristische Probleme, die sich an dem Begriff \"Beurlaubung\" aufhängen, sind gleichzeitig neu in den Gremien zu verhandeln, weil die Konflikte über den MDK offenbar gerade wieder angeheizt werden. Verweise auf Prä-DRG-Landesverträge dürften auf Dauer wenig hilfreich sein.

    Bis zu einer besseren Klärung meine ich daher, dass man jeden Einzelfall individuell und intensiv betrachten muss. Es wird sicher nicht akzeptabel sein, dass mit dem Erlös für Operationen in Maximalversorgungshäusern auch noch die erweiterte Diagnostik abgegolten ist, die bei Zuweisern noch nicht gelaufen war. So war doch die INEK-Kalkulation bestimmt nicht. Welcher Chirurg klärt uns weiter auf über seine Lösungen?

    Gruß murx

    Zitat


    Original von riol:
    Hallo Forum, hallo controlletti,

    ...möglichst stressfrei und fair ... Wenn es mal keinen Konsens gibt, bringt meistens ein schriftliches Zweitgutachten die Lösung.

    Liebe Kassenanfragen- und MDK-Fans,

    vielen Dank für die zahlreichen Antworten, die die Abläufe recht gut beschreiben. Wenn es so harmonisch wäre wie in Bayern, wären wir alle glücklich, auch am Rhein! Nur, riol: wird die Sache für Sie immer noch stressfrei sein, wenn Sie -schätzen wir mal- pro Besprechungstag demnächst 90 statt 60 Akten durchnudeln müssen? Was machen Sie dann sonst noch an einem solchen Arbeitstag? Und vor allem: Es kommt ja nicht darauf an, was Sie mit dem MDK-Kollegen für verständnisvolle Gespräche führen, sondern was danach unter dem Strich auf dem Papier steht. Bei Zweitgutachten habe ich die Erfahrung, dass oft derselbe Gutachter schlicht sein eigenes \"Urteil\" noch einmal verfestigt anstatt neue Argumente zur Kenntnis zu nehmen...

    Kommen wir zurück zum eigentlichen Thema dieses Threads: Begründung?
    Als rheinischer Dickkopf muss ich insistieren. Hier habe ich auch aus Bayern noch kein Beispiel, das uns eine echte Begründung der Kassen statt Scheinbegründungen liefert. Auf geht\'s!

    Grüße ins Rheinland und nach Bayern Ihre murx

    Hallo Forum,

    ich kann Herrn Merguet nur voll und ganz zustimmen. Es muss jetzt Ordnung in die Angelegenheit gebracht werden; wir (Hr. Bürgstein et al.) warten deswegen auf positive Beispiele z.B. aus Bayern, die wir gern nach Rheinland-Pfalz importieren möchten, oder irre ich mich?

    Aber es gilt ein alter Spruch meiner Großmutter: Ich glaube nur noch, was ich schwarz auf weiß vor mir sehe und nicht was eine Partei, z.B. Krankenhausgesellschaft einfordert. Also her mit den guten Beispielen!

    Ich denke auch, dass Telefonate zur Problemlösung im Einzelfall schneller sind als viele Briefe.

    Dabei ist jedoch immer zu bedenken, dass dieses Geschäft fast immer arbeitsteilig erledigt wird. Selbst wenn jemand ein Medizincontroller-Einzelkämpfer ist, können Telefonate vom Aufwand her gegenüber Geschäftsführung und Fachabteilungen weniger gut dokumentiert werden als Schriftstücke. Das geht ziemlich unter.

    In Controlling-Einrichtungen mit mehreren Mitarbeitern (Essen und andere Maximalversorger/Unikliniken) ist es absolut unverzichtbar, dass die Anfragen/Prüfaufträge kanalisiert werden. Sonst weiß evtl. die rechte Hand nicht, was die linke gerade vor sich hat. Einige freuen sich, dass schriftliche Anfragen plötzlich weniger werden, andere werden mit Arbeiten (von Archivarbeiten bis zum MDK-Gespräch) zugeschüttet, der Gesamtaufwand steigt.

    Letztlich wird aber keine einzige Regelung zu einer Verminderung des Aufwandes führen, solange der Generalverdacht des Abrechnungsbetrugs nicht endlich von den Häusern genommen wird (siehe Report Mainz in diesem Frühjahr). Solange die Krankenhausverbände außerstande sind, wirksame Gegendarstellungen zu erzwingen und eigene überzeugende Zahlen zu diesem Problem zu präsentieren, wird sich leider nicht viel ändern.

    Gruß murx

    Zitat


    Original von Bürgstein:
    Hallo,

    auch das BSG fordert in seinen Urteilen vom 13.12.2001 B 3 KR 11/01 R und vom 22.01.2004 B 3 KR 20/03 R eine \"substantiierte Einwendungen\".
    ...

