Zitat
Original von Selter:
1. Ich werde auch nicht über das System schimpfen und es in die I\"dioten\"Ecke schieben.
2. ...Konstrukt der Selbstverwaltung. Will ein Teil nicht die Meinung eines anderen Teils übernehmen (bzw. kann kein Kompromiss gefunden werden), wird nichts geändert. Das ist das Problem, nicht das System an sich....
3. ...Was Behandlung meint, ist noch immer offen. Wenn damit z.B. auch eine exspektative Behandlung gemeint ist (so wie sie z.B. im Pschyrembel beschrieben ist), ist eigentlich ab jetzt jede Verdachtsdiagnose zu kodieren...
Sehr geehrter Herr Selter, liebes Forum,
1. Natürlich möchte ich auch nicht in der I\"dioten\"ecke sitzen bleiben. Ich schimpfe aber über das, worunter ich täglich \"leide\". Perspektivisch sehe ich das Problem, dass hier Parallelwelten entstehen, wo Controller/MDK die Probleme der klinisch tätigen Kollegen und Patienten zwar noch sehen, aber nicht in deren bestverstandenen Interesse lösen, während umgekehrt das Verständnis von Kollegen für das System immer mehr abhanden kommt.
2. Ich stimme Ihnen zu. Ein Teil des Problems besteht aber gerade darin, dass die Ärzteschaft lt. SGB zu Leistungserbringern von KK mutiert ist. Noch so viele Gutachten von Sachverständigen werden vorläufig nichts daran ändern, dass hier die Rollenerwartung der meisten Kolleg(inn)en und auch Patienten nicht mehr erfüllt ist. Hier liegt meiner Meinung nach der Kern des Konflikts und der mangelnden Akzeptanz.
3. Das ist eine spannende Frage und sehr konfliktträchtig. Bisher galt eine Diagnose als gegeben, wenn nach klinischem Ermessen alles dafür sprach- bis zur Widerlegung. Wo steht geschrieben, dass eine Diagnose nur dann kodiert werden darf, wenn bei 10 üblichen Kriterien auch genau diese 10 nachgewiesen sind bzw. wenn ein (quasi mathematischer) Nachweis erbracht ist. Ich meine damit nicht eine beliebige Arbeitsdiagnose, die noch zahlreiche andere Differentialdiagnosen einschließt, sondern eine Diagnose, die nach einer leitliniengerechten Aufarbeitung als wahrscheinlich übrig bleibt.
Meine persönliche Meinung ist, dass bei einer ausreichenden Anzahl von Indizien eine Kodierung vertretbar ist, weil es hier inadäquat wäre, nur ein einzelnes Symptom anzugeben. Auch klares Denken des Arztes sollte irgendwo \"belohnt\" werden. Wie oft reichen die Indizien sowieso nicht aus, weil der Fall sich nicht so verhält wie im Lehrbuch.
Über die Forderung nach einer sofortigen Therapie, die hilfsweise zur Kodierung berechtigen soll, kann man sich streiten. Erstens gibt es nicht immer eine umstrittige Therapie, und zweitens wird auch nicht jeder Patient und jeder niedergelassene Arzt erfreut sein, diese von der Klinik vorgeschrieben zu bekommen. Sicher muss dieses weite Feld im Interesse der konservativen Fächer noch weiter aufgearbeitet werden. Glücklicherweise gibt es in der Chirurgie diese Probleme seltener, hier mag das DRG-System zur Leistungserfassung akzeptabel sein. Aber was ist, wenn die Indikation nicht stimmt? Da können Sie noch viele schöne DRGs erfinden, dieses Problem sehe ich noch lange nicht gelöst.
Gruß murx