    Dazu aus dem von Herrn Selter zitierten BKG-Rundschreiben: ... Danach hat der MDK dem Krankenhaus innerhalb der Sechs-Wochen-Frist sowohl die Auffälligkeit des zu prüfenden Falles als auch den konkreten Prüfauftrag der Krankenkasse mitzuteilen.

    Meine Frage: Wird dies in Bayern bereits so praktiziert, dass die Auffälligkeit näher spezifiziert ist, oder bekommt man (so wie z.B. in Rheinland-Pfalz und Hessen) Anzeigen, die nach dem Strickmuster angekreuzt sind: Prüfgrund: HD, ND, OPS, prim. Fehlbel, sek. Fehlbel., Gesamtfallprüfung... Bitte vorlegen: Kurvenauszüge, Pflegedoku, Intensivdoku...ganze Akte?

    Meiner Meinung nach sind die o.g. Punkte keine Prüfgründe, sondern Angaben zum Prüfumfang. Sollte Bayern hinsichtlich der inhaltlichen Substantiierung Vorreiter sein, wäre es doch bestens, wenn die anderen Länder sich hier schnellstens anschließen würden und noch dazu die Angelegenheit in Klinikcard-Verträge aufgenommen würde. Die Frage von Herrn Merguet ist eigentlich auch in dem BKG-Schreiben beantwortet, nur: was ist mit Servicegesellschaften, die im Auftrag des MDK agieren, und mit privaten Krankenkassen, die immer mehr Ärger bereiten?

    Gruß murx

    Zitat


    Original von Bürgstein:
    Hallo,

    auch das BSG fordert in seinen Urteilen vom 13.12.2001 B 3 KR 11/01 R und vom 22.01.2004 B 3 KR 20/03 R eine \"substantiierte Einwendungen\".
    ...

    Dazu aus dem von Herrn Selter zitierten BKG-Rundschreiben: ... Danach hat der MDK dem Krankenhaus innerhalb der Sechs-Wochen-Frist sowohl die Auffälligkeit des zu prüfenden Falles als auch den konkreten Prüfauftrag der Krankenkasse mitzuteilen.

    Meine Frage: Wird dies in Bayern bereits so praktiziert, dass die Auffälligkeit näher spezifiziert ist, oder bekommt man (so wie z.B. in Rheinland-Pfalz und Hessen) Anzeigen, die nach dem Strickmuster angekreuzt sind: Prüfgrund: HD, ND, OPS, prim. Fehlbel, sek. Fehlbel., Gesamtfallprüfung... Bitte vorlegen: Kurvenauszüge, Pflegedoku, Intensivdoku...ganze Akte?

    Meiner Meinung nach sind die o.g. Punkte keine Prüfgründe, sondern Angaben zum Prüfumfang. Sollte Bayern hinsichtlich der inhaltlichen Substantiierung Vorreiter sein, wäre es doch bestens, wenn die anderen Länder sich hier schnellstens anschließen würden und noch dazu die Angelegenheit in Klinikcard-Verträge aufgenommen würde. Die Frage von Herrn Merguet ist eigentlich auch in dem BKG-Schreiben beantwortet, nur: was ist mit Servicegesellschaften, die im Auftrag des MDK agieren, und mit privaten Krankenkassen, die immer mehr Ärger bereiten?

    Gruß murx

    Hallo, Abbey,

    .. was der MDK nun sagen wird?

    Na ja, es kommt schon darauf an, was sich noch in Ihrer Akte findet. Es könnte Ihnen passieren, dass man Ihnen u.U. sagen wird, dass eine reine Überwachung auf der Intensivstation allein eher einen Überfluss an entsprechenden Betten anzeige als die Richtigkeit einer Diagnose usw. usw.

    Aber nur Mut, bleiben Sie dran! Versuchen Sie vor allem den klinischen Ablauf weiter zu beleuchten, welche Kriterien sonst noch für diese oder eine andere Diagnose sprachen usw. Vielleicht finden Sie ja noch eine viel elegantere Lösung für die Kodierung, die sowohl Ihre DRG als auch die Verweildauer gut begründen.

    Abgesehen von dieser Geschichte meine ich, dass man Verdachtsdiagnosen (und wenn auch nur als Z03.- u.ä.) kodieren sollte, wenn dies zum Zeitpunkt des Verdachts auch haftungsrechtliche Folgen hätte haben können. Gerade bei den §115b-OPS erleben wir doch immer wieder, dass MDK-Ärzte dies auf die arg leichte Schulter nehmen, Kodierungen streichen und ggf. noch zur Krönung auf die leistungsrechtliche Beurteilung der KK verweisen.

    Gruß murx

    Hallo Forum,

    in diesem Zusammenhang möchte ich gern darauf hinweisen, dass die Bayerische Krankenhausgesellschaft auf ihrer FAQ-Seite von Januar 2007 (zu finden unter: http://www.bkg-online.de/bkg/app/Conten…/FAQ_k_V008.pdf)
    ihren Mitgliedern quasi empfiehlt, das Urteil des SG Würzburg sinngemäß umzusetzen, während der MDK Bayern nach wie vor die andere Auffassung vertritt.

    Ich denke, es ist gut, wenn juristischer Sachverstand (und gesunder Menschenverstand) in diese Angelegenheit eingebracht wird, auch wenn es noch sicher lange dauert. Oder dürfen wir auf unsere Selbstverwaltung hoffen?

    Gruß murx

    Hallo Forum,

    in diesem Zusammenhang möchte ich gern darauf hinweisen, dass die Bayerische Krankenhausgesellschaft auf ihrer FAQ-Seite von Januar 2007 (zu finden unter: http://www.bkg-online.de/bkg/app/Conten…/FAQ_k_V008.pdf)
    ihren Mitgliedern quasi empfiehlt, das Urteil des SG Würzburg sinngemäß umzusetzen, während der MDK Bayern nach wie vor die andere Auffassung vertritt.

    Ich denke, es ist gut, wenn juristischer Sachverstand (und gesunder Menschenverstand) in diese Angelegenheit eingebracht wird, auch wenn es noch sicher lange dauert. Oder dürfen wir auf unsere Selbstverwaltung hoffen?

    Gruß murx

    Zitat


    Original von Selter:

    1. Ich werde auch nicht über das System schimpfen und es in die I\"dioten\"Ecke schieben.

    2. ...Konstrukt der Selbstverwaltung. Will ein Teil nicht die Meinung eines anderen Teils übernehmen (bzw. kann kein Kompromiss gefunden werden), wird nichts geändert. Das ist das Problem, nicht das System an sich....

    3. ...Was Behandlung meint, ist noch immer offen. Wenn damit z.B. auch eine exspektative Behandlung gemeint ist (so wie sie z.B. im Pschyrembel beschrieben ist), ist eigentlich ab jetzt jede Verdachtsdiagnose zu kodieren...

    Sehr geehrter Herr Selter, liebes Forum,

    1. Natürlich möchte ich auch nicht in der I\"dioten\"ecke sitzen bleiben. Ich schimpfe aber über das, worunter ich täglich \"leide\". Perspektivisch sehe ich das Problem, dass hier Parallelwelten entstehen, wo Controller/MDK die Probleme der klinisch tätigen Kollegen und Patienten zwar noch sehen, aber nicht in deren bestverstandenen Interesse lösen, während umgekehrt das Verständnis von Kollegen für das System immer mehr abhanden kommt.

    2. Ich stimme Ihnen zu. Ein Teil des Problems besteht aber gerade darin, dass die Ärzteschaft lt. SGB zu Leistungserbringern von KK mutiert ist. Noch so viele Gutachten von Sachverständigen werden vorläufig nichts daran ändern, dass hier die Rollenerwartung der meisten Kolleg(inn)en und auch Patienten nicht mehr erfüllt ist. Hier liegt meiner Meinung nach der Kern des Konflikts und der mangelnden Akzeptanz.

    3. Das ist eine spannende Frage und sehr konfliktträchtig. Bisher galt eine Diagnose als gegeben, wenn nach klinischem Ermessen alles dafür sprach- bis zur Widerlegung. Wo steht geschrieben, dass eine Diagnose nur dann kodiert werden darf, wenn bei 10 üblichen Kriterien auch genau diese 10 nachgewiesen sind bzw. wenn ein (quasi mathematischer) Nachweis erbracht ist. Ich meine damit nicht eine beliebige Arbeitsdiagnose, die noch zahlreiche andere Differentialdiagnosen einschließt, sondern eine Diagnose, die nach einer leitliniengerechten Aufarbeitung als wahrscheinlich übrig bleibt.

    Meine persönliche Meinung ist, dass bei einer ausreichenden Anzahl von Indizien eine Kodierung vertretbar ist, weil es hier inadäquat wäre, nur ein einzelnes Symptom anzugeben. Auch klares Denken des Arztes sollte irgendwo \"belohnt\" werden. Wie oft reichen die Indizien sowieso nicht aus, weil der Fall sich nicht so verhält wie im Lehrbuch.

    Über die Forderung nach einer sofortigen Therapie, die hilfsweise zur Kodierung berechtigen soll, kann man sich streiten. Erstens gibt es nicht immer eine umstrittige Therapie, und zweitens wird auch nicht jeder Patient und jeder niedergelassene Arzt erfreut sein, diese von der Klinik vorgeschrieben zu bekommen. Sicher muss dieses weite Feld im Interesse der konservativen Fächer noch weiter aufgearbeitet werden. Glücklicherweise gibt es in der Chirurgie diese Probleme seltener, hier mag das DRG-System zur Leistungserfassung akzeptabel sein. Aber was ist, wenn die Indikation nicht stimmt? Da können Sie noch viele schöne DRGs erfinden, dieses Problem sehe ich noch lange nicht gelöst.

    Gruß murx